Anguttara Nikaya

3. Kapitel: uruvelā-vagga

A.IV. 21 Vor Uruvelā

Einst weilte der Erhabene im Jeta-Haine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Mönche!« sprach er. »Herr!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Einstmals, ihr Mönche, weilte ich bei Uruvelā, am Ufer des Flusses Nerañjarā, unter dem Feigenbaum der Ziegenhirten, als ich eben erst die volle Erleuchtung gewonnen hatte. Da stieg mir nun, während ich also einsam und selbstvertieft verweilte, im Geiste diese Erwägung auf: 'Schwer, wahrlich, lebt es sich ohne einen, dem man Ehrerbietung und Ehrfurcht erweist (agāravo appatisso)! Sollte ich nicht lieber unter einem Asketen oder Priester leben und ihm Achtung und Ehrerbietung erweisen?' Und ich dachte: 'Gern möchte ich wohl, um den unerfüllten Sittenwandel zu erfüllen, unter einem anderen Asketen oder Priester leben und ihm Achtung und Ehrerbietung erweisen. Nicht aber sehe ich in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahmagöttern und der Schar von Asketen und Priestern, Göttern und Menschen, einen anderen Asketen oder Priester, der im Sittenwandel vollkommener wäre als ich, unter dem ich leben und ihm Achtung und Ehrerbietung erweisen könnte. Gern möchte ich wohl, um die unerreichte Sammlung des Geistes - die unerreichte Weisheit - die unerreichte Befreiung zu gewinnen, unter einem anderen Asketen oder Priester leben und ihm Achtung und Ehrerbietung erweisen. Nicht aber sehe ich in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahmagöttern und der Schar von Asketen und Priestern, Göttern und Menschen, einen anderen Asketen oder Priester, der vollkommener wäre als ich in der Sammlung des Geistes, in Weisheit oder in Befreiung, unter dem ich leben und ihm Achtung und Ehrerbietung erweisen könnte.'

Da kam mir dann, ihr Mönche, der Gedanke: 'Wie, wenn ich nun eben unter der von mir selber erkannten Wahrheit (dhammo) lebte und ihr Achtung und Ehrerbietung erweise?' Und Brahma Sahampati, ihr Mönche, der meine Gedanken im Geiste erkannte, verschwand, so schnell wie ein kräftiger Mann den gebeugten Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm beugt, aus der Brahmawelt und erschien vor mir. Und Brahma Sahampati schlug das Gewand über eine Schulter und, das rechte Knie auf den Boden stützend, die gefalteten Hände mir in ehrfurchtsvollem Gruß entgegenstreckend, sprach er: 'Fürwahr, Erhabener! Fürwahr, Gesegneter! Auch jene, o Herr, die in den vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erleuchtete waren, auch jene Erhabenen haben, unter der Wahrheit lebend, ihr Achtung und Ehrerbietung bezeigt. Und auch jene, o Herr, die in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erleuchtete sein werden, auch jene Erhabenen werden, unter der Wahrheit lebend, ihr Achtung und Ehrerbietung bezeigen. So möge auch der Erhabene, o Herr, der gegenwärtige Heilige, vollkommen Erleuchtete, unter der Wahrheit lebend, ihr Achtung und Ehrerbietung bezeigen!'

So sprach Brahma Sahampati. Und nach diesen Worten sprach er dann folgendes:

'Die Buddhas der Vergangenheit,
die Buddhas einer künftigen Zeit,
der Buddha in der Gegenwart,
der viele hier vom Leid befreit -

Der guten Lehre huldigen sie alle,
die früher waren, die jetzt leben
und die da später kommen werden;
denn dieses ist der Buddhas Brauch.
 
Darum, wer nach dem Heil begierig (*1)
und nach wahrer Größe (*2) trachtet,
huldigen möge er der Lehre,
eingedenk des Buddha Weisung.'

Also sprach Brahma Sahampati. Nach diesen Worten entbot er mir ehrerbietigen Gruß, und, mir die Rechte zukehrend, verschwand er.

Nachdem ich nun das Anliegen Brahmas vernommen hatte und es mir selber recht dünkte, da lebte ich unter jener von mir erkannten Wahrheit, ihr Achtung und Ehrerbietung erweisend. Und als dann, ihr Mönche, auch die Jüngerschaft Größe erlangt hatte, da erwies ich auch meiner Jüngerschaft Ehrerbietung (*3).«


(*1) atthakāmena; v.l. attakāmena, 'wer sich selbst (wahrhaft) liebt', d.h. sein Wohl im Auge hat.

(*2) mahattam ist Abstraktform von mahā, 'groß' (K: mahanta-bhāvo), wie auch im letzten Satz unseres Textes: mahattena samannāgato, 'wenn der Orden Größe erlangt hat'.

Hier, im Vers bezieht es sich auf Charaktergröße; und dies wäre auch der Sinn bei einer freilich sehr unwahrscheinlichen Ableitung von mahā - attā (Skr. mahātman).

Die Wiedergabe mit »großes Selbst« (»great self«) seitens Mrs. Rhys Davids und F.L. Woodward (»Gradual Sayings«, vol. II) ist natürlich abwegig.

(*3) K verweist hier auf die Episode (M. 142), in der Mahāpajāpati Gotamī dem Buddha Gewänder anbietet und dieser sagt: »Gib sie der Mönchsgemeinde, Gotamī! Wenn du sie der Mönchsgemeinde gibst, wirst du mich verehrt haben und die Mönchsgemeinde.«

Dieser Text 21 erscheint auch in Samy.6.2, jedoch ohne den ersten Abschnitt mit der Ortsangabe und ohne den hier nach den Versen folgenden Schluß. Daraus zu folgern, wie es Mrs. Rhys Davids tut, daß der abschließende Hinweis auf die Jüngerschaft ein »späterer mönchischer Zusatz« sei, ist zumindest übereilt. Es liegt näher anzunehmen, daß die kürzere Fassung der Rede aus der Frühzeit des Ordens stammt und daß bei einer späteren Gelegenheit, als »der Orden Größe erlangt hatte«, der Buddha diesen Zusatz machte.


A.IV. 22 Wer ist verehrungswürdig?

Einstmals, ihr Mönche, weilte ich bei Uruvelā, am Ufer des Flusses Nerañjarā, unter dem Feigenbaume der Ziegenhirten, als ich eben erst die volle Erleuchtung gewonnen hatte. Da nun kamen einige alte Brahmanen zu mir heran, ergraut, hochbejahrt, im Alter gereift. Sie wechselten mit mir höflichen Gruß, und nach Austausch freundlicher, zuvorkommender Worte setzten sie sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprachen jene Brahmanen also zu mir:

'Gehört haben wir, Herr Gotama, daß der Asket Gotama alten, ergrauten, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen weder seinen Gruß entbietet, noch sich vor ihnen erhebt, noch ihnen einen Sitz anbietet. Und das verhält sich in der Tat so, Herr Gotama, denn nicht entbietet ja der Herr Gotama alten, ergrauten, hochbejahrten, im Alter gereiften Brahmanen seinen Gruß, er erhebt sich nicht vor ihnen, noch bietet er ihnen einen Sitz an. Das aber, Herr Gotama, ist nicht recht.' (Vgl. A.II.39)

Da dachte ich, ihr Mönche: 'Wahrlich, jene Verehrten wissen nicht, wer ein Ehrwürdiger (thero, wtl. Älterer) ist, und wissen nicht, was einen zum Ehrwürdigen macht. Selbst wenn einer alt ist, ihr Mönche, von seiner Geburt ab achtzig, neunzig oder hundert Jahre zählt, aber er spricht nicht zur passenden Zeit (atthavādi), nicht den Tatsachen gemäß, nicht sinnvoll (dhammavādi), nicht dem Recht und der Sitte gemäß (vinayavādi) (*1), und seine Rede ist nicht wert des Gedenkens, ist unangebracht, unvernünftig, unüberlegt und gehaltlos, dann gilt er eben als ein alter Tor. Doch selbst wenn einer noch jung ist, ein Jüngling mit schwarzem Haar, im Besitze seiner besten Jugend, im ersten Mannesalter, dabei aber zur passenden Zeit spricht und den Tatsachen gemäß, sinnvoll, dem Recht und der Sitte gemäß, und seine Rede ist wert des Gedenkens, angebracht, vernünftig, überlegt und gehaltvoll, dann gilt er eben als weise und ehrwürdig.

Vier Dinge, ihr Mönche, machen einen zum Ehrwürdigen. Welche vier?

Da ist ein Mönch sittenrein, er befolgt die Ordenssatzung, ist vollkommen in Wandel und Umgang, und vor dem kleinsten Vergehen zurückschreckend schult er sich in den Übungsregeln, die er auf sich genommen. Er ist wissensreich, ein Bewahrer des Wissens, hat sich große Kenntnisse angesammelt; und jene Lehren, die im Anfang vorzüglich sind, in der Mitte vorzüglich und am Ende vorzüglich, die in vollendetem Sinn und Ausdruck, ein ganz vollkommenes, geläutertes Reinheitsleben verkünden, diese Lehren hat er sich häufig angehört, sich eingeprägt, hat sie im Wortlaut gelernt, im Geiste erwogen und sie weise verstanden.

Die vier Vertiefungen, die erhaben-geistigen, gegenwärtiges Wohl gewährenden, die gewinnt er nach Wunsch, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit.

Durch Versiegung der Triebe erreicht er noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung, sie selber erkennend und verwirklichend.

Diese vier Dinge, ihr Mönche, machen einen zum Ehrwürdigen.

»Wer da ruhelosen Geistes
leeren Wortschwall von sich gibt;
wer zerfahren ist und stumpf (mago, tierisch),
nicht sich freut an hoher Lehre,
anteilslos und schlecht gesinnt -
weit entfernt ist der von Würde.
Wer aber sittenrein, beherrscht,
verstandesscharf und kenntnisreich,
wer Kraft und Mut (*2) zum Guten hat
und die Wahrheit weise schaut (*3);
wer all die hohen Dinge hat gemeistert (*4),
von allen Schlacken auch sein Herz gelöst,
vom Wiedersein und Wiedersterben frei,
sein heilig Leben ganz vollendet hat,
der keinen üblen Trieb mehr kennt,
ein Mönch von allen Trieben frei -
ehrwürdig gilt ein solcher mir,
'ehrwürdig' nennt man ihn mit Recht.«

(*1) atthavādi, dhammavādi, vinayavādi; diese drei Begriffe haben wohl in diesem Zusammenhang die hier wiedergegebene allgemeine Bedeutung; daneben mag aber natürlich auch an die Bedeutung von Dhamma und Vinaya im buddhistischen Sinne gedacht werden.

(*2) dhīro dhammesu, 'stark in den Tugenden' oder 'weise in den Lehren'.

(*3) paññāy'attham vipassati; attha: Tatbestand oder Sinn, Bedeutung; vipassati: durch Hellblick (vipassanā) erkennt.

(*4) pāragū sabbadhammānam


A.IV. 23 Der Vollendete

Die Welt, ihr Mönche, hat der Vollendete (tathāgato) völlig durchschaut, und von der Welt ist der Vollendete losgelöst. Der Welt Entstehungsgrund hat der Vollendete völlig durchschaut, und den Entstehungsgrund der Welt hat der Vollendete überwunden. Der Welt Erlöschung hat der Vollendete völlig durchschaut, und der Welt Erlöschung ward vom Vollendeten verwirklicht. Den zur Erlöschung der Welt führenden Pfad hat der Vollendete völlig durchschaut, und den zur Erlöschung der Welt führenden Pfad hat der Vollendete entfaltet (*1).

Was da, ihr Mönche, in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahma-Göttern, den Scharen der Asketen und Priester, Götter und Menschen, gesehen, gehört, empfunden, erkannt (*2), erreicht, erstrebt, im Geiste erwogen wird, das hat der Vollendete völlig durchschaut: eben darum heißt er der Vollendete.

Was da, ihr Mönche, der Vollendete seit jener Nacht, in der er die höchste Erleuchtung gewann, bis zu der Nacht, in der er in dem von jedem Daseinsrest freien Element des Nibbāna (*3) völlig erlischt - was er während dieser Zeit spricht, äußert, erklärt, alles das verhält sich eben genau so und nicht anders: eben darum heißt er der Vollendete.

Wie der Vollendete spricht, so handelt er; und wie er handelt, so spricht er. So ist er also einer, der spricht wie er handelt und der handelt wie er spricht: eben darum heißt er der Vollendete.

In der Welt, ihr Mönche, mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahma-Göttern, den Scharen von Asketen und Priestern, der Götter und Menschen, da ist er der Überwinder, der Unüberwundene, der Seher, der Machtvolle: eben darum heißt er der Vollendete.

»Die ganze Welt hat er durchschaut
und alles in ihr, wie es wirklich ist;
von aller Welt entbunden so,
schuf keine neue Bindung (*4) er.
Ein Allesüberwinder, stark und weise,
der jede Daseinsfessel gänzlich brach,
erfuhr er höchsten Frieden, das Nibbāna,
die Stätte frei von Furcht und Not.
Der Triebe ledig ist er, ein Erwachter,
von Zweifel frei und gänzlich unverstört.
Der Tatenbindung machte er ein Ende (*5),
die Daseinsstützen brach er ganz entzwei.
Herrlich erhaben, ein Erwachter,
Er, unvergleichlich, löwengleich,
verkündete der Welt mit ihren Göttern
der Wahrheit heilig-hohes Reich (brahmacakkam pavattayi).
Daher die Menschen und die Götter,
die zum Erwachten Zuflucht nahmen,
kommen, um ihn zu verehren,
ihn, den hohen Wissensmeister:
'Bester ist er der Bezähmten,
der Gestillten stiller Fürst,
der Befreiten Allerhöchster
der Entgangenen Allergrößter.'
So auch bringen sie Verehrung ihm,
dem hohen Wissensmeister:
'In der Welt mit ihren Göttern
keinen gibt es, der dir gleicht!'«

(*1) Dies ist ein Hinweis auf die 4 Wahrheiten und im Falle der letzten drei auf die ihnen eigene Funktionen des Aufgebens usw.

(*2) Dies ist eine alte vorbuddhistische Einteilung der Wahrnehmungsobjekte, wobei sich 'das Empfundene' (muta) auf die Objekte des Geruchs-, Geschmacks- und Körpersinns bezieht.

(*3) ChS: anupādisesāya nibbānadhātuyā (fehlt in PTS).

(*4) sabbaloke anūpayo, 'sich der ganzen Welt nicht mehr nähernd'; vgl. Snp. (Übers.), Reg.: upaya.

(*5) Wtl: der die Aufhebung alles karmischen Wirkens erreicht hat.


A.IV. 24 Im Kloster des Kālaka (Der Vollendete II)

Einst weilte der Erhabene bei Sāketa, im Kloster des Kālaka (*1). Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Mönche!« sprach er. »Herr!« erwiderten die Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Was, ihr Mönche, in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahma-Göttern, den Scharen von Asketen und Priestern, Göttern und Menschen gesehen, gehört, empfunden, erkannt, erreicht, erstrebt, im Geiste erwogen wird, das kenne ich.

Was, ihr Mönche, in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern, ihren Brahma-Göttern, den Scharen der Asketen und Priester, Götter und Menschen gesehen, gehört, empfunden, erkannt, erreicht, erstrebt, im Geiste erwogen wird, das habe ich völlig erkannnt. All das hat der Vollendete verstanden, doch der Vollendete steht dem nicht mehr nahe (*2).

Würde ich nun sagen: 'Was da in der Welt gesehen, gehört, empfunden, erkannt, erreicht, erstrebt, im Geiste erwogen wird, das kenne ich nicht' (*3), so spräche ich die Unwahrheit. Würde ich sagen: 'Das kenne ich und kenne es nicht', so täte ich desgleichen. Würde ich sagen: 'Weder kenne ich es, noch kenne ich es nicht', so wäre es schlecht von mir.

Sieht (datthā; K: = disvā), ihr Mönche, der Vollendete etwas Sichtbares, so kommt ihn kein Wähnen an (na maññati; vgl. M. 1), weder mit Bezug auf das Gesehene, noch das Ungesehene, noch das Sichtbare, noch mit Bezug auf einen Seher. Hört er etwas Hörbares, so kommt ihn kein Wähnen an, weder mit Bezug auf das Gehörte, noch das nicht Gehörte, noch das Hörbare, noch mit Bezug auf einen Hörenden. Empfindet er etwas Empfindbares, so kommt ihn kein Wähnen an, weder mit Bezug auf das Empfundene, noch das nicht Empfundene, noch das Empfindbare, noch mit Bezug auf einen Empfindenden. Erkennt er etwas Erkennbares, so kommt ihn kein Wähnen an, weder mit Bezug auf das Erkannte, noch das unerkannte, noch das Erkennbare, noch mit Bezug auf einen Erkennenden.

So ist also der Vollendete bei den gesehenen, gehörten, empfundenen und erkennbaren Dingen der sich immer gleich bleibende Heilige (tādi). Einen anderen sich derart gleich bleibenden Heiligen aber, der edler und erhabener wäre als dieser, den gibt es nicht: so sage ich.«

»Was auch gesehen, gehört wird und empfunden,
an welche Meinung auch die Welt sich hängt;
inmitten derer, die so selbstgewiß (*4),
bewahrt der Heilige sein Ebenmaß.
Nicht kümmert er sich, was die Welt
für Wahrheit oder Lüge hält.
Schon damals (*5) hab' den Stachel ich gesehen,
woran die Menschheit hängen bleibt.
Da sah ich's, daß sich's so verhält.
Doch für Vollendete gibt's keinen Meinungshang.«

(*1) Kālaka war der Schwiegervater von Anāthapindikas Tochter und ursprünglich ein Anhänger der nackten Asketen, bis er zur Buddhalehre bekehrt wurde.

(*2) tam tathāgato na upatthāsi, wtl: er hat es nicht (in sich) aufgenommen. K: er ist den sechs Objekten nicht mit Begehren und falschen Ansichten nahegegangen (na upagañchi). D.h. er identifiziert sich nicht mit der Objektwelt, hält inneren Abstand von ihr. Diese Ausdrucksweise entspricht dem obigen anūpayo.

(*3) Lies mit ChS und K: tam aham na jānāmī'ti. Das na fehlt in PTS und auch in siamesischen und singhalesischen Ausgaben. Ohne das verneinende na würde aber diese Stelle dem vorhergehenden Abschnitt widersprechen.

(*4) sayasamvutesu; K: eine Bezeichnung derer, die falsche Ansichten hegen (ditthigatikā).

(*5) K: unter dem Baum der Erleuchtung.


A.IV. 25 Das heilige Leben

Nicht führt man, ihr Mönche, dieses heilige Leben (na maññati; vgl. M. 1), um die Leute zu betrügen; nicht um den Leuten zu schmeicheln; nicht, um Geschenke, Ehre und Ruhm zu erlangen; nicht um sich in bloßem Gerede zu ergehen; nicht in der Absicht: 'So sollen mich die Leute kennen!'; sondern zur Selbstbeherrschung, Überwindung, Entsüchtung und Erlöschung führt man, ihr Mönche, dieses heilige Leben.

»Zur Selbstbeherrschung und Verwindung
lehrte der erhabene Meister
jenen heiligen Lebenswandel,
welcher ins Nibbāna mündet;
und ihm folgen auf dem Pfade
alle großen Weisen nach.

Denn wer diesen Pfad beschreitet,
der vom Buddha ward gewiesen,
wird dem Leid ein Ende machen
und des Meisters Wort erfüllen.«

A.IV. 26 Heuchler und Schwätzer

Solche Mönche, die Heuchler sind, Starrköpfe, leere Schwätzer, verschlagene Genüßlinge, aufgeblasen und zerfahren, diese, ihr Mönche, gehören nicht zu den Meinigen. Fern stehen solche Mönche dieser Lehre und Zucht, und nicht bringen sie es in dieser Lehre und Zucht zu Wachstum, Gedeihen und Entwicklung.

Solche Mönche aber, die keine Heuchler sind, keine leeren Schwätzer, die standhaft sind, fügsam und geistig gesammelt, diese, ihr Mönche, gehören zu den Meinigen. Solche Mönche stehen fest in dieser Lehre und Zucht und bringen es in dieser Lehre und Zucht zu Wachstum, Gedeihen und Entwicklung.

»Gleisner, Starre, Schwätzer, Schwelger,
Aufgeblasene und Zerstreute
wachsen nicht in dieser Lehre,
die vom Buddha kundgetan.«

Die aber aufrecht und nicht schwatzhaft,
fügsam, standhaft, gut gesammelt,
solche wachsen in der Lehre,
die vom Buddha kundgetan.«

A.IV. 27 Asketentugend

Vier Dinge, ihr Mönche, sind unscheinbar, sind leicht zu erlangen und sind untadelhaft. Welche vier?

Ein Fetzengewand, ihr Mönche, ist unter den Gewändern unscheinbar, ist leicht zu erlangen und ist untadelhaft.

Brockenspeise (auf dem Almosengang des Mönchs eingesammelt), ihr Mönche, ist unter den Nahrungsmitteln unscheinbar, ist leicht zu erlangen und ist untadelhaft.

Der Fuß eines Baumes, ihr Mönche, ist unter den Wohnstätten unscheinbar, ist leicht zu erlangen und ist untadelhaft.

Fauler Rinderurin (Rinderurin wird mit darin eingelegten bitteren Myrobalan-Früchten abgelagert und dient so als ein erprobtes Heil- und Stärkungsmittel), ihr Mönche, ist unter den Arzneien unscheinbar, ist leicht zu erlangen und ist untadelhaft.

Diese vier Dinge, ihr Mönche, sind unscheinbar, leicht zu erlangen und sind untadelhaft.

Wenn nun, ihr Mönche, der Mönch mit wenigem zufrieden ist, mit leicht erhältlichem, so ist dies in ihm eine der Asketentugenden: so sage ich.

»Wer sich begnügt mit Einwandfreiem,
das leicht erhältlich, unscheinbar,
der hegt um seiner Wohnstatt willen,
um Essen, Trinken und Gewand
im Herzen keinerlei Verdruß;
er findet nirgends Widerstand.
Die Tugenden, die ihm gewiesen wurden,
wie für Asketen sie geziemend sind,
dem stets Zufriedenen sind sie zu eigen,
dem Mönche, der sich eifrig übt.«

A.IV. 28 Die vier edlen Bräuche

Vier edle Bräuche (ariya-vamsa) gibt es, ihr Mönche, bekannt als ursprünglich, als althergebracht, als altüberlieferte Bräuche; unbeeinträchtigt [in ihrer Geltung] jetzt wie früher, die nicht beeinträchtigt sind und unbeeinträchtigt bleiben werden, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern. Welches sind diese vier?

Da gibt sich, ihr Mönche, der Mönch zufrieden mit jedem beliebigen Gewande. Und die Zufriedenheit mit jedem beliebigen Gewande, die rühmt er. Des Gewandes halber beträgt er sich nicht aufdringlich und ungebührlich. Auch wenn er kein Gewand erhalten hat, so beunruhigt ihn das nicht; hat er aber ein Gewand erhalten, so trägt er es ohne daran zu hängen, unbetört, unverlockt, das Elend dabei merkend und der Entrinnung eingedenk. Doch weil er sich mit jedem beliebigen Gewande begnügt, darum überhebt er sich nicht, noch verachtet er die anderen. Wer sich nun hierin tüchtig und unermüdlich zeigt, wissensklar ist und achtsam, von diesem Mönche sagt man, daß er festhält an den althergebrachten, ursprünglichen edlen Bräuchen.

Da gibt sich ferner, ihr Mönche, der Mönch zufrieden mit jeder beliebigen Almosenspeise. Und die Zufriedenheit mit jeder beliebigen Almosenspeise, die rühmt er. Der Almosenspeise halber beträgt er sich nicht aufdringlich und ungebührlich. Auch wenn er keine Almosenspeise erhalten hat, so beunruhigt ihn das nicht; hat er aber Almosenspeise erhalten, so genießt er sie, ohne daran zu hängen, unbetört, unverlockt, das Elend dabei merkend und der Entrinnung eingedenk. Doch weil er sich mit jeder beliebigen Almosenspeise begnügt, darum überhebt er sich nicht, noch verachtet er die anderen. Wer sich nun hierin tüchtig und unermüdlich zeigt, wissensklar ist und achtsam, von diesem Mönche sagt man, daß er festhält an den althergebrachten, ursprünglichen Bräuchen.

Da gibt sich ferner, ihr Mönche, der Mönch zufrieden mit jeder beliebigen Lagerstatt. Und die Zufriedenheit mit jeder beliebigen Lagerstatt, die rühmt er. Der Lagerstatt halber beträgt er sich nicht aufdringlich und ungebührlich. Auch wenn er keine Lagerstatt erhalten hat, so beunruhigt ihn das nicht; hat er aber eine Lagerstatt erhalten, so benutzt er sie, ohne daran zu hängen, unbetört, unverlockt, das Elend dabei merkend und der Entrinnung eingedenk. Doch weil er sich mit jeder beliebigen Lagerstatt begnügt, darum überhebt er sich nicht, noch verachtet er andere. Wer sich nun hierin tüchtig und unermüdlich zeigt, wissensklar ist und achtsam, von diesem Mönche sagt man, daß er festhält an den althergebrachten, ursprünglichen edlen Bräuchen.

Ferner noch, ihr Mönche, findet da ein Mönch Gefallen am Meditieren (bhāvanā, Geistesentfaltung), findet Freude am Meditieren; er findet Gefallen an der Entsagung, findet Freude in der Entsagung. Weil er aber am Meditieren Gefallen und Freude findet, weil er an der Entsagung Gefallen und Freude findet, deswegen überhebt er sich nicht, noch verachtet er die anderen. Wer sich nun hierin tüchtig und unermüdlich zeigt, wissensklar ist und achtsam, von diesem Mönche sagt man, daß er festhält an den althergebrachten, ursprünglichen edlen Bräuchen.

Dies, ihr Mönche, sind die vier edlen Bräuche, bekannt als ursprünglich, als althergebracht, als altüberlieferte Bräuche, unbeeinträchtigt in ihrer Geltung jetzt und früher, die nicht beeinträchtigt sind und unbeeinträchtigt bleiben werden, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern.

Ob nun, ihr Mönche, ein Mönch, der diesen vier edlen Bräuchen folgt, in östlicher Richtung weilt, in westlicher, nördlicher oder südlicher Richtung, er beherrscht eben die Unlust und nicht läßt er sich von der Unlust beherrschen. Und warum? Weil eben der Standhafte Gewalt hat über Lust und Unlust.

»Die Unlust zwingt den Starken nicht,
nicht hat sie ihn in ihrer Macht;
die Unlust wird von ihm beherrscht,
die Unlust hat er in Gewalt.
Wer zwingt den Tatvernichter (*1) wohl,
der alle Wünsche von sich wies?
Der rein und lauter scheint wie Gold,
wer sollte den wohl tadeln wollen?
Selbst Himmelswesen preisen einen solchen
und Brahma selber kündet ihm sein Lob.«

(*1) sabba-kamma-vihāyīnam; ein Heiliger, der alles triebbehaftete, zur Wiedergeburt führend Wirken (kamma) aufgegeben hat.


A.IV. 29 Die vier Grundlehren I

Vier Grundlehren (*1) gibt es, ihr Mönche, die bekannt sind als ursprünglich, als althergebracht, als altüberliefert; unbeeinträchtigt [in ihrer Geltung] jetzt wie früher, die nicht beeinträchtigt sind und unbeeinträchtigt bleiben werden, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern. Welches sind diese vier Grundlehren?

Gierlosigkeit, ihr Mönche, ist eine Grundlehre; Haßlosigkeit ist eine Grundlehre; rechte Achtsamkeit ist eine Grundlehre; rechte Geistessammlung ist eine Grundlehre, bekannt als ursprünglich, als althergebracht, als altüberliefert; unbeeinträchtigt jetzt wie früher, die nicht beeinträchtigt ist und unbeeinträchtigt bleiben wird, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern.

Dies sind die vier Grundlehren, ihr Mönche, die bekannt sind als ursprünglich, als althergebracht, als altüberliefert; unbeeinträchtigt jetzt wie früher, die nicht beeinträchtigt sind und unbeeinträchtigt bleiben werden, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern.

»Begierdelos verweile man,
im Herzen ohne jeden Groll;
gesammelt und voll Achtsamkeit,
in seinem Innern ganz gefaßt.«

(*1) dhamma-padāni; Subk.: hauptsächliche Lehrstücke; d.i. Hauptpunkte religiösen Lebens. - Die Pāli-Namen der vier Grundlehren sind: anabhijjhā, abyāpādo, sammā-sati, sammā-samādhi.


A.IV. 30 Die vier Grundlehren II

Einst weilte der Erhabene auf der Geierspitze bei Rājagaha. Damals nun weilten zahlreiche hochangesehene Wanderasketen am Ufer der Sappinī, im Kloster der Wanderasketen, als da waren Annabhāra, Varadhara, der Wanderasket Sakuludāyin und andere hochangesehene Wanderasketen. Da nun begab sich der Erhabene, nachdem er sich am Abend aus seiner Selbstvertiefung erhoben hatte, zum Ufer der Sappinī, zum Kloster der Wanderasketen. Dort setzte er sich auf angebotenem Sitze nieder. Nachdem der Erhabene sich gesetzt hatte, sprach er zu jenen Wanderasketen also:

»Vier Grundlehren gibt es, o Wanderasketen, die bekannt sind als ursprünglich, als althergebracht, als altüberliefert; unbeeinträchtigt [in ihrer Geltung] jetzt wie früher, die nicht beeinträchtigt sind und unbeeinträchtigt bleiben werden, ungetadelt von einsichtigen Asketen und Priestern. Welches sind diese vier Grundlehren? Gierlosigkeit . . . Haßlosigkeit . . . rechte Achtsamkeit . . . rechte Sammlung.

Wer nun, o Wanderasketen, sagen sollte: 'Ich, der ich diese Grundlehre der Gierlosigkeit aufgegeben habe, kann einen Asketen oder Priester erkennen, der voller Gier ist, den es nach den Sinnendingen heftig verlangt' - dem würde ich darauf erwidern: 'Komm! Sprich und erkläre mir: »Ich kenne dessen Geistesmacht.«' Daß aber jener, der die Grundlehre der Gierlosigkeit aufgegeben hat, einen Asketen oder Priester ausfindig machen könnte, der voller Gier ist, den es nach den Sinnendingen heftig verlangt, das ist nicht möglich.

Wer da fernerhin sagen sollte: 'Ich, der ich diese Grundlehre der Haßlosigkeit aufgegeben habe, kann einen Asketen oder Priester erkennen, der von Haß erfüllt ist, und von boshaften Gedanken' - dem würde ich darauf erwidern: 'Komm! Sprich und erkläre mir: »Ich kenne dessen Geistesmacht!«' Daß aber jener dies vermöchte, das ist nicht möglich.

Wer da fernerhin sagen sollte: 'Ich, der ich diese Grundlehre der rechten Achtsamkeit aufgegeben habe, kann einen Asketen oder Priester erkennen, der ohne Achtsamkeit und Wissensklarheit ist' - dem würde ich darauf erwidern: 'Komm! Sprich und erkläre mir: »Ich kenne dessen Geistesmacht!«' Daß aber jener dies vermöchte, das ist nicht möglich.

Wer da fernerhin sagen sollte: 'Ich, der ich diese Grundlehre der rechten Geistessammlung aufgegeben habe, kann einen Asketen oder Priester erkennen, der ohne geistige Sammlung ist, dessen Gedanken abschweifen' - dem würde ich darauf erwidern: »Komm! Sprich und erkläre mir dessen Geistesmacht!«' Daß aber jener dies vermöchte, das ist nicht möglich.

Wer da, o Wanderasketen, glaubt, diese vier Grundlehren tadeln oder verwerfen zu müssen, dem würden schon bei Lebzeiten seine diesbezüglichen vier Aussagen zum Tadel gereichen. Welche vier Aussagen?

Wenn einer, Verehrte, die Grundlehre der Gierlosigkeit tadelt und verwirft, so lobt er damit jene Asketen und Priester, die voller Gier sind, die es nach den Sinnendingen heftig verlangt. Wenn einer die Grundlehre der Haßlosigkeit tadelt und verwirft, so lobt er damit jene Asketen und Priester, die von Haß erfüllt sind und von boshaften Gedanken. Wenn einer die Grundlehre der rechten Achtsamkeit tadelt und verwirft, so lobt er damit jene Asketen und Priester, die ohne Achtsamkeit sind und ohne Wissensklarheit. Wenn einer die Grundlehre der rechten Geistessammlung tadelt und verwirft, so lobt er damit jene Asketen und Priester, die ohne geistige Sammlung sind, deren Gedanken abschweifen.

Wer also, o Wanderasketen, glaubt, diese vier Grundlehren tadeln und verwerfen zu müssen, dem gereichen schon bei Lebzeiten seine diesbezüglichen vier Aussagen zum Tadel.

Selbst Wanderasketen wie Vassa und Bhañña aus Ukkala, die Lehrer des Fatalismus waren, die sittliche Weltordnung leugneten und an nichts glaubten (ahetukavādā akiriyavādā natthikavādā; s. Wtb: ditthi), selbst jene hielten es nicht für ratsam, diese vier Grundlehren zu tadeln und zu verwerfen. Und warum? Eben aus Furcht vor Tadel, aus Furcht, Anstoß und Ärgernis zu erregen.

»Wer haßlos, allzeit achtsam weilt,
im Inneren gut gesammelt ist,
sich um die Gierbezwingung müht,
der gilt als eifrig Strebender.«

    Oben  


>im Inneren gut gesammelt ist,
sich um die Gierbezwingung müht,
der gilt als eifrig Strebender.«

    Oben