Anguttara Nikaya

2. Kapitel: mahā-vagga

A.VIII. 11. Die große Durchbrechung

(Auch in Vin. III, 1 = Pārājika Pāli, I. Sutta)

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Verañjā, am Fuße des Naleru-Pucimanda-Baumes (*1). Da kam ein Brahmane aus Verañjā zum Erhabenen, wechselte mit dem Erhabenen höflichen Gruß, und nach Austausch freundlicher, zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend, sprach er zum Erhabenen also:

"Gehört habe ich, Herr Gotama, daß der Asket Gotama alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen weder seinen Gruß entbietet, noch sich vor ihnen erhebt, noch ihnen einen Sitz anbietet. Und dies, Herr Gotama, verhält sich tatsächlich so; denn nicht entbietet ja der Herr Gotama alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen seinen Gruß, nicht erhebt er sich vor ihnen, noch bietet er ihnen einen Sitz an. Das aber, Herr Gotama, ist nicht recht (*2)."

-"Nicht sehe ich, Brahmane, in der Welt der Götter, der bösen und guten Geister, samt der Schar der Asketen und Priester, Götter und Menschen auch nur einen, dem ich ehrfurchtsvollen Gruß entbieten und vor dem ich mich erheben und ihn zum Sitzen einladen sollte. Sollte nämlich, Brahmane, der Vollendete irgend jemandem ehrfurchtsvollen Gruß entbieten, sich vor ihm erheben und ihn zum Sitzen einladen, so möchte dessen Haupt in Stücke zerspringen."

-"Rücksichtslos (*3) ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als rücksichtslos bezeichnen; denn jedwede Rücksicht auf Formen, Töne, Düfte, Säfte und Berührungen ist im Vollendeten überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Rücksichtslos ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Lieblos ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als lieblos bezeichnen; denn jedwede Liebe für Formen, Töne, Düfte, Säfte und Berührungen ist im Vollendeten überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Lieblos ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Die Untätigkeit lehrt der Asket Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Lehrer der Untätigkeit bezeichnen; denn ich lehre die Nichtausübung eines schlechten Wandels in Werken, Worten und Gedanken, lehre die Nichtausübung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Die Untätigkeit lehrt der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Die Vernichtung lehrt der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Lehrer der Vernichtung bezeichnen; denn ich lehre die Vernichtung von Gier, Haß und Verblendung, lehre die Vernichtung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Die Vernichtung lehrt der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Ein Verächter ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Verächter bezeichnen: denn ich verachte den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, verachte die Ausübung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Ein Verächter ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Ein Verneiner ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Verneiner bezeichnen: denn ich weise die Lehre zur Verneinung von Gier, Haß und Verblendung, zur Verneinung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Ein Verneiner ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Ein Quäler ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Quäler bezeichnen: denn niederzuquälen (*4), sage ich, hat man die üblen, unheilsamen Dinge, den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken. In wem aber, Brahmane, die niederzuquälenden üblen, unheilsamen Dinge überwunden sind, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt, den nenne ich einen Quäler. Im Vollendeten nun, Brahmane, sind die niederzuquälenden üblen, unheilsamen Dinge überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Ein Quäler ist der Asket Gotama'; doch nicht wie du es meinst."

-"Ein Ausgestoßener (*5) ist der Herr Gotama."

-"Allerdings, Brahmane, könnte man mich in einer Hinsicht mit Recht als einen Ausgestoßenen bezeichnen: denn für wen der künftige Leibesschoß (*6), die Wiedergeburt, überwunden ist, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt, den nenne ich einen Ausgestoßenen. Für den Vollendeten nun, Brahmane, ist der künftige Leibesschoß, die Wiedergeburt, überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen 'Ein Ausgestoßener ist der Asket Gotama; doch nicht wie du es meinst.

Angenommen, Brahmane, eine Henne habe acht, zehn oder zwölf Eier gelegt, die sie gründlich bebrütet, gründlich erwärmt, gründlich zur Entwicklung gebracht hat. Dasjenige unter den Küchlein nun, das als erstes mit den Krallenspitzen oder dem Schnabel die Eierschale durchbricht und heil ausschlüpft, hätte man das wohl als das ältere zu bezeichnen oder als das jüngere?"

-"Als das ältere, Herr Gotama; denn es war ja unter ihnen zuerst da."

-"Ebenso auch, Brahmane, habe ich unter den verblendeten, im Ei der Unwissenheit befindlichen, in ihm eingeschlossenen Menschen die Eierschale der Unwissenheit durchbrochen und als erster in der Welt die unübertroffene höchste Erleuchtung errungen: darum bin ich eben in der Welt der Älteste, der Edelste.

Vollendet aber, Brahmane, war damals meine Willenskraft und ungebrochen, gegenwärtig und ungetrübt meine Achtsamkeit, mein Körper gestillt und unerregt (*7), mein Geist gesammelt und geeint. So gewann ich, Brahmane, ganz abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, die mit Gedankenfassen und Überlegen verbundene, in der Abgeschiedenheit geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte erste Vertiefung und weilte in ihr. Nach Stillung von Gedankenfassen und Überlegen gewann ich den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Gedankenfassen und Überlegen freie, in der Sammlung geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte zweite Vertiefung und weilte in ihr. Und nach Loslösung von der Verzückung weilte ich gleichmütig, achtsam, klar bewußt, und ein Glücksgefühl empfand ich in meinem Inneren, von dem die Edlen künden: 'Der Gleichmütige, Achtsame weilt beglückt': so gewann ich die dritte Vertiefung und weilte in ihr. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und dem schon früheren Erlöschen von Frohsinn und Trübsinn gewann ich die leidlos-freudlose, in der völligen Reinheit von Gleichmut und Achtsamkeit bestehende vierte Vertiefung und weilte in ihr.

Mit derart gesammeltem Geiste, der geläutert war, rein, fleckenlos, ungetrübt geschmeidig, gefügig, fest und unerschütterlich, richtete ich meinen Geist auf die 'erinnernde Erkenntnis früherer Daseinsformen'. Ich erinnerte mich an manche frühere Daseinsformen, als wie an ein Leben, an zwei Leben, an drei Leben, an vier Leben, an fünf Leben, an zehn Leben, an zwanzig Leben, an dreißig Leben, an vierzig Leben, an fünfzig Leben, an hundert Leben, an tausend Leben, an hunderttausend Leben; dann an die Zeiten während mancher Weltentstehungen, an die Zeiten mancher Weltuntergänge, an die Zeiten mancher Weltuntergänge und Weltentstehungen: 'Dort war ich, solchen Namen hatte ich, solcher Familie und solchem Stande gehörte ich an, solche Nahrung wurde mir zuteil, solches Wohl und Wehe hatte ich erfahren, solches Lebensalter erreichte ich. Von da nun abgeschieden, trat ich dort wieder ins Dasein: dort hatte ich solchen Namen, solcher Familie und solchem Stande gehörte ich an, solche Nahrung wurde mir zuteil, solches Wohl und Wehe hatte ich erfahren, solches Lebensalter erreichte ich. Von dort nun abgeschieden, trat ich hier wieder ins Dasein.' So erinnere ich mich an manche frühere Daseinsform, mit ihren besonderen Merkmalen, besonderen Kennzeichen. Dieses erste Wissen, Brahmane, hatte ich in der ersten Nachtwache errungen. Das Nichtwissen schwand, und das Wissen erwachte, das Dunkel zerstob, und das Licht erschien, während ich da also unermüdlich, eifrig und entschlossen verweilte. Dies, Brahmane, war meine erste, große Durchbrechung, gleichwie das Kücklein die Eierschale durchbricht.

Mit derart gesammeltem Geiste, der geläutert war, rein, fleckenlos, ungetrübt, geschmeidig, gefügig, fest und unerschütterlich, richtete ich meinen Geist auf die Erkenntnis des Abscheidens und Wiedererscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, sah ich die Wesen abscheiden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche. Ich erkannte, wie die Wesen ihren Taten gemäß wiedererscheinen: 'Diese lieben Wesen, wahrlich, führen einen schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken; sie schmähen Heilige, haben verkehrte Ansicht und gemäß ihrer verkehrten Ansicht handeln sie. Beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, gelangen sie in eine niedere Welt, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, in die Hölle. Doch jene anderen lieben Wesen führen einen guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken; nicht schmähen sie die Heiligen, haben rechte Erkenntnis, und gemäß dieser rechten Erkenntnis handeln sie. Beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, gelangen sie auf eine gute Daseinsfährte, in himmlische Welt.' So sah ich mit tem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, die Wesen abscheiden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche; und ich erkannte, wie die Wesen ihren Taten gemäß wiedererscheinen. Dieses zweite Wissen, Brahmane, hatte ich in der mittleren Nachtwache errungen. Das Nichtwissen schwand, und das Wissen erwachte, das Dunkel zerstob, und das Licht erschien, während ich da also unermüdlich, eifrig und entschlossen verweilte. Dies, Brahmane, war meine zweite, große Durchbrechung, gleichwie das Küchlein die Eierschale durchbricht.

Mit derart gesammeltem Geiste, der geläutert war, rein, fleckenlos, ungetrübt, geschmeidig, gefügig, fest und unerschütterlich, richtete ich meinen Geist auf die Erkenntnis der Triebversiegung. 'Dies ist das Leiden', erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Entstehung des Leidens' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Erlöschung des Leidens' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist der zur Erlöschung des Leidens führende Pfad' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß. 'Dies sind die Triebe' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Entstehung der Triebe' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist das Erlöschen der Triebe' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist der zum Erlöschen der Triebe führende Pfad' erkannte ich der Wirklichkeit gemäß. Also erkennend, also schauend, ward mein Geist befreit vom Sinnlichkeits-Trieb, befreit vom Daseins-Trieb, befreit vom Nicht-wissens-Trieb. Und in mir, dem Befreiten, erhob sich die Erkenntnis des Befreitseins, und ich wußte: 'Versiegt ist die Wiedergeburt, erfüllt der heilige Wandel; getan ist, was zu tun war; nichts Weiteres mehr nach diesem hier.' Dieses dritte Wissen, Brahmane, hatte ich in der letzten Nachtwache errungen. Das Nichtwissen schwand, und das Wissen erwachte, das Dunkel zerstob, und das Licht erschien, während ich da also unermüdlich, eifrig und entschlossen verweilte. Dies, Brahmane, war meine dritte, große Durchbrechung, gleichwie das Küchlein die Eierschale durchbricht."

Auf diese Worte sprach der Brahmane aus Verañjā zum Erhabenen also: "Der Älteste ist der Herr Gotama! Der Edelste ist der Herr Gotama! Gleichwie man, Herr Gotama, das Umgestürzte wieder aufrichten oder das Verborgene enthüllen oder den Verirrten den Weg weisen oder in die Finsternis ein Licht bringen möchte, damit, wer Augen hat, die Gegenstände sehe: ebenso hat der Herr Gotama auf mancherlei Weise die Lehre enthüllt. So nehme ich meine Zuflucht zum Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Herr Gotama betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.


(*1) Der Pucimanda, auch bekannt als Nimba- oder Margosabaum, ist identisch mit dem ceylonesischen Kohombabaum. Seine Früchte usw. besitzen einen bitteren Geschmack. Vgl. A.X.104.

(*2) So auch in A.II.39.

(*3) arasarūpo, wtl: 'geschmacklos', d.i. unhöflich. Dementsprechend würde die wörtliche Übersetzung des folgenden lauten: "denn jedweder Geschmack an Formen usw. ist im Vollendeten überwunden".

(*4) oder 'auszuglühen' (tapanīyā); 'Quäler' = tapassī.

(*5) apagabbho K erklärt: ein aus niederem Leibesschoß (gabbha) Geborener; ein zur Wiedergeburt in der Götterwelt Unfähiger.

(*6) gabbha-seyyā, in Anknüpfung an das frühere apagabbho.

(*7) passaddho kāyo asāraddho; K: der geistige und der materielle Körper.


A.VIII. 12 Die Bekehrung des Feldherrn Sīha

(Auch im Vinaya Mahāvagga, Bhesajjakkhanda, siehe A.VII.54)

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesālī, in der Halle des Giebelhauses. Damals aber saßen zahlreiche hochangesehene Licchavier im Gemeindehause versammelt beisammen und priesen auf vielerlei Weise den Erleuchteten, priesen seine Lehre, priesen die Mönchsgemeinde. Auch der Feldherr Sīha, ein Jünger der Niganther (*1), befand sich damals unter der Versammlung. Und Sīha, der Feldherr, sagte sich: "Zweifellos muß dieser Erhabene ein Heiliger sein, ein vollkommen Erleuchteter; und eben darum preisen diese hochangesehenen Licchavier auf vielerlei Weise den Erleuchteten, seine Lehre und die Mönchsgemeinde. So will ich doch diesen Erhabenen aufsuchen, den Heiligen, vollkommen Erleuchteten!" Und Sīha, der Feldherr, begab sich zum Niganther Nāthaputta und sprach zu ihm:

"Ich möchte, o Herr, den Asketen Gotama besuchen."

-"Wie, Sīha? Du, der du an Tätigkeit glaubst, willst den die Untätigkeit lehrenden Asketen Gotama besuchen? Die Untätigkeit lehrt ja der Asket Gotama; zum Zwecke der Untätigkeit verkündet er die Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger." Und der Entschluß, den Erhabenen zu besuchen, schwand da bei Sīha, dem Feldherrn.

Auch ein zweites Mal (wiederholte sich dieses in gleicher Weise). Und auch ein drittes Mal saßen zahlreiche hochangesehene Licchavier im Gemeindehause versammelt beisammen und priesen auf vielerlei Weise den Erleuchteten, seine Lehre und die Mönchsgemeinde. Und auch dieses dritte Mal sagte sich Sīha, der Feldherr: "Zweifellos muß dieser Erhabene ein Heiliger sein, ein vollkommen Erleuchteter; und eben darum preisen diese hochangesehenen Licchavier auf vielerlei Weise den Erleuchteten, seine Lehre und die Mönchsgemeinde. Ob ich da nun die Niganther frage oder nicht, was können mir diese anhaben? So will ich nun, ohne die Niganther zu fragen, diesen Erhabenen aufsuchen, den Heiligen, vollkommen Erleuchteten!"

Und der Feldherr Sīha zog nun mit einem Gefolge von fünfhundert Wagen am Nachmittage aus Vesālī hinaus, um den Erleuchteten zu besuchen. Als er soweit gefahren war, wie die Fahrstraße reichte, stieg er vom Wagen und ging zu Fuß weiter. Beim Erhabenen angelangt, begrüßte er ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der Feldherr Sīha zum Erhabenen also:

"Gehört habe ich, o Herr, daß der Asket Gotama die Untätigkeit lehrt, daß er zum Zwecke der Untätigkeit seine Lehre verkündet und in diesem Sinne seine Jünger erzieht. Die aber solches sagen, o Herr, berichten sie damit wohl die Worte des Erhabenen und beschuldigen sie ihn nicht etwa fälschlich? Erklären sie dies seiner Lehre gemäß, so daß sich die entsprechende Aussage nicht als fehlerhaft erweist? Wahrlich, o Herr, wir haben nicht den Wunsch, den Erhabenen fälschlich zu bezichtigen!"

-"In einer Hinsicht, Sīha, kann man von mir allerdings mit Recht behaupten, daß ich die Untätigkeit lehre; in einer anderen Hinsicht aber, daß ich die Tätigkeit lehre. In einer Hinsicht, Sīha, kann man mich allerdings mit Recht als einen Lehrer der Vernichtung bezeichnen, als einen Verächter, einen Verneiner, einen Quäler, einen Ausgestoßenen. In einer anderen Hinsicht aber, Sīha, kann man von mir mit Recht behaupten, daß ich ein Tröster bin, der zur Tröstung die Lehre verkündet und in diesem Sinne meine Jünger erziehe.

Ich lehre nämlich, o Sīha, die Nichtausübung eines schlechten Wandels in Werken, Worten und Gedanken, lehre die Nichtausübung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Die Untätigkeit lehrt der Asket Gotama; zum Zwecke der Untätigkeit verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.' Doch ich lehre auch die Ausübung eines guten Wandels in Werken, Worten und Gedanken, lehre die Ausübung der mannigfachen heilsamen Dinge. In diesem Sinne, Sīha, kann man also von mir mit Recht sagen: 'Die Tätigkeit lehrt der Asket Gotama; zum Zwecke der Tätigkeit verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Ich lehre freilich, o Sīha, die Vernichtung von Gier, Haß und Verblendung, lehre die Vernichtung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In dieser Hinsicht könnte man allerdings mit Recht sagen: 'Die Vernichtung lehrt der Asket Gotama; zum Zwecke der Vernichtung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Ich verachte freilich, o Sīha, den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, Verachte die Ausübung übler, unheilsamer Dinge. In diesem Sinne könnte man allerdings mit Recht sagen: 'Ein Verächter ist der Asket Gotama; zum Zwecke der Verachtung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Ich weise freilich, o Sīha, eine Lehre zur Verneinung von Gier, Haß und Verblendung, zur Verneinung der mannigfachen üblen, unheilsamen Dinge. In diesem Sinne könnte man allerdings mit Recht sagen: 'Ein Verneiner ist der Asket Gotama; zum Zwecke der Verneinung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Ich sage freilich, o Sīha, daß man die üblen, unheilsamen Dinge niederzuquälen hat, den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken. In wem aber, Sīha, die niederzuquälenden üblen, unheilsamen Dinge überwunden sind, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt, den nenne ich einen Quäler. Im Vollendeten nun, Sīha, sind die niederzuquälenden üblen, unheilsamen Dinge überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Ein Quäler ist der Asket Gotama; zum Zwecke des Quälens verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Für wen, Sīha, der künftige Leibesschoß, die Wiedergeburt, überwunden ist, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt, den nenne ich einen Ausgestoßenen. Für den Vollendeten nun, Sīha, ist der künftige Leibesschoß, die Wiedergeburt, überwunden, mit der Wurzel zerstört, wie eine Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. In dieser Hinsicht könnte man freilich mit Recht sagen: 'Ein Ausgestoßener ist der Asket Gotama; zum Zwecke der Ausstoßung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'

Ich bringe, o Sīha, den höchsten Trost; zur Tröstung verkünde ich meine Lehre, und in diesem Sinne erziehe ich meine Jünger. In dieser Hinsicht, Sīha, kann man von mir mit Recht sagen: 'Ein Tröster ist der Asket Gotama; zur Tröstung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'"

Auf diese Worte sprach der Feldherr Sīha zum Erhabenen also:

"Vortrefflich, o Herr! Vortrefflich, o Herr! Gleichwie man, o Herr, das Umgestürzte wieder aufrichtet oder das Verborgene enthüllt oder den Verirrten den Weg weist oder in die Finsternis ein Licht bringt, damit wer Augen hat die Gegenstände sehen kann; ebenso hat der Herr Gotama auf mancherlei Weise die Lehre enthüllt. So nehme ich meine Zuflucht zum Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Herr Gotama betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat."

- (*2) "Überlege dir, Sīha, was du tust! Für solch bekannte Männer, wie du es bist, ist es gut, mit Überlegung zu handeln."

-"Dadurch, o Herr, daß der Erhabene so zu mir spricht, hat mich der Erhabene in noch höherem Maße erfreut und beglückt. Denn hätten mich, o Herr, Andersgläubige zu ihrem Jünger gewonnen, so würden sie durch ganz Vesālī eine Fahne herumtragen und ausrufen: 'Sīha, der Feldherr, ist unserer Jüngerschaft beigetreten!' Der Erhabene jedoch spricht zu mir, daß ich mir überlegen solle, was ich tue; daß für bekannte Männer wie mich es gut sei, mit Überlegung zu handeln! Zum zweiten Male nehme ich nun meine Zuflucht zum Erhabenen, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat."

-"Lange Zeit hindurch, Sīha, war dein Haus den Niganthern gleichsam ein Born. Mögest du daher daran denken, wenn sie zu deinem Hause kommen, Ihnen Almosenspeise zu geben!"

-"Dadurch, o Herr, daß der Erhabene so zu mir spricht, hat er mich in noch höherem Maße erfreut und beglückt. Denn gehört habe ich, o Herr, daß der Asket Gotama sagt: 'Nur mir soll man Gabe spenden, nicht anderen; nur meinen Jüngern, nicht den Jüngern anderer. Nur das mir und meinen Jüngern Gespendete bringt hohen Segen, nicht das anderen Gespendete!' Nun aber spornt mich der Erhabene dazu an, auch den Niganthern Almosen zu geben. Dafür, o Herr, werde ich die rechte Zeit wissen. Zum dritten Male, o Herr, nehme ich nun meine Zuflucht zum Erhabenen, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat."

Und der Erhabene gab dem Feldherrn Sīha eine stufenweise Belehrung über die Freigebigkeit, die Sittlichkeit, die Himmelswelten, und er beleuchtete das Elend, die Hinfälligkeit und Unreinheit der Sinnenlüste und den Segen der Entsagung. Als nun aber der Erhabene merkte, daß der Geist des Feldherrn Sīha reif war, geschmeidig, ohne innere Hemmungen, in gehobener Stimmung und voller Zutrauen, da wies er die den Erleuchteten eigene Lehrverkündung: vom Leiden, von der Entstehung des Leidens, von der Aufhebung des Leidens und vom Pfad. Und gleichwie ein sauberes, fleckenloses Gewand sofort Farbe annimmt, ebenso ging Sīha, dem Feldherrn, während er noch auf seinem Platze saß, das ungetrübte, fleckenlose Auge für die Lehre auf: 'Was immer entsteht, muß vergehen (*3).'

Und die Lehre schauend, die Lehre verwirklichend, die Lehre kennend, die Lehre durchdringend, zweifelentronnen, vom Schwanken befreit, durch keinen anderen beeinflusst [in seinem Vertrauen (So laut K)] zur Weisung des Meisters, sprach Sīha, der Feldherr, zum Erhabenen also: "Möge mir, o Herr, der Erhabene für morgen zum Mahle zusagen, zusammen mit der Mönchsgemeinde!" Schweigend gab der Erhabene seine Zustimmung zu erkennen. Als nun der Feldherr Sīha merkte, daß der Erhabene zugestimmt hatte, erhob er sich von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrfurchtsvoll, und ihm die Rechte zukehrend entfernte er sich.

Darauf gab der Feldherr Sīha einem Manne den Auftrag: "Geh, lieber Mann, und sehe dich nach frischem Fleische (*4) um!" Nach Ablauf jener Nacht nun ließ der Feldherr Sīha in seinem Hause vorzügliche feste und weiche Speise zubereiten und dann dem Erhabenen die Zeit ankünden: "Es ist nun Zeit, o Herr. Das Mahl ist bereit."

Und der Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Almosenschale und begab sich zum Hause des Feldherrn Sīha. Dort angelangt, nahm er auf dem bereiteten Sitze Platz, zusammen mit der Mönchsgemeinde.

Zu jener Stunde aber durchzogen die Niganther Vesālī in großer Zahl, von Straße zu Straße und von Platz zu Platz, und mit erhobenen Händen riefen sie aus: "Der Feldherr Sīha hat ein großes Tier geschlachtet und für den Asketen Gotama zum Mahle bereitet. Der Asket Gotama aber genießt wissentlich das eigens für ihn zubereitete Fleisch, ist also verantwortlich für die Tat (*5)."

Und ein Mann trat zu Sīha, dem Feldherrn, und flüsterte ihm ins Ohr: "Wisse es, erlauchter Herr (*6), daß die Niganther in großer Zahl in Vesālī von Straße zu Straße und von Platz zu Platz ziehen und mit erhobenen Händen ausrufen: 'Der Feldherr Sīha hat ein großes Tier geschlachtet und für den Asketen Gotama zum Mahl bereitet. Der Asket Gotama aber genießt wissentlich das eigens für ihn zubereitete Fleisch, ist also verantwortlich für die Tat.'"

-"Genug davon, lieber Mann! Schon seit langem finden jene Verehrten ihre Lust daran, den Erhabenen, seine Lehre und seine Mönchsgemeinde zu beschimpfen. Nicht werden jene Verehrten es müde, den Erhabenen in falscher, nichtiger, lügnerischer, unwahrer Weise zu beschuldigen. Nicht für mein Leben möchte ich absichtlich einem Wesen das Leben nehmen!"

Der Feldherr Sīha nun bediente und bewirtete eigenhändig die Mönchsgemeinde mit dem Erhabenen an der Spitze, mit vorzüglichen harten und weichen Speisen. Sobald nun der Feldherr Sīha merkte, daß der Erhabene das Mahl beendet und die Hände von der Almosenschale zurückgezogen hatte, setzte er sich zur Seite hin. Und der Erhabene unterwies den Feldherrn Sīha in Worten der Lehre, ermahnte, ermutigte und ermunterte ihn. Darauf erhob er sich von seinem Platze und entfernte sich.


(*1) K: In Indien gab es drei Hauptunterstützer der Niganther (Jainas): in Nālanda der Hausvater Upali (s. M. 56), in Kapilavatthu der Sakyer Vappo (A.IV.195) und in Vesālī der Feldherr Sīha.

(*2) So auch bei der Bekehrung des Niganther-Anhängers Upāli (M. 56).

(*3) Dieser Ausspruch deutet in den Texten stets auf die Erreichung des Stromeintritts (sotāpatti) hin; so z.B. bei Kondañña nach der ersten Predigt des Buddha, S.56.11.

(*4) pavatta-mamsa; K: Nimm Geld und suche im Bazar nach "auf normale Weise zugefallenem" (pakatiyā pavattam) und (für Mönche) erlaubtem Fleisch (kappiya-mamsa), d.h. nicht von geschlachteten oder auf der Jagd erlegten Tieren.

(*5) Die Ansicht der Niganther war, daß die sittliche Schuld zur Hälfte den Geber treffe und zur Hälfte den Empfänger.

(*6) Dies ist die einzige dem Übersetzer bekannte Stelle, wo ein im Weltleben Stehender mit der respektvollen Anrede bhante angesprochen wird.


A.VIII. 13 Das edle Königsroß

Mit acht Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist des Königs gutes, edles Roß würdig des Königs, geeignet zum Königsdienst, gilt als königliches Leibroß. Welches sind diese acht Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, ist des Königs gutes, edles Roß beiderseits von reiner Abstammung, vom Vater wie von der Mutter her; es stammt aus jener Gegend, aus der auch alle die anderen guten, edlen Rosse herstammen (K: Aus dem Indus-Tale). Was man ihm an frischem oder trockenem Futter reicht, das verzehrt es voll Aufmerksamkeit, ohne etwas davon zu verstreuen. Es verabscheut es, sich auf Kot oder Urin niederzulassen und hinzulegen. Es ist fromm, verträglich und bringt die anderen Rosse nicht in Aufregung. Was noch an Verschmitztheit, Falschheit, Unaufrichtigkeit und Verschlagenheit in ihm steckt, das zeigt es dem Rosselenker, so wie es wirklich ist, und der Rosselenker bemüht sich, ihm diese Dinge auszutreiben. Angeschirrt aber sagt es sich 'Ob die anderen Rosse den Wagen recht ziehen werden oder nicht, ich werde ihn ziehen!' Im Gehen aber folgt es dem geraden Weg. Es bleibt ausdauernd bis zu seinem Lebensende. Mit diesen acht Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist des Königs gutes, edles Roß würdig des Königs, ist geeignet zum Königsdienst, gilt als königliches Leibroß.

Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit acht Eigenschaften ausgestattete Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist der beste Boden in der Welt für gute Werke. Welches sind diese acht Eigenschaften?

Da ist der Mönch sittenrein, er befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen im Wandel und Umgang, und vor dem geringsten Vergehen sich scheuend, übt er sich in den Übungsregeln, die er auf sich genommen. Jede Speise, die man ihm darreicht, grobe oder feine, genießt er mit Achtung, ohne Verdrossenheit: Er verabscheut den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, verabscheut die Ausübung übler, unheilsamer Dinge. Er ist freundlich und verträglich, und nicht bringt er die anderen Mönche in Aufregung. Was noch an Verschmitztheit, Falschheit, Unaufrichtigkeit und Verschlagenheit in ihm steckt, das enthüllt er, wie es wirklich ist, dem Meister oder verständigen Ordensbrüdern; und diese bemühen sich, ihm jene Eigenschaften auszutreiben. Er ist strebsam in der Übung und sagt sich: 'Mögen die anderen der Übung folgen oder nicht, ich aber werde mich üben!' In seinem Wandel aber folgt er nur dem geraden Wege; dies nämlich ist der gerade Weg: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung. Mit angespannter Willenskraft lebt er, indem er denkt: 'Mögen nur Haut, Sehnen und Knochen übrigbleiben und Fleisch und Blut in meinem Leibe austrocknen, doch nicht soll meine Anstrengung zum Stillstand kommen, ohne erreicht zu haben, was erreichbar ist mit männlicher Ausdauer, männlichem Willen, männlicher Kraft!'

Mit diesen acht Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastspenden, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist der beste Boden in der Welt für gute Werke.


A.VIII. 14 Acht Untugenden der Rosse

Acht ungebärdige Rosse (*1), ihr Mönche, will ich euch weisen und acht Untugenden der Rosse, acht ungebärdige Menschen und acht Untugenden der Menschen.

Welches aber sind die acht ungebärdigen Rosse und die acht Untugenden der Rosse?

Das eine der Rosse, ihr Mönche, wenn aufgefordert weiterzugehen und unter Schlägen vom Rosselenker angetrieben, geht rückwärts, stößt den Wagen hinter sich zurück. Von solcher Art, ihr Mönche, ist jenes ungebärdige Roß; und dies, ihr Mönche, ist die erste Untugend der Rosse.

Ein anderes Roß, wenn aufgefordert weiterzugehen und unter Schlägen vom Rosselenker angetrieben, schlägt mit den Hinterfüßen aus und zertrümmert die Deichsel, zerbricht das dreiteilige Joch. - Ein anderes macht dann seine Hinterschenkel von der Deichsel los und zertrampelt mit den Hinterfüßen die ganze Deichsel. - Ein anderes schlägt dann einen verkehrten Weg ein, bringt den Wagen auf falsche Fährte.- Ein anderes bäumt sich mit dem Vorderkörper auf und schlägt mit den Vorderfüßen aus. - Ein anderes beißt sich in die Gebißstange fest und rennt, unbekümmert um Wagenlenker und Treibstock, wohin es ihm gefällt. - Ein anderes geht weder vorwärts noch rückwärts, sondern bleibt wie eine Säule fest auf dem Flecke stehen. - Ein anderes zieht die Vorder- und Hinterfüße ein und läßt sich an derselben Stelle auf allen vieren nieder. Von solcher Art, ihr Mönche, ist jenes ungebärdige Roß; und dies, ihr Mönche, ist die achte Untugend der Rosse.

Das, ihr Mönche, sind die acht ungebärdigen Rosse und die acht Untugenden der Rosse.

Welches aber sind die acht ungebärdigen Menschen und die acht Untugenden der Menschen?

Da, ihr Mönche, ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen eines Vergehens ermahnt, windet sich heraus, indem er spricht: 'Ich erinnere mich nicht daran.' Und jenem ungebärdigen Rosse, das, aufgefordert weiterzugehen und, vom Rosselenker unter Schlägen angetrieben, rückwärts geht und den Wagen hinter sich zurückstößt, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da jener ungebärdige Mensch; und dies ist die erste Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, weist den Ermahner ab mit den Worten: 'Was willst du mir mit deiner Rede, du törichter, unerfahrener Mensch? Du meinst wohl, auch etwas sagen zu müssen?' Und jenem ungebärdigen Rosse, das mit den Hinterfüßen ausschlägt, die Deichsel zertrümmert und das dreiteilige Joch zerbricht, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die zweite Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, wirft die Anklage auf den Ankläger zurück: 'Du hast ja ein solches und solches Vergehen begangen! Bekenne vor allem erst selber einmal deine Schuld!' Und jenem ungebärdigen Rosse, das seine Hinterschenkel von der Deichsel frei macht und sie dann mit den Hinterfüßen zertrampelt, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die dritte Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, geht von einem Gegenstand auf den anderen über, lenkt das Gespräch auf andere Dinge ab und legt Verdrossenheit, Ärger und Mißtrauen an den Tag. Und jenem ungebärdigen Rosse, das einen verkehrten Weg einschlägt und den Wagen auf falsche Fährte bringt, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die vierte Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, spricht, mit den Armen fuchtelnd, inmitten der Mönchsgemeinde. Und jenem ungebärdigen Rosse, das sich mit dem Vorderkörper aufbäumt und mit den Vorderfüßen ausschlägt, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die fünfte Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen ermahnt, kümmert sich weder um die Mönchsgemeinde noch um den Ermahner, und, von Feindseligkeit erfüllt, geht er, wohin es ihm beliebt. Und jenem ungebärdigen Rosse, das sich in die Gebißstange festbeißt und, unbekümmert um Wagenlenker und Treibstock, rennt, wohin es ihm beliebt, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die sechste Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, erwidert nicht, ob er das Vergehen begangen hat oder nicht, und verletzt so die Mönchsgemeinde durch sein Schweigen. Und jenem ungebärdigen Rosse, das weder vorwärts noch rückwärts geht und wie eine Säule auf demselben Flecke stehen bleibt, dem ähnlich nenne ich einen solchen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die siebente Untugend der Menschen.

Fernerhin, ihr Mönche: da ermahnen die Mönche einen Mönch wegen eines Vergehens. Er aber, von den Mönchen wegen des Vergehens ermahnt, entgegnet ihnen: 'Was quält ihr Ehrwürdigen mich denn so sehr? Ich gebe nun die Askese auf und kehre zum niederen Weltleben zurück.' Nachdem er aber die Askese aufgegeben und zum niederen Weltleben zurückgekehrt ist, spricht er: 'Jetzt werdet ihr Ehrwürdigen wohl zufrieden sein!' Und jenem ungebärdigen Rosse, das Vorder- und Hinterfüße einzieht und sich auf allen vieren niederläßt, dem ähnlich nenne ich einen solchen Menschen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da ein anderer ungebärdiger Mensch; und dies ist die achte Untugend der Menschen.

Das, ihr Mönche, sind die acht ungebärdigen Menschen und die acht Untugenden der Menschen.


(*1) assakhalunke. Hier, wie in A.X.87 und A.XI.10, bildet assakhalunka den Gegensatz zu assājāniya, dem edlen, gefügigen Roß, hat hier also wohl die Bedeutung von 'ungebärdig'. In A.IX.22 werden drei Arten von Rossen aufgezählt: assakhalunka, assasadassa und assājāniya, wobei assakhalunka dem Sotāpanna entspricht, d.i. dem Beginner unter den vier 'hohen Menschen' (ariya-puggala), der den ersten Grad der Geschwindigkeit erreicht hat. Khalunka entspricht zweifellos einem Sanskrit-Diminutivum kharu-ka, junges Pferd, Füllen, was sich auch mit dem Kommentar zu A.III.141 deckt (= assapote, 'Füllen'). Betreffs der Einschiebung des Nasals vgl. vakra-vanka, patha-pantha, sirisripa-sirimsapa.


A.VIII. 15 Die acht Flecken

Nicht lernen ist des Wissens Fleck,
das Nichtstun Fleck der Häuslichkeit.
 
Der Schönheit Fleck die Trägheit ist,
des Wächters Fleck die Lässigkeit.
Des Weibes Fleck ist Schlechtigkeit,
der Fleck des Gebers ist der Geiz.
Die bösen Dinge sind ein Fleck
in dieser und der nächsten Welt.
Doch unter allen diesen Flecken ist
Nichtwissen der schlimmste Fleck.

(Der Prosatext deckt sich nach der Einleitung "Acht Flecken gibt es, ihr Mönche, welche acht?", wörtlich mit den Versen, die auch in Dhp. 241 f. vorkommen.)


A.VIII. 16 Der würdige Verbreiter der Botschaft

(Auch im Cūla-Vagga des Vinaya, Sanghabhedaka-khandhaka)

Mit acht Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig, die Botschaft (der Lehre) zu verbreiten. Welches sind diese acht Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, ist ein Mönch ein guter Zuhörer und gibt das Gehörte richtig wieder, er lernt und behält es gut, er versteht es und macht es verständlich, er weiß, was zweckmäßig und was zwecklos ist und ist nicht streitsüchtig. Mit diesen acht Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig, die Botschaft (der Lehre) zu verbreiten. (Anschließend wird nun das gleiche von Sāriputta ausgesagt.)

"Wer im Kreise hoher Sprecher
keine Furcht, kein Zagen kennt,
nicht der Rede Fluß verliert
und die Botschaft nicht verbirgt,
Von Zaudern frei ist (*1), wenn er spricht
und nicht erzürnt ist, wenn befragt:
Ein solcher Mönch gar würdig ist,
daß er die Botschaft weiterträgt."

(*1) Lies asandiddhañca bhanati; K: vigata-samsayani. Die Parallele im Vinaya hat asandiddho ca akkhāti, erklärt als nissandeho hutvā akkhāti; anusandhivasena yojetvā yojetvā; d.h. er läßt sich nicht aus dem Konzept bringen.


A.VIII. 17-18 Mann und Weib

(17) Durch acht Dinge, ihr Mönche, fesselt das Weib den Mann: 

  1. durch ihr Weinen (*1), 
  2. Lachen und 
  3. Sprechen, 
  4. durch ihre Kleidung (*2), 
  5. durch einen aus Waldblumen gebundenen Strauch, 
  6. durch ihren Duft, 
  7. ihren Geschmack 
  8. und ihre Berührung. 

Jene Wesen, ihr Mönche, sind gar fest gebunden, die durch Körperberührung (*3) gebunden sind.

(18) Und durch eben diese acht Dinge, ihr Mönche, fesselt der Mann das Weib. Jene Wesen, ihr Mönche, sind gar fest gebunden, die durch Körperberührung gebunden sind.


(*1) ChS und K: runnena; PTS rūpena, durch ihren Körper.

(*2) ChS und K: ākappena; PTS hat hier gītena, durch ihren Gesang.

(*3) ChS: phassena; nicht pāsena, wie in PTS.


A.VIII. 19 Das Gleichnis vom Weltmeer

(Vgl. Ud. V, 5; Cūla-Vagga des Vinaya, pātimokkha-thapana-khandhaka)

Einst weilte der Erhabene bei Verañjā, am Fuß des Naleru-Pucimanda-Baumes. Und Pahārāda, der Dämonenfürst (*1), begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und stellte sich zur Seite hin. Und der Erhabene sprach zu ihm also:

"Sage mir, Paharada, finden wohl die Dämonen Gefallen am Weltmeer?"

-"Ja, o Herr, sie finden am Weltmeer Gefallen."

-"Wieviel erstaunliche und wunderbare Eigenschaften, Pahārāda, haben wohl die Dämonen am Weltmeere bemerkt, daß sie daran Gefallen finden?"

-"Acht Eigenschaften, o Herr. Und welches sind diese acht?

Das Weltmeer, o Herr, wird nach und nach tiefer, sein Boden senkt sich ganz allmählich, fällt ganz allmählich ab und bildet keinen plötzlichen Abgrund. Das, o Herr, ist die erste erstaunliche und wunderbare Eigenschaft des Weltmeeres, angesichts deren die Dämonen am Weltmeere Gefallen finden.

Ferner, o Herr, ist das Weltmeer beständig, tritt nicht über das Ufer. - Ferner, o Herr, duldet das Weltmeer keinen Leichnam in sich. Jeden Leichnam, der sich in ihm befindet, wirft es aus, spült ihn ans Ufer, treibt ihn ans Land. - Ferner, o Herr, sobald die mächtigen Ströme, wie die Gangā, Yamunā, Aciravati, Sarabhū und Mahī, das Weltmeer erreichen, verlieren sie ihre früheren Namen und Bezeichnungen und gelten eben als das Weltmeer. - Ferner, o Herr: trotz aller sich ins Weltmeer ergießenden Flüsse und aller vom Himmel niederströmenden Regenschauer, zeigt doch das Weltmeer weder eine Zunahme noch eine Abnahme. - Ferner, o Herr, ist das Weltmeer von einem einzigen Geschmacke durchdrungen, dem Geschmack des Salzes. - Ferner, o Herr, birgt das Weltmeer reiche und mannigfache Schätze. In ihm finden sich solche Kostbarkeiten wie Perlen, Diamanten, Lasursteine, Muscheln, Quarz (*2), Korallen, Silber, Gold, Rubinen und Katzenauge. - Ferner, o Herr, ist das Weltmeer die Behausung gewaltiger Lebewesen. Es hausen dort Riesenfische, Seeungeheuer, Leviathane (*3), Dämonen, Drachen und Genien. Und dort gibt es Wesen von ein-, zwei-, drei-, vier- und fünf-hundert Yojanas Länge. Das, o Herr, ist die achte erstaunliche und wunderbare Eigenschaft des Weltmeeres, angesichts deren die Dämonen am Weltmeer Gefallen finden.

Diese acht erstaunlichen und wunderbaren Eigenschaften des Weltmeeres bemerkend, finden die Dämonen Gefallen am Weltmeere. Finden wohl aber auch die Mönche, o Herr, Gefallen an dieser Lehre und Zucht?"

"Ja, Pahārāda, die Mönche finden Gefallen an dieser Lehre und Zucht."

-"Wieviel erstaunliche und wunderbare Eigenschaften aber, o Herr, haben wohl die Mönche an dieser Lehre und Zucht bemerkt, daß sie daran Gefallen finden?"

-"Gleichwie, Pahārāda, das Weltmeer nach und nach tiefer wird, sein Boden sich ganz allmählich senkt, ganz allmählich abfällt und keinen plötzlichen Abgrund bildet; ebenso auch, Pahārāda, gibt es in dieser Lehre und Zucht eine stufenweise Schulung, eine stufenweise Ausübung, einen stufenweisen Fortgang und nicht etwa eine plötzliche Erreichung des Höchsten Wissens. Das, Pahārāda, ist die erste erstaunliche und wunderbare Eigenschaft dieser Lehre und Zucht, angesichts welcher die Mönche an dieser Lehre und Zucht Gefallen finden.

Gleichwie das Weltmeer beständig ist, nicht über das Ufer tritt: ebenso auch, Pahārāda, überschreiten meine Jünger nicht für ihr Leben die ihnen von mir gewiesenen Übungsregeln. - Gleichwie das Weltmeer keinen Leichnam in sich duldet und jeden Leichnam, der sich darin befindet, ans Ufer spült, ans Land treibt; ebenso auch, Pahārāda, duldet die Mönchsgemeinde unter sich keinen sittenlosen, dem Bösen ergebenen Menschen von unlauterem, verdächtigen Benehmen, von versteckter Tat, einen Nichtasketen, der sich als Asketen ausgibt, einen Unkeuschen, der sich als keusch lebend ausgibt, der innerlich verdorben ist, befleckt, von schmutzigem Wesen. Sofort versammelt sich dann die Mönchsgemeinde und stößt ihn aus. Aber auch wenn er inmitten der Mönchsgemeinde sitzen sollte, ist er der Mönchsgemeinde dennoch fremd und fremd ist ihm die Mönchsgemeinde.

Gleichwie die mächtigen Ströme, wie die Gangā, Yamunā, Aciravati, Sarabhū und Mahī, sobald sie das Weltmeer erreichen, ihre früheren Namen und Bezeichnungen verlieren und eben als das Weltmeer gelten: ebenso auch, Pahārāda, verlieren die Angehörigen der vier Kasten - Adlige, Brahmanen, Bürger und Diener, wenn sie in der vom Vollendeten verkündeten Lehre und Zucht aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind - ihre früheren Namen und Bezeichnungen und gelten eben als Asketenjünger des Sakyersohnes.

Gleichwie, trotz aller sich ins Meer ergießenden Flüsse, aller vom Himmel niederströmenden Regenschauer, dennoch das Weltmeer weder eine Zunahme noch eine Abnahme zeigt; ebenso auch, Pahārāda, zeigt, selbst wenn viele Mönche in das von jedem Daseinsrest freie Nibbāna-Element eingehen, das Nibbāna-Element weder eine Zunahme noch eine Abnahme.

Gleichwie das Weltmeer von einem einzigen Geschmack durchdrungen ist, dem Geschmack des Salzes: ebenso auch, Pahārāda, ist diese Lehre und Zucht von einem einzigen Geschmack durchdrungen, dem Geschmack der Erlösung.

Gleichwie das Weltmeer reiche und mannigfache Schätze birgt; ebenso auch, Pahārāda, birgt diese Lehre und Zucht reiche und mannigfache Kostbarkeiten, als wie da sind: 

Gleichwie das Weltmeer die Behausung gewaltiger Lebewesen ist: ebenso auch, Pahārāda, ist diese Lehre und Zucht die Behausung gewaltiger Wesen, als wie da sind: der in den Strom Eingetretene und derjenige, der auf dem Wege ist, das Ziel des Stromeintritts zu verwirklichen; der Einmalwiederkehrer und derjenige, der auf dem Wege ist, das Ziel der Einmalwiederkehr zu verwirklichen; der Niewiederkehrer und derjenige, der auf dem Wege ist, das Ziel der Nichtwiederkehr zu verwirklichen, der Heilige und derjenige, der auf dem Wege ist, die Heiligkeit zu verwirklichen. Das, Pahārāda, ist die achte erstaunliche und wunderbare Eigenschaft dieser Lehre und Zucht, angesichts welcher die Mönche an dieser Lehre und Zucht Gefallen finden.

Diese acht erstaunlichen und wunderbaren Eigenschaften bemerkend, Pahārāda, finden die Mönche Gefallen an dieser Lehre und Zucht."


(*1) Laut K gibt es drei Fürsten der Dämonen (oder Titanen; asura): Vepacitti, Rāhu und Pahārāda.

(*2) silā, lt. Boehtlingk, roter Arsenik, Realgar.

(*3) timi timingalo timiranpingalo; K zu Udāna: Von diesen drei Fischen kann der zweite den ersten schlucken und der dritte die beiden anderen.


A.VIII. 20 Uposatha

Einst weilte der Erhabene im Ostkloster bei Sāvatthī, im Terrassenbau der Mutter Migāras. Damals nun saß an einem Uposatha-Tage der Erhabene zusammen mit der Mönchsgemeinde. Als nun die Nacht vorgerückt und die erste Nachtwache bereits überschritten war, erhob sich der ehrwürdige Ananda von seinem Sitze, warf das Obergewand über eine Schulter und sprach, indem er dem Erhabenen den ehrerbietigen Handgruß darbot:

"Die Nacht, o Herr, ist vorgerückt, die erste Nachtwache überschritten; schon lange sitzt die Mönchsgemeinde da. Möge doch der Erhabene den Mönchen die Ordenssatzung (pātimokkha, siehe A.II.201 mit Anm.) vortragen!"

Auf diese Worte schwieg der Erhabene.

Als aber die Nacht weiter vorrückte und die mittlere Nachtwache überschritten war, erhob sich der ehrwürdige Ananda zum zweitenmal von seinem Sitze und sprach zum Erhabenen:

"Die Nacht, o Herr, ist vorgerückt und die mittlere Nachtwache ist überschritten; schon lange sitzt die Mönchsgemeinde da. Möge doch der Erhabene den Mönchen die Ordenssatzung vortragen!"

Und auch zum zweiten Male schwieg der Erhabene.

Als nun die Nacht weiter vorrückte und auch die letzte Nachtwache überschritten war, die Morgenröte aufstieg und es begann, hell zu werden, da erhob sich der ehrwürdige Ananda zum dritten Male von seinem Sitze und sprach zum Erhabenen:

"Die Nacht, o Herr, ist vorgerückt und die letzte Nachtwache überschritten, die Morgenröte ist aufgestiegen, und es beginnt hell zu werden (nandimukhī ratti, wtl: die Nacht zeigt ein freundliches Gesicht). Schon lange sitzt die Mönchsgemeinde da. Möge doch der Erhabene den Mönchen die Ordenssatzung vortragen!"

-"Unrein, Ananda, ist die Versammlung."

Da dachte der ehrwürdige Mahā-Moggallāna: "Wegen welches Menschen hat wohl der Erhabene die Versammlung als unrein erklärt?" Und der ehrwürdige Mahā-Moggallāna sann darüber nach, indem er im Geiste die Herzen der ganzen Mönchsgemeinde durchschaute; und er erkannte da einen sittenlosen, dem Bösen ergebenen Menschen von unlauterem und verdächtigem Benehmen, von versteckter Tat, einen Nichtasketen, der sich als Asketen ausgibt, einen Unkeuschen, der sich als keusch lebend ausgibt, innerlich verdorben, befleckt, von schmutzigem Wesen. Sobald ihn aber der ehrwürdige Mahā-Moggallāna erkannt hatte, erhob er sich von seinem Sitze, ging auf jenen Menschen zu und sprach zu ihm:

"Hebe dich weg, Verehrter! Erkannt hat dich der Erhabene. Keine Gemeinschaft hast du mehr mit den Mönchen."

Auf diese Worte aber schwieg dieser Mensch.

Und zum zweiten Male sprach der ehrwürdige Mahā-Moggallāna zu jenem Menschen:

"Hebe dich weg, Verehrter! Erkannt hat dich der Erhabene. Keine Gemeinschaft hast du mehr mit den Mönchen."

Aber auch zum zweiten Male schwieg jener Mensch.

Und zum dritten Male sprach der ehrwürdige Mahā-Moggallāna:

"Hebe dich weg, Verehrter! Erkannt hat dich der Erhabene. Keine Gemeinschaft hast du mehr mit den Mönchen."

Und auch zum dritten Male schwieg jener Mensch. Da faßte der ehrwürdige Mahā-Moggallāna jenen Menschen am Arme, führte ihn hinaus vor die Türe, schob den Riegel vor, trat dann zum Erhabenen und sprach:

"Hinausgebracht, o Herr, habe ich diesen Menschen. Rein ist nun die Versammlung. Möge nun, o Herr, der Erhabene den Mönchen die Ordenssatzung vortragen!"

-"Wunderbar ist es doch, Moggallāna, erstaunlich ist es, daß jener Tor es soweit kommen lassen mußte, bis man ihn am Arme packte."

Und der Erhabene wandte sich an die Mönche und sprach:

"Von nun ab, ihr Mönche, möget ihr allein den Uposatha abhalten und die Ordenssatzung vortragen. Ich werde von heute ab nicht mehr den Uposatha abhalten und die Ordenssatzung vortragen. Unmöglich ist es, ihr Mönche, es kann nicht sein, daß der Vollendete einer unreinen Versammlung die Ordenssatzung vorträgt."

(Hieran schließt sich eine Wiederholung der 'Gleichnisse vom Weltmeer', wie in Text 19, doch ohne Bezug auf Pahārāda.)


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ssatzung vortragen. Unmöglich ist es, ihr Mönche, es kann nicht sein, daß der Vollendete einer unreinen Versammlung die Ordenssatzung vorträgt."

(Hieran schließt sich eine Wiederholung der 'Gleichnisse vom Weltmeer', wie in Text 19, doch ohne Bezug auf Pahārāda.)


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