Anguttara Nikaya

6. Kapitel: abyākata-vagga

A.VII. 51 Die unerklärten Probleme

Es sprach da einer der Mönche zum Erhabenen:

"Was ist wohl, o Herr, die Ursache, was ist der Grund, daß dem erfahrenen, edlen Jünger kein Zweifel mehr aufsteigt hinsichtlich der unerklärten Probleme?"

-"Weil, o Mönch, im erfahrenen, edlen Jünger die Ansichten geschwunden sind, deshalb steigt ihm kein Zweifel auf hinsichtlich der unerklärten Probleme.

"Daß der Vollendete nach dem Tode bestehe (vgl. WzE, §44f), oder daß er nicht bestehe, oder daß er teils bestehe teils nicht bestehe, oder daß er weder bestehe noch nicht bestehe: das, o Mönch, ist eine Gasse der Ansichten.

Der unerfahrene Weltling, o Mönch, erkennt nicht, was eine Ansicht ist, erkennt nicht die Entstehung der Ansicht, erkennt nicht die Überwindung der Ansicht, erkennt nicht den Weg, der zur Überwindung der Ansicht führt. Daher nimmt in ihm jene Ansicht zu; und er wird nicht befreit von Geburt, Alter und Tod, von Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, wird nicht befreit vom Leiden, so sage ich.

Der erfahrene, edle Jünger aber erkennt, was eine Ansicht ist, erkennt die Entstehung der Ansicht, erkennt die Aufhebung der Ansicht und erkennt den Weg, der zur Aufhebung der Ansicht führt. Daher gelangt jene Ansicht in ihm zum Schwinden; und er wird befreit von Geburt, Alter und Tod, von Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, wird befreit vom Leiden, so sage ich.

Der erfahrene, edle Jünger, o Mönch, der also weiß, also erkennt, erklärt nicht mehr, daß der Vollendete nach dem Tode bestehe, oder daß er nicht bestehe, oder daß er teils bestehe teils nicht bestehe, oder daß er weder bestehe noch nicht bestehe. Und also wissend, also erkennend, hat der erfahrene, edle Jünger nicht mehr den Trieb, unerklärte Probleme erklären zu wollen. Und also wissend, also erkennend, erbebt er nicht mehr, erzittert er nicht mehr, schwankt er nicht mehr, gerät er nicht mehr in Unruhe wegen der unerklärten Probleme.

Daß der Vollendete nach dem Tode bestehe, oder daß er nicht bestehe, oder daß er teils bestehe teils nicht bestehe, oder daß er weder bestehe noch nicht bestehe: das, o Mönch, ist eine Gasse des Begehrens, eine Gasse falscher Vorstellungen, es ist ein dünkelhaftes Vermeinen, ein Sichergehen in begrifflichen Weitschweifigkeiten (*1), eine Gasse der Anhaftungen und (ein Quell) innerer Unruhe (*2).

Der unerfahrene Weltling, o Mönch, erkennt nicht die Gasse des Begehrens... erkennt nicht die innere Unruhe, erkennt nicht die Entstehung innerer Unruhe, erkennt nicht die Überwindung innerer Unruhe, erkennt nicht den Weg, der zur Aufhebung innerer Unruhe führt. Daher nimmt jene innere Unruhe in ihm zu; und er wird nicht befreit von Geburt, Alter und Tod, von Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, wird nicht befreit vom Leiden, so sage ich.

Der erfahrene, edle Jünger aber erkennt die Gasse der Ansichten... erkennt die innere Unruhe, erkennt die Entstehung innerer Unruhe, erkennt die Aufhebung innerer Unruhe und erkennt den Weg, der zur Aufhebung innerer Unruhe führt. Daher gelangt jene innere Unruhe in ihm zum Schwinden; und er wird befreit von Geburt, Alter und Tod, von Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, wird befreit vom Leiden, so sage ich.

Der erfahrene, edle Jünger, o Mönch, der also weiß, also erkennt, erklärt nicht mehr, daß der Vollendete nach dem Tode bestehe oder daß er nicht bestehe oder daß er teils bestehe, teils nicht bestehe, oder daß er weder bestehe noch nicht bestehe. Und also wissend, also erkennend, hat der erfahrene, edle Jünger nicht mehr den Trieb, unerklärte Probleme erklären zu wollen. Also wissend, also erkennend, erbebt er nicht mehr, erzittert er nicht mehr, schwankt er nicht mehr, gerät nicht mehr in Unruhe hinsichtlich der unerklärten Probleme.

Das, o Mönch, ist die Ursache, das ist der Grund, daß dem erfahrenen, edlen Jünger kein Zweifel mehr aufsteigt hinsichtlich der unerklärten Probleme."


(*1) papañcitam. Hier trifft auch die Nebenbedeutung von papañca als "Begriff, Begrifflichkeit" zu.

(*2) vippatisāro bedeutet gewöhnlich: Bedauern, Reue. K. ditthiyā virupam patisaranabhāvo yeva.


A.VII. 52 Die sieben Fährten Hoher Menschen

Sieben Fährten der Menschen (*1), ihr Mönche, will ich euch weisen und das haftlose Nibbāna.

Welches aber, ihr Mönche, sind die sieben Fährten der Menschen?

Da, ihr Mönche, übt sich ein Mönch: 'Hätte es nicht (in früherem Dasein Wiedergeburt erzeugendes Wirken oder Karma) gegeben, so wäre mir jetzt nicht (Dasein) beschieden; wenn es (jetzt) nicht (Karma) geben wird, so wird mir nicht (künftiges Dasein) beschieden sein (*2). Was ist und was wurde (*3), das verwerfe ich.' So erlangt er Gleichmut (*4). Und er haftet nicht am Daseins (*5) haftet nicht am Werden (K: An künftigem Dasein). 'Darüber hinaus gibt es eine Stätte des Friedens' (K: Das Nibbāna) so erkennt er in rechter Weisheit.

Zwar hat er jenen Zustand noch nicht ganz und gar verwirklicht, und die Neigungen (anusaya) des Dünkels, der Daseinsgier und der Verblendung sind in ihm noch nicht ganz und gar geschwunden. So kommt es denn, daß er nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'auf halber Fährte das Nibbāna erreicht' (antaraparinibbāyī; d.i. vor der Lebensmitte).

Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn man auf einen tagsüber erhitzten Eisentopf schlägt, ein Stück abspringt und alsbald erkaltet; - oder wenn es abspringt, sodann in die Luft fliegt und dann gleich erkaltet; - oder wenn es abspringt, in die Luft fliegt und, ohne den Boden zu berühren, schon vorher erkaltet: ebenso kommt es, ihr Mönche, daß da ein Mönch nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'auf halber Fährte das Nibbāna erreicht'.

... Gleichwie, ihr Mönche, wenn man auf einen tagsüber erhitzten Eisentopf schlägt, ein Stück abspringt, in die Luft fliegt und, erst nachdem es den Boden berührt hat, erkaltet: ebenso kommt es, ihr Mönche, daß da ein Mönch nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'nach halber Fährte das Nibbāna erreicht' (upahaccaparinibbāyī; d.i. nach der Lebensmitte).

... Gleichwie, ihr Mönche, wenn man auf einen tagsüber erhitzten Eisentopf schlägt, ein Stück abspringt, in die Luft fliegt und auf einen winzigen Haufen Stroh oder Holz niederfällt, dort Feuer und Rauch erzeugt und, nachdem das Feuer jenen winzigen Haufen Stroh oder Holz verzehrt hat, dann aus Mangel an Brennstoff erlischt: ebenso auch kommt es, ihr Mönche, daß da ein Mönch nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'mühelos das Nibbāna erreicht' (asankhāraparinibbāyī).

... Gleichwie, ihr Mönche, wenn man auf einen tagsüber erhitzten Eisentopf schlägt, ein Stück abspringt, in die Luft fliegt und auf einen großen Haufen Stroh oder Holz niederfällt, dort Feuer und Rauch erzeugt und, nachdem das Feuer jenen großen Haufen Stroh oder Holz verzehrt hat, dann aus Mangel an Brennstoff erlischt: ebenso auch kommt es, ihr Mönche, daß da ein Mönch nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'mühsam das Nibbāna erreicht' (sasankhāraparinibbāyī).

Da, ihr Mönche, übt sich ein Mönch: 'Hätte es nicht (in früherem Dasein Wiedergeburt erzeugendes Wirken) gegeben, so wäre mir jetzt nicht (Dasein) beschieden; wenn es jetzt nicht (Karma) geben wird, so wird mir nicht (künftiges Dasein) beschieden sein. Was ist und was wurde, das verwerfe ich.' So erlangt er Gleichmut. Und er haftet nicht am Dasein, haftet nicht am Werden. 'Darüber hinaus gibt es eine Stätte des Friedens', so erkennt er in rechter Weisheit.

Zwar hat er jenen Zustand noch nicht ganz und gar verwirklicht, und die Neigungen des Dünkels, der Daseinsgier und der Verblendung sind in ihm noch nicht ganz und gar geschwunden. So kommt es denn, daß er nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln, stromaufwärts zu den Hehren Göttern eilt' (uddhamsoto akanitthagāmī).

Gleichwie, ihr Mönche, wenn man auf einen tagsüber erhitzten Eisentopf schlägt, ein Stück abspringt, in die Luft fliegt und auf einen gewaltigen Haufen Stroh oder Holz niederfällt, dort Feuer und Rauch erzeugt, und das Feuer jenen gewaltigen Haufen Stroh oder Holz verzehrt, dann das Gebüsch und den Wald ergreift und schließlich, an einer grünen Wiese, einem Weg, einem Felsen, einem Gewässer oder einer lieblichen Flur angelangt, dortselbst aus Mangel an Brennstoff erlischt: ebenso auch kommt es, ihr Mönche, daß da ein Mönch nach Aufhebung der fünf niederen Fesseln 'stromaufwärts zu den Hehren Göttern eilt'.

Diese sieben Fährten der Menschen gibt es, ihr Mönche.

Was aber, ihr Mönche, ist das haftlose Nibbāna?

Da, ihr Mönche, übt sich ein Mönch: 'Hätte es nicht (in früherem Dasein Wiedergeburt erzeugendes Wirken oder Karma) gegeben, so wäre mir jetzt nicht (Dasein) beschieden; wenn es jetzt nicht (Karma) geben wird, so wird mir nicht (künftiges Dasein) beschieden sein. Was ist und was wurde, das verwerfe ich.' So erlangt er Gleichmut. Und er haftet nicht am Dasein, haftet nicht am Werden. 'Darüber hinaus gibt es eine Stätte des Friedens', so erkennt er in rechter Weisheit.

Und jenen Zustand hat er ganz und gar verwirklicht; und die Neigungen des Dünkels, der Daseinsgier und der Verblendung sind in ihm ganz und gar geschwunden. So gewinnt er, nach Versiegung der Triebe, noch bei Lebzeiten die trieblose Gemütserlösung und Weisheitserlösung, sie selber erkennend und verwirklichend. Das, ihr Mönche, nennt man das haftlose Nibbāna.

Das, ihr Mönche, sind die sieben Fährten der Menschen, und das ist das haftlose Nibbāna.

(*1) purisa-gatiyo; K: Erkenntnisfährten. - Sie bestehen in den unterschiedlichen Erkenntnisgraden, die den fünf Arten des Nichtwiederkehrers eignen. Die erste dieser Arten wird, wie in den Gleichnissen angedeutet, dreifach variiert, so daß sich sieben Erkenntnisfährten ergeben. Vgl. Wtb: anāgāmi; A.III.88-89.

(*2) No c'assa no ca me siyā O na bhavissati na me bhavissati O yad atthi yam bhūtam tam pajahāmi'ti. K: "Wenn in der vergangenen Daseinsform kein (Wiedergeburt) erzeugendes Kamma bestanden hätte, so würde meine jetzige Daseinsform nicht existieren. Wenn ich jetzt kein Wiedergeburt erzeugendes Kamma hervorbringen werde, das eine künftige Daseinsform schafft, so wird mir künftig kein Dasein mehr bevorstehen." Vgl. als wichtige Ergänzungen zu unserem Text M.106; Samy.22.55. - Es handelt sich hier vermutlich um einen mantra-ähnlichen, vorbuddhistischen Lehrsatz oder Merkspruch, der vom Buddha im Sinne seiner Lehre gedeutet wurde. Als eine Ansicht Andersgläubiger (und zwar im Sinne der Vernichtungslehre; ucchedaditthi) findet sich dieser Ausspruch in A.X.29; S.22.81, und S.24.4.

(*3) K: Die bedingt entstandenen fünf Daseinsgruppen (khandha).

(*4) K: Durch das Verwerfen der Willensgier erlangt er den Gleichmut des Hellblicks.

(*5) K: An den vergangenen fünf Daseinsgruppen haftet er weder durch Begehren noch durch falsche Ansichten.


A.VII. 53 Nicht alle Götter besitzen höhere Erkenntnis

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Rājagaha auf der Geierspitze. Da begaben sich zu vorgerückter Nachtstunde zwei Gottheiten zum Erhabenen, mit ihrem herrlichen Glanze die ganze Geierspitze erleuchtend. Bei ihm angelangt, begrüßten sie den Erhabenen ehrfurchtsvoll und stellten sich zur Seite hin. Seitwärts stehend, sprach die eine der Gottheiten zum Erhabenen also: "Erlöst, o Herr, sind diese Nonnen (*1)." Und die andere Gottheit sprach "Vollkommen, ohne einen Haftensrest erlöst, o Herr, sind diese Nonnen." So sprachen diese Gottheiten, und der Meister stimmte zu. Der Zustimmung des Meisters gewahr, begrüßten sie den Erhabenen ehrfurchtsvoll, und, ihm die Rechte zukehrend, verschwanden sie auf der Stelle. Nach Ablauf dieser Nacht nun wandte sich der Erhabene an die Mönche (und berichtete ihnen das Geschehnis).

Während jener Zeit nun saß der ehrwürdige Mahā-Moggallāna unweit vom Erhabenen. Und der ehrwürdige Mahā-Moggallāna dachte: "Welche Gottheiten mögen wohl den noch einen Haftensrest Besitzenden und den von jedem Daseinsrest Befreiten (*2) als solchen erkennen?"

Damals aber war kurz zuvor ein Mönch namens Tissa gestorben und in einer Brahmawelt wiedererschienen. Dort auch wußte man von ihm: "Der Brahma Tissa ist es, der hochmächtige, hochgewaltige." Und wie wenn ein kräftiger Mann den gebeugten Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm beugt, ebenso schnell verschwand der ehrwürdige Mahā-Moggallāna von der Geierspitze und erschien in jener Brahmawelt. Tissa, der Brahma, sah nun den ehrwürdigen Mahā-Moggallāna schon von ferne herankommen, und bei seinem Anblick sprach er zu ihm: "Tritt näher, verehrter Moggallāna! Willkommen, verehrter Moggallāna! Seit langem wieder einmal, verehrter Moggallāna, hast du die Gelegenheit genommen, hierherzukommen. Setze dich nieder, verehrter Moggallāna, der Sitz ist bereitet." Es setzte sich der ehrwürdige Mahā-Moggallāna auf dem angebotenen Sitze nieder. Und der Brahma Tissa verneigte sich ehrfurchtsvoll vor dem ehrwürdigen Mahā-Moggallāna und setzte sich zur Seite nieder. Der ehrwürdige Mahā-Moggallāna sprach nun zum Brahma Tissa also:

"Welche Gottheiten, Tissa, mögen wohl den noch einen Haftensrest Besitzenden und den von jedem Haftensrest Befreiten als solchen erkennen?"

-"Die Götter der Brahmawelt, verehrter Moggallāna, besitzen solche Erkenntnis."

-"Besitzen wohl alle Götter der Brahmawelt solche Erkenntnis?"

-"Nicht alle, verehrter Moggallāna. Diejenigen nämlich unter den Brahmagöttern, verehrter Moggallāna, die Genügen finden am Brahmaleben, an Brahmaschönheit, Brahmaglück, Brahmawürde und Brahmaherrschaft, diese verstehen nicht der Wirklichkeit gemäß ein Entrinnen darüber hinaus, und sie besitzen nicht solche Erkenntnis, wer noch einen Haftensrest besitzt und wer frei ist von jedem Haftensrest. Diejenigen aber unter den Brahmagöttern, die kein Genügen finden am Brahmaleben, an Brahmaschönheit, Brahmaglück, Brahmawürde und Brahmaherrschaft, diese verstehen der Wirklichkeit gemäß das Entrinnen darüber hinaus, und sie besitzen eine solche Erkenntnis.

Da, verehrter Moggallāna, ist ein Mönch ein 'Beiderseits-Erlöster' oder ein 'Wissenserlöster' (*3). Von ihnen wissen jene Götter: 'Dieser Ehrwürdige ist ein Beiderseits-Erlöster - ein Wissenserlöster, Solange sein Körper besteht, sehen ihn Götter und Menschen. Doch nach dem Zerfall des Körpers werden ihn Götter und Menschen nicht mehr sehen.' In dieser Weise, verehrter Moggallāna, wissen jene Götter, ob einer noch einen Haftensrest besitzt oder von jedem Haftensrest befreit ist.

Da ist ferner, verehrter Moggallāna, ein Mönch ein 'Körperzeuge' - ein 'Erkenntnisgereifter' - ein 'Vertrauensbefreiter' - ein 'Wahrheitsergebener' (*4). Von ihm wissen jene Götter: 'Dieser Ehrwürdige ist ein Körperzeuge . . . ein Wahrheitsergebener. Wenn er nun passende Behausungen bewohnt, mit edlen Freunden Umgang pflegt und die (fünf) Fähigkeiten (*5) entfaltet, so mag er jenes höchste Ziel der Heiligkeit, dem zuliebe edle Söhne gänzlich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, vielleicht noch bei Lebzeiten sich zu eigen machen, es selber erkennend und verwirklichend. In dieser Weise, verehrter Moggallāna, wissen jene Götter, ob einer noch einen Haftensrest besitzt oder von jedem Haftensrest befreit ist."

Nachdem nun der ehrwürdige Mahā-Moggallāna über die Worte des Brahma Tissa seine Freude und seinen Beifall ausgedrückt hatte, verschwand er aus der Brahmawelt, so schnell wie et va ein kräftiger Mann den gebeugten Arm ausstrecken oder den gestreckten Arm beugen möchte, und er trat auf der Geierspitze wieder in Erscheinung. Darauf begab er sich zum Erhabenen und teilte ihm das ganze, mit dem Brahma Tissa geführte Gespräch mit.

(Und der Erhabene sprach:) "Nicht hat dir aber, Moggallāna, der Brahma Tissa den siebenten Menschen erklärt, den 'im Bedingungslosen Verweilenden' (*6)."

-"So ist es denn an der Zeit, Erhabener, so ist es an der Zeit, Gesegneter, daß der Erhabene den siebenten Menschen erkläre, den im Bedingungslosen Verweilenden. Des Erhabenen Worte werden die Mönche im Gedächtnis bewahren."

-"So höre denn, Moggallāna, und achte wohl auf meine Worte!"

-"Ja, o Herr", erwiderte der ehrwürdige Mahā-Moggallāna, und der Erhabene sprach:

"Da, o Moggallāna, gewinnt ein Mönch durch Nichtbeachtung aller Bedingungen (*7) die bedingungslose Geistessammlung (animitta-cetosamādhi). Von ihm wissen dann jene Götter: 'Durch Nichtbeachtung aller Bedingungen weilt jener Ehrwürdige im Besitz der bedingungslosen Geistessammlung. Wenn er nun passende Behausungen bewohnt, mit edlen Freunden Umgang pflegt und die (fünf) Fähigkeiten entfaltet, so mag er jenes höchste Ziel der Heiligkeit, dem zuliebe edle Söhne gänzlich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, vielleicht noch bei Lebzeiten sich zu eigen machen, es selber erkennend und verwirklichend. In dieser Weise, Moggallāna, wissen jene Götter, ob einer mit einem Haftensrest behaftet oder von jedem Haftensrest befreit ist." (Vgl. A.VI.34)

(*1) K: Die die Gefolgschaft der Mahā-Pajāpati bildenden 500 Nonnen.

(*2) anupādi-sesa; K erklärt upādi hier durch upādāna, 'Anhaften', statt, wie gewöhnlich, durch die fünf Daseinsgruppen. Vgl. Wtb: nibbāna.

(*3) Vgl. A.IX.44. - Dies sind die beiden ersten von sieben Arten 'hoher Menschen' (ariya-puggala); s. auch M.70, Pug.30 ff., VisM 787.

(*4) Hier sind vier weitere der sieben Hohen Menschen genannt, d.i. ohne den letzten, den Vertrauensergebenen; s. Anm. 67.

(*5) indriyāni; Vertrauen, Willenskraft, Achtsamkeit, Sammlung, Weisheit.

(*6) animittavihāri. K: 'Das Bedingungslose' (animitta) ist hier eine Bezeichnung der Geistessammlung des starken Hellblicks (s. VI, Anm. 16). - Als der siebente der Hohen Menschen gilt gewöhnlich der 'Vertrauensergebene' (saddhānusārī); laut K soll dieser hier gemeint sein.

(*7) Nämlich aller vergänglichen, leidhaften und unpersönlichen Erscheinungen oder Bedingungen; oder aller durch Gier usw. bedingten, vergänglichen usw. Vorstellungsbilder.


A.VII. 54 Die Frucht des Gebens

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesālī, in der Halle des Giebelhauses. Da kam der Feldherr Sīha zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der Feldherr Sīha zum Erhabenen also:

"Kann man wohl, o Herr, eine sichtbare Frucht des Gebens aufweisen?"

-"So will ich denn Sīha, dich eben hierüber befragen. Wie es dir gut dünkt, so mögest du antworten. Was meinst du, Sīha? Angenommen, es seien da zwei Menschen: der eine ohne Vertrauen, selbstsüchtig, geizig und schmähsüchtig; der andere dagegen voll Vertrauen, ein Gabenspender, der Freude hat am regelmäßigen Geben. Was meinst du nun, Sīha: welchen von beiden würden wohl die Heiligen zuerst berücksichtigen?"

-"Wie sollten wohl, o Herr, die Heiligen den vertrauenslosen, selbstsüchtigen, geizigen und schmähsüchtigen Menschen zuerst berücksichtigen? Der da voll Vertrauen ist, ein Gabenspender, der Freude hat am regelmäßigen Geben, den würden die Heiligen zuerst berücksichtigen."

-"Und was meinst du, Sīha:

-"Wie sollte wohl, o Herr, der vertrauenslose, selbstsüchtige, geizige und schmähsüchtige Mensch ... beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf glücklicher Fährte wiedererscheinen, in himmlischer Welt? Doch der da voll Vertrauen ist, ein Gabenspender, der Freude hat am regelmäßigen Geben, der mag wohl beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf glücklicher Fährte wiedererscheinen, in himmlischer Welt.

Was da, o Herr, jene vom Erhabenen gewiesenen sechs sichtbaren Früchte des Almosengeben anbetrifft, so folge ich dabei nicht meinem Vertrauen zum Erhabenen, sondern ich selber kenne sie.

Denn ich, o Herr,

Was diese vom Erhabenen gewiesenen sechs sichtbaren Früchte des Gebens anbetrifft, so folge ich dabei nicht meinem Vertrauen zum Erhabenen, sondern ich selber kenne sie. Wenn aber, o Herr, der Erhabene sagt, daß der Geber, der Gabenspender, beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf glücklicher Fährte, in himmlischer Welt wiedererscheint, so erkenne ich das nicht selber, sondern darin folge ich eben meinem Glauben an den Erhabenen."

-"Das aber ist so, Sīha. Das aber ist so, Sīha. Der Geber, der Gabenspender gelangt beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, auf glückliche Daseinsfährte, in himmlische Welt."

(Siehe A.V.34; A.VIII.2).


A.VII. 55 Ohne Furcht und Tadel

In vier Dingen, ihr Mönche, braucht der Vollendete sich nicht in acht zu nehmen, und in dreien ist er untadelhaft.

In welchen vier Dingen aber braucht sich der Vollendete nicht in acht zu nehmen? Der Vollendete, ihr Mönche, ist von lauterem Wandel in Werken, von lauterem Wandel in Worten, von lauterem Wandel in Gedanken und von lauterer Lebensweise. Nicht gibt es bei ihm schlechten Wandel in Werken, Worten oder Gedanken und keine unrechte Lebensweise, so daß er sich in acht zu nehmen brauchte, damit dies keiner bei ihm merke. In diesen vier Dingen braucht sich also der Vollendete nicht in acht zu nehmen.

In welchen drei Dingen aber ist er untadelhaft.

Richtig verkündet, ihr Mönche, hat der Vollendete die Lehre. Daß nun da ein Asket oder Priester, ein guter oder böser Geist, ein Gott oder irgend jemand in der Welt berechtigterweise mir vorwerfen könnte, daß ich die Lehre nicht richtig verkündet hätte, eine solche Möglichkeit sehe ich nicht. Und da ich eine solche Möglichkeit nicht sehe, bleibe ich eben ruhig, ohne Furcht, voller Selbstvertrauen.

Richtig gewiesen, ihr Mönche, habe ich den Jüngern den zum Nibbāna führenden Pfad, auf dem wandelnd meine Jünger nach Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die von Trieben freie Gemütserlösung und Weisheitserlösung gewinnen, sie selber erkennend und verwirklichend. Daß nun da ein Asket oder Priester, ein guter oder böser Geist, ein Gott oder irgend jemand in der Welt berechtigterweise mir vorwerfen könnte, daß ich diesen Pfad nicht richtig gewiesen hätte, eine solche Möglichkeit sehe ich nicht. Und da ich eine solche Möglichkeit nicht sehe, bleibe ich eben ruhig, ohne Furcht, voller Selbstvertrauen.

Viele Hunderte meiner Jünger haben, nach Versiegung der Triebe, noch bei Lebzeiten die von Trieben freie Gemütserlösung und Weisheitserlösung gewonnen, sie selber erkennend und verwirklichend. Daß nun da ein Asket oder Priester, ein guter oder böser Geist, ein Gott oder irgend jemand in der Welt berechtigterweise mir vorwerfen könnte, daß dem nicht so sei, eine solche Möglichkeit sehe ich nicht. Und da ich eine solche Möglichkeit nicht sehe, bleibe ich eben ruhig, ohne Furcht, voller Selbstvertrauen. In diesen drei Dingen ist er untadelhaft.

Das also, ihr Mönche, sind die vier Dinge, in denen sich der Vollendete nicht in acht zu nehmen braucht, und in diesen dreien ist er untadelhaft. (Siehe A.V.100)


A.VII. 56 Die Dauer der Guten Lehre

(Im Bambushain bei Kimbila.)

Der ehrwürdige Kimbila sprach zum Erhabenen also: "Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursache, wenn nach dem Hinscheiden des Vollendeten die Gute Lehre nicht mehr lange bestehen bleibt?"

-"Wenn da, o Kimbila, nach dem Hinscheiden des Vollendeten die Mönche und Nonnen, die Laienjünger und Laienjüngerinnen keine Achtung und Ehrfurcht haben vor dem Meister, der Lehre, der Mönchsgemeinde, der geistigen Schulung, der Geistessammlung, dem ernsten Streben und vor der freundlichen Hilfsbereitschaft, das ist dann, o Kimbila, der Grund, das ist die Ursache, wenn nach dem Hinscheiden des Vollendeten die Gute Lehre nicht mehr lange bestehen bleibt." (Hier folgt die Umkehrung.)

(Siehe A.V.201; A.VI.40, A.VI.69; A.VII.31-33)


A.VII. 57 Rüstzeuge der Erlösung

Mit sieben Eigenschaften ausgerüstet, ihr Mönche, mag der Mönch nach gar nicht langer Zeit, durch Versiegung der Triebe, die von Trieben freie Gemütserlösung und Weisheitserlösung gewinnen, sie selber erkennend und verwirklichend. Welches sind diese sieben Eigenschaften?

Da eignet dem Mönch Vertrauen, Sittlichkeit, großes Wissen, Abgeschiedenheit, Willenskraft, Achtsamkeit und Weisheit.


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