Der Weg zur Erlösung

Die Morgenröte der Erkenntnis

213

S.56.37

Dem Aufgehen der Sonne, ihr Mönche, geht die Morgenröte voraus und ist ihr erstes Anzeichen. Ebenso auch ihr Mönche, geht dem der Wirklichkeit gemäßen Durchdringen der vier Wahrheiten die rechte Erkenntnis voraus, und sie ist das erste Anzeichen davon. Bei dem von rechter Erkenntnis erfüllten Mönche nämlich, ihr Mönche, da steht zu erwarten, daß er das Leiden, die Entstehung des Leidens, die Erlöschung des Leidens und den zur Leidenserlöschung führenden Pfad der Wirklichkeit gemäß erkennen wird.

 

 

Die bedingte Entstehung

214

 

Das Verständnis dieser so außerordentlich wichtigen Lehre von der bedingten Entstehung (paticca-samuppāda) ist westlichen Autoren lange verschlossen geblieben und wurde meist durch willkürliche Theorien darüber ersetzt. Des Verfassers erste kurze Darstellung dieses Gegenstandes, die auch heute noch ihre volle Gültigkeit hat, erschien als Fußnote zu seiner Übersetzung des Anguttara-Nikāya (A. III. 61) im Jahre 1923. Dann folgten Darstellungen dieses Themas in englischer Sprache; eine ausführlichere Abhandlung, die, auf das Abhidhammawerk „Patthāna" und die Kommentare gestützt, die 24 Arten der Bedingtheit von Vorgängen auf die Reihe der bedingten Entstehung anwendet (erschienen Calcutta 1934; Kandy 1937 und als Anhang zu „Guide through the Abhidhamma-Pitaka", Colombo 1938). Darauf erschien ein am Ceylon University College gehaltener gemeinverständlicher Vortrag über den Paticca-samuppāda, der in deutscher Sprache in einer Sammlung von vier Vorträgen unter dem Titel „Grundlehren des Buddhismus" erscheinen soll. Eine kürzere Fassung davon findet sich im Wtb.

 

Dem näher Interessierten rate ich, die gewaltige Darstellung in Vis. XVII gründlich durchzuarbeiten. Es werden dort auch die vierundzwanzig Abhängigkeitsbedingungen auf das ausführlichste erklärt. Vgl. auch Wtb. (paccaya).

 

Die wichtigsten Suttentexte über die bedingte Entstehung finden sich in D. 15 (Mahānidāna-Sutta), S. XII (Nidāna-Samyutta) und M. 9. 38.

 

Um dem Leser bei der Lektüre die Übersicht zu erleichtern, schicke ich die folgende Tabelle voraus:

 

215

Vergangenheit

1. Unwissenheit (avijjā)
2. Karmaformationen
(sankhāra)

Karmaprozeß

Fünf Ursachen: 1.2.8.9.10.

Gegenwart

3. Bewußtsein (viññāna)
4. Körperliches und Geistiges
(nāma-rúpa)
5. Sechs Grundlagen
(salāyatana)
6. Bewußtseinseindruck
(phassa)
7. Gefühl (vedanā)

Wiedergeburtsprozeß

 

Fünf Wirkungen: 3-7

 
8. Begehren (tanhā)
9. Anhaften (upādāna)
10. Werdeprozeß (bhava)

Karmaprozeß

Fünf Ursachen: 1. 2. 8. 9.10.

Zukunft

11. Wiedergeburt (jāti)
12. Altern und Sterben
(jarā-marana)

Wiedergeburtsprozeß

Fünf Wirkungen: 3-7

 

 

216

 

Die bedingte Entstehung, ihr Mönche, will ich euch weisen und erklären. Darum höret und achtet wohl auf meine Worte.

 

Was aber, ihr Mönche, ist die bedingte Entstehung?

Durch (1) Unwissenheit, ihr Mönche, bedingt sind die Karmaformationen, durch die (2) Karmaformationen das Bewußtsein (beginnend in neuem Mutterleibe), durch das (3) Bewußtsein das Geistige und Körperliche, durch das (4) Geistige und Körperliche die sechs Grundlagen, durch die (5) sechs Grundlagen der Bewußtseinseindruck, durch den (6) Bewußtseinseindruck das Gefühl, durch das (7) Gefühl das Begehren, durch das (8) Begehren das Anhaften, durch das (9) Anhaften der Werdeprozeß (Karma und Wiedergeburtsprozeß), durch den (10) Werdeprozeß (hier Karmaprozeß) die Wiedergeburt; durch die (11) Wiedergeburt aber bedingt entstehen (12) Altern und Sterben, Sorge, Klage, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. So, ihr Mönche, kommt es zur Entstehung dieser ganzen Leidensfülle.

. . . (11) Was aber, ihr Mönche, ist die (Wieder-)Geburt? Was bei diesen und jenen Wesen, in dieser und jener Wesenswelt, Geburt ist, Geborenwerden, Empfängnis (okkanti), Insdaseintreten, das Erscheinen der Daseinsgruppen, das Erlangen der Sinnenorgane: Das, ihr Mönche, nennt man die Geburt.

 

 

Geburt bezeichnet hier den gesamten embryonalen Prozeß vom Moment der Empfängnis ab bis zum Austritt aus dem Mutterleibe. Vgl. Wtb.: Embryonalstadien.

 

(5) Was aber, ihr Mönche, sind die sechs Grundlagen? Es sind: Sehorgan, Hörorgan, Riechorgan, Schmeckorgan, Körper und Geist. Das, ihr Mönche, nennt man die sechs Grundlagen.

(4) Was aber, ihr Mönche, sind das Geistige und das Körperliche? Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Bewußtseinseindruck und Aufmerken (vedanā, saññā, cetanā, phassa, manasikāra): Das nennt man das Geistige (nāma). Die vier Hauptstoffe (Festes, Flüssiges, Hitze, Bewegung) und die von den vier Hauptstoffen abhängige Körperlichkeit (Sinnenorgane usw.; s. Kap. 196): Das nennt man das Körperliche (rúpa). Somit ist jenes das Geistige und dieses das Körperliche. Das nennt man, ihr Mönche, das Geistige und Körperliche.

 

 

Allgemein gelten Gefühle, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewußtsein als das Geistige (nāma) oder die vier geistigen Gruppen (nāma-kkhandha). Nach der Dreiteilung aller Daseinsphänomene in Körperlichkeit, Bewußtsein (oder Geist: viññāna, citta, mano) und Geistesfaktoren (cetasika) gehören somit zu letzteren: Gefühl, Wahrnehmung und die fünfzig Geistesformationen. Für einen karmisch-neutralen Bewußtseinszustand, um welchen es sich hier handelt, kommen jedoch nur die mit allem Bewußtsein untrennbar verbundenen oben genannten fünf Geistesfaktoren in Betracht. Im Abhidhamma (Dhs.) werden noch zwei weitere genannt, nämlich Sammlung (samādhi) und geistige Lebenskraft (jívit’indriya).

 

. . . (2) Was aber, ihr Mönche, sind die Karmaformationen (sankhāra)? Drei Karmaformationen gibt es, ihr Mönche: Die Karmaformationen in Werken, die Karmaformationen in Worten, die Karmaformationen in Gedanken. Das, ihr Mönche, nennt man die Karmaformationen.

 

 

Diese Erklärung ist die im Sutta-Pitaka immer wiederkehrende. In D. 33 und anderswo jedoch findet man auch häufig die Einteilung in verdienstliche (puññābhisankhāra), unverdienstliche (apuññābhisankhāra) und unerschütterliche (āneñjābhisankhāra, d. i. der unkörperlichen Sphäre angehörende) Karmaformationen. In beiden Fällen handelt es sich um heilsames (verdienstliches und unerschütterliches) und unheilsames unverdienstliches) Wirken oder Karma (d. i. Willenstätigkeit) in Werken, Worten oder Gedanken.

 

217

S.12.51

(1) Wenn, o Mönche, der von Unwissenheit erfüllte Mensch verdienstliche Karmaformationen wirkt, so bringt ihm das Bewußtsein Verdienst. Wenn er unverdienstliche Karmaformationen wirkt, so bringt ihm das Bewußtsein Schuld. Wenn er unerschütterliche Karmaformationen wirkt, so bringt ihm das Bewußtsein Unerschütterlichkeit.

Ist, ihr Mönche, aber in dem Mönch die Unwissenheit geschwunden und das Wissen erwacht, so wirkt er eben infolge der Aufhebung der Unwissenheit und des Erwachens des Wissens keine verdienstliche, verdienstlose oder unerschütterliche Karmaformation mehr. Indem er aber kein Karma mehr wirkt, keine Willenstätigkeit (cetanā) mehr erzeugt, haftet er an nichts mehr in der Welt. An nichts mehr haftend erbebt er nicht mehr. Nicht mehr erbebend erreicht er in sich selber das Nirvana, und er weiß: ,Versiegt ist die Wiedergeburt, ausgelebt der heilige Wandel, die Aufgabe erfüllt, und nichts mehr bleibt zu tun für diese Welt’ . . .

(2) Was glaubt ihr, o Mönche, könnte wohl der triebversiegte Mönch noch verdienstliche, unverdienstliche oder unerschütterliche Karmaformationen wirken?

Nein, o Ehrwürdiger.

(3) Wenn da aber ganz und gar keine Karmaformationen bestehen, könnte da wohl nach Erlöschung der Karmaformationen noch Bewußtsein (in einem neuen Mutterleib) auftreten?

Nein, o Ehrwürdiger.

(4) Wenn da aber ganz und gar kein Bewußtsein besteht, könnte da wohl bei Fehlen des Bewußtseins das Geistige und Körperliche auftreten?

Nein, o Ehrwürdiger.

(5) Wenn da aber ganz und gar Geistiges und Körperliches nicht bestehen, könnten da wohl bei Fehlen des Geistigen und Körperlichen die sechs Sinnenorgane auftreten?

Nein, o Ehrwürdiger . . .

 

 

Der 4. Abschnitt ist offenbar so zu lesen: Sabbaso vā pana viññāne asati viññānanirodhā api nu kho nāma-rúpam paññāyethā ti?

 

210

D. 15

Tiefgründig, Ananda, ist diese bedingte Entstehung, und auch tiefgründig erscheint sie. Eben infolge des Nicht-erkennens, Nichtdurchdringens dieses Gesetzes gleicht die Menschheit einem verwirrten Fadenknäuel, einem Vogelneste, einem Schilf- und Röhrichtgestrüpp, und der Mensch entrinnt nicht dem Kreislauf der Wiedergeburten . . .

,Durch Bewußtsein bedingt ist das Geistige und Körperliche’: So wurde gesagt. Das aber hat man in dieser Weise zu verstehen: Wenn es da, Ananda, nicht zum Eintritt (Empfängnis) des Bewußtseins im Mutterleibe käme, könnte sich da wohl das Geistige und Körperliche entwickeln?

Nein, o Ehrwürdiger.

. . . Somit, Ananda, ist das Bewußtsein der Anlaß, der Entstehungsgrund, die Bedingung für Geistiges und Körperliches.

 

219

M. 9

(1) Was aber, ihr Brüder, ist die Unwissenheit (avijjā), was ihre Entstehung, was ihre Erlöschung und was der zu ihrer Erlöschung führende Pfad?

Das Leiden nicht verstehen, seine Entstehung nicht verstehen, seine Erlöschung nicht verstehen und den zu seiner Erlöschung führenden Pfad nicht verstehen: Das, ihr Brüder, nennt man die Unwissenheit.

Durch Entstehung der üblen Triebe (āsava) kommt es zur Entstehung der Unwissenheit, durch Erlöschung der Triebe zur Erlöschung der Unwissenheit, dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Erlöschung der Unwissenheit führende Pfad, nämlich: Rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung.

 

 

Die Unwissenheit also ist, genau wie alle anderen Daseinsphänomene, bedingt und, wie es auch in Vis. XVII heißt, nicht als ,der ursachlose Urgrund des Daseins’ aufzufassen, sondern sie bildet nur den Ausgangspunkt in der Darlegung der bedingten Entstehung. Hierzu heißt es in A. X. 61:

 

„Nicht ist, ihr Mönche, ein erster Anfang der Unwissenheit anzutreffen, vor dem es etwa keine Unwissenheit gegeben hätte und wonach erst später die Unwissenheit entstanden wäre. So heißt es, ihr Mönche. Die Unwissenheit nämlich erkennt man als bedingt entstanden."

 

 

Über den Begriff sankhāra mit seinen vieldeutigen Anwendungen s. Vis. XVII und Wtb.

 

 

270

M. 57

Da, Punna, wirkt einer leidvolle Karmaformationen (sankhāra) in Werken, Worten und Gedanken. Leidvolle Karmaformationen aber wirkend, gelangt er in leidvolle Welt. In leidvolle Welt gelangt, treffen ihn leidvolle Eindrücke. Durch leidvolle Eindrücke getroffen, empfindet er leidvolles, äußerst schmerzhaftes Gefühl, gleichwie die Wesen in der Hölle. So, Punna, ist es jedesmal mit der Wiedergeburt der Wesen. Gemäß seinem Wirken wird er wiedergeboren, und wiedergeboren treffen ihn die Eindrücke. Darum, Punna, sage ich: ,Erben ihres Wirkens (karma) sind die Wesen.’

 

Aus den vorstehenden Suttentexten geht folgendes klar und unzweideutig hervor: 1.) Das zweite Glied der Formel (sankhāra: Karmaformationen) bezeichnet das heilsame bzw. unheilsame Karma oder Wirken in Werken, Worten und Gedanken; 2 ) das dritte Glied (viññāna: Bewußtsein) gehört zum künftigen Leben und bezeichnet das im Moment der Empfängnis (okkanti) im Mutterleibe zum erstenmal auftretende karmagewirkte Bewußtsein Zusammen mit dem Bewußtsein aber - bei der Empfängnis genau so wie während des Lebens - entstehen die mit dem Bewußtsein untrennbar verbundenen Geistesfaktoren (Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Aufmerken usw.), die oben als das Geistige (nāma) erklärt wurden. Ebenso entstehen im Moment der Empfängnis die körperlichen Grundelemente (rúpa) des neuen Lebewesens. Dieses Geistige und Körperliche (nāma-rúpa) also ist bedingt durch das gleichzeitig damit entstehende Wiedergeburtsbewußtsein (patisandhi-viññāna). (3) und (4) sind also bedingt im Sinne von Zusammenentstehung, Gegenseitigkeit und Verbundensein: Eines kann nicht sein ohne das andere. Deshalb wird bisweilen, selbst in den Sutten, gesagt, daß auch umgekehrt durch das Geistige und Körperliche das Bewußtsein bedingt sei.

Daß (10) als Ursache der Wiedergeburt dem der Wiedergeburt (11) vorangehenden Leben angehören muß, ergibt sich schon daraus, daß oben Wiedergeburt als mit dem Empfängnismoment beginnend erklärt wird. Der Abhidhamma zerlegt den Werdeprozeß in den aktiven oder karmischen Werdeprozeß (kamma-bhava; d. i. 1, 2, 8, 9, 10) und den passiven oder karmagewirkten Werdeprozeß (uppati-bhava, d. i. 3-7 identisch mit 11-12). Der Satz ,Durch den Werdeprozeß bedingt entsteht die Geburt’ besagt also hier mit anderen Worten: ,Durch Karma ist die Wiedergeburt bedingt.’

 

221

 

Ganz kurz umschrieben würde die Formel der bedingten Entstehung etwa folgendermaßen lauten:

(1-2) Die Unwissenheit (avijjā) oder Verblendung ist die notwendige Bedingung zur Verübung des zu Wiedergeburt führenden heilsamen und unheilsamen Wirkens oder Karma, und zwar entweder im Sinne eines vorhergehenden Anlasses (upanissaya) oder im Sinne von Zusammenentstehung (sahajāta); letzterer Fall kann jedoch nur bei unheilsamem, nicht bei heilsamem Wirken eintreten.

(2-3) Dieses als heilsamer bzw. unheilsamer Wille (cetanā) geltende und in Werken, Worten und Gedanken sich äußernde Wirken oder Karma ist die Ursache für die im Mutterleibe als Wiedergeburtsbewußtsein, später als Unterbewußtsein, Sinnenbewußtsein usw. funktionierenden karmagewirkten Bewußtseins-Klassen.

(3-4) Durch das im Moment der Empfängnis eintretende Wiedergeburtsbewußtsein (patisandhi-viññāna) ist das damit gleichzeitig entstehende Geistige und Körperliche (vor allem die physische Grundlage des Geistes) des embryonalen Lebewesens bedingt (also im Sinne von Zusammenentstehung, Gegenseitigkeit usw.). Ebenso befinden sich die fünf Sinnenorgane im Momente ihres Entstehens mit dem Bewußtsein im Verhältnis der gegenseitigen Bedingtheit. Doch von da ab bedingen Bewußtsein und Körperlichkeit sich nicht mehr gegenseitig.

(4-5) Nur wenn das Geistige und Körperliche (nāma-rúpa) da sind, können die physischen Grundlagen, d. i. die fünf Sinnenorgane, und die als Sammelname für alles Bewußtsein geltende Geistgrundlage zustande kommen. Durch das Geistige (nāma: Gefühl, Wahrnehmung und einige Geistesformationen) nämlich ist die als Bewußtsein geltende Geistgrundlage bedingt, während die fünf physischen Grundlagen (āyatana), oder Sinnenorgane, in Abhängigkeit von den vier körperlichen Elementen zum Entstehen kommen.

(5-6) Durch die fünf physischen Sinnenorgane (Grundlagen) und die als Bewußtsein geltende Geistgrundlage bedingt, entstehen die sechs Bewußtseinseindrücke (phassa), wie Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper- und Geist-Eindruck. Die fünf physischen Sinnenorgane nämlich bilden für die entsprechenden Bewußtseinseindrücke eine Bedingung im Sinne von Vorherentstehung, Anwesenheit usw., d. h. es kann kein Seheindruck stattfinden, wenn das Sehorgan nicht vorher entstanden ist oder nicht mehr da ist usw. Die als Bewußtsein geltende Geistgrundlage aber bildet für alle sechs Bewußtseinseindrücke eine Bedingung im Sinne von Zusammenentstehung usw.

(6-7) Durch die sechs Sinneneindrücke bedingt entstehen angenehme, unangenehme oder indifferente Gefühle (vedanā). Für das mit dem Sinneneindruck verbundene Gefühl z. B. ist der Sinneneindruck eine Bedingung im Sinne von Zusammenentstehung, Gegenseitigkeit usw. Es würde an den Leser allzu große Anforderungen stellen, wollte ich hier auf alle die vielartigen Einzelheiten in den Abhängigkeitsbeziehungen eingehen.

(7-8) Das Gefühl ist für das Begehren (tanhā) ein ,Anlaß im Sinne von Objekt’ (āramman’upanissaya), und zwar mag das Gefühl entweder ein vergangenes oder ein in der Zukunft zu erwartendes sein. Ohne aber überhaupt an ein Gefühl zu denken, kann kein Begehren aufsteigen. Selbst das empfundene schmerzhafte Gefühl mag Begehren und die Sehnsucht nach lieblichen und erfreulichen Dingen veranlassen.

(8-9) Durch fortgesetztes Begehren kommt es zum Haften (upādāna) an den Dingen; das Anhaften gilt eben als ein intensiver Grad des Begehrens.

(9-10) Durch das Anhaften am Dasein usw. ist der ganze Werdeprozeß (bhava) bedingt, d. i. sowohl der aktive oder karmische Werdeprozeß (kamma-bhava) als auch der passive oder karmagewirkte Wiedergeburtsprozeß (uppatti-bhava).

(10-11) Der karmische Werdeprozeß (kamma-bhava) aber ist die Ursache der Wiedergeburt (jāti = uppatti); d.h. ohne Karma gibt es keine Wiedergeburt.

(11-12) Ist die Geburt da, so gibt es auch Sterben (jarā-marana). Für den Heiligen aber, für den es keine Wiedergeburt mehr gibt, da er eben kein Karma mehr wirkt, gibt es auch kein künftiges Altern und Sterben mehr, keine Sorgen und Klagen, keine Verzweiflung und Leiden mehr.

 

222

S.12.1f.

Durch die restlose Abwendung und Erlöschung der Unwissenheit eben kommt es zur Erlöschung der Karmaformationen, durch die Erlöschung der Karmaformationen zur Erlöschung des Bewußtseins, durch Erlöschung des Bewußtseins zur Erlöschung des Geistigen und Körperlichen, durch Erlöschung des Geistigen und Körperlichen zur Erlöschung der sechs Grundlagen, durch Erlöschung der sechs Grundlagen zur Erlöschung des Bewußtseinseindrucks, durch Erlöschung des Bewußtseinseindrucks zur Erlöschung des Gefühls, durch Erlöschung des Gefühls zur Erlöschung des Begehrens, durch Erlöschung des Begehrens zur Erlöschung des Anhaftens, durch Erlöschung des Anhaftens zur Erlöschung des Werdeprozesses, durch Erlöschung des Werdeprozesses zur Erlöschung der Wiedergeburt, durch Erlöschung der Wiedergeburt aber schwinden Altern und Sterben, Sorge, Klage, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. So kommt es zur Erlöschung dieser ganzen Leidensfülle.


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