Anguttara Nikaya

7. Kapitel: mahā-vagga

A.III. 62 Die drei Glaubensstandpunkte

Drei Glaubensstandpunkte (*1) gibt es, ihr Mönche. Werden sie von Verständigen geprüft, untersucht und gründlich vorgenommen, dann ergibt sich, daß sie, selbst wenn man ihnen bloß der Tradition wegen (*2) folgt, in Untätigkeit (*3) enden. Welches sind diese drei Glaubensstandpunkte?
 

  1. Es gibt einige Asketen und Priester, die da behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt sei durch frühere [vorgeburtliche] Tat.
  2. Es gibt einige Asketen und Priester, die da behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt sei durch Gottes (*4) Schöpfung.
  3. Und es gibt einige Asketen und Priester, die behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles ohne Ursache und Grund geschieht.

Jene Asketen und Priester nun, die da behaupten und der Ansicht sind, daß alles bedingt sei durch frühere Tat, diese habe ich aufgesucht und also gefragt:

»Ist es wahr, Verehrte, daß ihr, wie es heißt, behauptet und der Ansicht seid: was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt ist durch frühere Tat?« (*5) Derart von mir befragt, stimmten jene mit »Ja« bei. Ich aber sprach zu ihnen: »Demnach also, Verehrte, würden die Menschen infolge früherer [vorgeburtlicher] Tat zu Mördern, Dieben, Unkeuschen, Lügnern, Zuträgern, Schimpfbolden, Schwätzern, Habgierigen, Gehässigen und Irrgläubigen?« (*6) Wahrlich, ihr Mönche, denjenigen, die sich auf frühere Tat als das Entscheidende berufen, fehlt es an Willensantrieb und Tatkraft und [an einem Anlaß] dieses zu tun oder jenes zu lassen. Weil sich nun aber hieraus wirklich und gewiß keine Notwendigkeit ergibt für ein [bestimmtes] Tun oder Lassen, so verdienen solche geistig Unklare und unbeherrscht Lebende nicht die Bezeichnung als Asketen. Dies ist mein erster begründeter Vorwurf gegen jene Asketen und Priester, die solches behaupten, solcher Ansicht sind.

Jene Asketen und Priester nun, die da behaupten und der Ansicht sind, daß alles bedingt sei durch Gottes Schöpfung, die habe ich aufgesucht und also gefragt:

»Ist es wahr, Verehrte, daß ihr, wie es heißt, behauptet und der Ansicht seid: was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe, daß dies alles bedingt ist durch Gottes Schöpfung?« Also von mir befragt, stimmten jene mit »Ja« bei. Ich aber sprach zu ihnen: »Demnach also, Verehrte, würden die Menschen infolge von Gottes Schöpfung zu Mördern, Dieben, Unkeuschen, Lügnern, Zuträgern, Schimpfbolden, Schwätzern, Habgierigen, Gehässigen und Irrgläubigen!« Wahrlich, ihr Mönche, denjenigen, die sich auf Gottes Schöpfung als das Entscheidende berufen, fehlt es an Willensantrieb und Tatkraft und [an einem Anlaß], dieses zu tun oder jenes zu lassen. Weil sich nun aber hieraus wirklich und gewiß keine Notwendigkeit ergibt für ein [bestimmtes] Tun oder Lassen, so verdienen solche geistig Unklare und unbeherrscht Lebende nicht die Bezeichnung als Asketen. Dies ist mein zweiter begründeter Vorwurf gegen jene Asketen und Priester, die solches behaupten, solcher Ansicht sind. (*7)

Jene Asketen und Priester nun, die da behaupten und der Ansicht sind, daß alles ohne Ursache und Grund geschieht, diese habe ich aufgesucht und befragt:

»Ist es wahr, Verehrte, daß ihr, wie es heißt, behauptet und der Ansicht seid: was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, all dies geschehe ohne Ursache und Grund?« (*8) Also von mir befragt, stimmten jene mit »Ja« bei. Ich aber sprach zu ihnen: »Demnach also, Verehrte, würden die Menschen ohne Ursache und Grund zu Mördern, Dieben, Unkeuschen, Lügnern, Zuträgern, Schimpfbolden, Schwätzern, Habgierigen, Gehässigen und Irrgläubigen!« Wahrlich, o Mönche, denjenigen, die sich auf Ursachlosigkeit als das Entscheidende berufen, fehlt es an Willensantrieb und Tatkraft und [an einem Anlaß], dieses zu tun oder jenes zu lassen. Weil sich nun aber hieraus wirklich und gewiß keine Notwendigkeit ergibt für ein [bestimmtes] Tun oder Lassen, so verdienen solche geistig Unklare und unbeherrscht Lebende nicht die Bezeichnung als Asketen. Dies ist mein dritter begründeter Vorwurf gegen jene Asketen und Priester, die solches behaupten, solcher Ansicht sind.

Diese drei Glaubensstandpunkte sind es, ihr Mönche, bei denen sich, wenn von Verständigen geprüft, untersucht und gründlich vorgenommen, ergibt, daß sie in Untätigkeit enden, selbst wenn man ihnen bloß der Tradition wegen folgt.

Die von mir verkündete Lehre aber, ihr Mönche, ist einwandfrei, ohne Makel, vorwurfsfrei, ungetadelt von Asketen, Priestern und Verständigen. Welches ist nun diese von mir verkündete Lehre?

'Dies sind die sechs Elemente', so ist von mir die Lehre verkündet worden, die einwandfrei ist, ohne Makel, vorwurfsfrei, ungetadelt von Asketen, Priestern und Verständigen. 'Dies sind die sechs Grundlagen der Sinneneindrücke' - 'Dies sind die achtzehn geistigen Erwägungen' - 'Dies sind die vier edlen Wahrheiten', so ist von mir die Lehre verkündet worden, die einwandfrei ist, ohne Makel, vorwurfsfrei, ungetadelt von Asketen, Priestern und Verständigen.

'Dies sind die sechs Elemente': mit Bezug worauf wurde dies gesagt? Diese sechs Elemente gibt es: das feste Element, das flüssige Element, das Hitze-Element, das Wind-Element, das Raum-Element und das Bewußtseins-Element (*9). Wurde gesagt, daß ich die Lehre von den sechs Elementen verkündet habe, so wurde das eben mit Bezug hierauf gesagt.

'Dies sind die sechs Grundlagen der Sinneneindrücke': (phassāyatanāni; s. A.IV.10; A.IV.173) mit Bezug worauf wurde dies gesagt? 

Diese sechs Grundlagen der Sinneneindrücke gibt es: die Grundlagen Sehorgan, Hörorgan, Riechorgan, Schmeckorgan, Körperorgan und die Geistgrundlage. Wurde es gesagt, daß ich die Lehre von den sechs Grundlagen der Sinneneindrücke verkündet habe, so wurde das eben mit Bezug hierauf gesagt.

'Dies sind die achtzehn geistigen Erwägungen': (manopavicāra; s. M.137) mit Bezug worauf wurde dies gesagt? 

Diese achtzehn geistigen Erwägungen gibt es: Erblickt man mit dem Auge eine Form, so erwägt man eine zu Frohsinn veranlassende Form, eine zu Mißmut veranlassende Form oder eine zu Gleichmut veranlassende Form. Hört man mit dem Ohr einen Ton - riecht man mit der Nase einen Duft - schmeckt man mit der Zunge einen Saft - fühlt man mit dem Körper eine Berührung - erkennt man mit dem Geiste ein Geistobjekt, so erwägt man ein zu Frohsinn veranlassendes Geistobjekt, ein zu Mißmut veranlassendes Geistobjekt oder ein zu Gleichmut veranlassendes Geistobjekt. Wurde es gesagt, daß ich die Lehre von den achtzehn geistigen Erwägungen verkündet habe, so wurde das eben mit Bezug hierauf gesagt.

'Dies sind die vier edlen Wahrheiten', so wurde von mir die Lehre verkündet, die einwandfrei ist, ohne Makel, vorwurfsfrei, ungetadelt von Asketen, Priestern und Verständigen. Mit Bezug worauf wurde dies gesagt? Abhängig von den sechs Elementen findet die Empfängnis des Embryo (*10) statt. Wo aber Empfängnis ist, da gibt es Geistiges und Körperliches (*11). Durch das Geistige und Körperliche aber bedingt sind die sechs Sinnengrundlagen (salāyatana), durch die sechs Sinnengrundlagen bedingt ist der Sinneneindruck (phassa), durch den Sinneneindruck bedingt ist das Gefühl (vedanā). Mit Hinsicht auf den Fühlenden (*12) aber lehre ich, was Leiden ist, was die Entstehung des Leidens ist, was die Erlöschung des Leidens ist und was der Pfad ist, der zur Erlöschung des Leidens führt.

Was aber, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden? Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Sterben ist Leiden; Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung sind Leiden; nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden. Kurz gesagt, die fünf Gruppen des Anhaftens (*13) sind Leiden. Das nennt man die edle Wahrheit vom Leiden.

Was aber, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens (*14)? Durch Nichtwissen bedingt sind die karmischen Bildekräfte (*15); durch die karmischen Bildekräfte bedingt ist das [Wiedergeburts-] Bewußtsein; durch das Bewußtsein bedingt ist das Geistige und Körperliche; durch das Geistige und Körperliche die sechs Sinnengrundlagen; durch die sechs Sinnengrundlagen der Sinneneindruck; durch den Sinneneindruck das Gefühl; durch das Gefühl das Begehren; durch Begehren das Anhaften; durch Anhaften der Werdeprozeß; durch den Werdeprozeß die [Wieder-] Geburt; durch die Geburt aber bedingt entstehen Alter und Sterben, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. So kommt es zur Entstehung dieser ganzen Leidensfülle. Das, ihr Mönche, nennt man die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens.

Was aber, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Erlöschung des Leidens (*16)? Durch die restlose Aufhebung und Erlöschung des Nichtwissens kommt es zum Erlöschen der karmischen Bildekräfte; durch Erlöschen der karmischen Bildekräfte kommt es zum Erlöschen des [Wiedergeburts-] Bewußtseins; durch Erlöschung des Bewußtseins kommt es zum Erlöschen des Geistigen und Körperlichen; durch Erlöschen des Geistigen und Körperlichen kommt es zum Erlöschen der sechs Sinnengrundlagen; durch Erlöschen der sechs Sinnengrundlagen kommt es zum Erlöschen des Sinneneindrucks; durch Erlöschen des Sinneneindrucks kommt es zum Erlöschen des Gefühls; durch Erlöschen des Gefühls kommt es zum Erlöschen des Begehrens; durch Erlöschen des Begehrens kommt es zum Erlöschen des Anhaftens; durch Erlöschen des Anhaftens kommt es zum Erlöschen des Werdeprozesses; durch Erlöschen des Werdeprozesses kommt es zum Erlöschen der Wiedergeburt; durch Erlöschen der Wiedergeburt erlöschen Altern und Sterben, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. So kommt es zum Erlöschen dieser ganzen Leidensfülle. Das, ihr Mönche, nennt man die edle Wahrheit von der Erlöschung des Leidens.

Was aber, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von dem zur Leidenserlöschung führenden Pfad? Eben dieser edle achtfache Pfad ist es, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung. Das, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von dem zur Leidenserlöschung führenden Pfad.

Wurde es gesagt, daß ich die Lehre von den vier edlen Wahrheiten verkündet habe, so wurde das eben mit Bezug hierauf gesagt.


(*1) titthāyatanāni; tittha (Skr: tīrtha), wtl: Furt = Erlösungslehre. So werden in den Pali-Texten die nicht-buddhistischen Lehrmeinungen bezeichnet, und deren Anhänger, »die andersgläubigen Asketen«, als titthiya. Titthāyatana wird daher vom K auf die 62 falschen Ansichten bezogen, die im Brahmajāla-Sutta (D.1) behandelt werden.

(*2) 'Selbst wenn man ihnen bloß der Tradition wegen folgt' (param pi gantvā). K erklärt 'param' mit 'paramparā' (wtl: das Folgende und Nachfolgende), 'Tradition', 'Überlieferung'.

Diese Bedeutung von 'para' ist freilich ungewöhnlich. K: »Der Lehrerreihe folgend, den überlieferten Anichten folgend, der Personenreihe (attabhāva-paramparā) folgend d.i. »Die Persönlichkeitsform unseres Lehrers ist bedingt durch frühere Tat, ebenso die seines eigenen Lehrers usw.«). Die Erklärung unserer Textstelle durch den K wird verständlich, wenn man daran denkt, daß im alten Indien der Brahmanen- oder Asketenschüler sich seinem Lehrer (guru) sehr stark verbunden fühlte; und diese persönliche Loyalität war für ihn ein beträchtliches Motiv, auch an dessen Lehren festzuhalten.

(*3) 'Untätigkeit' (akiriya); vgl. akiriya-ditthi, die Lehre von der Unwirksamkeit selbständigen Handelns. Zum folg. vgl. M.101.

(*4) issara-nimmāna-hetu; issara (Skr: īsvara, wtl: Herr) bezeichnet die höchste Gottheit (»Herrgott«).

(*5) Dies ist die Lehre des Nāthaputta, d.i. der Jainas. Sie besagt, daß alles, was im Leben geschieht, alle Gefühle, Taten, Willensäußerungen usw., die Wirkung der in früheren Leben begangenen Taten ist.

Im K heißt es: »Sie leugnen das karmisch aktive Gefühl (kamma-vedanā d.i. das mit karmisch heilsamen oder unheilsamen Taten verbundene Gefühl), ebenso das 'funktionelle Gefühl' (s. Wtb: kiriya-citta) und glauben lediglich an das durch frühere Tat bedingte Gefühl (vipāka-vedanā). Von den acht Krankheitsursachen (s. IV, 87) leugnen sie sieben, denn sie glauben eben, daß alle schmerzhaften Körpergefühle durch die in früheren Geburten begangenen Taten bedingt sind. Von den drei vom Buddha gelehrten Taten (s. III, 34) leugnen sie zwei, die bei Lebzeiten und die im nächsten Leben reifende Tat, und glaube bloß an die in einem späteren Leben reifende Tat. Von den vier Willensarten lehnen sie drei ab (nämlich den karmisch heilsamen, unheilsamen und den rein funktionellen Willen) und nehmen lediglich den Willen als Karma-Ergebnis (vipāka-cetanā) an.«

(*6) Dies sind die 10 unheilsamen Wirkensfährten (s. Wtb: kamma-patha).

(*7) Bei einem solchen Glauben an eine göttliche Schöpfung werden, lt. K, alle drei vorgenannte Gefühlsarten auf Gottes Schöpfung zurückgeführt und ebenso auch die verschiedenen Krankheitsursachen, das menschliche Handeln und die Willensäußerungen. Diesem Text zufolge führt also ein konsequenter Schöpfungsglaube zum Determinismus.

(*8) Dies ist die Lehre des Makkhali Gosāla. Über ihn s. A.I.30; A.III.138; D.2.

(*9) Die sechs Elemente werden erklärt in M.140, wo auch die beiden in unserem Text folgenden Gruppen von Lehrbegriffen gleichlautend erwähnt sind.

(*10) gabbhassāvakanti (= okkanti, wie im folgenden); wlt. 'Herabkunft des Embryo', ein auf vorbuddhistische Vorstellungen zurückgehender Ausdruck; vgl. hierzu M.38. K: Entstehung, Eintritt ins Dasein.

(*11) okkantiyā sati nāma-rūpam. Dies ist eine Variante für ein Glied der Reihe der 'Bedingten Entstehung' (paticca-samupāda), welche im folgenden bis zum Begriff 'Gefühl' fortgesetzt wird (vgl. die folgende Tabelle).

In der üblichen und vollständigen Formulierung dieser Reihe (wie z.B. in der folg. Erklärung der 2. Wahrheit) steht an dieser Stelle:

'Durch Bewußtsein bedingt ist Geistiges und Körperliches' (viññāna-paccayā nāma-rūpam). Das Glied 'Bewußtsein' ist also in unserem Text durch 'Empfängnis' ersetzt. Dies ist einer der kanonischen Belege für die Berechtigung der kommentariellen Erklärung der 'Bedingten Entstehung', derzufolge das 3. Glied 'Bewußtsein' das Wiedergeburtsbewußtsein der gegenwärtigen Existenz bedeutet, entsprechend dem 11. Glied 'Geburt' für die zukünftige Existenz.

Diese übrigens auch im frühen klassischen Mahāyāna anerkannte Verteilung über drei Existenzen ist für das Verständnis der vollständigen 12 gliedrigen Reihe grundlegend. Die Gesamtlehre von der 'Bedingten Entstehung' erschöpft sich freilich nicht in diesem, wenn auch wichtigen Aspekt, sondern findet in den Lehrreden und im Abhidhamma auch andere Anwendung, dann jedoch mit Varianten und Kürzungen der Grundformel, angepasst dem jeweiligen Falle. Nachfolgend eine Aufstellung der Bedingten Entstehung:

Die Bedingte Entstehung (paticca-samuppada)
 

Vergangenheit 1. Nichtwissen (avijjā) 
2. Karmische Bildekräfte oder Karmaformationen; (sankhāra) 
Gegenwart 3. Bewußtsein (viññāna) 
4. Körperliches und Geistiges (nāma-rūpa) 
5. Sechs Sinnengrundlagen (sal-āyatana) 
6. Sinneneindruck (phassa) 
7. Gefühl (vedanā) 
8. Begehren (tanhā) 
9. Anhaften (upādāna) 
10. Werdeprozeß (bhava) 
Zukunft 11. Wiedergeburt (jāti) 
12. Altern und Sterben (jarā-marana) 

(*12) Dies bezieht sich, lt. K, nicht auf solche, die das jeweils auftretende Gefühl bloß empfindend und gedankenlos aufnehmen, vielmehr auf den, der es durch rechte Achtsamkeit verstehen gelernt hat. Für ihn, so sagt der K, sind die vorhergehenden Erklärungen in erster Linie gemeint; denn, so mögen wir hinzufügen, ein solcher wird fähig sein, die Lehre aus eigener Erfahrung zu verstehen, und zwar durch gründliche Betrachtung des Gefühlsablaufs, wie im Satipatthāna-Sutta (M.10) gelehrt.

(*13) pañc'upādāna-kkhandha. Alle körperlichen und geistigen Vorgänge, welche die menschliche Persönlichkeit ausmachen, wurden vom Buddha in fünf Gruppen (khandha) eingeteilt:

  1. Körperlichkeits-Gruppe (rūpa-kkhandha),
  2. Gefühls-Gruppe (vedanā-kkhandha),
  3. Wahrnehmungs-Gruppe (saññā-kkhandha),
  4. Gruppe der geistigen Bildekräfte (oder Geistformationen; sankhāra-kkhandha),
  5. Bewußtseins-Gruppe (viññāna-kkhandha).

Diese Gruppen sind für alle Wesen, außer den von jeglichem Begehren freien Heiligen, die eigentlichen Objekte ihres Anhaftens (upādāna) und werden daher auch 'Gruppen des Anhaftens' (upādāna-kkhandha) genannt. Da sie die gesamte körperliche und geistige Objektwelt des jeweiligen Individuums einschließen, können sie auch als 'Daseinsgruppen' bezeichnet werden. Näheres s. Wtb: khandha; VisM. XIV.

(*14) In der üblichen Fassung der vier Wahrheiten wird als Entstehungsursache des Leidens (2. Wahrheit) lediglich das Begehren (tanhā) genannt. Unser Text erklärt den Ursprung des Leidens ausführlicher durch die Reihe der 'Bedingten Entstehung'. Über diese s. Weg z. Erl. 214 - 222; Wtb; ausführl.: VisM.XVII.

(*15) 'Karmische Bildekräfte' (sankhāra). Der Pāli-Ausdruck sankhāra bedeutet in diesem Zusammenhang die karmischen, d.i. Wiedergeburt erzeugenden Willenstätigkeiten. In anderen Werken des Übersetzers wurde der Begriff mit 'Karmaformationen' wiedergegeben. Vgl. Weg z. Erl., Seite 207, 210; Anm. 25 zu III, 23.

(*16) In der üblichen Fassung der vier Wahrheiten wird die Leidenserlöschung durch die Aufhebung des Begehrens und die Erreichung des Nibbāna erklärt, hier jedoch durch die Reihe der 'Bedingten Aufhebung', dem sogen. rückläufigen Paticca-samuppāda. Jeder einzelne Begriff dieser Reihe, wie Aufhebung des Nichtwissens, der karmischen Bildekräfte usw., kann, lt. K, als eine Bezeichnung des Nibbāna gelten.


A.III. 63 Die drei Schrecken

Drei Schrecken gibt es, wobei Mutter und Sohn einander nicht helfen können' - so, ihr Mönche, spricht der unkundige Weltling. Welches aber sind diese drei Schrecken?

Es kommt einmal, ihr Mönche, eine Zeit, wo eine große Feuersbrunst ausbricht. Ist aber eine große Feuersbrunst ausgebrochen, so werden dadurch Dörfer, Ortschaften und Städte vom Feuer verzehrt. Und während da Dörfer, Ortschaften und Städte vom Feuer verzehrt werden, bekommt die Mutter ihren Sohn nicht zu sehen und der Sohn nicht seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den ersten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander nicht helfen können.

Und ferner noch, ihr Mönche, kommt einmal eine Zeit, wo ein großes Unwetter ausbricht. Ist aber ein großes Unwetter ausgebrochen, so entsteht eine große Wasserflut. Ist aber eine große Wasserflut entstanden, so werden dadurch Dörfer, Ortschaften und Städte überflutet. Und während da Dörfer, Ortschaften und Städte überflutet werden, bekommt die Mutter ihren Sohn nicht zu sehen und der Sohn nicht seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den zweiten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander nicht helfen können.

Und ferner noch, ihr Mönche, kommt einmal eine Zeit, wo durch einen Aufruhr in den waldigen Berggegenden Gefahr besteht und die Bewohner des Landes ihre Gefährte besteigen und zu entkommen suchen. Zu solcher Zeit nun bekommt die Mutter ihren Sohn nicht zu sehen und der Sohn nicht seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den dritten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander nicht helfen können.

'Diese drei Schrecken gibt es, wobei Mutter und Sohn einander nicht helfen können' - so, ihr Mönche, spricht der unkundige Weltling.

'Drei Schrecken aber gibt es, wobei Mutter und Sohn einander zuweilen helfen können, zuweilen nicht helfen können' - so, ihr Mönche, spricht der unkundige Weltling.

Es kommt einmal eine Zeit, wo eine große Feuersbrunst ausbricht. Ist aber eine große Feuersbrunst ausgebrochen, so werden dadurch Dörfer, Ortschaften und Städte vom Feuer verzehrt. Und zu solcher Zeit mag es geschehen, daß zuweilen, dann und wann, die Mutter ihren Sohn zu Gesicht bekommt und der Sohn seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den ersten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander zuweilen helfen können, zuweilen nicht helfen können.

Und ferner noch kommt einmal die Zeit, wo ein großes Unwetter ausbricht. Ist aber ein großes Unwetter ausgebrochen, so entsteht eine große Wasserflut. Ist aber eine große Wasserflut entstanden, so werden dadurch Dörfer, Ortschaften und Städte überflutet. Und zu einer solchen Zeit mag es geschehen, daß zuweilen, dann und wann, die Mutter ihren Sohn zu Gesicht bekommt und der Sohn seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den zweiten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander zuweilen helfen können, zuweilen nicht helfen können.

Und ferner noch kommt einmal eine Zeit, wo durch einen Aufruhr in den waldigen Berggegenden Gefahr besteht und die Bewohner des Landes ihre Gefährte besteigen und zu entkommen suchen. Zu solcher Zeit mag es geschehen, daß zuweilen, dann und wann, die Mutter ihren Sohn zu Gesicht bekommt und der Sohn seine Mutter. Das aber nennt der unkundige Weltling den dritten Schrecken, wobei Mutter und Sohn einander zuweilen helfen können, zuweilen nicht helfen können. 'Diese drei Schrecken gibt es, wobei Mutter und Sohn einander zuweilen helfen können, zuweilen nicht helfen können, - so, ihr Mönche, spricht der unkundige Weltling.

Drei Schrecken aber gibt es, ihr Mönche, wobei Mutter und Sohn einander nimmer helfen können. Welche drei? Den Schrecken des Alters, den Schrecken der Krankheit, den Schrecken des Todes.

Nicht kann, ihr Mönche, die Mutter bei ihrem alternden Sohne dies erreichen: 'Ich altere zwar, doch nicht möge mein Sohn altern!' Und auch der Sohn kann es bei seiner alternden Mutter nicht erreichen 'Ich altere zwar, doch nicht möge meine Mutter altern!'

Nicht kann, ihr Mönche, die Mutter bei ihrem erkrankten Sohne dies erreichen: 'Ich erkranke zwar, doch nicht möge mein Sohn erkranken!' Und auch, der Sohn kann es bei seiner erkrankten Mutter nicht erreichen: 'Ich erkranke zwar, doch nicht möge meine Mutter erkranken!'

Nicht kann, ihr Mönche, die Mutter bei ihrem sterbenden Sohne dies erreichen: 'Ich werde zwar sterben, doch nicht möge mein Sohn sterben!' Und auch der Sohn kann es bei seiner sterbenden Mutter nicht erreichen: 'Ich werde zwar sterben, doch nicht möge meine Mutter sterben!'

Diese drei Schrecken gibt es, wobei Mutter und Sohn einander nimmer helfen können.

Es gibt aber, ihr Mönche, einen Weg, es gibt einen Pfad, der zum Vermeiden und Überwinden dieser drei Schrecken führt. Welches aber, ihr Mönche, ist dieser Weg? Es ist eben dieser edle achtfache Pfad, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung. Dies, ihr Mönche, ist der Weg, dies ist der Pfad, der zum Vermeiden und Überwinden dieser drei Schrecken führt, bei denen Mutter und Sohn einander nimmer helfen können.
 


A.III. 64 Die drei erhabenen Ruhelager

Einst gelangte der Erhabene auf seiner Wanderung im Lande der Kosaler zusammen mit einer großen Schar von Mönchen zu einem Brahmanendorfe der Kosaler, namens Venāgapura. Es vernahmen nun die brahmanischen Hausväter von Venāgapura die Kunde: »Der Asket Gotama, der Sakyersohn, der aus dem Sakyergeschlecht in die Hauslosigkeit zog, ist in Venāgapura eingetroffen. Aber diesen erhabenen Gotama aber hat sich solch schöner Ruhmesruf verbreitet: 'Dies fürwahr ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Bewährte, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene!' Er erklärt diese Welt mit ihren guten und bösen Geistern und ihren Brahma-Göttern, mit ihrer Schar von Asketen und Priestern, mit ihren Göttern und Menschen, nachdem er sie selber erkannt und durchschaut hat. Er verkündet die Lehre, die am Anfang schöne, in der Mitte schöne und am Ende schöne; dem Sinne wie dem Wortlaut nach verkündet er den ganz vollkommenen, lauteren Reinheitswandel. Gut ist es, solche Heilige zu sehen.«

Und es begaben sich die brahmanischen Hausleute von Venāgapura dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, brachten einige dem Erhabenen ihre Verehrung dar und setzten sich zur Seite nieder; einige begrüßten sich mit dem Erhabenen und setzten sich nach Austausch höflicher und zuvorkommender Worte zur Seite nieder; einige streckten ihre zusammengelegten Hände dem Erhabenen entgegen und setzten sich zur Seite nieder; einige gaben Name und Familie kund und setzten sich zur Seite nieder; einige setzten sich schweigend zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprach nun der Brahmane Vacchagotta aus Venāgapura also zum Erhabenen:

»Wunderbar ist es, Herr Gotama, erstaunlich ist es, Herr Gotama, wie da des Herrn Gotama Züge so verklärt sind, seine Hautfarbe so rein und lauter ist! Gleichwie da, Herr Gotama, die herbstlich-gelbe Brustbeere rein und lauter ist, ebenso sind des Herrn Gotama Züge verklärt, ist seine Hautfarbe rein und lauter. Gleichwie da, Herr Gotama, die Palmyra-Nuß, frisch vom Stengel gepflückt, rein und lauter ist; oder gleichwie ein goldenes Geschmeide, von einem geschickten Goldschmied gut gearbeitet, gut in der Esse geschmiedet, auf roter Decke niedergelegt, glänzt und leuchtet und scheint, ebenso auch sind des Herrn Gotama Züge verklärt, ist seine Hautfarbe rein und lauter.

Was es da, Herr Gotama, an erhabenen, vornehmen Ruhelagern gibt, wie einen Lehnstuhl, ein Sofa, eine Ziegenhaardecke, eine bunte Decke, eine weißwollene gewebte Decke, eine blumendurchwirkte Decke, eine Wollmatratze, eine Wolldecke mit Tierornamenten, eine an beiden Enden gefranste Wolldecke, eine an einem Ende gefranste Wolldecke, eine mit Edelsteinen besetzte Seidendecke, ein seidenes Tuch, einen wollenen Teppich, eine mit Elefanten, Pferden oder Wagen bestickte Decke, ein Antilopenfell, eine Decke aus feinstem Antilopenfell mit einem Überzug, purpurne Kissen für beide Bettenden - erhält wohl der Herr Gotama derartige erhabene, vornehme Ruhelager (*1) auf Wunsch, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit?« -

»Was es da, Brahmane, an solchen erhabenen, vornehmen Ruhelagern gibt, die in die Hauslosigkeit Gezogenen erhalten sie schwerlich, und selbst wenn sie solche erhalten, sind sie nicht statthaft.

Doch drei erhabene, vornehme Ruhelager gibt es, Brahmane, die ich jetzt ganz nach Wunsch erhalte, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit. Welche drei? Das himmlisch-erhabene, vornehme Ruhelager, das göttlich-erhabene, vornehme Ruhelager und das heilig-erhabene, vornehme Ruhelager. Diese drei erhabenen, vornehmen Ruhelager erlange ich jetzt ganz nach Wunsch, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit.« -

»Was aber, Herr Gotama, ist dieses himmlisch-erhabene, vornehme Ruhelager, das der Herr Gotama jetzt ganz nach Wunsch erlangt, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit?« -

»Bei welchem Dorfe oder welcher Stadt ich da verweile, in eben jenem Dorfe oder jener Stadt gehe ich des Morgens, nachdem ich mich angekleidet habe, mit Gewand und Almosenschale versehen, um Almosenspeise. Am Nachmittage, nach Rückkehr vom Almosengang, begebe ich mich in den Wald. Was sich dort gerade an Gräsern oder Laub vorfindet, das trage ich an einen Platz zusammen und setze mich nieder. Und mit untergeschlagenen Beinen, den Körper gerade aufgerichtet und die Achtsamkeit vor mir gegenwärtig haltend, gewinne ich, ganz abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, die mit Gedankenfassen und Überlegen verbundene, in der Abgeschiedenheit geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte erste Vertiefung und verweile in ihr. Nach Stillung von Gedankenfassen und Überlegen gewinne ich den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Gedankenfassen und Überlegen freie, in der Sammlung geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte zweite Vertiefung und verweile in ihr. Und nach Loslösung von der Verzückung weile ich gleichmütig, achtsam, klar bewußt, und ein Glücksgefühl empfinde ich in meinem Inneren, von dem die Edlen künden: »Der Gleichmütige, Achtsame weilt beglückt«; und so gewinne ich die dritte Vertiefung und verweile in ihr. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und dem schon früheren Aufhören von Frohsinn und Trübsinn gewinne ich die leidlos-freudlose, in der völligen Reinheit von Gleichmut und Achtsamkeit bestehende vierte Vertiefung und verweile in ihr.

Wandle ich nun, Brahmane in solcher Verfassung auf und ab, so gilt das zu dieser Zeit als mein himmlisches Wandeln. Stehe ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als meine himmlische Stellung. Sitze ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als mein himmlischer Sitz. Pflege ich in solcher Verfassung der Ruhe, so gilt das zu dieser Zeit als mein himmlisch-erhabenes, vornehmes Ruhelager. Das aber, Brahmane, ist jenes himmlisch-erhabene, vornehme Ruhelager, das ich jetzt ganz nach Wunsch erlange, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit.« -

»Wunderbar, Herr Gotama, erstaunlich, Herr Gotama! Welch anderer wohl außer dem Herrn Gotama könnte solch himmlisch-erhabenes, vornehmes Ruhelager ganz nach Wunsch erlangen, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit! Was aber, Herr Gotama, ist jenes göttlich-erhabene, vornehme Ruhelager, das der Herr Gotama ganz nach Wunsch erlangt, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit?« -

»Bei welchem Dorfe oder welcher Stadt ich da verweile, in eben jenem Dorfe oder jener Stadt gehe ich des Morgens, nachdem ich mich angekleidet habe, mit Gewand und Almosenschale versehen, um Almosenspeise. Am Nachmittage, vom Almosengange zurückgekehrt, begebe ich mich in den Wald. Was sich dort gerade an Gräsern oder Laub vorfindet, das trage ich an einen Platz zusammen und setze mich nieder. Und mit untergeschlagenen Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor mir gegenwärtig haltend, durchdringe ich mit einem von Güte - von Mitleid - von Mitfreude - von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, dritte und vierte. So durchdringe ich oben, unten quer inmitten, allerwärts, in allem mich wiedererkennend, (*2) die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste, einem weiten, umfassenden, unermeßlichen, von Haß und Übelwollen befreiten (*3).

Wandle ich nun, Brahmane, in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als mein göttliches Wandeln. Stehe ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als meine göttliche Stellung. Sitze ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als mein göttlicher Sitz. Pflege ich in solcher Verfassung der Ruhe, so gilt das zu dieser Zeit als mein göttlich-erhabenes, vornehmes Ruhelager. Das aber, Brahmane, ist jenes göttlich-erhabene, vornehme Ruhelager, das ich jetzt ganz nach Wunsch erlange, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit.« -

»Wunderbar, Herr Gotama, erstaunlich, Herr Gotama! Welch anderer wohl außer dem Herrn Gotama könnte solch göttlich-erhabenes, vornehmes Ruhelager ganz nach Wunsch erlangen, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit! Was aber, Herr Gotama, ist jenes heilig-erhabene, vornehme Ruhelager, das der Herr Gotama jetzt ganz nach Wunsch erlangt, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit?« -

»Bei welchem Dorfe oder welcher Stadt ich da verweile, in eben jenem Dorfe oder jener Stadt gehe ich des Morgens, nachdem ich mich angekleidet habe, mit Gewand und Almosenschale versehen, um Almosenspeise. Am Nachmittage, vom Almosengange zurückgekehrt, begebe ich mich in den Wald. Was sich dort gerade an Gräsern oder Laub vorfindet, das trage ich an einen Platz zusammen und setze mich nieder. Und mit untergeschlagenen Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor mir gegenwärtig haltend, weiß ich also: 'Erloschen ist in mir die Gier, erloschen der Haß, erloschen die Verblendung, entwurzelt, gleich einer Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und keinem Neuentstehen mehr unterworfen.'

Wandle ich nun in solcher Verfassung auf und ab, so gilt das zu dieser Zeit als mein heiliges Wandeln. Stehe ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als meine heilige Stellung. Sitze ich in solcher Verfassung, so gilt das zu dieser Zeit als mein heiliger Sitz. Pflege ich in solcher Verfassung der Ruhe, so gilt das zu dieser Zeit als mein heilig-erhabenes, vornehmes Ruhelager. Das aber, Brahmane, ist jenes heilig-erhabene, vornehme Ruhelager, das ich jetzt ganz nach Wunsch erlange, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit.« -

»Wunderbar, Herr Gotama! Erstaunlich, Herr Gotama! Welch anderer wohl außer dem Herrn Gotama könnte solch heilig-erhabenes, vornehmes Ruhelager ganz nach Wunsch erlangen, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit! Vortrefflich, Herr Gotama! Vortrefflich, Herr Gotama! . . . Als Anhänger möge uns der Herr Gotama betrachten, die von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen haben.«


(*1) uccāsayanā mahāsayanā. K: besonders hohe und breite Ruhelager. Hier, wie auch im 9. Mönchsgelübde, sind vor allem auch üppige, luxuriöse Lagerstätten gemeint, die für den Mönch unzulässig sind. -

Der Umstand, daß der Brahmane hier so ausführlich von bequemen Lagerstätte spricht, wird vom K auf dessen besondere Vorliebe dafür zurückgeführt sowie darauf, daß die schöne körperliche Erscheinung des Buddha der Benutzung solcher Bequemlichkeiten zuschrieb. -

Im folgenden ist bemerkenswert, wie der Buddha, ohne die so äußerliche Betrachtungsweise des Brahmanen auch nur im geringsten zu kritisieren, ihn zur Anerkennung von Höherem führte, indem er ihn auf Dinge hinwies, die eine noch bessere 'Ruhe' bieten. Vgl.A.III.35.

(*2) sabbattatāya; VisM 352: »Dies bedeutet: alle Wesen, niedrige, mittlere, erhabene, Feinde, Freunde, Gleichgültige usw., wie sein eigenes Ich betrachtend, d.h. alle sich selber gleichsetzend, ohne zu untersuchen, ob dieser oder jener ein fremdes Wesen sei.« -

Eine andere, seltenere Lesart ist sabatthatāya, 'überall'.

(*3) Dies sind die vier Gottgleichen Zustände oder Erhabenen Weilungen (brahma-vihāra).


A.III. 65 Sarabha, der Wanderasket

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Rājagaha auf der Geierspitze. Zu jener Zeit nun war ein Wanderasket, Sarabha mit Namen, vor kurzem aus dieser Lehre und Zucht ausgetreten. Der führte zu Rājagaha unter den Leuten solche Rede: »Ich kenne die Lehre der Jünger des Sakyersohnes, und weil ich ihre Lehre kenne, so bin ich eben darum aus jener Lehre und Zucht ausgetreten.«

Und es begaben sich zahlreiche Mönche, nachdem sie sich am Morgen angekleidet hatten, mit Gewand und Almosenschale versehen, nach Rājagaha um Almosenspeise. Es hörten nun jene Mönche, wie Sarabha, der Wanderasket, unter den Leuten solche Rede führte. Nachdem nun jene Mönche um Almosenspeise gegangen waren, begaben sie sich am Nachmittage, nach beendetem Mahl, dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßten sie ehrerbietig den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprachen jene Mönche zum Erhabenen also:

»Ein Wanderasket, Sarabha mit Namen, o Herr, der vor kurzem aus dieser Lehre und Zucht ausgetreten ist, führt zu Rājagaha unter den Leuten solche Rede: 'Ich kenne die Lehre der Jünger des Sakyersohnes, und weil ich ihre Lehre kenne, so bin ich eben darum aus jener Lehre und Zucht ausgetreten.' Gut wäre es, o Herr, wenn sich der Erhabene, von Mitleid bewogen, zum Ufer der Sappini begeben möchte, zum Kloster der Wanderasketen, wo der Wanderasket Sarabha weilt.« Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Und nachdem der Erhabene sich am Abend aus der Zurückgezogenheit erhoben hatte, begab er sich an das Ufer der Sappini, zum Kloster der Wanderasketen, wo der Wanderasket Sarabha weilte. Dort angelangt, setzte er sich auf angewiesenem Sitze nieder und sprach zum Wanderasketen Sarabha also:

»Ist es wahr, wie man sagt, Sarabha, daß du also sprichst: 'Ich kenne die Lehre der Jünger des Sakyersohnes, und weil ich ihre Lehre kenne, so bin ich eben darum aus jener Lehre und Zucht ausgetreten'?« Auf diese Worte schwieg Sarabha, der Wanderskecht.

Und zum zweiten Male sprach der Erhabene zu Sarabha, dem Wanderasketen: »Sprich, Sarabha, inwiefern kennst du die Lehre der Jünger des Sakyersohnes? Solltest du sie nur unvollständig kennen, so will ich sie dir vollständig darlegen. Kennst du sie aber vollständig, so soll es mich freuen.« Und zum zweiten Male schwieg Sarabha, der Wanderasket.

Und zum dritten Male sprach der Erhabene zu Sarabha, dem Wanderasketen: »Mir, Sarabha, ist die Lehre der Jünger des Sakyersohnes bekannt. Sprich, Sarabha, inwiefern kennst du die Lehre der Jünger des Sakyersohnes? Solltest du sie nur unvollständig kennen, so will ich sie dir vollständig darlegen. Kennst du sie aber vollständig, so soll es mich freuen.« Und zum dritten Male schwieg Sarabha, der Wanderasket.

Da nun sprachen die anderen Wanderasketen zu Sarabha also: »Daß du, Bruder, den Asketen Gotama befragen mögest, eben darum ersucht dich der Asket Gotama. Sprich, Bruder Sarabha, inwiefern kennst du die Lehre der Jünger des Sakyersohnes? Solltest du sie nur unvollständig kennen, so will sie dir der Asket Gotama vollständig darlegen. Kennst du sie aber vollständig, so wird es den Asketen Gotama freuen.«

Nach diesen Worten saß Sarabha, der Wanderasket, schweigend da, ganz verlegen, mit vornüber gebeugtem Körper, herabhängendem Kopfe, glühend rot, ohne ein Wort zu sprechen.

Als nun der Erhabene sah, wie der Wanderasket Sarabha schweigend dasaß, ganz verlegen, mit vornüber gebeugtem Körper, herabhängendem Kopfe, glühend rot, ohne ein Wort zu sprechen, da sprach er zu jenen Wanderasketen also: »Wenn da, ihr Wanderasketen, einer zu mir sprechen möchte: 'Du nennst dich zwar einen vollkommen Erleuchteten, doch diese Dinge hast du nicht völlig erkannt'; oder: Du nennst dich zwar triebbefreit, doch dieser Trieb ist in dir nicht erloschen'; oder 'Zu welchem Zwecke du auch deine Lehre vorträgst, den Ausübenden führt sie nicht zur völligen Leidensvernichtung' - wenn da einer solches zu mir sprechen möchte, so würde ich mich mit ihm darüber gründlich auseinandersetzen, ihn ausfragen und zur Rede stellen. Derart von mir gründlich vorgenommen, ausgefragt und zur Rede gestellt, ist es unmöglich und kann es nicht anders sein, als daß er einem dieser drei Zustände verfällt: daß er entweder vom einen zum anderen abschweift und auf Unzugehöriges die Rede bringt; oder daß er Zorn, Ärger und Mißmut an den Tag legt; oder daß er verlegen dasitzt, mit vornüber gebeugtem Körper, herabhängendem Kopfe, glühend rot, ohne ein Wort zu sprechen, wie eben Sarabha, der Wanderasket.«

Nachdem nun der Erhabene am Ufer der Sappini, im Kloster der Wanderasketen, dreimal den Löwenruf hatte erschallen lassen, ging er durch die Lüfte davon.

Kurz nachdem nun der Erhabene sich entfernt hatte, fielen jene Wanderasketen von allen Seiten mit bissigen Worten über Sarabha, den Wanderasketen, her und sprachen: »Gleichwie, Bruder Sarabha, wenn in einem großen Walde ein alter Schakal ein Löwengebrüll auszustoßen versucht, er eben doch bloß ein fürchterliches Schakalsgeschrei vernehmen läßt: ebenso hast auch du, Bruder Sarabha, indem du in Abwesenheit des Asketen Gotama ein Löwengebrüll ausstoßen wolltest, eben doch bloß ein fürchterliches Schakalsgeschrei vernehmen lassen. Gleichwie, Bruder Sarabha, wenn ein Küchlein einen Hahnenschrei auszustoßen versucht, es eben doch bloß das Gepiepe eines Küchleins vernehmen läßt: ebenso hast auch du, Bruder Sarabha, indem du in Abwesenheit des Asketen Gotama einen Hahnenschrei ausstoßen wolltest, eben doch nur das Gepiepe eines Küchleins vernehmen lassen. Gleichwie, Bruder Sarabha, ein Stier in einem leeren Stalle glaubt, ein mächtiges Gebrüll ausstoßen zu müssen: ebenso glaubst auch du, Bruder Sarabha, in Abwesenheit des Asketen Gotama ein mächtiges Gebrüll ausstoßen zu müssen.«

Auf solche Weise fielen jene Wanderasketen von allen Seiten mit bissigen Worten über den Wanderasketen Sarabha her.


A.III. 66 Die Rede an die Kālāmer

So habe ich gehört. Einstmals kam der Erhabene auf seiner Wanderung im Kosalerlande zusammen mit einer großen Schar von Mönchen zu einer Stadt der Kālāmer (Lt. K ein Khattiya- oder Adelsstamm) namens Kesaputta (ChS: kesamuttam).

Es vernahmen nun die Kālāmer aus Kesaputta die Kunde: »Der Asket Gotama, der Sakyersohn, der aus dem Sakyergeschlecht in die Hauslosigkeit zog, ist in Kesaputta eingetroffen. Über diesen erhabenen Gotama aber hat sich solch schöner Ruhmesruf verbreitet: 'Dies fürwahr ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der in Wissen und Wandel Bewährte, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene!' Er erklärt diese Welt mit ihren guten und bösen Geistern und ihren Brahma-Göttern, mit ihrer Schar von Asketen und Priestern, mit ihren Göttern und Menschen, nachdem er sie selber erkannt und durchschaut hat. Er verkündet die Lehre, die am Anfang schöne, in der Mitte schöne und am Ende schöne; dem Sinne und dem Wortlaut nach verkündet er den ganz vollkommenen, lauteren Reinheitswandel. Gut ist es, solche Heilige zu sehen.«

Und es begaben sich die Kālāmer aus Kesaputta dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, brachten einige dem Erhabenen ihre Verehrung dar und setzten sich zur Seite nieder; einige begrüßten sich mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder; einige streckten ihre zusammengelegten Hände dem Erhabenen entgegen und setzten sich zur Seite nieder; einige gaben Name und Familie kund und setzten sich zur Seite nieder; einige setzten sich schweigend zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprachen nun die Kālāmer aus Kesaputta zum Erhabenen also:

»Es kommen da, o Herr, einige Asketen und Brahmanen nach Kesaputta; die lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Wieder andere Asketen und Brahmanen kommen nach Kesaputta, und auch diese lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, und den Glauben anderer beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Da sind wir denn, o Herr, im Unklaren, sind im Zweifel, wer wohl von diesen Asketen und Brahmanen Wahres, und wer Falsches lehrt.« -

»Recht habt ihr, Kālāmer, daß ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, ist euch Zweifel aufgestiegen.

Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, (*1) nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.

Was glaubt ihr, Kālāmer: gereicht die Gier, die im Menschen aufsteigt, ihm zum Heil oder Unheil?« -

»Zum Unheil, o Herr.« -

»Aus Gier, Kalamer, von der Gier überwältigt, umstrickten Geistes, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, vergeht man sich mit seines Nächsten Weib, spricht man Lüge und spornt auch andere dazu an; und dies wird einem lange Zeit zum Unheil und Leiden gereichen.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Was glaubt ihr, Kālāmer: gereicht der Haß und die Verblendung, die im Menschen aufsteigt, ihm zum Heil oder Unheil?« -

»Zum Unheil, o Herr.« -

»Aus Haß und Verblendung, Kalamer, von Haß und Verblendung überwältigt, umstrickten Geistes, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, vergeht man sich mit seines Nächsten Weib, spricht man Lüge und spornt auch andere dazu an; und dies wird einem lange zum Unheil und Leiden gereichen.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Was glaubt ihr, Kālāmer: sind diese Dinge heilsam oder unheilsam?« -

»Unheilsam, o Herr.« -

»Verwerflich oder untadelig?« -

»Verwerflich, o Herr.« -

»Werden diese Dinge von Verständigen gepriesen oder getadelt?« -

»Getadelt, o Herr.« -

»Und führen diese Dinge, wenn ausgeführt und unternommen, zu Unheil und Leiden oder nicht? Oder wie steht es hiermit?« -

»Diese Dinge, o Herr, wenn ausgeführt und unternommen, führen zu Unheil und Leiden. So denken wir hierüber.« -

»Aus diesem Grunde eben, Kālāmer, haben wir es gesagt: Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt,und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann, o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.

Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen machen.

Was glaubt ihr, Kālāmer: gereicht die Gierlosigkeit, die im Menschen aufsteigt, ihm zum Heil oder Unheil?« -

»Zum Heile, o Herr.« -

»Frei von Gier, Kālāmer, nicht von der Gier überwältigt, unumstrickten Geistes, tötet man nicht Lebendiges, nimmt man nicht Ungegebenes, vergeht man sich nicht mit seines Nächsten Weib, spricht man keine Lüge, und auch andere spornt man nicht dazu an; und dies wird einem lange Zeit zum Segen und Wohl gereichen.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Was glaubt ihr, Kālāmer: gereicht die Haßlosigkeit und die Unverblendung, die im Menschen aufsteigt, ihm zum Heil oder Unheil?« -

»Zum Heile, o Herr.« -

»Frei von Haß und Verblendung, nicht von Haß und Verblendung überwältigt, unumstrickten Geistes, tötet man nichts Lebendiges, nimmt man nicht Ungegebenes, vergeht man sich nicht mit seines Nächsten Weib, spricht man keine Lüge, und auch andere spornt man nicht dazu an; und dies wird einem lange Zeit zum Segen und Wohl gereichen.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Was glaubt ihr, Kalamer: sind diese Dinge heilsam oder unheilsam?« -

»Heilsam, o Herr.« -

»Verwerflich oder untadelig?« -

»Untadelig, o Herr.« -

»Werden diese Dinge von Verständigen getadelt oder gepriesen?« -

»Gepriesen, o Herr.« -

»Und führen diese Dinge, wenn ausgeführt und unternommen, zum Wohle oder nicht? Oder wie steht es hiermit?« -

»Diese Dinge, o Herr, wenn ausgeführt und unternommen, führen zu Segen und Wohl. So denken wir darüber.« -

»Aus diesem Grunde eben, Kālāmer, haben wir es gesagt: Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen machen. Was ich so gesagt habe, wurde eben mit Bezug hierauf gesagt.

Derart von Begierde und Übelwollen befreit, unverwirrt, wissensklar und achtsam, durchdringt der edle Jünger mit einem von Güte - von Mitleid - von Mitfreude - von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer inmitten, überall, allerwärts, die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste, einem weiten, umfassenden, unermeßlichen, von Haß und Übelwollen befreiten.

Mit einem derart von Haß und Übelwollen freien, also unbeschwerten, also geläuterten Geiste ist dem edlen Jünger noch bei Lebzeiten vierfacher Trost gewiß:

'Gibt es eine andere Welt und gibt es eine Frucht, ein Ergebnis guter und schlechter Taten, so ist es möglich, daß ich beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf glücklicher Daseinsfährte erscheine, in himmlischer Welt' -dieses ersten Trostes ist er gewiß.

'Gibt es aber keine andere Welt und keine Frucht, kein Ergebnis guter oder schlechter Taten, so lebe ich eben hier in dieser Welt ein leidloses, glückliches Leben, frei von Haß und Übelwollen' - dieses zweiten Trostes ist er gewiß.

'Wenn nun einem Übeltäter Übles widerfährt, ich aber gegen niemanden Übles im Sinne habe wie kann da wohl mir, der ich nichts Übles tue, Unheil widerfahren?' - dieses dritten Trostes ist er gewiß.

'Wenn aber einem Übeltäter nichts Übles widerfährt, so weiß ich mich hier eben beiderseits rein' - dieses vierten Trostes ist er gewiß.

Mit einem derart von Haß und Übelwollen freien, also unbeschwerten, also geläuterten Geiste ist dem edlen Jünger noch bei Lebzeiten dieser vierfache Trost gewiß.« -

»So ist es, Erhabener! So ist es, Gesegneter! Mit einem derart von Haß und Übelwollen freien, also unbeschwerten, also geläuterten Geiste ist einem edlen Jünger noch bei Lebzeiten dieser vierfache Trost gewiß.

Vortrefflich, o Herr! Vortrefflich, o Herr! Gleichwie man, o Herr, Umgestürztes wieder aufrichtet oder das Verborgene enthüllt oder den Verirrten den Weg weist oder in die Finsternis ein Licht bringt, damit, wer Augen hat, die Gegenstände sehen kann, ebenso hat der Erhabene auf mancherlei Weise die Lehre aufgezeigt. Unsere Zuflucht nehmen wir, o Herr, zum Erhabenen, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde! Als Anhänger möge uns der Erhabene betrachten, als solche, die von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen haben.«


(*1) ditthi-nijjhāna-kkhanti; ditthi: Ansicht; nijjhāna: Sinnen, Ersinnen; khanti, hier: Wahl, Billigung, Gefallen, Bevorzugung. Den ganzen Ausdruck könnte man auch mit 'Lieblingsideen' wiedergeben.

Laut K handelt es sich hier um etwas von anderen Erdachtes, an dem man durch wiederholte Beschäftigung damit (nijjhāna) Gefallen (khanti) findet, sich darauf festlegt und es schließlich als eigenes Gedankengut betrachtet. -

Varianten dieses Ausdrucks kommen in den Texten auch in positivem Sinne vor, z.B. in M.70: dhammā nijjhānam khamanti.


      Oben  


findet, sich darauf festlegt und es schließlich als eigenes Gedankengut betrachtet. -

Varianten dieses Ausdrucks kommen in den Texten auch in positivem Sinne vor, z.B. in M.70: dhammā nijjhānam khamanti.


      Oben