Anguttara Nikaya

2. Kapitel: sāranīya-vagga

A.VI. 11-12 Sechs zu beachtende Dinge I-II

Sechs zu beachtende Dinge (*1) gibt es, ihr Mönche. Welche sechs?

Da, ihr Mönche, erweist sich der Mönch gegen seine Ordensbrüder liebevoll in Werken, ob öffentlich oder unbemerkt. Das ist etwas, was man zu beachten hat.

Weiterhin, ihr Mönche, erweist sich der Mönch gegen seine Ordensbrüder liebevoll in Worten, ob öffentlich oder unbemerkt. Auch das ist etwas, was man zu beachten hat.

Weiterhin, ihr Mönche, erweist sich der Mönch gegen seine Ordensbrüder liebevoll in Gedanken, ob öffentlich oder unbemerkt. Auch das ist etwas, was man zu beachten hat.

Was da ferner, ihr Mönche, dem Mönch an rechtmäßigen, rechtmäßig erlangten Gaben zufällt - und sei es bloß der Inhalt der Almosenschale - solche Gaben genießt er nicht, ohne vorher davon verteilt zu haben; er genießt sie gemeinsam mit seinen sittenreinen Ordensbrüdern. Auch das ist etwas, was man zu beachten hat.

Was da ferner, ihr Mönche, jene Sitten betrifft, die ungebrochenen, unverletzten, unbefleckten, unverdorbenen, befreienden, von Verständigen gepriesenen, die unbeeinflussbar sind und die geistige Sammlung fördern, in diesen Sitten stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, ob öffentlich oder unbemerkt. Auch das ist etwas, was man zu beachten hat.

Was da ferner, ihr Mönche, jene Erkenntnis ist, die edle, erlösende, die den danach Handelnden zur völligen Leitensvernichtung führt, in dieser Erkenntnis stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, ob öffentlich oder unbemerkt. Auch das ist etwas, was man zu beachten hat. Das, ihr Mönche, sind die sechs zu beachtenden Dinge.

(12) Diese sechs zu beachtenden Dinge, ihr Mönche, erwecken Freundschaft und Achtung, sie führen zu Einvernehmen und Friedfertigkeit, zu Eintracht und Einigkeit. (Im Original wird die Aufzählung wiederholt.)


(*1) sāranīyā dhammā, auch in D. 16 (1. Teil); M. 48.


A.VI. 13 Die sechs Elemente des Entrinnens

Sechs Elemente des Entrinnens (*1) gibt es, ihr Mönche. Welche sechs?

Es möchte da, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Die gemütserlösende Güte habe ich entfaltet, häufig geübt, zur Richtschnur und Grundlage genommen, sie betätigt, erweitert, zur Vollendung gebracht; und dennoch hält der Hass meinen Geist gefesselt.« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! Nicht gut ist es, den Erhabenen zu beschuldigen. Denn der Erhabene würde das nicht sagen. Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, dass einem, der die gemütserlösende Güte entfaltet, sie häufig geübt, zur Richtschnur und Grundlage genommen, sie betätigt, erweitert, zur Vollendung gebracht hat, dennoch der Hass den Geist gefesselt hält. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen vom Hass besteht ja eben die gemütserlösende Güte.«

Es möchte da ferner, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Das gemüterlösende Mitleid habe ich entfaltet . . . und dennoch hält Feindseligkeit (vihesā; Schädigung, Grausamkeit, Gewalttätigkeit, s. A.V.200) meinen Geist gefesselt.« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! . . . Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, daß einem, der das gemüterlösende Mitleid entfaltet . . . hat, dennoch die Feindseligkeit den Geist gefesselt hält. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen von der Feindseligkeit besteht ja eben das gemüterlösende Mitleid.«

Es möchte da ferner, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Die gemüterlösende Mitfreude habe ich entfaltet . . . und dennoch hält der Missmut (arati, 'Unlustgefühl') meinen Geist gefesselt.« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! . . . Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, dass einem, der die gemüterlösende Mitfreude entfaltet . . . hat, dennoch der Missmut den Geist gefesselt hält. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen von Missmut besteht ja eben die gemüterlösende Mitfreude.«

Es möchte da ferner, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Den gemüterlösenden Gleichmut habe ich entfaltet . . . und dennoch hält die Begierde meinen Geist gefesselt.« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! . . . Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, dass einem, der den gemüterlösenden Gleichmut entfaltet . . . hat, den noch die Begierde den Geist gefesselt hält. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen von der Begierde besteht ja eben der gemüterlösende Gleichmut (*2).«

Es möchte da ferner, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Die bedingungslose Gemütserlösung (*3) habe ich entfaltet . . . und doch folgt mein Bewusstsein den Vorstellungen der Bedingtheit nach (*4).« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! . . . Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, dass einem, der die bedingungslose Gemütserlösung entfaltet . . . hat, dennoch das Bewusstsein den Vorstellungen der Bedingtheit nachfolgt. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen von allen Vorstellungen der Bedingtheit besteht ja eben die bedingungslose Gemütserlösung.«

Es möchte da ferner, ihr Mönche, ein Mönch von sich behaupten: »Der Ichgedanke ist in mir geschwunden, und nicht habe ich (K: bei den fünf Daseinsgruppen) die Anschauung 'Dies bin ich'; und dennoch halten bohrender (wtl: der Stachel) Zweifel und Ungewissheit meinen Geist gefesselt.« Einem solchen hätte man zu erwidern: »Nicht doch! Sage das nicht, Verehrter! Beschuldige nicht den Erhabenen! Nicht gut ist es, den Erhabenen zu beschuldigen. Denn der Erhabene würde das nicht sagen. Nicht möglich ist es, Verehrter, es ist ausgeschlossen, dass einem, in dem der Ichgedanke geschwunden ist und der nicht mehr die Anschauung hat 'Dies bin ich', dennoch bohrender Zweifel und Ungewissheit den Geist gefesselt halten. Das ist nicht möglich. Denn im Entrinnen von bohrendem Zweifel und Ungewissheit besteht ja eben die Zerstörung des Ichwahns.«

Diese sechs Elemente des Entrinnens gibt es, ihr Mönche.


(*1) nissāranīyā dhātuyo. Eine andere Gruppe von fünf gleichfalls so genannten Dingen findet sich in A.V.200.

(*2) Die obigen vier gemüterlösenden Eigenschaften werden auch als die 'göttlichen Zustände' oder 'erhabenen Weilungen' (brahma-vihāra) bezeichnet.

(*3) animittā cetovimutti. Laut K ist hier der intensive Klarblick (balava-vipassanā) gemeint. Die Erklärer der Langen Sutten (Dīgha-bhanaka) behaupten jedoch, dass es sich auf die Erreichung des Ziels der Heiligkeit bezieht, denn dieser Zustand heiße deshalb 'bedingungslos', weil darin die Bedingungen (nimitta), wie Gier usw. (nämlich Hass und Verblendung), Körperlichkeit usw. (nämlich Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewusstsein) und Beständigkeit usw. (nämlich wahres Glück und eine Ichheit) nicht anzutreffen seien. Nimitta kann hier auch als das (trügerische) Vorstellungsbild der Daseinsgebilde aufgefasst werden, und so wird es auch im K zu VisM erklärt.

(*4) nimittānusari; in der Übersetzung wurden beide Bedeutungsnuancen von nimitta wiedergegeben: Vorstellung und Bedingung.


A.VI. 14-15 Gutes und schlechtes Sterben I-II

Der ehrwürdige Sāriputta sprach:

Da führt, ihr Brüder, ein Mönch ein solches Leben, dass ihm dadurch kein guter Tod, kein gutes Ende beschieden ist. Und in welcher Weise?

Da, ihr Brüder,

Insofern, ihr Brüder, führt ein Mönch ein solches Leben, dass ihm dadurch kein guter Tod, kein gutes Ende beschieden ist. Von diesem Mönche aber, ihr Brüder, heißt es, dass er am Persönlichkeitsgebilde (sakkāyābhirato) seine Freude hat; nicht hat er das Persönlichkeitsgebilde überwunden, um so dem Leiden ein völliges Ende zu machen.

Da führt, ihr Brüder, ein Mönch ein solches Leben, dass ihm ein guter Tod, ein gutes Ende beschieden ist. Und in welcher Weise?

Da, ihr Brüder, findet ein Mönch kein Gefallen, keine Freude an körperlicher Beschäftigung, ist der Freude an körperlicher Beschäftigung nicht hingegeben. Er findet kein Gefallen, keine Freude am Plaudern - am Schlafen - an Geselligkeit - an vertrautem Umgang mit Laien - findet kein Gefallen, keine Freude am Weltlichen, ist der Freude am Weltlichen nicht hingegeben. Insofern, ihr Brüder, führt der Mönch ein solches Leben, dass ihm dadurch ein guter Tod, ein gutes Ende beschieden ist. Von diesem Mönche aber, ihr Brüder, heißt es, dass er am Nibbāna erfreut ist; überwunden hat er das Persönlichkeitsgebilde, um so dem Leiden ein völliges Ende zu machen.

Wer sich der Weltlichkeit ergibt,
die Welt begehrt, wie's geile Wild,
hat das Nibbāna sich verwirkt
und allerhöchste Sicherheit.
Wen, aller Weltlichkeit entrückt,
die weltentrückte Statt (*1) beglückt,
hat das Nibbāna sich erwirkt
und allerhöchste Sicherheit.
Diese Verse auch in »Lieder der Mönche« 989-990.

(Text 15 ist gleichlautend mit Text 14; statt »kein guter Tod, kein gutes Ende« steht hier jedoch 'ein qualvoller Tod'; im zweiten Teil: »ein qualfreier Tod«.)


(*1) nippapañca-pada, eine Bezeichnung des Nibbāna. Vgl. A.IV.174, Anm. *4.


A.VI. 16 Das Weib als Ermahnerin des Gatten

Einst weilte der Erhabene im Lande der Bhagger, bei Sumsumāragira, im Wildparke des Bhesakalā-Waldes. Zu jener Zeit aber wurde der Hausvater Nakulapitā von einer Krankheit befallen, war leidend und schwer krank. Da sprach die Hausmutter Nakulamātā zum Hausvater Nakulapitā also:

»Möchtest du doch, Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod. Vielleicht, o Hausvater, denkst du: 'Die Hausmutter Nakulamātā wird nach meinem Tode nicht imstande sein, die Kinder zu ernähren und den Haushalt weiterzuführen.' Doch das darfst du nicht denken, Hausvater. Denn ich verstehe mich darauf, Baumwolle zu spinnen und Wolle zu verarbeiten (*1), und dadurch bin ich wohl imstande, die Kinder zu ernähren und den Haushalt weiterzuführen. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.

Vielleicht aber, o Hausvater, denkst du: 'Nach meinem Tode wird die Hausmutter Nakulamātā einen anderen Gatten nehmen.' Doch das darfst du nicht glauben, Hausvater. Denn sowohl du, o Hausvater, als auch ich, wir haben beide seit sechzehn Jahren als Hausleute den keuschen Wandel auf uns genommen. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.

Vielleicht aber, o Hausvater, denkst du: 'Die Hausmutter Nakulamātā wird nach meinem Tode kein Verlangen mehr haben, den Erhabenen und die Mönchsgemeinde aufzusuchen.' Doch das darfst du nicht glauben, Hausvater. Denn nach deinem Hinscheiden werde ich um so begieriger sein, den Erhabenen aufzusuchen und die Mönchsgemeinde. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.

Vielleicht aber, o Hausvater, denkst du: 'Nach meinem Tode wird die Hausmutter Nakulamātā nicht mehr die Sittenregeln erfüllen.' Doch das darfst du nicht glauben, Hausvater. Denn wenn es unter den weißgekleideten Laienjüngerinnen solche gibt, die die Sittenregeln erfüllen, so bin ich eine von ihnen. Wer darüber Zweifel oder Ungewissheit hat, der möge sich zu Ihm, dem Erhabenen, hinbegeben und ihn befragen. Er, der Erhabene, Heilige, vollkommen Erleuchtete weilt ja jetzt im Lande der Bhagger, bei Sumsumāragira, im Wildpark des Bhesakalā-Waldes. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.

Vielleicht aber, o Hausvater, denkst du: 'Die Hausmutter Nakulamātā hat noch nicht die innere Ruhe des Geistes erlangt.' Doch das darfst du nicht glauben, Hausvater. Denn wenn es unter den weißgekleideten Laienjüngerinnen solche gibt, die die innere Ruhe des Geistes erlangt haben, so bin ich eine von ihnen. Wer darüber Zweifel oder Ungewissheit hat, der möge sich zu Ihm, dem Erhabenen, hinbegeben und ihn befragen. Er, der Erhabene, Heilige, vollkommen Erleuchtete weilt ja jetzt im Lande der Bhagger, bei Sumsumāragira, im Wildpark des Bhesakalā-Waldes. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.

Vielleicht aber, o Hausvater, denkst du: 'Die Hausmutter Nakulamātā hat in dieser Lehre und Zucht noch keinen festen Fuß gefasst, keinen Halt und Trost gefunden, ist noch nicht dem Zweifel und der Ungewissheit entronnen, ist noch ohne Selbstvertrauen, noch nicht unabhängig von anderen in des Meisters Satzung.' Doch das darfst du nicht glauben, Hausvater. Denn wenn es unter den weißgekleideten Laienjüngerinnen solche gibt, die in dieser Lehre und Zucht festen Fuß gefasst und Halt und Trost gefunden haben, die dem Zweifel und der Ungewissheit entronnen sind und Selbstvertrauen besitzen, unabhängig von anderen in des Meisters Satzung, so bin ich eine von ihnen. Wer darüber Zweifel oder Ungewissheit hat, der möge sich zu Ihm, dem Erhabenen, hinbegeben und ihn befragen. Er, der Erhabene, Heilige, vollkommen Erleuchtete weilt ja jetzt im Lande der Bhagger, bei Sumsumāragira, im Wildpark des Bhesakalā-Waldes. Mögest du daher, o Hausvater, nicht voller Sorgen dahinscheiden! Qualvoll stirbt man, o Hausvater, wenn man voller Sorgen ist. Getadelt hat der Erhabene den sorgenvollen Tod.«

Als der Hausvater Nakulapitā so von der Hausmutter Nakulamātā ermahnt worden war, legte sich plötzlich seine Krankheit. Er erhob sich von seinem Krankenlager und hatte die Krankheit überstanden. Kaum aber hatte er sich von seinem Krankenlager erhoben und war genesen, da begab er sich, auf einen Stock gestützt, zum Erhabenen. Bei ihm angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Und der Erhabene sprach zu Nakulapitā, dem Hausvater, also:

»Heil dir, o Hausvater! Gut hast du es getroffen, o Hausvater, der du in der Hausmutter Nakulamātā eine so fürsorgliche, auf dein Wohl bedachte Ermahnerin und Unterweiserin gefunden hast. Wenn es, o Hausvater, unter meinen weißgekleideten Laienjüngerinnen solche gibt, die die Sittenregeln erfüllen, die innere Geistesruhe erreicht haben, die in dieser Lehre und Zucht festen Fuß gefasst und Halt und Trost gefunden haben, die dem Zweifel und der Ungewissheit entronnen sind und Selbstvertrauen besitzen, unabhängig von anderen in des Meisters Satzung, so ist die Hausmutter Nakulamātā eine von ihnen. Heil dir, o Hausvater! Gut hast du es getroffen, o Hausvater, der du in der Hausmutter Nakulamātā eine so fürsorgliche, auf dein Wohl bedachte Ermahnerin und Unterweiserin gefunden hast (Vgl. A.IV.55).«


(*1) venim olikhitum; K: die Ziegenhaare scheren, glätten und zu einem Geflecht verarbeiten.


A.VI. 17 Das lange Schlafen

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Savatthī, im Kloster des Anāthapindika. Und der Erhabene begab sich des Abends, nachdem er sich aus seiner Zurückgezogenheit erhoben hatte, zur Empfangshalle. Auch die ehrwürdigen Sāriputta, Mahā-Moggallāna, Mahā-Kassapa, Mahā-Kaccāyana, Mahā-Kotthita, Mahā-Cunda, Mahā-Kappina, Anuruddha, Revata und Ananda begaben sich, nachdem sie sich am Abend aus der Zurückgezogenheit erhoben hatten, zur Empfangshalle. Dort angelangt, begrüßten sie ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder. Nachdem nun der Erhabene einen großen Teil der Nacht in sitzender Stellung verbracht hatte, erhob er sich von seinem Sitze und begab sich in seine Zelle. Auch jene Ehrwürdigen erhoben sich, kurz nachdem der Erhabene gegangen war, von ihren Sitzen und begaben sich in ihre Zellen. Die neuen Mönche aber, die noch nicht lange aufgenommen und erst kürzlich zu dieser Lehre und Zucht gekommen waren, die schliefen unter Schnarchen bis Sonnenaufgang. Es erkannte jedoch der Erhabene mit dem Himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, wie jene Mönche unter Schnarchen bis Sonnenaufgang schliefen, und dies erkennend, begab er sich zur Empfangshalle und setzte sich dort auf bereitetem Sitze nieder. Darauf sprach er zu jenen Mönchen:

»Wo befindet sich Sāriputta? Wo Mahā-Moggallāna? Wo Mahā-Kassapa? Wo Mahā-Kaccāyana? Wo Mahā-Kotthita? Wo Mahā-Cunda? Wo Mahā-Kappina? Wo Anuruddha? Wo Revata? Wo Ananda? Wo sind jene älteren Mönche hingegangen?« -

»Jene, o Herr, sind, kurz nachdem der Erhabene von seinem Sitze aufgestanden war, ebenfalls gegangen.« -

»So habt ihr also, o Mönche, weil die älteren Mönche nicht wiedergekommen waren, unter Schnarchen bis Sonnenaufgang geschlafen. Was meint ihr, o Mönche, habt ihr es schon jemals erlebt oder davon gehöre, daß ein hauptgesalbter Adels-König, der gerne im Bette, auf weichem Lager liegend dem Genusse des Schlafens huldigt und dabei zeitlebens die Herrschaft innehat, von seinem Volke geliebt und geachtet wird?« -

»Das wohl nicht, o Herr.« -

»Nun gut, ihr Mönche. Auch ich habe das niemals erlebt oder davon gehört. Und habt ihr es wohl jemals erlebt oder davon gehört, daß ein Bürger - einer, der von seinem väterlichen Erbe lebt - ein Feldherr - ein Dorfschulze oder ein Gildenmeister, der gerne im Bette, auf weichem Lager liegend dem Genusse des Schlafens huldigt und zeitlebens sein Amt ausübt, von seiner Gilde geliebt und geachtet wird?« -

»Das wohl nicht, o Herr.«

»Nun gut, ihr Mönche. Auch ich habe das niemals erlebt oder davon gehört. Was meint ihr nun, ihr Mönche: wenn da ein Asket oder Priester, der gerne im Bette, auf weichem Lager liegend, dem Genusse des Schlafens huldigt, seine Sinnentore nicht bewacht, nicht maßhält beim Mahle, nicht der Wachsamkeit ergeben ist, den heilsamen Dingen keine Beachtung schenkt und zu Beginn und Ende der Nacht sich nicht übt in der Entfaltung der zur Erleuchtung führenden Dinge - könnte wohl ein solcher durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten in den Besitz der triebfreien Gemütserlösung und Weisheitserlösung gelangen, sie selber erkennend und verwirklichend?« -

»Das wohl nicht, o Herr.«

»Nun gut, ihr Mönche. Auch ich habe das niemals erlebt oder davon gehört. Darum, ihr Mönche, sei euer Streben: 'Unsere Sinnentore lasset uns bewachen, maßhalten beim Mahle, der Wachsamkeit ergeben sein, den heilsamen Dingen Beachtung schenken und zu Beginn und am Ende der Nacht uns üben in der Entfaltung der zur Erleuchtung führenden Dinge!' Das, ihr Mönche, sei euer Streben!«


A.VI. 18 Der Tier- und Menschenmörder

Einstmals befand sich der Erhabene, von einer großen Mönchsschar begleitet, auf einer Wanderung durchs Kosalerland. Als nun der Erhabene die Straße entlang wanderte, da sah er an einem gewissen Orte, wie ein Fischer einen Fisch nach dem anderen totschlug und verkaufte. Bei diesem Anblick bog er vom Wege ab und ließ sich am Fuße eines Baumes auf bereitetem Sitze nieder. Nachdem er sich gesetzt hatte, sprach er zu den Mönchen:

»Sahet ihr es wohl, o Mönche, wie jener Fischer einen Fisch nach dem anderen totschlägt und verkauft?« -

»Gewiss, o Herr.« -

»Was meint ihr wohl, o Mönche: habt ihr es schon jemals erlebt oder davon gehört, dass ein Fischer, der einen Fisch nach dem anderen totschlägt und verkauft, durch solche Beschäftigung, solchen Beruf, in den Stand gesetzt wird, sich Elefanten, Pferde, Wagen und Fahrzeuge zu halten, seinen Besitz zu genießen oder großes Vermögen zu erlangen?«

»Das wohl nicht, o Herr.« -

»Nun gut, ihr Mönche. Auch ich habe das niemals erlebt oder davon gehört. Und warum ist das so? Eben weil jener den zum Töten bestimmten, des Tötens wegen zu fangenden Fischen in böser Gesinnung auflauert.

Was meint ihr wohl, o Mönche: habt ihr es schon jemals erlebt oder davon gehört, dass ein Rinderschlächter, ein Hammelschlächter, ein Schweineschlächter, ein Vogelsteller, ein Wildjäger, der sein erlegtes Wild verkauft, durch solche Beschäftigung, solchen Beruf in den Stand gesetzt wird, sich Elefanten, Pferde, Wagen und Fahrzeuge zu halten, seinen Besitz zu genießen oder großes Vermögen zu erlangen?« -

»Das wohl nicht, o Herr.« -

»Nun gut, ihr Mönche. Auch ich habe das niemals erlebt oder davon gehört. Und warum ist das so? Eben weil jener den zum Töten bestimmten, des Tötens wegen zu fangenden Tieren in böser Gesinnung auflauert. Was soll man nun aber erst sagen, wenn einer den zum Töten bestimmten, des Tötens wegen zu fangenden Menschen in böser Gesinnung auflauert? Das, wahrlich, ihr Mönche, gereicht einem solchen lange Zeit zum Unheil und Leiden, und beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode gelangt er in niedere Welt, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, zur Hölle.«


A.VI. 19 Die Betrachtung über den Tod I

(Wie A.VIII.73; doch ohne die Worte »noch einen halben Tag . . . noch solange, wie ein halbes Almosenmahl dauert«.)


A.VI. 20 Die Betrachtung über den Tod II

(Wie A.VIII.74; doch ohne die Worte »Menschen oder Unholde möchten mich anfallen«.)


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