Anguttara Nikaya

7. Kapitel: bhūmicāla-vagga

A.VIII. 61 Weltlicher Gewinn

Acht Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche acht?

Da, ihr Mönche, entsteht in einem Mönch, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Und er strengt sich an, bemüht sich und strebt danach, Gewinn zu erlangen. Obwohl er aber sich anstrengt, sich bemüht und danach strebt, erwächst ihm kein Gewinn. Und weil ihm kein Gewinn erwächst, wird er niedergeschlagen, kränkt sich, jammert, schlägt sich an die Brust und gerät in Verzweiflung. Von diesem Mönche heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich um Gewinn bemüht und, weil ihm kein Gewinn erwächst, niedergeschlagen wird, jammert und von der Guten Lehre abfällt (K: von der Lehre des Hellblicks, vipassanā-dhamma).

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Und er strengt sich an, bemüht sich und strebt danach, Gewinn zu erlangen. Während er nun danach strebt, erwächst ihm Gewinn. Durch jenen Gewinn aber wird er betört und leichtsinnig, verfällt der Betörung und dem Leichtsinn. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich um Gewinn bemüht und, wenn ihm Gewinn erwächst, dadurch betört und leichtsinnig wird und von der Guten Lehre abfällt.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Doch er strengt sich nicht an, bemüht sich nicht, strebt nicht danach, Gewinn zu erlangen. Nicht danach strebend, erwächst ihm kein Gewinn. Und weil ihm kein Gewinn erwächst, wird er niedergeschlagen, kränkt sich, jammert, schlägt sich an die Brust und gerät in Verzweiflung. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich nicht um Gewinn bemüht und, keinen Gewinn erlangend, niedergeschlagen wird, jammert und von der Guten Lehre abfällt.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Doch er strengt sich nicht an, bemüht sich nicht und strebt nicht danach, Gewinn zu erlangen. Aber obwohl er nicht danach strebt, erwächst ihm Gewinn. Durch jenen Gewinn aber wird er betört und leichtsinnig, verfällt der Betörung und dem Leichtsinn. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich nicht um Gewinn bemüht, doch Gewinn erlangt, dadurch betört und leichtsinnig wird und von der Guten Lehre abfällt.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Und er strengt sich an, bemüht sich und strebt danach, Gewinn zu erlangen. Obwohl er aber danach strebt, erwächst ihm kein Gewinn. Doch obwohl ihm kein Gewinn erwächst, wird er nicht niedergeschlagen, kränkt sich nicht, jammert nicht, schlägt sich nicht an die Brust und gerät nicht in Verzweiflung. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich um Gewinn bemüht, doch wenn er ihn nicht erlangt, nicht niedergeschlagen wird und jammert und nicht von der Guten Lehre abfällt.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Und er strengt sich an, bemüht sich und strebt danach, Gewinn zu erlangen. Während er nun danach strebt, erwächst ihm Gewinn. Durch jenen Gewinn aber wird er nicht betört, nicht leichtsinnig, verfällt nicht der Betörung und dem Leichtsinn. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich um Gewinn bemüht, doch durch den erwachsenen Gewinn nicht betört und leichtsinnig wird und nicht abfällt von der Guten Lehre.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Er aber strengt sich nicht an, bemüht sich nicht und strebt nicht danach, Gewinn zu erlangen. Nicht danach strebend, erwächst ihm kein Gewinn. Doch obwohl ihm kein Gewinn erwächst, wird er nicht niedergeschlagen, kränkt sich nicht, jammert nicht, schlägt sich nicht an die Brust und gerät nicht in Verzweiflung. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich nicht um Gewinn bemüht und, keinen Gewinn erlangend, nicht niedergeschlagen wird, nicht jammert und nicht von der Guten Lehre abfällt.

Da entsteht in einem Mönche, der abgeschieden weilt und unabhängig lebt, der Wunsch nach Gewinn. Er aber strengt sich nicht an, bemüht sich nicht und strebt nicht danach, Gewinn zu erlangen. Aber obwohl er nicht danach strebt, erwächst ihm Gewinn. Durch jenen Gewinn aber wird er nicht betört und nicht leichtsinnig, verfällt nicht der Betörung und dem Leichtsinn. Von diesem Mönche aber heißt es, daß er gewinnsüchtig ist, sich nicht um Gewinn bemüht, doch durch den erwachsenen Gewinn nicht betört und leichtsinnig wird und nicht abfällt von der Guten Lehre.

Diese acht Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen.


A.VIII. 62 Sich und den anderen genügen

Mit sechs Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, genügt der Mönch sowohl sich selber als auch den anderen. Welches sind diese sechs Eigenschaften?

Da besitzt der Mönch eine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren (*1). Die vernommenen Lehren prägt er sich leicht ein. Den Sinn der so behaltenen Lehren erforscht er. Ihren Sinn und Wortlaut kennend, folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Er ist ein guter Sprecher, ein guter Redner; seine Rede ist gefällig und fließend, fehlerlos in der Aussprache und verständlich im Sinn. Er unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert seine Ordensbrüder. Mit diesen sechs Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, genügt der Mönch sowohl sich selber als auch den anderen. Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sowohl sich selber als auch den anderen. Welches sind diese fünf?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren; doch die vernommenen Lehren prägt er sich leicht ein. Den Sinn der so behaltenen Lehren erforscht er. Ihren Sinn und Wortlaut kennend, folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Er ist ein guter Sprecher, ein guter Redner. Er unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert seine Ordensbrüder. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sowohl sich selber als auch den anderen.

Mit vier Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen. Welches sind diese vier?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren; doch die vernommene Lehre prägt er sich leicht ein. Den Sinn der so behaltenen Lehren erforscht er. Ihren Sinn und Wortlaut kennend, folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist kein guter Sprecher, kein guter Redner. Und nicht unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert er seine Ordensbrüder. Mit diesen vier Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen.

Mit vier Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch den anderen, nicht aber sich selber. Welches sind diese vier?

Da besitzt der Mönch eine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren. Die vernommenen Lehren prägt er sich leicht ein. Doch den Sinn der so behaltenen Lehren erforscht er nicht. Unt nicht folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist ein guter Sprecher, ein guter Redner. Und er unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert seine Ordensbrüder. Mit diesen vier Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch den anderen, nicht aber sich selber.

Mit drei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen. Welches sind diese drei?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren; doch die vernommenen Lehren prägt er sich leicht ein. Den Sinn der behaltenen Lehren erforscht er. Ihren Sinn und Wortlaut kennend, folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist kein guter Sprecher, kein guter Redner. Und nicht unterweist,: ermahnt, ermutigt und erheitert er seine Ordensbrüder. Mit diesen drei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen.

Mit drei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch den anderen, nicht aber sich selber. Welches sind diese drei?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren; doch die vernommenen Lehren prägt er sich leicht ein. Aber den Sinn der so behaltenen Lehren erforscht er nicht. Und nicht folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist ein guter Sprecher, ein guter Redner. Und er unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert seine Ordensbrüder. Mit diesen drei Eigenschaften ausgestattet genügt der Mönch anderen, nicht aber sich selber.

Mit zwei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen. Welches sind diese zwei?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren, und er prägt sich auch nicht leicht die vernommenen Lehren ein. Doch den Sinn der behaltenen Lehren erforscht er. Ihren Sinn und Wortlaut kennend, folgt er dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist kein guter Sprecher, kein guter Redner. Und nicht unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert er seine Ordensbrüder. Mit diesen zwei Eigenschaften ausgestattet genügt der Mönch sich selber, nicht aber den anderen.

Mit zwei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch den anderen, nicht aber sich selber. Welches sind diese zwei?

Da hat der Mönch zwar keine schnelle Auffassungsgabe bei den trefflichen Lehren und prägt sich auch nicht leicht die vernommenen Lehren ein. Den Sinn der behaltenen Lehren erforscht er nicht und folgt auch nicht dem rechten Pfad der Lehre. Doch er ist ein guter Sprecher, ein guter Redner. Und er unterweist, ermahnt, ermutigt und erheitert seine Ordensbrüder. Mit diesen zwei Eigenschaften ausgestattet, genügt der Mönch den anderen, nicht aber sich selber.


(*1) kusalesu dhammesu; K: der Lehre von den Daseinsgruppen, Elementen und Sinnengrund lagen.


A.VIII. 63 Stufenweise Geistesentfaltung

Es begab sich da ein gewisser Mönch zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach jener Mönch zum Erhabenen also:

"Gut wäre es, o Herr, wenn mir der Erhabene in kurzen Worten die Lehre darlegte, auf daß ich, nachdem ich vom Erhabenen die Lehre vernommen habe, einsam, abgeschieden, unermüdlich, eifrig, entschlossen verweilen möge."

-"In solcher Weise eben suchen mich da einige törichte Menschen auf, und, obwohl die Lehre dargelegt ist, meinen sie immer, mir nachlaufen zu müssen."

-"Möge mir doch der Erhabene in kurzen Worten die Lehre darlegen! Möge mir doch der Gesegnete in kurzen Worten die Lehre darlegen! Vielleicht, daß ich doch den Sinn der Worte des Erhabenen verstehe. Vielleicht, daß ich doch noch ein Erbe der Worte des Erhabenen werden kann!"

-"Wohlan, o Mönch, so sollst du denn danach streben: 'Der Geist in meinem Inneren soll standhaft sein und wohl gefestigt, und nicht sollen ihn die üblen, unheilsamen Dinge fesseln!' Danach, o Mönch, sollst du streben. (*1)

Sobald aber, o Mönch, der Geist in deinem Inneren standhaft ist und wohl gefestigt und ihn die üblen und unheilsamen Dinge nicht mehr fesseln, dann sollst du o Mönch, danach streben: 'Die Güte, die gemüterlösende, soll in mir entfaltet, häufig geübt, zum Förderungsmittel und zur Grundlage gemacht, gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht werden!' Danach, o Mönch, sollst du streben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Sammlung also entfaltet und gut geübt hast, so magst du, o Mönch, diese Sammlung mit Gedankenfassen und Überlegen üben (*2); magst du sie ohne Gedankenfassen und bloß mit Überlegen üben (*3); magst du sie ohne Gedankenfassen und ohne Überlegen üben (*4); magst du sie mit Verzücken üben (*5); magst du sie ohne Verzückung üben (*6); magst du sie mit Wohlgefühl üben (*7); magst du sie mit Gleichmut üben.(*8)

Sobald du aber, o Mönch, diese Geistessammlung entfaltet und gut geübt hast, sollst du, o Mönch, danach streben: 'Das gemüterlösende Mitleid - die gemüterlösende Mitfreude - der gemüterlösende Gleichmut soll in mir entfaltet, häufig geübt, zum Förderungsmittel und zur Grundlage gemacht, gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht werden!' Danach, o Mönch, sollst du streben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Geistessammlung entfaltet und gut geübt hast, so magst du, o Mönch, diese Sammlung mit Gedankenfassen und Überlegen üben; magst du sie ohne Gedankenfassen und bloß mit Überlegen üben; magst du sie ohne Gedankenfassen und ohne Überlegen üben; magst du sie mit Verzücken üben; magst du sie ohne Verzücken üben; magst du sie mit Wohlgefühl üben; magst du sie mit Gleichmut üben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Sammlung also entfaltet und gut geübt hast, so sollst du, o Mönch, danach streben: 'Beim Körper will ich in der Betrachtung des Körpers weilen, eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Kummers.' Danach, o Mönch, sollst du streben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Sammlung derart entfaltet und gut geübt hast, so magst du, o Mönch, diese Sammlung mit Gedankenfassen und Überlegen üben... magst du sie mit Gleichmut üben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Sammlung also entfaltet und gut geübt hast, so sollst du, o Mönch, danach streben: 'Bei den Gefühlen will ich in der Betrachtung der Gefühle weilen - beim Bewußtsein in der Betrachtung des Bewußtseins - bei den Geistobjekten in der Betrachtung der Geistobjekte, eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Kummers.' Danach, o Mönch, sollst du streben.

Sobald du aber, o Mönch, diese Sammlung also entfaltet und gut geübt hast, so magst du, o Mönch, diese Sammlung mit Gedankenfassen und Überlegen üben; magst du sie ohne Gedankenfassen und bloß mit Überlegen üben; magst du sie ohne Gedankenfassen und ohne Überlegen üben; magst du sie mit Verzücken üben; magst du sie ohne Verzücken üben; magst du sie mit Wohlgefühl üben; magst du sie mit Gleichmut üben.

Wenn du aber, o Mönch, diese Sammlung also entfaltet und gut geübt hast, so wirst du, wo immer du auch gehst, zufrieden gehen; wo immer du stehst, zufrieden stehen; wo immer du sitzest, zufrieden sitzen; wo immer du ruhst, zufrieden ruhen."

Mit diesen Worten vom Erhabenen ermahnt, erhob sich jener Mönch von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrfurchtsvoll, und, ihm die Rechte zukehrend, entfernte er sich. Und einsam, abgeschieden, unermüdlich, eifrig und entschlossen verweilend, gelangte jener Mönch nach gar nicht langer Zeit in den Besitz jenes höchsten Zieles des Reinheitslebens, dem zuliebe edle Söhne gänzlich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, und er erkannte es und verwirklichte es selber. Und er wußte: 'Versiegt ist die Wiedergeburt, erfüllt der heilige Wandel, getan ist, was zu tun war; nichts Weiteres mehr nach diesem hier.' So war jener Mönch einer der Heiligen geworden.


(*1) Dies wird im K als mūla-samādhi, die grundlegende, anfängliche Geistessammlung, bezeichnet.

(*2) Dies mag vor dem Eintritt in die erste Vertiefung und auch noch während dieser geschehen.

(*3) Dies geschieht in der zweiten Vertiefung, nach der fünffachen Abhidhamma-Einteilung, die sich auf Suttenstellen wie diese stützt.

(*4) Dies geschieht in der zweiten Vertiefung, nach der vierfachen Sutten-Einteilung; oder der dritten, nach der Abhidhamma-Einteilung.

(*5) Dies geschieht in der ersten und zweiten, oder ersten bis dritten Vertiefung.

(*6) In der 3. und 4., bzw. 4. und 5. Vertiefung.

(*7) sātasahagatam pi. Gewöhnlich wird dieses bis zur 3. bzw. 4. Vertiefung anwesende Vertiefungsglied mit sukha bezeichnet.

(*8) In der 4. bzw. 5. Vertiefung.


A.VIII. 64 Das himmlische Auge

Einst weilte der Erhabene bei Gāyā auf dem Gāyāgipfel. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" sprach er. "Ehrwürdiger!" erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

"Vor meiner vollen Erleuchtung, ihr Mönche, als ich noch nicht völlig erleuchtet, erst ein Anwärter auf Erleuchtung (bodisatta) war, da nahm ich wohl einen Lichtglanz (*1) wahr, aber keine Gestalten bemerkte ich. Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: 'Wenn ich doch ebenso wie ich den Lichtglanz wahrnehme, auch die Gestalten bemerken könnte, so würde mein Erkenntnisblick (*2) noch lauterer sein!' Während ich nun in der Folgezeit unermüdlich, eifrig und entschlossen weilte, nahm ich dann sowohl den Lichtglanz wahr als auch bemerkte ich die Gestalten, nicht aber weilte, sprach und unterhielt ich mich mit jenen Himmelswesen.

"Da kam mir, o Mönche, der Gedanke: 'Wenn ich doch ebenso, wie ich den Lichtglanz wahrnehme und die Gestalten bemerke, auch mit jenen Himmelswesen weilen, sprechen und mich unterhalten könnte, so würde mein Erkenntnisblick noch lauterer sein!' Während ich nun in der Folgezeit unermüdlich, eifrig und entschlossen weilte, nahm ich den Lichtglanz wahr, bemerkte die Gestalten und weilte, sprach und unterhielt mich auch mit jenen Himmelswesen, nicht aber wußte ich von ihnen, ob sie zu dieser oder jener Gattung der Himmelswesen gehören.

"Da kam mir, o Mönche, der Gedanke: 'Wenn ich doch ebenso, wie ich den Lichtglanz wahrnehme, die Gestalten bemerke und mit jenen Himmelswesen weile, spreche und mich unterhalte, auch wüßte, ob sie zu dieser oder jener Gattung der Himmelswesen gehören, so würde mein Erkenntnisblick noch lauterer sein!' Während ich nun in der Folgezeit unermüdlich, eifrig und entschlossen weilte, nahm ich den Lichtglanz wahr, bemerkte die Gestalten, weilte, sprach und unterhielt mich mit jenen Himmelswesen und wußte auch von ihnen, ob sie zu dieser oder jener Gattung von Himmelswesen gehören, nicht aber wußte ich von ihnen, auf Grund welchen Wirkens sie von hier abgeschieden, dort wiedererschienen waren, wovon sie sich nähren, welch Glück und Leid sie empfinden, wie alt sie werden und wie lange sie leben oder auch ob ich schon früher einmal mit ihnen zusammen gelebt habe oder nicht.

"Da kam mir, o Mönche, der Gedanke: 'Wenn ich doch ... auch wüßte, auf Grund welchen Wirkens jene Himmelswesen von hier abgeschieden, dort wiedererschienen waren, wovon sie sich nähren, welch Glück und Leid sie empfinden, wie alt sie werden und wie lange sie leben, so würde mein Erkenntnisblick noch lauterer sein!' Während ich nun in der Folgezeit unermüdlich, eifrig und entschlossen weilte, nahm ich den Lichtglanz wahr, bemerkte die Gestalten, weilte, sprach und unterhielt mich mit jenen Himmelswesen; wußte, ob sie zu dieser oder jener Gruppe von Himmelswesen gehören; wußte, auf Grund welchen Wirkens sie von hier abgeschieden und dort wiedererschienen waren, wovon sie sich nähren, welch Glück und Leid sie empfinden, wie alt sie werden und wie lange sie leben, sowie auch, ob ich schon früher einmal mit ihnen zusammen gelebt hatte oder nicht.

Solange in mir, o Mönche, dieser achtfache göttliche Erkenntnisblick noch nicht völlig geläutert war, da war ich nicht gewiß, ob ich in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern und ihren Brahma-Göttern, der Schar von Asketen und Priestern, Würdenträgern und anderen Menschenwesen die unübertroffene, höchste Erleuchtung gewonnen hatte. Sobald aber, ihr Mönche, dieser achtfache göttliche Erkenntnisblick in mir völlig lauter war, da war ich gewiß, daß ich in dieser Welt die unübertroffene höchste Erleuchtung gewonnen hatte. Und das Wissen und die Erkenntnis stieg in mir auf: "Unerschütterlich ist meine Gemütserlösung. Dies war meine letzte Geburt. Kein neues Dasein mehr steht mir bevor." (*3)


(*1) obhasa; die mit dem 'himmlisdhen Auge' (dibba-cakkhu) verbundene Lichtwahrnehmung (s. A.IV.41).

(*2) ñānadassana; hier ist damit die durch das 'himmlische Auge' vermittelte Erkenntnis gemeint.

(*3) In diesem Text werden laut K acht Wissen (ñāna) behandelt, nämlich: das himmlische Auge, die magische Fähigkeit, Herzensdurchschauung, Erkenntnis der Wiedergeburt entsprechende den Taten, Erkenntnis der Zukunft, Erkenntnis der Gegenwart, Erkenntnis der Vergangenheit und Erkenntnis früherer Daseinsformen.


A.VIII. 65 Die acht Überwindungsgebiete

Acht Überwindungsgebiete (abhibhāyatana) gibt es, ihr Mönche. Welche acht?

Am eigenen Körper Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin begrenzte Formen (*1), schöne oder häßliche; und diese überwindend (*2), ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. (*3) Dies ist das erste Überwindungsgebiet.

Am eigenen Körper Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin unbegrenzte Formen (*4), schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das zweite Überwindungsgebiet. (*5) Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin begrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das dritte Überwindungsgebiet.

Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin unbegrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das vierte Überwindungsgebiet. (*6)

Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin blaue Formen, von blauer Farbe, blauem Aussehen, blauem Glanz; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das fünfte Überwindungsgebiet.

Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin gelbe Formen, von gelber Farbe, gelbem Aussehen, gelbem Glanz; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das sechste Überwindungsgebiet.

Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin rote Formen, von roter Farbe, rotem Aussehen, rotem Glanz; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das siebente Überwindungsgebiet.

Am eignen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin weiße Formen, von weißer Farbe, weißem Aussehen, weißem Glanz; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das achte Überwindungsgebiet. (*7)

Diese acht Überwindungsgebiete gibt es, ihr Mönche.


(*1) D.i. das nicht erweiterte geistige Gegenbild (patibhāganimitta) des Meditationsobjektes, das sich bei starker Konzentration einstellt; hierüber s. VisM 133, 179.

(*2) Durch Eintritt in die Vertiefung.

(*3) Der Überwindung selber wird er im Vertiefungsbewußtsein gewahr; und durch nachdenkendes Verstehen weiß er es nach Austritt aus der Vertiefung.

(*4) D.i. ein erweitertes geistiges Gegenbild.

(*5) Der Meditierende wählt als 'vorbereitendes Objekt' (parikammanimitta) eine Stelle - klein oder groß, schön oder häßlich - an seinem eigenen Körper und konzentriert darauf seine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit, so daß ihm nach einiger Zeit dieses Objekt als geistiger Reflex wiedererscheint, und zwar gleichsam als etwas außerhalb Befindliches. Diese an sich ganz mechanisch erscheinende Übung bewirkt, wenn richtig durchgeführr, einen hohen Grad an geistiger Konzentration und den Eintritt in die vier Vertiefungen.

(*6) In der dritten und vierten Übung gewinnt der Mönch durch ein äußeres Objekt das geistige Nachbild und die Vertiefungen. Von den genannten Konzentrationsobjekten soll das begrenzte oder nicht erweiterte, heilsam sein für eine unstete Natur, das unbegrenzte oder erweiterte, für eine verblendete oder geistig nicht sehr rege Natur, das schöne für eine zum Zorn neigende Natur, das häßliche für einen begehrlichen Charakter.

(*7) Die letzten vier sind sämtlich sogen. Kasina-Übungen (s. A.X.25 und A.X.29). Als Objekte für diese sollen vollkommen klare, leuchtende Farben gewählt werden (Blumen, Stoffe usw.).


A.VIII. 66 Die acht Freiungen

Acht Freiungen (vimokkha) gibt es, ihr Mönche. Welche acht?

Formhaft sieht man Formen. (*1) Dies ist die erste Freiung.

Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht einer nach außen hin Formen. (*2) Dies ist die zweite Freiung.

Zur Wahrnehmung des Schönen ist er geneigt. (*3) Dies ist die dritte Freiung.

Durch völlige Überwindung der Körperwahrnehmungen, das Schwinden der (körperlichen) Reaktionswahrnehmungen und die Nichtbeachtung der Vielheitswahrnehmungen gewinnt er, in der Vorstellung 'Unendlich ist der Raum', das Gebiet der Raumunendlichkeit. Dies ist die vierte Freiung.

Durch völlige Überwindung des Gebietes der Raumunendlichkeit gewinnt er, in der Vorstellung 'Unendlich ist das Bewußtsein', das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit. Dies ist die fünfte Freiung.

Durch völlige Überwindung des Gebietes der Bewußtseinsunendlichkeit gewinnt er, in der Vorstellung 'Nichts ist da', das Nichtsheitgebiet. Dies ist die sechste Freiung.

Durch völlige Überwindung des Nichtsheit-Gebietes gewinnt er das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung. Dies ist die siebente Freiung. (*4)

Durch völlige Überwindung des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung gewinnt er die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl. (*5) Dies ist die achte Freiung.

Diese acht Freiungen gibt es, ihr Mönche.


(*1) Während man sich in einer der formhaften oder feinkörperlichen Vertiefungen befindet, die durch das am eigenen Körper gewählte Kasina-Objekt hervorgerufen wurden, nimmt man mit dem 'Auge der Vertiefung' (jhāna-cakkhu) das geistige Nachbild des urspünglichen Objektes wahr.

(*2) Genau wie beim dritten und vierten Überwindungsgebiet (s. Anm.).

(*3) Hier ist gemeint die Erreichung der formhaften oder feinkörperlichen Vertiefungen durch Konzentration auf reine, leuchtende Farben als Kasina-Objekte, genau wie in den letzten vier Überwindungsgebieten. Dem Patisambhidā-Magga zufolge wird dieser Zustand auch hervorgerufen durch die volle geistige Sammlung in den vier Erhabenen Weilungen (brahma-vihāra), d.i. Güte, Mitleid, Mitfreude und Gleichmut, wobei einem alle Wesen vollkommen rein und verklärt erscheinen und so der Sinn zum Schönen neigt.

(*4) Die 4.-7. Freiung sind identisch mit den vier Unkörperlichen Vertiefungen (arūpa-jjhāna).

(*5) saññā-vedayita-nirodha. Über diesen unbewußten Zustand, auch 'Erlöschungszustand' (nirodha-samāpatti) genannt s.Pfad zur Erl. § 260.


A.VIII. 67-68 Die Aussagen Heiliger und Nichtheiliger

Siehe A.IV.247-250 mit Anmerkung. Die dort getrennt angeführten zwei Gruppen von acht Aussagen werden hier zusammenhängend gegeben: Text 67 enthält die 8 Aussagen Nichtheiliger und Nr. 68 die 8 Aussagen Heiliger.


A.VIII. 69 Die acht Versammlungen

Acht Versammlungen gibt es, ihr Mönche. Welche acht? 

  1. Die Versammlung der Adeligen, 
  2. die Versammlung der Brahmanen, 
  3. die Versammlung der Hausleute, 
  4. die Versammlung der Asketen, 
  5. die Versammlung in der Götterwelt der Vier Großen Könige, 
  6. die Versammlung in der Götterwelt der Dreiunddreißig, 
  7. die Versammlung der Māra-Götter und 
  8. die Versammlung der Brahma-Götter.

Ich erkläre, ihr Mönche, daß ich mich schon zu einer aus vielen Hunderten bestehenden Versammlung von Adeligen begeben habe - zu einer aus vielen Hunderten bestehenden Versammlung von Brahmanen, von Hausleuten, von Asketen; zu einer aus vielen Hunderten bestehenden Versammlung in der Götterwelt der Vier Großen Könige und der Dreiunddreißig; zu einer aus vielen Hunderten bestehenden Versammlung der Māra- und Brahma-Götter. Und ich habe schon mit ihnen zusammen gegessen, geredet und Gespräche geführt. Dabei hatte ich dasselbe Aussehen wie jene, hatte dieselbe Stimme wie jene. Und in Worten über die Lehre habe ich sie unterwiesen, ermahnt, ermutigt und ermuntert. Doch nicht haben sie mich beim Reden erkannt, sondern haben darüber nachgedacht, wer das wohl sein möchte, der da redet, ein Götterwesen oder ein Mensch. Und auch nachdem ich sie in Worten über die Lehre unterwiesen, ermahnt, ermutigt und ermuntert hatte, haben sie nach meinem Verschwinden nicht gewußt, ob derjenige der verschwand, ein Götterwesen war oder ein Mensch.

Diese acht Versammlungen gibt es.


A.VIII. 70 Maras letzte Heimsuchung

(Im 3. Kapitel des Mahā-Parinibbāna-Sutta (D. 16) findet sich sowohl dieser Text wie auch einige der vorhergehenden, und zwar in folgender Reihenfolge: Text No. 70, 69, 65, 66.)

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesālī, in der Halle des Giebelhauses. Und der Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Almosenschale und begab sich nach Vesālī um Almosenspeise. Nachdem er vom Almosengange zurückgekehrt war, wandte er sich am Nachmittage, nach beendetem Mahle, an den ehrwürdigen Ananda und sprach also:

"Nimm deine Matte, Ananda, und laß uns nach dem Cāpālaschreine gehen!"

-"Gut, o Herr!" erwiderte der ehrwürdige Ananda, nahm seine Matte und folgte dem Erhabenen nach.

Und der Erhabene begab sich zum Cāpālaschreine. Dort angelangt, setzte er sich auf dem bereiteten Sitze nieder und sprach zum ehrwürdigen Ananda:

"Entzückend, Ananda, ist Vesālī. Entzückend ist der Udenaschrein, entzückend der Gotamakaschrein, entzückend der Bahuputtakaschrein, entzückend der Sattambaschrein, entzückend der Sarandadaschrein, entzückend der Cāpālaschrein! Wer, Ananda, die vier Machtfährten entfaltet, häufig geübt, zum Förderungsmittel und zur Grundlage gemacht, sie gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht hat, der mag, Ananda, wenn er will, das volle Menschenalter (*1) ausleben oder noch eine Zeit darüber hinaus am Leben bleiben. Nun hat aber, Ananda, der Vollendete die vier Machtfährten entfaltet, häufig geübt, zum Förderungsmittel und zur Grundlage gemacht, sie gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht. Wenn er es will, Ananda, mag also der Vollendete das volle Menschenalter ausleben oder noch eine Zeit darüber hinaus am Leben bleiben."

Obgleich aber der Erhabene eine so deutliche Anspielung, eine so klare Andeutung machte, war der ehrwürdige Ananda doch außerstande, sie zu verstehen, und versäumte es, den Erhabenen zu bitten: "Möchte doch, o Herr, der Erhabene das volle Menschenalter ausleben, möchte doch der Gesegnete das volle Menschenalter ausleben zum Heile und Wohle vieler Menschen, aus Mitleid mit der Welt, zum Heil, zum Segen und Wohle der Götter und Menschen!" In solchem Maße war sein Geist von Māra besessen.

Und zum zweiten und dritten Male sprach der Erhabene zum ehrwürdigen Ananda: "Entzückend, Ananda, ist Vesālī. Entzückend ist der Udenaschrein..., entzückend der Cāpālaschrein! Wer, Ananda, die vier Machtfährten entfaltet ... und sie zur rechten Vollendung gebracht hat, der mag, wenn er will, ein volles Menschenalter ausleben oder noch eine Zeit darüber hinaus am Leben bleiben. Nun hat aber, Ananda, der Vollendete die vier Machtfährten entfaltet ... und sie zur rechten Vollendung gebracht. Wenn er es will, Ananda, mag also der Vollendete das volle Menschenalter ausleben oder noch eine Zeit darüber hinaus am Leben bleiben."

Obgleich aber der Erhabene eine so deutliche Anspielung, eine so klare Andeutung machte, war der ehrwürdige Ananda doch außerstande, sie zu verstehen, und versäumte es, den Erhabenen zu bitten: "Möchte doch, o Herr, der Erhabene das volle Menschenalter ausleben, möchte doch der Gesegnete das volle Menschenalter ausleben zum Heile und Wohle vieler Menschen, aus Mitleid mit der Welt, zum Heil, zum Segen und Wohle der Götter und Menschen!"

Da sprach der Erhabene zum ehrwürdigen Ananda: "Gehe nun, Ananda, und tue wie es dir beliebt!" - "Gut, o Herr!" erwiderte der ehrwürdige Ananda, erhob sich von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrfurchtsvoll; und ihm die Rechte zukehrend, entfernte er sich und setzte sich unweit vom Erhabenen am Fuß eines Baumes nieder.

Kaum aber war der ehrwürdige Ananda gegangen, da trat Māra, der Böse, zum Erhabenen heran und sprach:

"Möge nun, o Herr, der Erhabene ins Nibbāna eingehen! Möge nun der Gesegnete ins Nibbāna eingehen! Es ist nun, o Ehrwürdiger, an der Zeit, daß der Erhabene ins Nibbāna eingehe! Denn der Erhabene, o Herr, hat ja die Worte gesprochen: 'Nicht werde ich, o Böser, ins Nibbāna eingehen, bis daß nicht meine Mönche, Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen erfahrene und gezügelte Jünger geworden sind, Selbstvertrauen und innere Sicherheit gewannen, wissensreich und Träger der Lehre sind, geziemend und der Lehre getreu wandeln und, nachdem sie selber das Lehrerwort erlernt haben, imstande sind, es zu verkünden, zu weisen, bekanntzumachen, darzustellen, zu enthüllen, zu erläutern und klarzumachen und, eine auftauchende fremde Lehrmeinung in begründeter Weise völlig widerlegend, die wunderbare Lehre darzulegen vermögen.'

Nun aber, o Herr, hat der Erhabene solch erfahrene und gezügelte Jünger, die Selbstvertrauen und innere Sicherheit besitzen, wissensreich sind und Träger der Lehre, die geziemend und lehrgetreu wandeln und, nachdem sie selber das Lehrerwort erlernt haben, imstande sind, es zu verkünden, zu weisen, bekanntzumachen, darzustellen, zu enthüllen, zu erläutern und klarzumachen und, eine auftauchende fremde Lehrmeinung in begründeter Weise völlig widerlegend, die wunderbare Lehre völlig darzulegen vermögen.

Möge nun, o Herr, der Erhabene ins Nibbāna eingehen! Möge nun der Gesegnete ins Nibbāna eingehen! Es ist nun, o Herr, an der Zeit, daß der Erhabene ins Nibbāna eingehe! Denn der Erhabene, o Herr, hat ja die Worte gesprochen: 'Nicht werde ich, o Böser, ins Nibbāna eingehen, bis daß nicht dieser Heilige Wandel blüht und gedeiht, sich ausgebreitet hat, weit bekannt und mächtig geworden ist und unter den Menschen und Göttern wohl verkündet sein wird. Nun aber, o Herr, blüht und gedeiht dieser Heilige Wandel, hat sich ausgebreitet, ist weit bekannt und mächtig geworden und ist wohl verkündet unter Menschen und Göttern. Möge nun, o Herr, der Erhabene ins Nibbāna eingehen! Möge der Gesegnete ins Nibbāna eingehen! Es ist nun, o Herr, an der Zeit, daß der Erhabene ins Nibbāna eingehe!"

-"Bemühe dich nicht, o Böser! Nicht lange mehr wird es bis zum völligen Nibbāna des Vollendeten dauern. Heute in drei Monaten wird der Vollendete in das völlige Nibbāna eingehen."

Und am Cāpālaschrein gab der Erhabene besonnen und klar bewußt seinen Lebenswillen auf. Als nun aber der Erhabene seinen Lebenswillen aufgegeben hatte, da erhob sich ein gewaltiges Erdbeben und Donner erdröhnten. Der Erhabene aber, der den Zusammenhang erkannte, ließ zu jener Stunde dieses feierliche Wort ertönen:

"Auf gab der Weise seinen Daseinswillen,
Der Hohes sowie Niederes gebiert (*2).
Gesammelt und im Inneren froh zerbrach er
Gleich einem Panzer (*3) die Persönlichkeit (*4)."

Da dachte der ehrwürdige Ananda: "Gar gewaltig war dieses Erdbeben! Wahrlich, außerordentlich gewaltig war dieses Erdbeben; gar furchtbar war es, so daß einem die Haare zu Berge standen! Und die Donner erdröhnten dabei! Was ist wohl der Grund, was die Ursache für dieses gewaltige Erdbeben?" Und der ehrwürdige Ananda trat zum Erhabenen und sprach:

"Gar gewaltig, o Herr, war ja dieses Erdbeben! Außerordentlich gewaltig war dieses Erdbeben; gar furchtbar war es, so daß einem die Haare zu Berge standen! Was ist wohl der Grund, was die Ursache für dieses gewaltige Erdbeben?"

-"Ein gewaltiges Erdbeben, Ananda, mag acht Gründe und Ursachen haben. Welche acht (Vgl. Milinda 4.1.11)?

Diese große Erde, Ananda, ruht auf dem Wasser, das Wasser in der Luft, die Luft im Raume. Es kommt aber eine Zeit, Ananda, wo gewaltige Winde blasen. Diese aber bringen durch ihr Blasen das Wasser in Erschütterung, und das erschütterte Wasser bringt die Erde in Erschütterung. Das, Ananda, ist der erste Grund und Anlaß für ein gewaltiges Erdbeben.

Ferner, Ananda, hat da ein magiegewaltiger und geistesmächtiger Asket oder Priester oder ein Götterwesen von großer magischer Kraft und hoher Befähigung eine begrenzte Erdevorstellung (K: eine schwache meditative Vorstellung der Erde) erweckt und eine unbegrenzte Wasservorstellung; der bringt nun diese Erde in Erregung, in Erschütterung und zum Beben. Das, Ananda, ist der zweite Grund und Anlaß für ein gewaltiges Erdbeben.

Wenn ferner, Ananda, der Bodhisatta (der künftige Buddha) den Himmel der Seligen verläßt und besonnen, klar bewußt in den Mutterleib eingeht, so gerät da die Erde in Erregung, in Erschütterung, zum Beben. Das Ananda, ist der dritte Grund und Anlaß für ein gewaltige Erdbeben.

Wenn ferner der Bodhisatta besonnen und klar bewußt aus dem Mutterleib heraustritt - wenn der Vollendete die unübertreffbare, vollkommene Erleuchtung gewinnt - wenn er das unübertreffbare Rad der Lehre in Bewegung setzt - wenn er besonnen und klar bewußt den Lebenswillen aufgibt, so gerät da die Erde in Erregung, in Erschütterung, zum Beben. Das, Ananda, ist der achte Grund und Anlaß für ein gewaltiges Erdbeben.

Diese acht Gründe und Anlässe, Ananda, mag ein gewaltiges Erdbeben haben (*5)."


(*1) kappam (Sk: kalpa) hat hier nicht die Bedeutung 'Weltalter', sondern laut K, 'Lebensalter' (āyu-kappa), d.h. die volle Lebensspanne (āyu-ppamāna) der Menschen jener Zeit." Vgl. Mil. (Übs.) Bd. I, S. 223 f. und die Anm. dazu.

(*2) tulam atulañca sambhavam. Tulam, das Wägbare, Begrenzte; K: das Kamma der Sinnensphäre. Atulam, das Unwägbare, Unermeßliche; das 'erhabene' oder entwickelte (mahaggata) Kamma der feinkörperlichen und unkörperlichen Bewußtseins- und Daseinsebene. Sambhavam; K: der die Entstehungsursache oder den Daseinsgrund bildet (sambhava-hetubhūtam). - K zur Parallelstelle in D 16 gibt noch eine alternative Erklärung: tulam = Part.Präs. = tulento, 'abwägend'; atulam, das Unwägbare, d.i. Nibbāna; ca sambhavam, 'und das Dasein'.

(*3) K: wie ein Krieger am Ende der Schlacht seinen Panzer zerbricht.

(*4) atta-sambhavam, die eigene oder innere Entstehungsursache (Daseinsgrund).

(*5) K: Das 1. Erdbeben entsteht durch eine Störung der Elemente; das 2. durch magische Macht; das 3. und 4. durch die intensive Kraft verdienstlichen Wirkens (puñña-teja); das 5. durch die intensive Kraft der Erkenntnis (ñāna-teja); das 6. als Beifallskundgebung (sādhukāra-dāna); das 7. aus Mitleid (mit der Welt, die nun der Buddha zu verlassen sich anschickt); das 8. als Trauerbezeigung.


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6. als Beifallskundgebung (sādhukāra-dāna); das 7. aus Mitleid (mit der Welt, die nun der Buddha zu verlassen sich anschickt); das 8. als Trauerbezeigung.


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