SUTTA-NIPĀTA, Lehr-Dichtungen

III:2. Der Kampf (Padhāna-Sutta)

 

(Lt. K ist es der Buddha selber, der nun den von Ananda in der vorigen Sutte begonnenen Bericht fortsetzt.)

 

 

425

Als an dem Ufer der Neranjara dem Kampf ich hingegeben war;
Um Bürdenfreiheit zu gewinnen, in starkem Mühen tief ich sann,

 

426

Da nahte sich Namuci* mir und sprach gar mitleidvolles Wort:
"Hager bist du, häßlich anzusehen! Dem Sterben bist du nahe schon!

 


* Namuci (der Nicht-Befreier) ist ein Name Māras, der Verkörperung der Daseinsbejahung und damit des immer wieder erneuten Sterbens.


 

427

Zu tausend Teilen bist du schon des Todes, dein Leben mißt nur einen Teil!
So lebe, Herr! Denn besser ist ja Leben, und lebend kannst Verdienst du wirken!

 

428

Wenn du den Reinheitswandel führst und darbringst auch die Feuerspende,
Gar reich Verdienst mag wachsen dir! Was kannst du durch den Kampf erwirken?

 

429

Schwer gangbar ist der Weg des Kampfs, ist schwierig, schwer auch zu vollenden!"
Māra, diese Verse sprechend, nahe bei dem Buddha stand er.

 

430

Und als Māra so geredet, sprach zu ihm dann der Erhabene:
"Du Freund der Lässigen, du Böser! Wenn dies ist deines Kommens Sinn,

 

431

Auch noch so winziges Verdienst, nicht hat es für mich fürder Zweck.
Für die noch Zweck erfüllt Verdienst, die anzureden mag es Māra lohnen!

 

432

Vorhanden ist Vertrauen, Tatkraft; auch Weisheit* findet sich in mir.
Der also ich entschlossen bin, was redest du vom 'Leben' mir?
 

* Dies sind drei der fünf Spirituellen Fähigkeiten (indriya); die anderen beiden, Achtsamkeit und Sammlung, werden in v. 434 genannt.


 

433

Der Wind hier trocknet selbst der Flüsse Strömung,
Wie sollt' nicht Blut in mir Entschlossenem trocknen!

 

434

Doch wenn auch Blut mir trocknet aus, auch Galle trocknet und der Schleim,
Ob mir die Muskeln auch erschlaffen, nur stärker klärt sich mir der Geist;
Die Achtsamkeit, die Weisheit und die Sammlung, nur stärker wurzeln sie in mir!

 

435

Mir, der ich so entschlossen weile, ob auch der Schmerzen stärkste mich befallen,
Nicht schaut mein Geist nach Lüsten aus*! Erkenne hier die Reinheit eines Wesens**!

 


* K: "Wenn andere (gewöhnliche Menschen) von Leid oder Schmerz betroffen werden, dann verlangt ihr Geist nach Glück oder Wohlsein; bei Kälte verlangt es sie nach Wärme, bei Wärme nach Kälte, bei Hunger nach Speise, bei Durst nach Wasser." Doch nicht war es so bei dem um die Erleuchtung ringenden künftigen Buddha: "Nicht stieg in ihm auch nur ein einziger Gedanke an gute Speise und bequemes Lager auf."

** Erkenne hier die Reinheit eines Wesens! (passa sattassa suddhatam). Eine Variante dieses scheinbar sprichwörtlichen Ausdrucks findet sich in v. 478, v. 875 (ettāvatā yakkhassa suddhi).


 

436

Die Sinnendinge sind dein erstes Heer, das zweite 'Unlust' wird genannt;
Ein drittes ist der Hunger und der Durst; das vierte dann Begehren heißt.

 

437

Starrheit und Müde sind das fünfte, das sechste ist die Furchtsamkeit;
Der Zweifel ist das siebte Heer, der Heuchel-Trug das achte dann.

 

438

Gewinn und Ehre, Ruhm und falsch erworbenes Ansehen,
Wer selber hoch sich rühmt und andere verachtet, -

 

439

Das, o Namuci, ist dein Heer, die Kämpferschar der finstern Macht!
Wer ohne Heldenmut, der kann sie nicht besiegen.
Wer aber siegte, der gewinnet Glück!

 

440

Dies Munja-Gras trag' ich als Zeichen*,
daß ich Verachtung hege für dies Leben hier:
Denn besser ist's, daß ich im Kampfe sterbe, als weiter leben, doch besiegt!

 


* Dies Munja-Gras trag' ich als Zeichen. K: "Diejenigen Männer, die sich auf dem Schlachtfeld nicht zur Flucht wenden wollen, binden sich an den Kopf, an die Fahne oder an die Waffe Munja-Gras, um damit zu erkennen zu geben, daß sie nicht gewillt sind zu fliehen.


 

441

Zwar gibt es auch Asketen und Brahmanen,
in deinem Heer versunken, sind sie gar nicht sichtbar!
Der Pfad ist ihnen nicht bekannt, auf dem die Tugendhaften gehn.

 


K: "Nachdem Māra diesen Vers gehört hatte, entfernte er sich, ohne etwas darauf zu antworten.

Als Māra fortgegangen war und das Große Wesen (der Bodhisatta) sah, daß er auf dem Weg der Kasteiung zu keinem Ergebnis kam, fragte er sich: 'Gibt es nicht einen anderen Weg zur Erleuchtung?' (Vgl. hierzu M.26.) Er nahm wieder kräftige Nahrung zu sich und nachdem er am Morgen des Vesak-Vollmonds den Milchreis der Sujātā gegessen hatte, setzte er sich in einem lieblichen Waldgelände nieder und verbrachte dort den Tag, die acht meditativen Erreichungszustände in sich erzeugend. Zur Abendzeit betrat er den Umkreis des Baumes der Erleuchtung und setzte sich in ununterbrochenem Kreuzsitz nieder mit dem Gelübde: 'Eher sollen Haut Sehnen und Knochen verdorren und im Körper Fleisch und Blut austrocknen, nicht aber werde ich diesen Kreuzsitz lösen, ohne die Buddhaschaft erreicht zu haben!' Als Māra, der Böse, dies erkannt hatte, sagte er sich: 'Heute hat sich Siddhattha mit einem festen Gelöbnis niedergesetzt. Heute noch muß ich ihn daher an der Erfüllung seines Gelübdes hindern!' Und er ließ ein Heer entstehen, das sich erstreckte vom Bereich des Bodhi-Baumes bis zu den Grenzgebirgen der Welt. Er selbst bestieg seinen Königs-Elefanten, schuf sich tausend Arme, mit denen er die verschiedenartigsten Waffen ergriff. Dann ließ er mannigfache Arten von Regen erstehen: einen Regen von Steinen, von glühenden Kohlen, Schwertern usw. Doch all diese Regengüsse, wenn sie den Hohen Menschen erreichten, fielen in Blüten verwandelt unschädlich nieder. Da schlug Māra seinen Elefanten mit dem gewaltigen Treibstock an die Schläfen, trieb ihn in die Nähe des Großen Wesens und rief: 'Erhebe dich, Siddhattha, vom Kreuzsitz!' Der Hohe Mensch aber sagte: 'Nicht werde ich aufstehen, o Māra!' Und ringsum auf die Streitmacht Māras blickend, sprach er den nun folgenden Vers: 'Von allen Seiten seh' die Streitmacht ich gerüstet . . ."'


 

442

Von allen Seiten seh' die Streitmacht ich gerüstet.
Es nahet Māra und sein Heergefolg.
Zum Kampfe will ich ihm entgegengehen,
damit er nicht verdränge mich von meiner Stätte.

 

443

Dein mächtig Heer, das unbesiegt von dieser Welt mit ihren Göttern,
Mit Weisheitskraft werd' ich's zerschmettern,
wie ungebrannten Krug mit einem Stein.

 

444

Nachdem gefügig mir das Denken, gefestigt gut die Achtsamkeit,
Will wandern ich von Land zu Land und auferziehen viele Jünger mir.

 

445

Die werden unermüdlich und entschlossen Ausübende der Satzung sein.
Sie werden gehen, gegen deinen Willen, dorthin wo alles Leiden endet!"

 


(Dorthin, wo alles Leiden endet (yattha gantvā na socare); wtl.: wohin gegangen man nicht klagt; d.i. Nibbāna.)


K: "Nachdem Māra diese Verse vernommen, sprach er:

,Der du einen solchen Dämon wie mich, siehst, fürchtest du dich denn nicht?
,Nein, Māra. Ich fürchte mich nicht.' -
,Wie kommt das?' -
Weil ich jene segensreichen Vollkommenheiten (pāramitā) wie Freigebigkeit und die anderen, geübt habe.' -
,Wer weiß davon, daß du solches tatest?' -
,Was soll dir, Böser, hier eine Zeugenschaft? Doch (wenn du es wünschst, so sei es:) Kraft der Spende, die ich in jener Daseinsform als Vessantara gegeben habe, möge diese große Erde dafür Zeuge sein, indem sie in sechs mal sieben Schlägen erbebt!'

Und auf diese Worte hin erbebte die große Erde mit furchtbarem Getöse bis hinab zu dem sie begrenzenden Wasser. Dies hörend erschrak Māra wie vom Blitz getroffen und entfloh samt seiner Heerschar.

Der Hohe Mensch aber erkannte in den drei Wachen dieser Nacht die drei Wissen, und als die Morgenröte kam, ließ er den feierlichen Ausruf ertönen:

,Unzähliger Geburten Kreislauf habe ich durchwandert . . .' (Dhammapada v. 153-154).

Auf das Ertönen dieses feierlichen Ausrufs hin kam Māra herbei, sich sagend: 'Nun gibt er sich als einen Buddha aus! Sollte ich ihm nicht folgen und auch die kleinen Umstände seines Lebenswandels beobachten? Wenn er in Werken oder Worten irgendeine Verfehlung begeht, dann werde ich ihn ins Ungemach bringen!'

Sechs Jahre war Māra dem Erhabenen früher während seiner Bodhisatta-Zeit gefolgt, und ein weiteres Jahr folgte er nun dem Meister, nachdem er die Buddhaschaft erreicht hatte. Und als er auch da beim Erhabenen keine Verfehlung entdecken konnte, sprach er die Verse: 'Durch sieben Jahre . . .'"


 

446 (MARA)

"Durch sieben Jahre Schritt für Schritt bin dem Erhabenen ich gefolgt.
Doch Einlaß finden konnt' ich nicht bei dem Erwachten, der voll Achtsamkeit.

 

447

Um einen Stein, für ein Stück Fett gehalten, bewegt ein Rabe sich herum:
'Ob da nicht etwas Weiches wir gefunden? Ob das nicht etwas Leckeres ist?'

 

448

Doch da er Leckeres nicht erlangt, verließ der Rabe jenen Ort.
Dem Raben gleich, der sich am Stein versucht,
enttäuscht verlassen wir nun Gotama."

 

449

So ließ die Laute unter seinem Arme betrübt er auf den Boden fallen.
Und unverzüglich war entschwunden von diesem Ort der mißgestimmte Geist.

 


III:3. Wohlgesprochen (Subhāsita-Sutta)

 

(Diese Sutte findet sich vollständig auch im Samyutta-Nikāya 8.5, die Verse 451-454 außerdem in den Theragatha (v. 1227-1230).)

 

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene in Sāvatthi, im Jeta-Hain, im Kloster des Anāthapindika. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!" - "Ja, o Herr", antworteten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene nun sprach also: "Eine Rede, o Mönche, die vier Eigenschaften besitzt, ist wohl gesprochen, nicht übel gesprochen, einwandfrei, nicht zu tadeln von Verständigen. Welches sind diese vier Eigenschaften? Da, ihr Mönche, spricht ein Mönch nur Wohlgesprochenes, nicht Übelgesprochenes; nur Rechtes spricht er, nicht Unrechtes; nur Freundliches spricht er, nicht Unfreundliches; nur Wahres spricht er, nicht Falsches. Eine Rede, o Mönche, die diese vier Eigenschaften besitzt, ist wohlgesprochen, nicht übelgesprochen, einwandfrei, nicht zu tadeln von Verständigen." So sprach der Erhabene. Nachdem der Gesegnete dies gesagt hatte, sprach der Meister noch also:

 

450

Wohlgesprochene Worte, sagen Edle, sind das Erste;
Nicht unrecht, sondern recht zu reden, ist das Zweite;
Nicht barsch sein, freundlich sprechen, ist das Dritte;
Nicht lügen, volle Wahrheit reden, ist das Vierte.

 

Da ordnete der Ehrwürdige Vangīsa sein Gewand über eine Schulter, faltete zum Erhabenen hin verehrend die Hände und sprach zu ihm dieses: "Klar wird es mir, Gesegneter!" - "Mögest du es klarlegen, Vangīsa!", sprach zu ihm der Erhabene. Da pries nun der Ehrwürdige Vangīsa den Erhabenen in seiner Gegenwart mit diesen zutreffenden Versen:

 

451

"Nur solches Wort soll sprechen man, das einen selber nicht gereut
Und andere nicht verletzen kann: das, ja, ist wohlgesprochen Wort!

 

452

Freundliches Wort nur soll man reden, ein Wort nur, das willkommen ist,
Das nicht der anderen Schlechtes aufgreift, das ihnen Freundliches nur sagt.

 

453

Unsterblich ist der Wahrheit Wort*, dies ist ein bleibendes Gesetz.
Das Wahre, Heilsame und Rechte war stets Gemeingut edler Menschen**.

 


* Unsterblich, wahrlich, ist der Wahrheit Wort oder: "die Wahrheit, wahrlich, ist ambrosisch' Wort" (saccam ve amatā vācā). K: "Die Wahrheit ist in ihrem Wohlgeschmack der Götterspeise gleich (amrta, Ambrosia), wie es auch heißt: 'Die Wahrheit, wahrlich, ist der süßeste Geschmack' (Sn 182); oder: als eine Bedingung für die Erreichung des Unsterblichen, d.i. Nibbānas, wird die Wahrheit selber als unsterblich bezeichnet."

** Wtl.: Im Wahren, Heilsamen und Rechten, haben, so heißt es, Edle ihre Grundlage.


 

454

Das Friedenswort, das der Erwachte spricht, das zur Gewinnung des Nibbāna führt,
Der Endigung des Leidens dient, - das, wahrlich, ist das beste Wort!"

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