Anguttara Nikaya

A.VII. 45-46 Sieben segensreiche Vorstellungen

Sieben Vorstellungen, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen; sie münden im Todlosen, enden im Todlosen. Welche sieben?

  1. Die Vorstellung der Unreinheit, 
  2. die Vorstellung des Todes, 
  3. die Vorstellung des Ekelhaften bei der Nahrung, 
  4. die Vorstellung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, 
  5. die Vorstellung der Vergänglichkeit, 
  6. die Vorstellung des Leidhaften in der Vergänglichkeit, 
  7. die Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften.

Es wurde gesagt, daß die Vorstellung der Unreinheit des Körpers, wenn entfaltet und häufig geübt, hohen Lohn und Segen bringt; daß sie im Todlosen mündet, im Todlosen endet. Mit Rücksicht worauf wurde das gesagt? Wer sich da unter den Mönchen häufig mit der Vorstellung der Unreinheit befaßt, dessen Geist schreckt zurück vor dem Geschlechtsverkehr, wendet sich weg, kehrt sich ab, fühlt sich nicht hingezogen; und Gleichmut oder Abscheu stellen sich ein.

Gleichwie, ihr Mönche, eine Hahnenfeder oder ein Stück Bogensehne, ins Feuer geworfen, zusammenschrumpft, sich krümmt, zusammenrollt und sich nicht mehr ausstreckt: ebenso auch, ihr Mönche, schreckt der Geist eines solchen Mönches zurück vor dem Geschlechtsverkehr, wendet sich weg, kehrt sich ab, fühlt sich nicht hingezogen; und Gleichmut oder Abscheu stellen sich ein.

Wenn nun, ihr Mönche, bei einem Mönch, der sich häufig mit der Vorstellung der Unreinheit befaßt, der Geist noch zum Geschlechtsverkehr hinstrebt und kein Abscheu davor besteht, so sollte der Mönch wissen: 'Noch unentfaltet ist in mir die Vorstellung der Unreinheit. Zwischen früher und jetzt besteht in mir kein Unterschied. Die Frucht der Meditation habe ich noch nicht gewonnen.' So ist er sich dessen klar bewußt.

Wenn aber, ihr Mönche, bei einem Mönch, der sich häufig mit der Vorstellung der Unreinheit befaßt, der Geist zurückschreckt vor dem Geschlechtsverkehr, sich weg wendet, abkehrt, nicht sich hingezogen fühlt, und Gleichmut oder Abscheu sich einstellen, so sollte der Mönch wissen: 'Entfaltet ist in mir die Vorstellung der Unreinheit. Ein Unterschied besteht in mir zwischen früher und jetzt. Gewonnen habe ich die Frucht der Meditation.' So ist er sich dessen klar bewußt.

Wurde also gesagt, daß die Vorstellung der Unreinheit, wenn entfaltet und häufig geübt, hohen Lohn und Segen bringt und im Todlosen mündet, im Todlosen endet, so wurde das eben mit Rücksicht hierauf gesagt.

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig mit der Vorstellung des Todes befaßt, dessen Geist schreckt zurück vor der Lebenslust....

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig mit der Vorstellung des Ekelhaften bei der Nahrung befaßt, dessen Geist schreckt zurück vor der Geschmacksgier....

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig befaßt mit der Vorstellung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, dessen Geist schreckt zurück vor weltlichen Gedanken (*1)....

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig mit der Vorstellung der Vergänglichkeit befaßt, dessen Geist schreckt zurück vor Gewinn, Ehre und Ruhm....

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig befaßt mit der Vorstellung des Leidhaften in der Vergänglichkeit, der hat hinsichtlich der Faulheit, Trägheit, Schlaffheit, Untätigkeit und Gedankenlosigkeit die stärksten Vorstellungen der Gefahr gegenwärtig, gleichwie vor einem Mörder mit gezücktem Schwerte....

Wer sich da, ihr Mönche, unter den Mönchen häufig mit der Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften befaßt, dessen Geist ist hinsichtlich dieses mit Bewußtsein behafteten Körpers, sowie aller äußeren Objekte, frei vom Dünkel des Ich und Mein, ist dünkelentronnen, gestillt, völlig befreit.

Wenn nun, ihr Mönche, bei einem Mönch, der sich häufig befaßt mit der Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften, hinsichtlich dieses mit Bewußtsein behafteten Körpers, sowie aller äußeren Objekte, der Geist nicht frei ist vom Dünkel des Ich und Mein, nicht dünkelentronnen ist, gestillt und völlig befreit, so sollte der Mönch wissen: 'Noch unentfaltet ist in mir die Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften. Zwischen früher und jetzt besteht in mir kein Unterschied. Die Frucht der Meditation habe ich noch nicht gewonnen.' So ist er sich dessen klar bewußt.

Wenn aber, ihr Mönche, bei einem Mönch, der sich häufig befaßt mit der Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften, hinsichtlich dieses mit Bewußtsein behafteten Körpers, sowie aller äußeren Objekte, der Geist frei ist vom Dünkel des Ich und Mein, dünkelentronnen ist, gestillt und völlig befreit, so sollte der Mönch wissen: Entfaltet ist in mir die Vorstellung der Ichlosigkeit im Leidhaften. Ein Unterschied besteht in mir zwischen früher und jetzt. Gewonnen habe ich die Frucht der Meditation. So ist er sich dessen klar bewußt.

Wurde also gesagt, daß die Vorstellung der Iohlosigkeit im Leidhaften, wenn entfaltet und häufig geübt, hohen Lohn und Segen bringt und im Todlosen mündet, im Todlosen endet, so wurde das eben mit Rücksicht hierauf gesagt.

Diese sieben Vorstellungen, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen; sie münden im Todlosen, enden im Todlosen.

(Text 45 besteht aus den beiden ersten Abschnitten des Textes 46.)


(*1) PTS, K: lokacittesu; ChS: lokacitresu, 'vor der bunten Mannigfaltigkeit der Welt'.


A.VII. 47 Der Keuschheitswandel

Jānussonī der Brahmane begab sich zum Erhabenen und sprach zu ihm also:

"Bekennt sich wohl Herr Gotama als einen Keuschlebenden (*1)?"

-"Wenn man, Brahmane, von einem mit Recht sagen kann, daß er einen ungebrochenen, lückenlosen, unbefleckten, ungetrübten, vollkommenen, lauteren Keuschheitswandel führt, so kann man das mit Recht von mir sagen. Denn ich, Brahmane, führe einen vollkommenen lauteren Keuschheitswandel, der ungebrochen ist, lückenlos, unbefleckt, ungetrübt."

-"Wie aber, Herr Gotama, ist der Keuchheitswandel ungebrochen, lückenlos, unbefleckt und ungetrübt?"

-"Da, Brahmane, verübt ein Asket oder Priester, der sich als einen völlig Keuschlebenden bekennt, mit dem Weibe zusammen nicht gerade den Begattungsakt, aber er läßt sich das Reiben, Drücken, Baden und Streicheln von einem Weibe gern gefallen, er erfreut sich daran, begehrt danach, findet darin Befriedigung. Oder wenn nicht dies, so scherzt, spielt und tändelt er mit dem Weibe; - oder wenn nicht dies, so sucht und beobachtet er den Blick des Weibes; - oder wenn nicht dies, so lauscht er hinter Wall oder Mauer auf die Stimme des Weibes, wie es lacht, redet, singt oder weint; - oder wenn nicht dies, so erinnert er sich an seine früheren Scherze, Plaudereien und Tändeleien mit dem Weibe; - oder wenn nicht dies, so sieht er einen Hausvater oder den Sohn eines Hausvaters, wie er im Besitze und Vermögen der fünf Sinnengenüsse dahinlebt; - oder wenn nicht dies, so führt er den Keuschheitswandel bloß in der Hoffnung auf eine Himmelswelt: 'Ach, möchte ich doch infolge dieses Sittenwandels, dieses Brauches, dieser Askese, dieses Keuschheitswandels als ein Gott wiedererscheinen, als eines der Himmelswesen!' Und daran erfreut er sich, begehrt danach, findet darin Befriedigung.

"Ein derartiger Keuschheitswandel aber, Brahmane, ist stückhaft, lückenhaft, befleckt und getrübt. Und von einem solchen Mönche heißt es, daß er einen unlauteren Keuschheitswandel führt, verstrickt ist in der Fessel der Geschlechtlichkeit und nicht befreit wird von Geburt, Altern und Sterben, von Sorge, Klage, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, daß er nicht befreit wird vom Leiden: so sage ich.

"Solange ich mich, Brahmane, nicht selber befreit sah von der einen oder anderen dieser sieben Geschlechtsfesseln, so lange, Brahmane, war ich mir nicht gewiß, daß ich in der Welt mit ihren Himmelswesen, Māra- und Brahmagöttern, mit ihrer Schar vo Asketen, Priestern, Himmelswesen und Menschen, die unübertroffene, höchste Erleuchtung gewonnen hatte. Sobald ich mich aber befreit sah von jeder dieser sieben Geschlechtsfesseln, da war ich gewiß, daß ich die unübertroffene, höchste Erleuchtung gewonnen hatte. Und der Erkenntnisblick ging mir auf: 'Unerschütterlich ist meine Befreiung. Dies ist meine letzte Geburt. Nicht gibt es mehr ein Wiedersein für mich.'

Auf diese Worte sprach Jānussonī der Brahmane zum Erhabenen also: "Vortrefflich, Herr Gotama! Vortrefflich, Herr Gotama! Möge mich der Herr Gotama als seinen Laienjünger betrachten, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat."


(*1) Laut K dachte der Brahmane dabei daran, daß der Buddha in seiner Jugend das Eheleben geführt hatte.


A.VII. 48 Verbindung und Lösung

Die Lehre von der Verbindung und Lösung will ich euch weisen, ihr Mönche.

Das Weib, ihr Mönche, hat bei sich den Sinn auf Weiblichkeit gerichtet, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran Genuß und Gefallen findend richtet sie nach außen hin den Sinn auf Männlichkeit, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran aber Genuß und Gefallen findend, sucht sie nach außen hin Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht sie. Die an ihrer Weiblichkeit entzückten Wesen, ihr Mönche, sind an die Männer gefesselt. Auf diese Weise kommt das Weib über ihre Weiblichkeit nicht hinweg.

Der Mann, ihr Mönche, hat bei sich den Sinn auf Männlichkeit gerichtet, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran Genuß und Gefallen findend, richtet er nach außen den Sinn auf Weiblichkeit, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran aber Genuß und Gefallen findend, sucht er nach außen hin Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht er. Die an ihrer Männlichkeit entzückten Wesen, ihr Mönche, sind an die Weiber gefesselt. Auf diese Weise kommt der Mann nicht über seine Männlichkeit hinweg.

So, ihr Mönche, kommt es zur Verbindung. Wie aber, ihr Mönche, kommt es zur Lösung?

Da, ihr Mönche, hat das Weib bei sich den Sinn nicht auf Weiblichkeit gerichtet, nicht auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, richtet es nach außen hin seinen Sinn nicht auf Männlichkeit, auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, sucht es nach außen hin keine Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht es nicht. Die an ihrer Weiblichkeit nicht entzückten Wesen haben sich von den Männern gelöst. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt das Weib über seine Weiblichkeit hinweg.

Da, ihr Mönche, hat der Mann bei sich den Sinn nicht auf Männlichkeit gerichtet, nicht auf männliche Beschäftigung, männliches Benehmen, männliche Eitelkeit, männliche Neigungen, männliche Stimme und männlichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, richtet er nach außen hin seinen Sinn nicht auf Weiblichkeit, auf weibliche Beschäftigung, weibliches Benehmen, weibliche Eitelkeit, weibliche Neigungen, weibliche Stimme und weiblichen Schmuck. Daran keinen Genuß und Gefallen findend, sucht er nach außen hin keine Verbindung. Und was da infolge der Verbindung an Freude und Fröhlichkeit entsteht, auch das sucht er nicht. Die an ihrer Männlichkeit nicht entzückten Wesen haben sich von den Weibern gelöst. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt der Mann über seine Männlichkeit hinweg.

So, ihr Mönche, kommt es zur Lösung.

Das, ihr Mönche, ist die Lehre von der Verbindung und Lösung.


A.VII. 49 Die Almosengabe

Einst weilte der Erhabene bei Campā (*1), am Ufer des Gaggarā-Teiches. Da nun begaben sich zahlreiche Laienjünger aus Campā zum ehrwürdigen Sāriputta. Dort angelangt, begrüßten sie ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Sāriputta und setzten sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprachen die Laienjünger aus Campā zum ehrwürdigen Sāriputta also:

"Schon lange ist es her, o Herr, daß wir aus dem Munde des Erhabenen ein Lehrgespräch vernommen haben. Gut wäre es, o Herr, wenn wir aus dem Munde des Erhabenen ein Lehrgespräch zu hören bekämen."

"So möget ihr, Freunde, am Fasttage (uposatha) kommen, und es mag dann wohl sein, daß ihr aus dem Munde des Erhabenen ein Lehrgespräch zu hören bekommt."

"Gut, o Herr", erwiderten jene Laienjünger aus Campā. Darauf erhoben sie sich von ihren Sitzen, begrüßten den ehrwürdigen Sāriputta ehrfurchtsvoll, und, ihm die Rechte zukehrend, entfernten sie sich.

An jenem Fasttage nun kamen die Laienjünger aus Campā zum ehrwürdigen Sāriputta, begrüßten ihn ehrfurchtsvoll und setzten sich zur Seite hin. Und der ehrwürdige Sāriputta begab sich, zusammen mit jenen Laienjüngern, zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Und der ehrwürdige Sāriputta sprach zum Erhabenen also:

"Ist es wohl möglich, o Herr, daß eine Gabe, von dem einen dargebracht, hohen Lohn und Segen bringt, während dieselbe Gabe, von einem anderen dargebracht, keinen hohen Lohn und Segen bringt?"

"Das ist möglich, Sāriputta."

"Was, o Herr, ist wohl der Grund dafür, was ist die Ursache?"

"Da gibt einer, Sāriputta, aus selbstischem Verlangen, gefesselten Herzens (*2), aus Sucht nach Gewinn und in der Hoffnung, daß er die Belohnung dafür nach dem Tode genießen wird.

Und als Gabe spendet er dann einem Asketen oder Priester Speise, Trank, Gewand, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben, Bett, Wohnstatt und Beleuchtung. Was meinst du, Sāriputta, mag da wohl einer auf solche Weise Gaben spenden?" - "Gewiß, o Herr!" - "Wer aber, Sāriputta, auf solche Weise Gaben spendet, der erscheint infolge dieser Gabe beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, unter der Schar der Vier Großen Götterkönige wieder. Nach Auswirkung aber jener Tat, jener Macht, jener Würde, jener Herrschaft steigt er wieder hinab, kehrt er wieder zurück in diese Welt.

Ferner, Sāriputta, gibt da einer eine Gabe zwar nicht aus selbstischem Verlangen, gefesselten Herzens, aus Sucht nach Gewinn oder in der Hoffnung, daß er die Belohnung dafür nach dem Tode genießen wird, sondern er gibt eine Gabe im Gedanken, daß Geben etwas Gutes ist; - oder weil er sich sagt, daß seine Eltern und Vorfahren ebenfalls früher Almosen gegeben und so gehandelt haben und es daher für ihn nicht recht sei, von jenem alten Familienbrauch abzuweichen; - oder weil er sich sagt, daß er selbst koche, jene anderen aber nicht kochen, und es deshalb für den Kochenden nicht recht sei, das Geben an Nichtkochende zu unterlassen; - oder weil er sich sagt, daß seine Gabenverteilung sein würde wie jene großen Opfer, dargebracht von den Sehern der Vorzeit, als wie Atthaka, Vāmaka, Vāmadeva, Vessāmitta, Yamataggi, Angīrasa, Bhāradvāja, Vāsettha, Kassapa und Bhagu; - oder weil beim Geben sich ihm das Herz erheitert, Befriedigung und Freude entsteht (*3). Und als Gabe spendet er dann einem Asketen oder Priester Speise, Trank, Gewand, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben, Bett, Wohnstatt und Beleuchtung. Was meinst du, Sāriputta, mag da wohl einer auf solche Weise Gaben spenden?" - "Gewiß, o Herr!" - "Wer aber, Sāriputta, auf solche Weise Gaben spendet, der erscheint infolge dieser Gabe beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, unter der Schar der Vier Großen Götterkönige wieder. Nach Auswirkung aber jener Tat, jener Macht, jener Würde, jener Herrschaft steigt er wieder hinab, kehrt er wieder zurück in diese Welt.

"Ferner, Sāriputta, gibt einer eine Gabe nicht aus jenen Gründen, sondern er gibt Gabe als eine Veredlung und Läuterung seines Geistes (*4). Und als Gabe spendet er dann einem Asketen oder Priester Speise, Trank, Gewand, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben, Bett, Wohnstatt und Beleuchtung. Was meinst du, Sāriputta, mag da wohl einer auf solche Weise Gabe spenden?" - "Gewiß, o Herr!" - "Wer aber, Sāriputta, auf solche Weise Gaben spendet, der erscheint infolge dieser Gabe beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, unter der Schar der Götter der Brahmawelt wieder (*5). Nach Auswirkung aber jener Tat, jener Macht, jener Würde und jener Herrschaft kommt er nicht wieder, kehrt er nicht mehr zurück zu dieser Welt (*6).

Das, Sāriputta, ist der Grund, das ist die Ursache, daß da eine Gabe, von dem einen dargebracht, hohen Lohn und Segen bringt, während dieselbe Gabe, von dem anderen dargebracht, keinen hohen Lohn und Segen bringt (*7)."


(*1) Im Lande der Anger (dem heutigen Bhagalpur), auf der Südseite des Ganges. Dies dürfte der östlichste Punkt sein, den der Buddha erreicht hat.

(*2) K: "Durch die Erwartung eines (günstigen) Karma-Ergebnisses gefesselt"; d.h. eine Belohnung im künftigen Dasein erhoffend.

(*3) Hinter jeder dieser Gaben-Arten (Nr. 2-6) hat der Text pa = peyyāla, 'und so weiter', sicher eine Wiederholung der die erste Gaben-Art abschließenden Stelle anzeigt, die daher auch hier eingesetzt wurde.

(*4) Wtl: als Zier und Zubehör des Geistes; K: nämlich des durch Geistesruhe und Hellblick entwickelten Geistes.

(*5) K: Freilich kann er dort nicht bloß infolge des Gabenspendens wiedergeboren werden; sondern weil dieses Geben eine Zierde des die Geistesruhe und den Hellblick übenden Geistes ist (d.h. ihn veredelt), wird er, nachdem er mit einem durch das Gabenspenden veredelten Geiste die Vertiefungen und die Hohen Pfade erweckt hat, in der Brahmawelt wiedergeboren, zwar eben infolge der Vertiefung.

(*6) D.h. er wird ein Anāgāmī, ein Nichtwiederkehrer.

(*7) Die in diesem Text erwähnten sieben unterschiedlichen Arten geistiger Einstellung beim Gabenspenden werden im K wie folgt gekennzeichnet: 

  1. die Gabe, bei der das Begehren im Vordergrund steht (tanhuttariya-dāna);  
  2. aus Respekt davor, daß der Buddha und andere das Geben als etwas Gutes gerühmt haben (cittikāra-dāna);  
  3. aus Scham und Scheu, von der Tradition abzuweichen (hirottappa-dāna);  
  4. als Mittel sozialen Ausgleichs (niravasesa-dāna, 'Gabe der Unterschiedslosigkeit'); 
  5. wegen der Würdigkeit der Empfänger (dakkhineyya-dāna); gemeint ist hier vermutlich, daß die Gabe an würdige Asketen und Priester denselben Rang hat wie das im Text genannte Opfer der großen Seher der Vorzeit; 
  6. wegen der durch das Geben erzeugten inneren Freudigkeit (somanassopavicāra-dāna; vgl. die 18 manopavicāra in A.III.62; M.137); 
  7. als Zier und Begleiterscheinung des meditierenden Geistes (alankāra- parivāra-dāna). Vgl. A.VIII.31.

A.VII. 50 Nandamātā

So habe ich gehört. Einst befanden sich der ehrwürdige Sāriputta und der ehrwürdige Mahā-Moggallāna auf einer Wanderung nach Dakkhinagiri (*1), zusammen mit einer großen Schar von Mönchen.

Damals nun hatte sich die Laienjüngerin Nandamātā aus Velukantaka (*2) nachts, gegen den Morgen zu, erhoben (*3), und mit gehobenem Tonfall trug sie die Verse vom 'Weg zum Anderen Ufer' vor (*4). Eben zu dieser Zeit nun zog der große König Vessavana (*5) von Norden gen Süden wegen irgendeiner Angelegenheit. Der König Vessavana hörte nun, wie die Laienjüngerin Nandamātā die Verse vom 'Weg zum Anderen Ufer' mit gehobenem Tonfall vortrug. Es hörend, blieb er stehen, um das Ende des Vortrags abzuwarten. Nachdem die Laienjüngerin Nandamātā den Vortrag beendet hatte, schwieg sie. Als nun der große König Vessavana merkte, daß der Vortrag zu Ende war, gab er seinen Beifall mit den Worten: "Gut so, Schwester! Gut so, Schwester (*6)!"

-"Wer ist der edle Herr?"

-"Dein Bruder bin ich, o Schwester, der große König Vessavana."

-"Gut, edler Herr! So gelte dir denn diese von mir vorgetragene Lehrrede als Gastgeschenk!"

-"Gut, Schwester. Dies aber möge mein eigenes Gastgeschenk sein: Morgen früh wird eine Schar von Mönchen, mit Sāriputta und Moggallāna an der Spitze, in Velukantaka eintreffen, ohne ihr Morgenmahl eingenommen zu haben. Jene Mönchsschar aber mögest du bewirten und ihr meine Gabe darbringen. Eben dies soll mein Gastgeschenk sein (*7)."

Und nach Verlauf dieser Nacht ließ die Laienjüngerin Nandamātā in ihrem eigenen Hause erlesene harte und weiche Speise zubereiten. Die von Sāriputta und Moggallāna geleitete Mönchsschar traf nun in Velukantaka ein, ohne ihr Morgenmahl eingenommen zu haben. Da gab die Laienjüngerin Nandamātā einem Manne den Auftrag: "Geh', lieber Mann, begib dich zum Kloster und künde der Mönchsgemeinde die Zeit an und sprich: 'Es ist an der Zeit, ihr Ehrwürdigen. Im Hause der Frau Nandamātā steht das Essen bereit.'" - "Gut, verehrte Frau", erwiderte jener Mann, ging zum Kloster und kündete den Mönchen die Zeit an mit den Worten: 'Es ist an der Zeit, ihr Ehrwürdigen. Im Hause der Frau Nandamātā steht das Essen bereit.'

Die von Sāriputta und Moggallāna geleitete Mönchsschar kleidete sich nun an, nahm Gewand und Schale und begab sich zur Wohnung der Laienjüngerin Nandamātā. Dort nun bediente und bewirtete die Laienjüngerin Nandamātā die Mönchsschar eigenhändig mit vorzüglicher harter und weicher Speise. Als sie merkte, daß der ehrwürdige Sāriputta das Mahl beendet und die Hände von der Almosenschale zurückgezogen hatte, setzte sie sich zur Seite hin. Und der ehrwürdige Sāriputta sprach zu ihr:

"Wer, Nandamātā, hat dir denn die Ankunft der Mönche mitgeteilt?"

"Als ich da, o Herr, nachts, gegen den frühen Morgen zu, mit gehobenem Tonfall die Verse vom 'Weg zum Anderen Ufer' vorgetragen hatte und dann schwieg, da gab mir der große König Vessavana seinen Beifall mit den Worten: 'Gut so, Schwester! Gut so, Schwester!' - 'Wer ist der edle Herr?' fragte ich. 'Dein Bruder bin ich, o Schwester, der große König Vessavana.' - 'Gut, edler Herr. So gelte dir denn diese von mir vorgetragene Lehrrede als Gastgeschenk!' - 'Gut, Schwester. Dies aber möge mein eigenes Gastgeschenk sein: Morgen früh wird eine Schar von Mönchen, mit Sāriputta und Moggallāna an der Spitze, nach Velukantaka kommen, ohne ihr Morgenmahl eingenommen zu haben. Jene Mönchsschar aber mögest du bewirten und ihr meine Gabe darbringen. Eben dies soll mein Gastgeschenk sein.'

"So möge denn, ehrwürdiger Herr (Sāriputta), was da mit dieser Gabe an Verdienst und Verdienstesfülle (ChS: puññamahī ca) erwirkt wird, dem großen König Vessavana zugute kommen (*8)!"

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā, wie du imstande bist, dich zu unterhalten mit jenem großen Könige Vessavana, diesem so hochmächtigen, hochgewaltigen Göttersohne!"

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenschaft. Noch eine andere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Einst, o Herr, besaß ich einen einzigen, lieben und teuren Sohn, Nanda mit Namen. Den schleppten die Fürsten bei irgendeiner Gelegenheit mit Gewalt fort und töteten ihn. Nicht aber wüßte ich, o Herr, daß beim oder nach dem Ergreifen, dem Niederschlagen und Töten des Knaben mein Herz eine Veränderung erfahren hätte."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā, wie du die aufsteigenden Gedanken zu läutern vermagst."

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenschaft. Noch eine weitere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Es war da, o Herr, mein Gatte gestorben und in einem Gespensterreiche wiedergeboren, und er zeigte sich mir in seiner früheren Gestalt. Nicht aber wüßte ich, o Herr, daß dabei mein Herz eine Veränderung erfahren hätte."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā, wie du die aufsteigenden Gedanken zu läutern vermagst."

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenschaft. Noch eine weitere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Seitdem ich, o Herr, als junge Frau meinem jungen Gatten zugeführt wurde, wüßte ich nicht, daß ich mich je gegen meinen Gatten auch nur in Gedanken einer Verfehlung schuldig gemacht hätte, geschweige denn in Taten."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā, wie du die aufgestiegenen Gedanken zu läutern vermagst."

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenschaft. Noch eine weitere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Seitdem ich mich, o Herr, als Laienjüngerin bekannt habe, wüßte ich nicht, daß ich irgendeine Sittenregel wissentlich übertreten hätte."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā."

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenschaft. Noch eine weitere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Wenn immer ich will, o Herr, erreiche ich ganz abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, die mit Gedankenfassen und Überlegen verbundene, in der Abgeschiedenheit geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte erste Vertiefung. Nach Stillung von Gedankenfassen und Überlegen erreiche ich den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Gedankenfassen und Überlegen freie, in der Sammlung geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte zweite Vertiefung. Nach Loslösung von der Verzückung weile ich gleichmütig, achtsam, klar bewußt, und ein Glücksgefühl empfinde ich in meinem Inneren, von dem die Edlen künden: 'Der Gleichmütig-Achtsame, weilt beglückt', und so erreiche ich die dritte Vertiefung. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und dem schon früheren Erlöschen von Frohsinn und Trübsinn erreiche ich die leidlos-freudlose, in der völligen Reinheit von Gleichmut und Achtsamkeit bestehende vierte Vertiefung."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā."

-"Nicht eignet mir, o Herr, bloß diese eine wunderbare, außerordentliche Eigenscbaft. Noch eine weitere wunderbare, außerordentliche Eigenschaft besitze ich. Von jenen fünf niederen Fesseln, o Herr, die der Erhabene gewiesen hat, bemerke ich auch nicht eine, die ich nicht überwunden hätte."

-"Wunderbar ist es, Nandamātā, außerordentlich ist es, Nandamātā."

Nachdem nun der ehrwürdige Sāriputta die Laienjüngerin Nandamātā mit einem Lehrgespräch belehrt, ermahnt, ermutigt und ermuntert hatte, erhob er sich von seinem Sitze und entfernte sich.


(*1) In Avanti, dem heutigen Ujjain. Dem K zufolge hatte der Buddha selber die Absicht, nach dem weit entfernten Dakkhinagiri zu gehen, nahm aber, auf Bitten einer Sklavin des Anāthapindika, Punnā mit Namen, davon Abstand, um seine Gegenwart den Laienanhänger Sāvatthīs nicht zu entziehen. Punnā erhielt als Belohnung die Freiheit, wurde Nonne und erreichte die Heiligkeit.

(*2) In A.I.24 wird ihr Eigenname, Uttarā, genannt. Sie wurde vom Buddha an die Spitze der vertiefungsmächtigen Laienjüngerinnen gestellt (s. Anhang II zum Einerbuch). Vgl. A.II.131.

(*3) K sagt, sie habe sich aus der Vertiefung erhoben, in der sie einen Teil der Nacht verbracht hatte.

(*4) Das Parāyana-Vagga des Sutta-Nipāta. K: "Sie trug das 250 Verse enthaltende Parāyana Sutta mit wohlklingender Stimme vor." Der uns vorliegende Text hat nur 174 Verse (vgl. Snp (Übs.) S. 25.

(*5) Der Herr des Nordens unter den Vier Großen Götterkönigen (cātummahārājā).

(*6) Laut K war er selber ein Sotāpanna und bezeichnete sich daher als Bruder der Nandamātā die die Nichtwiederkehr (anāgāmitā) erreicht hatte.

(*7) K: Nachdem er 1250 Behälter mit roten Reiskörnern angefüllt und den Entschluß gefaßt hatte, daß diese sich nicht erschöpfen sollten, solange die Laienjüngerin lebe, entfernte er sich.

(*8) Dies ist eine der im Suttenkorbe äußerst selten vorkommenden Stellen, in denen die Rede ist von der gegenwärtig in allen buddhistischen Ländern sehr verbreiteten Sitte der 'Übertragung moralischen Verdienstes' (patti-dāna; s. Wtb), das man selber durch eine gute Handlung erwirkt hat.


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