Samyutta Nikaya

22. Khandha-Samyutta - Die Daseinsgruppen

S.22.51. Ergötzen und Leidenschaft I
S.22.52. Ergötzen und Leidenschaft II
S.22.53. Das Sich-Anschließen
S.22.54. Pflanzen
S.22.55. Ein feierlicher Ausspruch
S.22.56. Die vierfältige Darlegung der 'Gruppen des Anhangens'
S.22.57. In siebenfacher Hinsicht kundig
S.22.58. Der Erwachte
S.22.59. Die Merkmale des Nicht-Ich
S.22.60. Mahāli, der Licchaver

S.22.51. Ergötzen und Leidenschaft I

(Identisch mit 35 155.)

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Die vergängliche Körperlichkeit, ihr Mönche, die erkennt der Mönch eben als vergänglich. Dies ist seine rechte Erkenntnis. Recht erkennend, wendet er sich ab. Durch Versiegen des Ergötzens kommt es zum Versiegen der Leidenschaft (*f97); durch Versiegen der Leidenschaft kommt es zum Versiegen des Ergötzens. Aufgrund der Versiegung von Ergötzen und Leidenschaft spricht man von einem befreiten, einem völlig befreiten Geist."

 

4.-7. (In gleicher Weise ausgeführt bei Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein)

 


(*f97) rāga, meist mit 'Lust' übersetzt, hat hier eine weitere Bedeutung, als das Wort 'Lust' zum Ausdruck bringen mag. Rāga wird häufig als Synonym gebraucht für lobha, 'Gier', in jener weiten Bedeutung dieses Begriffs, den er als eine der 'Wurzeln des Unheilsamen' (akusalā-mulā) hat.


S.22.52. Ergötzen und Leidenschaft II

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Denket gründlich nach über die Körperlichkeit, ihr Mönche, und betrachtet der Wirklichkeit gemäß die Vergänglichkeit der Körperlichkeit! Wenn ein Mönch über die Körperlichkeit gründlich nachdenkt und die Vergänglichkeit der Körperlichkeit der Wirklichkeit gemäß betrachtet, dann wendet er sich von der Körperlichkeit ab. Durch Versiegen des Ergötzens kommt es zum Versiegen der Leidenschaft; durch Versiegen der Leidenschaft kommt es zum Versiegen des Ergötzens. Aufgrund der Versiegung von Ergötzen und Leidenschaft spricht man von einem befreiten, einem völlig freiten Geist."

 

4.-7. (In gleicher Weise ausgeführt bei Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein)

 


S.22.53. Das Sich-Anschließen

(Anschließen: upāyo, andere Lesart upayo (so auch im Komm.); beides zu up(a)-eti, heran-, nahe-gehen, aufsuchen; Komm.: mit Begehren, Dünkel, Ansichten die fünf Gruppen des Anhangens angehend (upagato). - Vgl. upāy'upādāna in 22 3.9 mit Anm.)

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Sich-Anschließen, ihr Mönche, ist Unerlöstsein, Sich-nicht-Anschließen ist Erlöstsein.

 

4. Wenn, ihr Mönche, das Bewußtsein (*f99) im Sich-Anschließen an Körperlichkeit (*f100) verharrt, wenn es die Körperlichkeit als Objekt, die Körperlichkeit als Stütze nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle. Wenn das Bewußtsein im Sich-Anschließen an Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen (*f101) verharrt, wenn es Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen als Objekt, als Grundlage nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle.

 

5. Wenn nun, ihr Mönche, einer sagt: 'Außerhalb von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen will ich des Bewußtseins Kommen oder Gehen, Schwinden oder Entstehen, Wachstum, Entwicklung, Fülle verkünden' - so besteht keine Möglichkeit dafür.

 

6.-10. Wenn, ihr Mönche, die Lust (*f102) zum Element Körperlichkeit' - zum Element 'Gefühl' - zum Element 'Wahrnehrnung' - 'Gestaltungen' - 'Bewußtsein' aufgegeben wird, so ist nach Aufgeben der Lust das Objekt isoliert (*f103) und ist keine Stütze mehr für das Bewußtsein (*f104).

 

11. Dieses stützenlose Bewußtsein entwickelt sich nicht weiter, und keine neue Wiedergeburt anhäufend (*f105) ist man befreit. Aufgrund der Befreiung ist man gefestigt. Aufgrund des Gefestigtseins ist man befriedigt; aufgrund des Befriedigtseins süchtet man nicht mehr; und ohne Süchten gelangt man aus sich selber heraus zur Verlöschung: 'Versiegt ist die Geburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres nach diesem hier' - so erkennt man."

 

 


(*f99) Komm.: d.i. das unheilsame Karma-Bewußtsein (kammaviññāna).

(*f100) rūp'upāya; vgl. obige Anm. zu Überschrift 22.53.

(*f101) Zur Begründung, daß auch hier 'Bewußtsein' nicht aufgeführt ist, verweist der Komm. auf die in Anm. zu 22.3.5.-7. wiedergegebenen Ausführungen.

(*f102) 'Lust' (rāga) steht hier scheinbar als Synonym für 'Sich-Anschließen' in Abschn. 4.

(*f103) Wörtl.: 'ist das Objekt abgeschnitten' (vocchijjat'ārammanam); Komm.: weil es die Fähigkeit verloren hat, zur Wiedergeburt zu drängen. - Lt. Subkomm. ist es das die Wiedergeburts-Bedingung bildende Objekt des 'sterbensnahen' (maranāsanna) Bewußtseins, nämlich ein Kennzeichen früheren Karmas (kamma-nimitta) usw. Siehe Visuddhi-Magga (Übers.) S. 646 f., 654.

(*f104) D.i. das Karma-Bewußtsein.

(*f105) anabhisankhacca = anabhisankharitvā, nicht karmisch gestaltend oder anhäufend; d.i. keine Wiedergeburt erzeugend.


S.22.54. Pflanzen

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Fünf Pflanzenarten gibt es, ihr Mönche; welche fünf? Knollenpflanzen, Baumpflanzen, Buschpflanzen, Rohrpflanzen und Kornpflanzen als fünftes.

 

4. Wenn nun, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten nicht beschädigt und nicht faul sind, von Wind und Sonnenglut nicht zerstört, wenn sie frisch sind und an günstigem Ort zu stehen kommen, wenn aber keine Erde und kein Wasser da ist, würden da wohl, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten zu Wachstum, Entwicklung und Fülle gelangen?" - "Gewiß nicht, o Herr."

 

5. "Wenn nun, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten beschädigt und faul sind, von Wind und Sonnenglut zerstört, (nicht) frisch bleiben und an ungünstigem Ort zu stehen kommen, Erde und Wasser aber vorhanden sind, würden da wohl, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten zu Wachstum, Entwicklung und Fülle gelangen?" - "Gewiß nicht, o Herr (*f106)."

 

6. "Wenn nun, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten nicht beschädigt und nicht faul sind, von Wind und Sonnenglut nicht zerstört, wenn sie frisch sind und an günstigem Ort zu stehen kommen, wenn auch Erde und Wasser vorhanden sind, würden da wohl, ihr Mönche, diese fünf Pflanzenarten zu Wachstum, Entwicklung und Fülle gelangen?" - "Ja, o Herr."

 

7. "Wie die Erde, ihr Mönche, so hat man die vier Stützen des Bewußtseins (*f107) zu verstehen; wie das Wasser, ihr Mönche, so hat man das Ergötzen und die Lust zu verstehen; wie die fünf Pflanzenarten, ihr Mönche, so hat man das Bewußtsein samt seiner Nahrung (*f108) zu verstehen."

 

8.-17. (sind eine genaue Wiederholung von 53. 4-11)

 


(*f106) Dieser Abschnitt fehlt in der burmes. und siames. Ausgabe.

(*f107) Die 'Stützen' der Gruppe 'Bewußtsein' sind die vier anderen Gruppen des Anhangens.

(*f108) Komm: d.i. das Karma-Bewußtsein samt seiner Bedingung. Wie nämlich die Pflanze aus der Erde wächst, so wächst das Karma-Bewußtsein aus dem Boden seines Objektes (ārammana-pathaviyam).


S.22.55. Ein feierlicher Ausspruch

(Ein feierlicher Ausspruch - udāna)

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene in Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort nun tat der Erhabene diesen feierlichen Ausspruch: "'Würde ich nicht gewesen sein, nicht würde mir (jetzt irgend etwas) sein; (nun aber:) nicht soll (künftig etwas) werden, nicht soll mir (etwas) werden (*f110)!' Ein so entschlossener Mönch (*f111) mag wohl die niederen Fesseln (*f112) durchschneiden (*f113)."

 

3. Nach diesen Worten sprach ein Mönch zum Erhabenen also: "Wie nun aber, o Herr (ist dies zu verstehen): 'Würde ich nicht gewesen sein, nicht würde mir (jetzt irgend etwas) sein; (nun aber:) nicht soll (künftig etwas) werden, nicht soll mir (etwas) werden! - Ein so entschlossener Mönch mag wohl die niederen Fesseln durchschneiden'?"

 

4. "Es ist da, o Mönch, ein unerfahrener Weltmensch...; der betrachtet die Körperlichkeit als das Selbst oder das Selbst als Körperlichkeit besitzend oder die Körperlichkeit als im Selbst oder das Selbst als in der Körperlichkeit. Er betrachtet das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein als das Selbst oder das Selbst als Bewußtsein besitzend oder das Bewußtsein als im Selbst oder das Selbst als im Bewußtsein.

 

5. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß von der vergänglichen Körperlichkeit: 'Vergänglich ist die Körperlichkeit'. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß vom vergänglichen Gefühl - von der vergänglichen Wahrnehmung - von den vergänglichen Gestaltungen - vom vergänglichen Bewußtsein: 'Vergänglich ist das Bewußtsein'.

 

6. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß von der leidvollen Körperlichkeit: 'Leidvoll ist die Körperlichkeit'. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß vom leidvollen Gefühl von der leidvollen Wahrnehmung - von den leidvollen Gestaltungen - vom leidvollen Bewußtsein: 'Leidvoll ist das Bewußtsein'.

 

7. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß von der ichlosen Körperlichkeit: 'Ichlos ist die Körperlichkeit'. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß vom ichlosen Gefühl - von der ichlosen Wahrnehmung - von den ichlosen Gestaltungen - vom ichlosen Bewußtsein: 'Ichlos ist das Bewußtsein'.

 

8. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß von der zusammengesetzten Körperlichkeit: 'Zusammengesetzt ist die Körperlichkeit'. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß vom zusammengesetzten Gefühl - von der zusammengesetzten Wahrnehmung - von den zusammengesetzten Gestaltungen - vom zusammengesetzten Bewußtsein: 'Zusammengesetzt ist das Bewußtsein'.

 

9. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß: 'Schwinden wird die Körperlichkeit'. Er weiß nicht der Wirklichkeit gemäß: 'Schwinden wird das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein'.

 

10. Es ist da aber, o Mönch, ein erfahrener, edler Jünger...; nicht betrachtet er die Körperlichkeit als das Selbst oder das Selbst als Körperlichkeit besitzend oder die Körperlichkeit als im Selbst oder das Selbst als in der Körperlichkeit. Nicht betrachtet er das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein als das Selbst oder das Selbst als Bewußtsein besitzend oder das Bewußtsein als im Selbst oder das Selbst als im Bewußtsein.

 

11.-15. Der Wirklichkeit gemäß weiß er von der vergänglichen - leidvollen - ichlosen - zusammengesetzten Körperlichkeit...: 'Vergänglich ist die Körperlichkeit...' Er weiß der Wirklichkeit gemäß: 'Schwinden wird die Körperlichkeit... '

 

16. Wegen des Schwindens der Körperlichkeit - des Gefühls - der Wahrnehmung - der Gestaltungen - des Bewußtseins ist es, daß dieser Mönch also denkt: 'Würde ich nicht gewesen sein, nicht würde mir (jetzt irgend etwas) sein; (nun aber:) nicht soll (künftig etwas) werden, nicht soll mir (etwas) werden!' - Ein so entschlossener Mönch mag wohl die niederen Fesseln durchschneiden."

 

17. "So also, o Herr, mag ein also entschlossener Mönch die niederen Fesseln durchschneiden. Wie wissend, o Herr, wie verstehend, kommt es aber unmittelbar darauf zur Versiegung der Triebe (*f114)?"

 

18. "Es ist da, o Mönch, ein unerfahrener Weltmensch: in einem Falle, wo nichts zu fürchten ist, empfindet er Furcht. Denn Furcht empfindet, o Mönch, der unerfahrene Weltmensch (beim Gedanken): 'Würde ich nicht gewesen sein...'

 

19. Es ist da aber ein erfahrener, edler Jünger: er empfindet keine Furcht in einem Falle, wo nichts zu fürchten ist. Denn nicht empfindet, o Mönch, der erfahrene, edle Jünger Furcht (beim Gedanken): 'Würde ich nicht gewesen (*f115) ein...'

 

20.-30. (sind eine genaue Wiiderholung von 53. 4-11)

 

31. So wissend, o Mönch, so verstehend, kommt es unmittelbar zur Versiegung der Triebe."


(*f110) No c'assam no ca me siyā; na bhavissati na me bhavissati. Der Komm. erklärt: Wenn ich nicht in der Vergangenheit Karma angehäuft hätte, so würden mir jetzt nicht diese fünf Gruppen des Anhangens (beschieden) sein. So will ich mich denn jetzt in solcher Weise anstrengen, daß mir künftig ein die Gruppen erzeugender karmischer (Willens-) Vorgang (kamma-sankhāra) nicht (beschieden) sein wird; wenn dieser nicht da ist, dann wird mir künftig keine Wiedergeburt (beschieden) sein. - Vgl. A.VII.52; ferner findet sich dieser Ausspruch als Ansicht Andersgläubiger (Vernichtungsglaube) in A.X.29 sowie in der vorliegenden Übersetzung S.22.81 u. S.22.152 und S.24.4.

(*f111) PTS: vimuccamāno; hier aber im Sinne von adhimuccamāno, wie auch Bu. in Text und Kommentar liest. - Komm.: Solchen Entschluß fassend, mag da der Mönch, auf die beiden schwächeren (Heiligkeits-) Vorbedingungen (s. Anm. 113) gestützt, die fünf niederen Fesseln durchschneiden.

(*f112) Die fünf niederen Fesseln (orambhāgiyāni samyojanāni), deren völlige Lösung zur Stufe des Nicht-Wiederkehrers (anāgāmin) führt, sind: 1. Persönlichkeitsglaube, 2. Zweifel, 3. Hängen an Regeln und Riten, 4. Sinnengier, 5. Übelwollen.

(*f113) Zu diesem Abschnitt heißt es im Komm. "Er tat den feierlichen Ausspruch: 'Würde ich nicht gewesen sein...' Aus welchem Grunde kam dieser Ausspruch dem Erhabenen in den Sinn? Um der auf die Erlösung hinzielenden Natur der Lehre willen. So dachte er: 'Diese drei (zur Heiligkeit befähigenden) Vorbedingungen (upanissaya, wörtl. «Stützen») gibt es: Gebefreudigkeit, Sittlichkeit, Geistesentfaltung. Davon sind die Vorbedingungen «Gebefreudigkeit» und «Sittlichkeit» schwach, die Vorbedingung «Geistesentfaltung» ist stark. «Gebefreudigkeit» und «Sittlichkeit» nämlich lassen zu den drei ersten «Pfaden» und «Zielen» (des Stromeintritts, der Einmal-Wiederkehr und der Nicht-Wiederkehr) gelangen; «Geistesentfaltung» (Meditation) aber läßt die Heiligkeit erreichen. Der auf die beiden schwachen Vorbedingungen gestützte Mönch durchschneidet kämpfend und strebend die fünf niederen Fesseln und bringt drei «Pfade» und «Ziele» zum Entstehen."

(*f114) anantaro āsavānam khayo; Komm.: die unmittelbar auf die Erreichung des (Heiligkeits-) Pfades folgende Erreichung des (Heiligkeits-) Zieles. - Lt. Komm. ist der Sinn des folgenden Abschnitts 18: "Warum wird er nicht mit Bestimmtheit zerschneiden?" Die Antwort ist dann, daß im Falle eines noch schwachen Klarblicks ein letzter Rest von Ich-Wahn sich als Furcht vor der 'Vernichtung' manifestieren kann.

(*f115) Komm. zu Abschn. 18: "'Denn Furcht empfindet der unerfahrene Weltmensch bei dem Gedanken: «Würde ich nicht gewesen sein...»' - Dies bezieht sich auf schwachen Klarblick. Weil nämlich schwacher Klarblick die Selbstliebe nicht bewältigen kann, deshalb empfindet der unerfahrene Weltmensch die Furcht: 'Jetzt werde ich vernichtet werden, nicht werde ich nun irgend etwas sein!' Er sieht sein Ich gleichsam in einen Abgrund fallen, wie es von einem gewissen Brahmanen erzählt wird: Im unteren Geschoß des Bronze-Palastes (Loha-pāsāda, in der alten Königsstadt Anurādhapura in Ceylon) trug einmal der Ordensältere Tipitaka-Cūlanāga die mit dem Stempel der drei Merkmale geprägte Lehrdarlegung vor. Einem gewissen Brahmanen, der zur Seite gestanden und dem Lehrvortrag gelauscht hatte, erschienen da die Daseinsgebilde in ihrer Leerheit. Da war ihm zumute, als wenn er in einen Abgrund stürzte. Er floh durch die offenstehende Tür davon und, zu Hause angelangt, hieß er den Sohn sich bequem niederzulegen und sprach: 'Wenn man die Lehre des Sakyers recht bedenkt, hat das Gelderwerben keinen Sinn mehr!'"

Komm zu Abschn. 19: "'Nicht empfindet der erfahrene, edle Jünger Furcht bei dem Gedanken: «Würde ich nicht gewesen sein...»' - Dies bezieht sich auf starken Klarblick. Nicht empfindet der erfahrene, edle Jünger Furcht, nicht ist ihm so zumute: 'Vernichtet werde ich sein' oder ,Zerstört werde ich sein'. So, vielmehr, denkt er: 'Gestaltungen nur entstehen, Gestaltungen nur vergehen.'"


S.22.56. Die vierfältige Darlegung der 'Gruppen des Anhangens'

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Fünf Gruppen des Anhangens gibt es, ihr Mönche; welche fünf? Die Gruppen des Anhangens 'Körperlichkeit', 'Gefühl', 'Wahrnehmung', 'Gestaltungen' und 'Bewußtsein.

 

4. Bis ich nicht, ihr Mönche, diese fünf Gruppen des Anhangens nach vierfältiger Methode der Wirklichkeit gemäß erkannt hatte, nicht bekannte ich da, in dieser Welt mit ihren guten Geistern, mit Māra- und Brahma-Göttern, mit Asketen und Priestern, mit ihren Scharen von Göttern und Menschen, zur unvergleichlichen, höchsten Erwachung erwacht zu sein.

 

5. Als ich aber, ihr Mönche, diese fünf Gruppen des Anhangens nach vierfältiger Methode der Wirklichkeit gemäß erkannt hatte, da bekannte ich, in dieser Welt ... zur unvergleichlichen, höchsten Erwachung erwacht zu sein.

 

6. Was nun ist die vierfältige Methode? Die Körperlichkeit erkannte ich, die Entstehung der Körperlichkeit, die Aufhebung der Körperlichkeit, den zur Aufhebung der Körperlichkeit führenden Pfad erkannte ich. Das Gefühl, die Entstehung des Gefühls..., die Wahrnehmung..., die Gestaltungen..., das Bewußtsein erkannte ich, die Entstehung des Bewußtseins, die Aufhebung des Bewußtseins, den zur Aufhebung des Bewußtseins führenden Pfad erkannte ich.

 

7. Was nun, ihr Mönche, ist die Körperlichkeit? Die vier Elemente und die von den vier Elementen abhängige Körperlichkeit: das, ihr Mönche, nennt man 'Körperlichkeit'. - Durch Entstehung der Nahrung kommt es zur Entstehung der Körperlichkeit. Durch Aufhebung der Nahrung kommt es zur Aufhebung der Körperlichkeit. - Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der Weg zur Aufhebung der Körperlichkeit, nämlich: Rechte Erkenntnis, Rechte Gesinnung, Rechte Rede, Rechtes Tun, Rechter Lebensunterhalt, Rechtes Streben, Rechte Achtsamkeit, Rechte Sammlung.

 

8. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Körperlichkeit, ihre Entstehung... erkennend, einen Wandel führen, welcher der Abwendung, der Entsüchtung von der Körperlichkeit, ihrer Aufhebung dient, diese wandeln recht. Die aber recht wandeln, finden festen Halt in dieser Lehre und Ordenszucht.

 

9. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Körperlichkeit, ihre Entstehung... erkennend, aufgrund der Abwendung und Entsüchtung von der Körperlichkeit, aufgrund ihrer Aufhebung ohne Anhaften befreit sind, diese sind ganz befreit. Die ganz befreit sind, sind Vollendete. Die da vollendete (Wesen) sind, für solche kann man keinen Daseins-Kreislauf aufzeigen.

 

10. Was nun, ihr Mönche, ist Gefühl? Diese sechs Gefühls-Gruppen gibt es, ihr Mönche durch Seh-Eindruck entstandenes Gefühl, durch Hör-Eindruck entstandenes Gefühl - durch Riech-Eindruck - Schmeck-Eindruck - Berührungs-Eindruck - durch geistigen Eindruck entstandenes Gefühl. Das, ihr Mönche, nennt man Gefühl. Durch Entstehung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Entstehung des Gefühls. Durch Aufhebung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Aufhebung des Gefühls. Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der zur Aufhebung des Gefühls führende Weg, nämlich: Rechte Erkenntnis, Rechte Gesinnung...

 

11. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so das Gefühl, seine Entstehung erkennend... einen Wandel führen, welcher der Abwendung, der Entsüchtung vom Gefühl, seiner Aufhebung dient, diese wandeln recht. Die aber recht wandeln, finden festen Halt in dieser Lehre und Ordenszucht.

 

12. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so das Gefühl, seine Entstehung erkennend, aufgrund der Abwendung und Entsüchtung vom Gefühl, aufgrund seiner Aufhebung ohne Anhaften befreit sind, diese sind ganz befreit. Die ganz befreit sind, sind Vollendete. Die da Vollendete sind, für solche kann man keinen Daseins-Kreislauf aufzeigen.

 

13. Was nun, ihr Mönche, ist Wahrnehmung? Diese sechs Wahrnehmungs-Gruppen gibt es, ihr Mönche: Form-Wahrnehmung, Ton-Wahrnehmung, Duft-Wahrnehmung, Geschmacks-Wahrnehmung, Berührungs-Wahrnehmung, geistige Wahrnehmung. Das, ihr Mönche, nennt man Wahrnehmung. Durch Entstehung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Entstehung der Wahrnehmung. Durch Aufhebung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Aufhebung der Wahrnehmung. Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der zur Aufhebung der Wahrnehmung führende Weg, nämlich: Rechte Erkenntnis...

 

14. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Wahrnehmung, ihre Entstehung... erkennend, ... finden festen Halt in dieser Lehre und Ordenszucht.

 

15. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Wahrnehmung, ihre Entstehung... erkennend, aufgrund der Abwendung... befreit sind..., für solche kann man keinen Daseins-Kreislauf aufzeigen.

 

16. Was nun, ihr Mönche, sind die Gestaltungen? Diese sechs Willens-Gruppen (cetanā-kāyā) gibt es, ihr Mönche: Wille nach Formen (rūpasañcetanā), Wille nach Tönen, Wille nach Düften, Wille nach Geschmäcken, Wille nach Berührungen, Wille nach Geist-Objekten. Das, ihr Mönche, nennt man Gestaltungen. Durch Entstehung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Entstehung der Gestaltungen. Durch Aufhebung von Sinnen-Eindruck kommt es zur Aufhebung der Gestaltungen. Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der zur Aufhebung der Gestaltungen führende Weg, nämlich: Rechte Erkenntnis...

 

17. All die Asketen und Priester, ihr Mönche... (wie Nr. 11)

 

18. All die Asketen und Priester, ihr Mönche... (wie Nr. 12)

 

19. Was nun, ihr Mönche, ist das Bewußtsein? Diese sechs Bewußtseins-Gruppen gibt es, ihr Mönche: Seh-Bewußtsein, Hör-Bewußtsein, Riech-Bewußtsein, Schmeck-Bewußtsein, Berührungs-Bewußtsein, Geist-Bewußtsein. Das, ihr Mönche, nennt man Bewußtsein. Durch Entstehung von Geistigkeit und Körperlichkeit kommt es zur Entstehung des Bewußtseins. Durch Aufhebung von Geistigkeit und Körperlichkeit kommt es zur Aufhebung des Bewußtseins. Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der zur Aufhebung des Bewußtseins führende Weg, nämlich: Rechte Erkenntnis, Rechte Gesinnung...

 

20. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so das Bewußtsein, seine Entstehung... erkennend, einen Wandel führen, welcher der Abwendung, der Entsüchtung vom Bewußtsein, seiner Aufhebung dient, diese wandeln recht. Die aber recht wandeln, finden festen Halt in dieser Lehre und Ordenszucht.

 

21. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so das Bewußtsein, seine Entstehung, seine Aufhebung, den zu seiner Aufhebung führenden Weg erkennend, aufgrund der Abwendung und Entsüchtung vom Bewußtsein, aufgrund seiner Aufhebung ohne Anhaften befreit sind, diese sind ganz befreit. Die ganz befreit sind, sind Vollendete. Die da Vollendete sind, für solche kann man keinen Daseins-Kreisauf aufzeigen."

 


S.22.57. In siebenfacher Hinsicht kundig

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3. "Ein Mönch, der in siebenfacher Hinsicht kundig ist und nach dreifacher Methode untersucht, der, ihr Mönche, gilt als vollendet, als vollkommen in dieser Lehre und Ordenszucht, als höchster Mensch.

 

4. Wie nun, ihr Mönche, ist ein Mönch in siebenfacher Hinsicht kundig?

 

5. Da, ihr Mönche, kennt der Mönch die Körperlichkeit, er kennt die Entstehung der Körperlichkeit, die Aufhebung der Körperlichkeit, den zur Aufhebung der Körperlichkeit führenden Weg; er kennt den Genuß bei der Körperlichkeit, das Elend bei der Körperlichkeit, das Entrinnen von der Körperlichkeit.

 

6.-9. Er kennt das Gefühl, die Wahrnehmung, die Gestaltungen, das Bewußtsein; er kennt die Entstehung von Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewußtsein, deren Aufhebung, den zu ihrer Aufhebung führenden Weg; er kennt den Genuß beim Gefühl, der Wahrnehmung, den Gestaltungen und beim Bewußtsein, das Elend dabei und das Entrinnen davon.

 

10. Was nun, ihr Mönche, ist die Körperlichkeit? Die vier Grundstoffe und die von den vier Grundstoffen abhängige Körperlichkeit: das, ihr Mönche, nennt man Körperlichkeit. Durch Entstehung der Nahrung kommt es zur Entstehung der Körperlichkeit. Durch Aufhebung der Nahrung kommt es zur Aufhebung der Körperlichkeit. Eben dieser Edle Achtfache Pfad ist der Weg zur Aufhebung der Körperlichkeit, nämlich: Rechte Erkenntnis...

 

11. Was da durch Körperlichkeit bedingt an Glücksgefühl und Freude entsteht, das ist der Genuß bei der Körperlichkeit. Daß die Körperlichkeit vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, das ist das Elend bei der Körperlichkeit. Was da hinsichtlich der Körperlichkeit Zügelung der Willensgier, Aufhebung der Willensgier ist, das ist das Entrinnen von der Körperlichkeit.

 

12. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Körperlichkeit, ihre Entstehung, ihre Aufhebung, den zu ihrer Aufhebung führenden Weg erkennend, die den Genuß bei der Körperlichkeit, das Elend bei der Körperlichkeit, das Entrinnen von der Körperlichkeit erkennend, einen Wandel führen, welcher der Abwendung und Entsüchtung von der Körperlichkeit, ihrer Aufhebung dient, diese wandeln recht. Die aber recht wandeln, finden festen Halt in dieser Lehre und Ordenszucht.

 

13. All die Asketen und Priester, ihr Mönche, die so die Körperlichkeit, ihre Entstehung... das Entrinnen von der Körperlichkeit erkennend, aufgrund der Abwendung und Entsüchtung von der Körperlichkeit, aufgrund ihrer Aufhebung ohne Anhaften befreit sind, diese sind ganz befreit. Die ganz befreit sind, sind Vollendete. Die Vollendete sind, für solche kann man keinen Daseins-Kreislauf aufzeigen.

 

14. Was nun, ihr Mönche, ist Gefühl? Diese sechs Gefühls-Gruppen gibt es, ihr Mönche: ... (wie 56.10)

 

15. Was da durch Gefühl bedingt an Glücksgefühl und Freude entsteht, das ist der Genuß beim Gefühl. Daß das Gefühl vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, das ist das Elend beim Gefühl. Was da hinsichtlich des Gefühls Zügelung der Willensgier, Aufgeben der Willensgier ist, das ist das Entrinnen vom Gefühl.

 

16.-17. (entsprechend 12-13, einzusetzen ist 'Gefühl')

 

18. Was nun, ihr Mönche, ist Wahrnehmung? Diese sechs Wahrnehmungs-Gruppen gibt es, ihr Mönche: ... (wie 56. 13)

 

19. Was da durch Wahrnehmung bedingt an Glücksgefühl und Freude entsteht, das ist der Genuß bei der Wahrnehmung. Daß die Wahrnehmung vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, das ist das Elend bei der Wahrnehmung. Was da hinsichtlich der Wahrnehmung Zügelung der Willensgier ist, Aufgeben der Willensgier, das ist das Entrinnen von der Wahrnehmung.

 

20.-21. (entsprechend 12-13, einzusetzen ist 'Wahrnehmung')

 

22. Was nun, ihr Mönche, sind die Gestaltungen? Diese sechs Willens-Gruppen gibt es, ihr Mönche: ... (wie 56.16)

 

23. Was da durch Gestaltungen an Glücksgefühl und Freude entsteht, das ist der Genuß bei den Gestaltungen. Daß die Gestaltungen vergänglich, leidvoll, wandelbar sind, das ist das Elend bei den Gestaltungen. Was da hinsichtlich der Gestaltungen Zügelung der Willensgier, Aufgeben der Willensgier ist, das ist das Entrinnen von den Gestaltungen.

 

24.-25. (entsprechend 12-13, einzusetzen ist 'Gestaltungen')

 

26. Was nun, ihr Mönche, ist das Bewußtsein? Diese sechs Bewußtseins-Gruppen gibt es, ihr Mönche: ... (wie 56. 19)

 

27. Was da durch Bewußtsein an Glücksgefühl und Freude entsteht, das ist der Genuß beim Bewußtsein. Daß das Bewußtsein vergänglich, leidvoll, wandelbar ist, das ist das Elend beim Bewußtsein. Was da hinsichtlich des Bewußtseins Zügelung der Willensgier, Aufgeben der Willensgier ist, das ist das Entrinnen vom Bewußtsein.

 

28.-29. (entsprechend 12-13, einzusetzen ist 'Bewußtsein')

 

30. So, ihr Mönche, ist ein Mönch in siebenfacher Hinsicht kundig.

 

31. Wie nun, ihr Mönche, untersucht ein Mönch nach dreifacher Methode? Da, ihr Mönche, untersucht der Mönch im Hinblick auf die Elemente, er untersucht im Hinblick auf die Sinnes-Grundlagen, er untersucht im Hinblick auf die Bedingte Entstehung. So, ihr Mönche, untersucht ein Mönch nach dreifacher Methode.

 

32. Ein Mönch, der in siebenfacher Hinsicht kundig ist und nach dreifacher Methode untersucht, der, ihr Mönche, gilt als vollendet, als vollkommen in dieser Lehre und Ordenszucht, als höchster Mensch."

 

 

 

Diese Lehrrede ist, lt. Komm., ein Lobpreis des triebversiegten Heiligen (und dessen wirklichkeitsgemäßer Betrachtungsweise) und war vom Erhabenen beabsichtigt als ein Ansporn zur Nachfolge, insbesondere für die 'Schulungsergebenen' (sekha), d.i. die In-den-Strom-Eingetretenen (sotāpanna) usw. Komm. sagt ferner: "Bei welchem Objekt auch immer der Heilige in dessen regelmäßiger Betrachtung verweilt (satata-vihāra), er weiß davon, daß da kein beharrendes Wesen ist, keine beständige Persönlichkeit. Es sind vielmehr lediglich Elemente (dhātu; die 18), Sinnengrundlagen (āyatana; innere und äußere) und (ein Ablauf der) Bedingten Entstehung (papcca-samuppāda)."


S.22.58. Der Erwachte

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthī, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika.

 

2. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also:

 

3.-7. "Der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, vollkommen Erwachte, der aufgrund der Abwendung und Entsüchtung von Körperlichkeit - Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein, aufgrund ihrer Aufhebung ohne Anhaften befreit ist, wird ein 'vollkommen Erwachter' genannt. Auch ein wissensbefreiter (*f117) Mönch, ihr Mönche, der durch Wissen befreit, aufgrund der Abwendung und Entsüchtung von Körperlichkeit ... Bewußtsein, aufgrund ihrer Aufhebung ohne Anhaften befreit ist, der wird 'wissensbefreit' genannt.

 

8. Was ist da nun, ihr Mönche, der Unterschied, die Besonderheit, die Verschiedenheit des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten gegenüber dem wissensbefreiten Mönch?"

 

9. "Im Erhabenen, o Herr, wurzeln für uns die Lehren, den Erhabenen haben sie als Führer, den Erhabenen als Rückhalt. Gut wäre es, wenn eben der Erhabene den Sinn dieser Worte klarlegte. Nachdem sie es vom Erhabenen gehört, werden es die Mönche bewahren." - "So höret, ihr Mönche, merket wohl auf! Ich werde sprechen." - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen.

 

10. Der Erhabene sprach also: "Der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, vollkommen Erwachte ist des unentdeckten Weges Entdecker, des nicht gefundenen Weges Finder, des unverkündeten Weges Künder, der Wegwisser, der Wegkenner, der Wegeskundige. Auf dem Wege nun folgen ihm jetzt die Jünger nach, die später hinzugekommen.

 

11. Dies, ihr Mönche, ist der Unterschied, die Besonderheit, die Verschiedenheit des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten gegenüber dem wissensbefreiten Mönch. "

 

 


(*f117) paññāvimutto; Nyānatiloka, Buddhistisches Worterbuch: "'Wissenserlösung' (paññāvimutti) bezeichnet nach dem Komm. zu A V 142 das mit der Frucht der Heiligkeit (arahattaphala) verbundene Wissen. In M 70 heißt es: 'Da hat ein Mönch zwar nicht leibhaftig die acht Freiungen erreicht, aber nach weiser Einsicht sind ihm die Triebe zur Versiegung gelangt. Einen solchen Menschen bezeichnet man als «wissenserlöst» .'"


S.22.59. Die Merkmale des Nicht-Ich

(Diese Rede ist das berühmte Anattā-Lakkhana-Sutta, die 'Lehrrede von den Merkmalen des Nicht-Ich', d.i. von den Kennzeichen, welche die Abwesenheit jeder beharrenden Ich-Substanz deutlich machen. Diese Lehrrede wurde an dieselbe 'Gruppe der fünf' früheren Asketengefährten des Buddha gerichtet, welche durch die erste Lehrverkündung, die 'Predigt von Benāres' (Dhammacakka-Pavattana-Sutta) die Stufe des Stromeintritts erreicht hatten. Für die Wichtigkeit der Nicht-Ich-Lehre (anattā) ist es bezeichnend, daß erst nach Hören und Verstehen der davon handelnden zweiten Lehrrede des Buddha jenen fünf ersten Jüngern der Durchbruch zur Heiligkeit gelang. Diese Rede findet sich auch in Vinaya, Mahāvagga I 6, wo es noch zum Abschluß heißt: "Zu dieser Zeit nun gab es sechs Heilige in der Welt" - d.i. mit Einschluß des Buddha selber.)

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Benares, zu Isipatana, im Wildpark.

 

2. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Gruppe der fünf Mönche: "Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

 

3. "Die Körperlichkeit, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, diese Körperlichkeit das Ich, nicht würde da diese Körperlichkeit der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'

 

4. Weil aber, ihr Mönche, die Körperlichkeit Nicht-Ich ist, deshalb fällt die Körperlichkeit der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'

 

5. Das Gefühl, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, dieses Gefühl das Ich, nicht würde da dieses Gefühl der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann beim Gefühl: 'So möge mein Gefühl sein, so möge mein Gefühl nicht sein!'

 

6. Weil aber, ihr Mönche, das Gefühl Nich-Ich ist, deshalb fällt das Gefühl der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es beim Gefühl: 'So möge mein Gefühl sein, so möge mein Gefühl nicht sein!'

 

7. Die Wahrnehmung, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, diese Wahrnehmung das Ich, nicht würde da diese Wahrnehmung der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann bei der Wahrnehmung: 'So möge meine Wahrnehmung sein, so möge meine Wahrnehmung nicht sein!'

 

8. Weil aber, ihr Mönche, die Wahrnehmung Nicht-Ich ist, deshalb fällt die Wahrnehmung der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es bei der Wahrnehmung: 'So möge meine Wahrnehmung sein, so möge meine Wahrnehmung nicht sein!'

 

9. Die Gestaltungen, ihr Mönche, sind Nicht-Ich. Denn wären, ihr Mönche, die Gestaltungen das Ich, nicht würden da diese Gestaltungen der Krankheit anheim fallen. Erlangen könnte man es dann bei den Gestaltungen: 'So mögen meine Gestaltungen sein, so mögen meine Gestaltungen nicht sein!'

 

10. Weil aber, ihr Mönche, die Gestaltungen Nicht-Ich sind, deshalb fallen die Gestaltungen der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es bei den Gestaltungen: 'So mögen meine Gestaltungen sein, so mögen meine Gestaltungen nicht sein!'

 

11. Das Bewußtsein, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, das Bewußtsein das Ich, nicht würde da dieses Bewußtsein der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann beim Bewußtsein: 'So möge mein Bewußtsein sein, so möge mein Bewußtsein nicht sein!'

 

12. Weil aber, ihr Mönche, das Bewußtsein Nicht-Ich ist, deshalb fällt das Bewußtsein der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es beim Bewußtsein: 'So möge mein Bewußtsein sein, so möge mein Bewußtsein nicht sein!'

 

13. Was meint ihr, o Mönche, ist die Kölperlichkeit unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, o Herr." - "Was aber vergänglich ist, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr." - "Was nun vergänglich, leidig, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: 'Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst'?" - "Gewiß nicht, o Herr."

 

14.-17. "Sind Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, o Herr." - "Was aber vergänglich ist, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr." - "Was nun vergänglich, leidig, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: 'Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst'?" - "Gewiß nicht, o Herr."

 

18.-22. "Daher, o Mönche: was es irgend an Körperlichkeit gibt - an Gefühl - an Wahrnehmung - an Gestaltungen - an Bewußtsein gibt, sei es vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe - von jeder Körperlichkeit - jedem Gefühl - jeder Wahrnehmung - allen Gestaltungen - jedem Bewußtsein gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!' So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.

 

23. So erkennend, o Mönche, wendet sich der erfahrene, edle Jünger von der Körperlichkeit ab, er wendet sich ab vom Gefühl, er wendet sich ab von der Wahrnehmung, er wendet sich ab von den Gestaltungen, er wendet sich ab vom Bewußtsein. Abgewandt wird er entsüchtet. Durch die Entsüchtung wird er befreit. Im Befreiten ist die Erkenntnis: 'Befreit bin ich. Versiegt ist die Geburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres nach diesem hier' - so erkennt er."

 

24. Dies sprach der Erhabene. Beglückt freute sich die Gruppe der fünf Mönche über das Wort des Erhabenen. Während aber diese Erklärung gesprochen wurde, löste sich bei der Gruppe der fünf Mönche das Herz ohne Anhaften von den Trieben.

 


S.22.60. Mahāli, der Licchaver

(Übers. v. Neumann LS IV, S. 642.)

 

1. So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Vesālī, im Großen Walde, in der Giebelhaus-Halle.

 

2. Da begab sich Mahāli, der Licchaver, zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach Mahāli, der Licchaver, zum Erhabenen also:

 

3. "So, o Herr, spricht Pūrana-Kassapa: 'Es gibt keinen Grund, es gibt keine Ursache für die Befleckung der Wesen (durch Unheilsames). Ursachlos, grundlos werden die Wesen befleckt. Es gibt keinen Grund, es gibt keine Ursache für die Reinheit der Wesen. Ursachlos, grundlos werden die Wesen rein.' Was sagt nun der Erhabene dazu?"

 

4. "Es gibt, Mahāli, eine Ursache, es gibt einen Grund fur die Befleckung der Wesen. Verursacht und begründet ist es, daß die Wesen befleckt werden. Es gibt, o Mahāli, eine Ursache, es gibt einen Grund für die Reinheit der Wesen. Verursacht und begründet ist es, daß die Wesen rein werden."

 

5. "Was nun, o Herr, ist die Ursache, was ist der Grund fiir die Befleckung der Wesen? Wie verursacht, wie begründet werden sie befleckt?"

 

6. "Wenn, o Mahāli, diese Körperlichkeit ganz und gar Leiden wäre, (lediglich) mit Leiden verbunden, von Leiden begleitet, nicht (auch) von Wohlgefühl begleitet, nicht würde es da die Wesen nach Körperlichkeit gelüsten. Weil nun aber, o Mahāli, die Körperlichkeit auch Wohlgefühl (gibt), mit Wohlgefühl verbunden, von Wohlgefühl begleitet ist, nicht (immer) begleitet ist von Leiden, daher gelüstet es die Wesen nach Körperlichkeit. Durch solches Gelüsten werden sie gefesselt, gefesselt werden sie befleckt.

 

7.-10. Wenn, o Mahāli, dieses Gefühl - diese Wahrnehmung - diese Gestaltungen - dieses Bewußtsein ganz und gar Leiden wären, (lediglich) mit Leiden verbunden, von Leiden begleitet, nicht (auch) von Wohlgefühl begleitet, nicht würde es da die Wesen nach Gefühl - nach Wahrnehmung - nach Gestaltungen - nach Bewußtsein gelüsten. Weil nun aber, o Mahāli, das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein (auch) Wohlgefühl (geben), mit Wohlgefühl verbunden, von Wohlgefühl begleitet sind, nicht (immer) begleitet sind von Leiden, daher gelüstet es die Wesen nach Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen - Bewußtsein. Durch solches Gelüsten werden sie gefesselt, gefesselt werden sie befleckt. - Dies, o Mahāli, ist die Ursache, dies ist der Grund für die Befleckung der Wesen. So verursacht, so begründet werden die Wesen befleckt."

 

11. "Was nun, o Herr, ist die Ursache, was ist der Grund für die Reinheit der Wesen? Wie verursacht, wie begründet werden die Wesen rein?"

 

12. "Wenn, o Mahāli, diese Körperlichkeit ganz und gar Wohlgefühl wäre, (lediglich) mit Wohlgefühl verbunden, von Wohlgefühl begleitet, nicht (auch) von Leiden begleitet, nicht würden sich da die Wesen von der Körperlichkeit abwenden. Weil nun aber, o Mahāli, die Körperlichkeit auch Leiden (gibt), mit Leiden verbunden, von Leiden begleitet, nicht (immer) von Wohlgefühl begleitet ist, daher wenden sich die Wesen von der Körperlichkeit ab. Abgewandt werden sie entsüchtet, entsüchtet werden sie rein.

 

13.-16. Wenn, o Mahāli, dieses Gefühl - diese Wahrnehmung - diese Gestaltungen - dieses Bewußtsein ganz und gar Wohlgefühl wären, (lediglich) mit Wohlgefühl verbunden, von Wohlgefühl begleitet, nicht (auch) von Leiden begleitet, nicht würden sich da die Wesen vom Gefühl - von der Wahrnehmung - von den Gestaltungen - vom Bewußtsein abwenden. Weil nun aber, o Mahāli, das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein auch Leiden (geben), mit Leiden verbunden, von Leiden begleitet, nicht (immer) von Wohlgefühl begleitet sind, daher wenden sich die Wesen vom Gefühl - von der Wahrnehmung - von den Gestaltungen - vom Bewußtsein ab. Abgewandt werden sie entsüchtet, entsüchtet werden sie rein.

 

17. Dies, o Mahāli, ist die Ursache, ist der Grund für die Reinheit der Wesen. So verursacht, so begründet werden die Wesen rein."

 


  Oben