Anguttara Nikaya

3. Das Kapitel der Toren (bāla-vagga)

A.II. 22 Weise und Toren

Zweierlei Toren gibt es, ihr Mönche. 

Zweierlei Weise gibt es, ihr Mönche. 


A.II. 23-26 Falsche Aussagen

Zwei, ihr Mönche, machen falsche Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei? 

Diese beiden machen falsche Aussagen über den Vollendeten.

 
Zwei, ihr Mönche, machen falsche Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei? 

Diese beiden machen falsche Aussagen über den Vollendeten.

 
Zwei, ihr Mönche, machen keine falschen Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei? 

Diese beiden machen keine falschen Aussagen über den Vollendeten.

 
Zwei, ihr Mönche, machen falsche Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei? 

Diese beiden machen falsche Aussagen über den Vollendeten.

 
Zwei, ihr Mönche, machen keine falschen Aussagen über den Vollendeten. Welche zwei? 

Diese beiden machen keine falschen Aussagen.


(*1) K: Wenn es in den Lehrreden heißt: »Ein Wesen (puggala) gibt es ...« (I, 22) oder »Zwei Wesen gibt es ...« (II, 53), so hat dies einen der Deutung (oder näherer Erklärung) bedürfenden Sinn (neyy'attha). Wenn auch der Buddha derart sprach, so gibt es doch im höchsten oder strikten Sinne (paramattha) kein beharrendes Wesen, keine beharrende Persönlichkeit (puggala). Der Sinn obiger Aussprüche ist also einer näheren Erklärung bedürftig. Doch jener (in unserem Text Erwähnte) glaubt törichterweise, daß dies eine Lehrrede 'mit ausgemachtem Sinn' (nīt'attha) sei.

 
(*2) K: Wenn jedoch der Erhabene davon spricht, daß (alles Gewordene) vergänglich, leidvoll und ichlos ist, so hat es eben diesen und keinen anderen Sinn. Doch jener (im Text Erwähnte) glaubt törichterweise, daß dies einen der Deutung bedürfenden Sinn hat und behauptet, daß es (im höchsten Sinne) etwas Ewiges, Glückhaftes und ein Ich gebe.

A.II. 27-30 Zweierlei Ausgang

Für einen Menschen von versteckter Handlungsweise, ihr Mönche, steht einer der beiden Ausgänge zu erwarten: 
Für einen von offener Handlungsweise steht einer der beiden Ausgänge zu erwarten: 
Für einen Menschen mit falscher Ansicht, ihr Mönche, steht einer der beiden Ausgänge zu erwarten: 
Für einen mit rechter Erkenntnis steht einer der beiden Ausgänge zu erwarten: 
 
Dem Sittenlosen, ihr Mönche, wird zweierlei Aufnahme: Hölle oder Tierreich.
 
Dem Sittenreinen wird zweierlei Aufnahme: Götterwelt oder Menschentum.

A.II. 31 Waldeinsamkeit

Zwei Gründe gewahrend, ihr Mönche, suche ich im Walde einsame, abgelegene Stätten auf.

Welches sind die beiden Gründe?
Diese beiden Gründe gewahrend, suche ich im Walde einsame, abgelegene Stätten auf.

A.II. 32 Geistesruhe und Hellblick

Zwei Eigenschaften, ihr Mönche, führen zum Wissen. Welche zwei? 
Wird, ihr Mönche, die Geistesruhe geübt, welchen Vorteil gewinnt man da? 

Der Geist entfaltet sich. Ist aber der Geist entfaltet, welchen Vorteil gewinnt man da? 

Was da an Gier besteht, das schwindet (*1).

 

Wird aber, ihr Mönche, der Hellblick geübt, welchen Vorteil gewinnt man da? 

Die Weisheit entfaltet sich. Ist aber die Weisheit entfaltet, welchen Vorteil gewinnt man da? 

Was da an Verblendung besteht, das schwindet.

 

Nicht wird der von Gier betrübte Geist befreit, noch kommt die von Verblendung getrübte Weisheit zur Entfaltung. So entsteht denn durch Loslösung von der Gier die Gemütserlösung, durch Loslösung von der Verblendung die Weisheitserlösung (*2).


(*1) Das endgültige Schwinden jeder Form der Gier vollzieht sich jedoch erst auf der Stufe der 'Nichtwiederkehr'; und das der Verblendung erst mit erreichter Heiligkeit.
 
(*2) 'Gemütserlösung' (ceto-vimutti; s. Wtb); 'Weisheitserlösung' (paññā-vimutti;). Vgl A.II, 231.

4. Das Kapitel des Gleichmuts (samacitta-vagga)

A.II. 33 Dankbarkeit

»Die Weise des schlechten Menschen, ihr Mönche, will ich euch erklären, und die Weise des guten Menschen. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte.« - »Ja, o Herr!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Was ist nun, ihr Mönche, die Weise des schlechten Menschen? Der schlechte Mensch ist undankbar und nicht erkenntlich. Denn Undankbarkeit und mangelnde Erkenntlichkeit sind bezeichnend für schlechte Charaktere. Undank und mangelnde Erkenntlichkeit bilden den Grundzug eines schlechten Menschen.

Der gute Mensch aber, ihr Mönche, ist dankbar und erkenntlich. Denn Dankbarkeit und Erkenntlichkeit sind bezeichnend für gute Charaktere. Dankbarkeit und Erkenntlichkeit bilden den Grundzug eines guten Menschen.«


A.II. 34 Die Eltern

Zweien, sage ich, ihr Mönche, kann man das Gute schwerlich vergelten. Welchen zweien?

Sollte man gar imstande sein, auf einer Schulter seine Mutter zu tragen und auf der anderen Schulter seinen Vater, und dabei hundert Jahre alt werden, hundert Jahre am Leben bleiben; ihnen dabei mit Salben, Kneten, Baden und Gliederreiben aufwarten, und sollten jene dabei sogar ihre Notdurft verrichten - nicht genug, ihr Mönche, hätte man für seine Eltern getan, hätte noch nicht das Gute vergolten.

Und sollte man seinen Eltern selbst die Oberherrschaft über die weite Erde übertragen, der an den sieben Schätzen reichen - nicht genug, ihr Mönche, hätte man für seine Eltern getan, hätte noch nicht das Gute vergolten. Aus welchem Grunde aber? Gar viel, ihr Mönche, tun die Eltern für ihre Kinder: sind ihre Erhalter und Ernährer, zeigen ihnen diese Welt.

Wer aber seine Eltern, wenn sie kein Vertrauen [zum Buddha] haben, zum Vertrauen anspornt, sie darin bestärkt und festigt; wenn sie sittenlos sind, sie zur Sittlichkeit anspornt, sie darin bestärkt und festigt; wenn sie geizig sind, sie zur Freigebigkeit anspornt, sie darin bestärkt und festigt; wenn sie unwissend sind, sie zum Wissenserwerb anspornt, sie darin bestärkt und festigt: der, ihr Mönche, hat wahrlich genug für seine Eltern getan, hat ihnen das Gute vergolten, ja mehr als vergolten.


A.II. 35 Tun und Nichttun

Einst begab sich ein gewisser Brahmane zum Erhabenen. Dort angelangt, wechselte er mit dem Erhabenen höflichen Gruß, und nach Austausch freundlicher und zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun jener Brahmane zum Erhabenen also:

»Inwiefern aber lehrt der Herr Gotama das Tun sowohl wie das Nichttun?«

 
»Vortrefflich, Herr Gotama! Vortrefflich, Herr Gotama! ... So nehme ich meine Zuflucht zum Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Herr Gotama betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.«

(*1) 'Tun' (kiriya), 'Nichttun' (akiriya). Dies ist eine Anspielung auf die Lehren von der Wirkungskraft bzw. Wirkungslosigkeit sittlichen Handelns wie in der Karma-Lehre und im Fatalismus (akiriya-vāda; s. Anm. zu I, 27, 30; und III, 62). Lt. K war es die Absicht des Brahmanen, den Buddha in Widersprüche zu verwickeln.


A.II. 36 Der Gaben würdig

Der Fragende: (*1) Anāthapindika, der Hausvater.
 
»Wer wohl in der Welt, o Herr, ist der Gaben würdig, und wo mag man Gaben darreichen?«
 
»Zwei in der Welt, o Hausvater, sind der Gaben würdig: der Schulungstüchtige und der Schulungsledige. Diese beiden sind der Gaben würdig in dieser Welt, und ihnen mag man Gaben darreichen.«
 
Dies sprach der Erhabene. Und nach diesen Worten sprach er, der Gesegnete, der Meister, noch dieses:
 
»Die sich in hoher Schulung üben
und die der Schulung ledig sind,
sie sind die Gabenwürdigen der Welt.
 
Die aufrecht sind in ihren Werken,
im Denken auch und ihrem Wort,
sie sind das Saatfeld für die Geber:
dort bringt die Gabe reichen Lohn.«

(*1) Stereotype Einleitungssätze ohne Ortsangabe werden, wenn gleich lautend mit Text 35, künftighin nur durch die Bezeichnung des oder der Fragenden ersetzt.


A.II. 37 Die Gefesselten

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Zu jener Zeit nun lebte der ehrwürdige Sāriputta im Ostkloster bei Sāvatthī, im Terrassenbau der Mutter Migāras (Visākhā). Dort wandte sich der ehrwürdige Sāriputta an die Mönche:
 
»Den diesseits gefesselten (*2) Menschen, o Brüder, will ich euch weisen und den jenseits gefesselten. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte.«-»Ja, Bruder!« erwiderten jene Mönche dem ehrwürdigen Sāriputta. Und der ehrwürdige Sāriputta sprach:
 
»Wer ist nun, ihr Brüder, ein diesseits gefesselter Mensch? Da, ihr Brüder, ist ein Mönch sittenrein, befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen im Wandel und Umgang, und vor den geringsten Vergehen zurückschreckend, übt er sich in der Befolgung der Übungsregeln. Bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, erscheint er in einer Götterwelt, und von dort abgeschieden wird er ein Rückkehrender (āgāmi) kehrt er zu dieser Welt zurück. Diesen, ihr Brüder, nennt man den diesseits gefesselten Menschen, (*3) der ein Rückkehrender ist, der zu dieser Welt zurückkehrt.
 
Wer aber, Brüder, ist ein jenseits gefesselter Mensch? Da ist ein Mönch sittenrein, befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen im Wandel und Umgang, und, vor den geringsten Vergehen zurückschreckend, übt er sich in der Befolgung der Übungsregeln. Er gewinnt dann eine gewisse friedvolle Gemütsbefreiung (*4). Bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, erscheint er in einer Götterwelt, und von dort abgeschieden ist er kein Rückkehrender, (*5) kehrt nicht mehr zu dieser Welt zurück.
 
Und ferner noch, ihr Brüder: Da ist ein Mönch sittenrein, befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen im Wandel und Umgang, und, vor dem geringsten Vergehen zurückschreckend, übt er sich in der Befolgung der Übungsregeln. Sein Wandel dient der Abkehr und Loslösung von den Sinnenlüsten, dient ihrer Aufhebung; sein Wandel dient der Abkehr und Loslösung von den Daseinsformen, dient ihrer Aufhebung; sein Wandel dient der Vernichtung des Begehrens, der Vernichtung der Gier. Bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, erscheint er in einer Götterwelt, und, von dort abgeschieden, ist er kein Rückkehrender, kehrt nicht mehr zu dieser Welt zurück. Diesen, ihr Brüder, nennt man den jenseits gefesselten Menschen, (*6) der kein Rückkehrender ist, nicht mehr zurückkehrt zu dieser Welt.«
 
Darauf nun begaben sich zahlreiche, ein Ebenmaß des Geistes (*7) besitzende Gottheiten zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßten sie den Erhabenen ehrfurchtsvoll und stellten sich zur Seite hin. Zur Seite stehend, sprachen jene Gottheiten zum Erhabenen also: »Jener ehrwürdige Sāriputta, o Herr, hat im Ostkloster, im Terassenbau der Mutter Migāras, den Mönchen den diesseits gefesselten Menschen gewiesen und den jenseits gefesselten. Erfreut, o Herr, war die Hörerschaft. Gut wäre es, o Herr, wenn der Erhabene sich zum ehrwürdigen Sāriputta begeben wollte, von Mitleid bewogen.«
 
Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zustimmung zu erkennen. Gleichwie nun ein starker Mann den gebeugten Arm streckt oder den gestreckten Arm beugt, ebenso verschwand da der Erhabene aus dem Jetahaine und erschien im Ostkloster, im Terrassenbau der Mutter Migāras, vor dem ehrwürdigen Sāriputta. Es nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Und auch der ehrwürdige Sāriputta, nachdem er den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte sich seitwärts nieder. Und der Erhabene sprach also zum ehrwürdigen Sāriputta:
 

»Es kamen da, Sāriputta, zahlreiche, ein Ebenmaß des Geistes besitzende Gottheiten zu mir, begrüßten mich ehrfurchtsvoll und standen zur Seite. Zur Seite stehend, sprachen jene Gottheiten zu mir also: 'Jener ehrwürdige Sāriputta, o Herr, hat im Ostkloster, im Terrassenbau der Mutter Migaras, den Mönchen den diesseits gefesselten Menschen gewiesen und den jenseits gefesselten. Erfreut, o Herr, war die Hörerschaft. Gut wäre es, o Herr, wenn sich der Erhabene zum ehrwürdigen Sāriputta begeben wollte, von Mitleid bewogen.' Jene Gottheiten aber, Sāriputta, standen in Gruppen von zehn, zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig und sechzig auf einem Fleck, der bloß so groß war wie der Stich einer Nadelspitze; doch keiner belästigte den anderen.

Du magst nun denken, Sāriputta, daß wohl in der dortigen Welt jene Gottheiten ihr Gemüt derart ausgebildet haben, daß sie in Gruppen von zehn, zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig und sechzig auf je einem Fleck zu stehen vermögen, der bloß so groß ist wie der Stich einer Nadelspitze, ohne sich einander zu belästigen. Doch so ist das nicht zu verstehen. Hier nämlich, in dieser Welt, Sāriputta, haben jene Gottheiten ihr Gemüt derart ausgebildet, daß sie in Gruppen von zehn, zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig und sechzig auf einem Fleck zu stehen vermögen, der bloß so groß ist wie der Stich einer Nadelspitze, ohne einander zu belästigen.
 
Darum, Sāriputta, sei euer Streben: 'Mit gestillten Sinnen wollen wir verweilen, besänftigten Herzens!' Danach, Sāriputta, sollt ihr streben'! Denn wenn ihr, Sāriputta, mit gestillten Sinnen verweilt, besänftigten Herzens, so werden eben eure Werke sanft sein, eure Gedanken sanft sein. 'Ein Opfer der Sanftmut wollen wir den Ordensbrüdern darbingen!', das, Sāriputta, sei euer Streben! Schade, Sāriputta, ist es um die andersfährtigen Pilger, die sich diese Darlegung der Lehre nicht angehört haben.«

(*2) 'Diesseits gefesselt' (ajjhatta-samyojana), wtl: 'innerhalb gefesselt', nämlich innerhalb der Sinnenwelt, und zwar durch die 'niederen (oder diesseitigen) Fesseln' (orambhāgiya-samyojana): 

Von diesen besteht die 4. und 5. in geschwächtem Maß auch noch für den Einmalwiederkehrer, der im folg. Abschnitt genannt wird.

'Jenseits gefesselt' (bahiddhā-samyojana): wtl.: 'außerhalb gefesselt', nämlich außerhalb der Sinnenwelt, an die feinkörperlichen und unkörperlichen Welten; das Verlangen nach ihnen gehört zu den fünf 'höheren (oder jenseitigen) Fesseln' (uddhambhāgiya-samyojana):

Diese bestehen auch noch im Nichtwiederkehrer und schwinden erst im Heiligen.

Siehe Wtb: samyojana, ferner A.III.87 f.; A.IV.131.

Diese Einteilung in 'diesseits und jenseits gefesselt' bezieht sich jedoch, lt. K, nicht auf unerlöste Weltlinge (puthujjana). Da diese in sämtlichen Daseinsbereichen wiedergeboren werden können, ist für sie die hier gegebene Festlegung hinsichtlich der Wiedergeburt nicht möglich. Sie trifft vielmehr nur auf die drei ersten der Hohen Menschen (ariya-puggala) zu, den Stromergriffenen, den Einmalwiederkehrer und den Nichtwiederkehrer. Vgl. Pug. 69 f.

(*3) K: Dies bezieht sich auf einen, der nach Übung des Reinen Hellblicks (sukkha-vipassanā; d.h. ohne Erreichung der Vertiefungen), [z.B.] mit dem Objekt der vier materiellen Elemente (s. Wtb: dhātu-vavatthāna) die unteren zwei heiligen Pfade und Früchte erreicht hat, nämlich Stromeintritt und Einmalwiederkehr.

(*4) K: die vier Vertiefungen.

(*5) 'Kein Rückkehrender' (anāgāmī), d.i. ein Nichtwiederkehrer, die 3. Heiligkeitsstufe.

K: Dies betrifft einen, der die volle Sammlung [in den Vertiefungen] erwirkt und dann die drei heiligen Pfade und Früchte erreicht. In jener Götterwelt, den sogen. Reinen Gefilden (suddhāvāsa) erreicht er dann die völlige Erlösung (nibbāna).

(*6) Dies bezieht sich, lt. K, auf die Hellblick-Übung eines Stromergriffenen oder Einmalwiederkehrers, die auf die Erlangung des Pfades der Nichtwiederkehr abzielt, wo das Begehren nach den fünf Sinnenlüsten aufgehoben ist, ferner auf die Hellblick-Übung des Nichtwiederkehrer, die auf die Erlangung des Heiligkeits-Pfades abzielt, wo das Begehren nach allen Daseinsformen aufgehoben ist.

(*7) sama-citta (= der Pali-Titel dieses Textes). K: das Ebenmaß eines verfeinerten Geisteszustandes. Diese Lehrrede wurde vom Arahant Mahinda bald nach seiner Ankunft in Ceylon vorgetragen (s. Mahāvamsa, XIV, 34).


A.II. 38 Ursachen des Streites

So habe ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Mahā-Kaccāna bei Varanā, am Ufer des Schlammsees. Da nun begab sich der Brahmane Arāmadanda dorthin, wo der ehrwürdige Mahā-Kaccāna weilte. Dort angelangt, wechselte er mit dem ehrwürdigen Mahā-Kaccāna höflichen Gruß, und nach Austausch freundlicher und zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprach nun der Brahmane Arāmadanda zum ehrwürdigen Mahā-Kaccāna wie folgt:
 
»Was ist wohl, Herr Kaccāna, die Ursache, was ist der Grund, daß da Adlige mit Adligen streiten, Priester mit Priestern, Hausleute mit Hausleuten?«-
 
»Wegen der Lust an Sinnendingen (kāma-rāga, ditthi-rāga), wegen des Hangens und der Sucht, der Bindung, Befangenheit und Leidenschaft dabei, deswegen, Brahmane, streiten Adlige mit Adligen, Priester mit Priestern, Hausleute mit Hausleuten.«-
»Was ist aber, Herr Kaccāna, die Ursache, was ist der Grund, daß Asketen mit Asketen streiten?«-
 
»Wegen der Lust an Theorien, wegen des Hanges und der Sucht, der Bindung, Befangenheit und Leidenschaft dabei, deswegen, Brahmane, streiten Asketen mit Asketen.«-
 
»Gibt es wohl aber, Herr Kaccāna, irgendeinen in der Welt, der sowohl diese Lust an Sinnendingen wie auch diese Lust an Theorien überwunden hat, den Hang und die Sucht, die Bindung, Befangenheit und Leidenschaft dabei?«-
 
»Es gibt, Brahmane, einen in der Welt, der sowohl diese Lust an Sinnendingen wie auch diese Lust an Theorien überwunden hat, den Hang und die Sucht, die Bindung, Befangenheit und Leidenschaft dabei.«-
 
»Wer ist aber, Herr Kaccāna, jener in der Welt, der sowohl diese Lust an Sinnendingen wie auch diese Lust an Theorien überwunden hat, den Hang und die Sucht, die Bindung, Befangenheit und die Leidenschaft dabei?«-
 
»Es liegt, Brahmane, in den östlichen Landen eine Stadt, Sāvatthī genannt. Dort weilt jetzt jener Erhabene, Heilige, völlig Erwachte. Wahrlich, jener Erhabene hat sowohl diese Lust an Sinnendingen wie auch diese Lust an Theorien überwunden, den Hang und die Sucht, die Bindung, Befangenheit und die Leidenschaft dabei.«-
 
Nach diesen Worten stand Arāmadanda, der Brahmane, von seinem Sitze auf, schlug das Gewand über eine Schulter, beugte das rechte Knie zur Erde, und, indem er die zusammengelegten Hände nach der Richtung des Erhabenen ausstreckte, ließ er dreimal den feierlichen Ruf ertönen:
 
 
Denn überwunden hat jener Erhabene diese Lust an Sinnendingen, überwunden hat er diese Lust an Theorien, den Hang und die Sucht, die Bindung, Befangenheit und die Leidenschaft dabei!
 
Vortrefflich, Herr Kaccāna! Vortrefflich, Herr Kaccāna! Gleichwie man, Herr Kaccāna, das Umgestürzte wieder aufrichtet oder das Verborgene enthüllt oder den Verirrten den Weg weist oder in die Finsternis ein Licht bringt, damit, wer Augen hat, die Dinge sehen kann, ebenso hat der Herr Kaccāna auf mancherlei Weise die Lehre aufgezeigt. So nehme ich, Herr Kaccāna, meine Zuflucht zu jenem erhabenen Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Herr Kaccāna betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.«

A.II. 39 Rang der Gereiften und Rang der Unreifen

Einst weilte der ehrwürdige Mahā-Kaccāna bei Madhura, (*1) im Gundā-Walde. Da nun begab sich Kandarāyana, der Brahmane, dorthin, wo der ehrwürdige Mahā-Kaccāna weilte. Dort angelangt, wechselte er mit dem ehrwürdigen Mahā-Kaccāna höflichen Gruß, und nach Austausch freundlicher und zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder.

Zur Seite sitzend, sprach nun Kandarāyana, der Brahmane, zum ehrwürdigen Mahā-Kaccāna also:

»Gehört habe ich, Herr Kaccāna, daß der Asket Kaccāna alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen weder seinen Gruß entbietet, noch sich vor ihnen erhebt, noch ihnen einen Sitz anbietet. Dies, Herr Kaccāna, verhält sich tatsächlich so; denn nicht entbietet ja der Herr Kaccāna alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen seinen Gruß, nicht erhebt er sich vor ihnen, noch bietet er ihnen einen Sitz an. Das aber, Herr Kaccāna, ist nicht recht (*2).«-

»Es wurde, Brahmane, von ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten der Rang der Gereiften dargetan und der Rang der Unreifen (*3). Selbst wenn einer alt ist, o Brahmane, von seiner Geburt ab achtzig, neunzig oder hundert Jahre zählt, dabei aber die Sinnenfreuden genießt, in Begierden lebt, vor Begierdefieber brennt, von begehrlichen Gedanken verzehrt wird und voll Eifer nach Genüssen sucht, so rechnet er eben als ein kindlicher Tor (*4) und nicht als ein Älterer (*5). Und selbst wenn einer noch jung ist, o Brahmane, ein Jüngling mit schwarzem Haar, im Besitze seiner besten Jugend, im ersten Mannesalter, dabei aber die Sinnenfreuden nicht genießt, nicht in Begierden lebt, nicht vor Begierdefieber brennt, nicht von begehrlichen Gedanken verzehrt wird und nicht voll Eifer nach Genüssen sucht, so gilt er eben als ein Weiser und Älterer.«

Nach diesen Worten stand Kandarāyana, der Brahmane, von seinem Sitze auf, schlug das Gewand über eine Schulter, berührte in Verehrung mit seinem Haupte die Füße der noch ganz jungen Mönche und sprach:

»Gereift sind die Herren, stehen im Rang der Gereiften; unreif aber sind wir, stehen im Rang der Unreifen. Vortrefflich, Herr Kaccāna! vortrefflich, Herr Kaccāna! ... Als Anhänger möge mich der Herr Kaccāna betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.


(*1) Gemeint ist nicht die bekannte Stadt in Südindien, sondern ein Ort an der Jumna (Yamuna) im Süden des heutigen Delhi. Vgl. Madhura-sutta, M. 84.
(*2) Gleiche Vorwürfe wurden auch dem Buddha selber gemacht; s. A.IV.22; A.V.192; A.VIII.11
(*3) Wtl: Rang der Erwachsenen (vuddha-bhūmi), Rang der Jugend (dabara-bhūmi).
(*4) Das entsprechende Pali-Wort (bāla) bedeutet sowohl 'Kind' wie 'Tor'.
(*5) Thero: Älterer, Ehrwürdiger; auch 'Ordensälterer', mit zehn Ordensjahren und darüber. Vgl. Dhp. 260f.

A.II. 40 Das Gleichnis von den Räubern

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wenn die Räuber die Macht besitzen, zu der Zeit sind die Fürsten machtlos, und zu der Zeit ist es dem Fürsten nicht leicht, ein und aus zu gehen oder im Grenzgebiete Anordnungen zu treffen. Auch den Brahmanen und Hausleuten ist es zu jener Zeit nicht leicht, ein und aus zu gehen oder draußen ihre Arbeiten zu beaufsichtigen. Ebenso nun auch, ihr Mönche, sind zu einer Zeit, wenn die schlechten Mönche die Macht besitzen, die guten Mönche machtlos, und zu einer solchen Zeit sinnen die guten Mönche inmitten der Mönchsversammlung still vor sich hin oder suchen entlegene Gegenden auf. Das aber, ihr Mönche, gereicht vielen zum Schaden, vielen zum Unglück und Unheil, zum Schaden und Leiden für Götter und Menschen.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wenn die Fürsten die Macht besitzen, zu der Zeit sind die Räuber machtlos, und zu der Zeit ist es dem Fürsten leicht, ein und aus zu gehen und im Grenzgebiete Anordnungen zu treffen. Auch den Brahmanen und Hausleuten ist es zu jener Zeit leicht, ein und aus zu gehen und draußen ihre Arbeiten zu beaufsichtigen. Ebenso nun auch, ihr Mönche, sind zu einer Zeit, wenn die guten Mönche die Macht besitzen, die schlechten Mönche machtlos, und zu einer solchen Zeit sinnen die schlechten Mönche in der Mönchsversammlung still vor sich hin oder sie begeben sich hierhin und dorthin. Das aber, ihr Mönche, gereicht vielen zum Vorteil, vielen zum Glück und Heil, zum Segen und Wohl für die Götter und Menschen.


A.II. 41 Hausvater und Hausloser

Bei keinem von beiden lobe ich den schlechten Wandel, ihr Mönche, weder beim Hausvater noch beim Hauslosen. Der Hausvater oder der Hauslose, wenn er einen schlechten Wandel führt, hat eben infolge seines schlechten Wandels keinen Erfolg in der heilsamen Pfadlehre (*1).

Bei beiden lobe ich den guten Wandel, beim Hausvater und beim Hauslosen. Der Hausvater oder der Hauslose, wenn er einen guten Wandel führt, hat eben infolge seines guten Wandels Erfolg in der heilsamen Pfadlehre.


(*1) ñāyam dhammam kusalam; so auch in M. 96, 99. ñāya = rechte Methode, Heilsweg, d.i. der achtfache Pfad; K: der (achtfache) Pfad samt dem Hellblick.

A.II. 42 Getreue Überlieferung - II

Jene Mönche, die durch Mißverstandene (*1) und [nur] wortgemäß aufgefaßte Lehrreden (*2) die Lehre und ihren Sinn beiseite setzen, (*3) diese Mönche wirken vielen zum Verderben, vielen zum Unglück und Unheil, zum Schaden und Leiden für Götter und Menschen; sie schaffen sich große Schuld und bringen diese Gute Lehre zum Untergang.
Jene Mönche aber, die durch wohlverstandene und wortgemäß aufgefaßte Lehrreden im Einklang sind mit der Lehre und ihrem Sinn, diese Mönche wirken vielen zum Segen, vielen zum Wohle und Heil, zum Segen und Wohle für Götter und Menschen; sie schaffen sich großes Verdienst und festigen diese Gute Lehre.

Jene Mönche aber, die durch wohlverstandene und wortgemäß aufgefaßte Lehrreden im Einklang sind mit der Lehre und ihrem Sinn, diese Mönche wirken vielen zum Segen, vielen zum Wohle und Heil, zum Segen und Wohle für Götter und Menschen; sie schaffen sich großes Verdienst und festigen diese Gute Lehre.


(*1) duggahitehi, wtl.: schlecht aufgefaßt, K: z.B. in unrichtiger Reihenfolge; Subk: auch Entstellung des Textes durch Auslassungen, Zusätze, falsch überlieferte Worte usw.

(*2) vyañjana-patirūpakehi suttehi; K: lediglich dem Wortlaut und den grammatischen Regeln gemäß aufgefaßt.

(*3) K: Sie setzen die Sinnerklärung (atthakathā) und den Text (pāli) wohlverstandener Lehrreden beiseite und lehren lediglich die Sinnerklärung und den Text der von ihnen mißverstandenen Lehrreden, diesen den Vorzug gebend. Vgl. A.II.20; A.IV.160.


    Oben  


t der von ihnen mißverstandenen Lehrreden, diesen den Vorzug gebend. Vgl. A.II.20; A.IV.160.


    Oben