Nibbāna ist eine Entwicklungsstufe des Geistes. Dieser Zustand oder diese Stufe kann nur erreicht werden durch einen moralischen Lebenswandel und durch Geistesschulung, durch (Vipassana-) Meditation, d.h. durch Achtsamkeitsübungen wie z.B. in der Satipatthāna-Sutte beschrieben.


Die in den Kommentaren erwähnten zwei Aspekte des Nirwahns, wörtl. ‘Erlöschens', sind:

 

  1. die ‘Völlige Erlöschung der Leidenschaften' (kilesa-nibbāna) - in den Sutten auch genannt sa-upādi-sesa-nibbāna, d.i. ‘Nibbana, bei dem die Daseinsgruppen noch übrig bleiben' -: diese tritt ein bei Erreichung der Vollkommenen Heiligkeit oder Arahatschaft (siehe ariya-puggala).

  2. die ‘Völlige Erlöschung der Daseinsgruppen' (khandha-nibbāna) - auch genannt an-upādi-sesa-nibbāna (siehe upādi), d.i. ‘Nibbāna bei dem keine Daseinsgruppen übrig bleiben', m. a. W. das Zuruhekommen, oder genauer gesagt, Sich-nicht-mehr-Fortsetzen dieses geistig-körperlichen Daseinsprozesses: diese tritt ein beim Tode des Arahat. Siehe It. 44.

 

Bisweilen treten beide Aspekte in ein und demselben Momente, d.i. beim Tode, ein; hierüber siehe sama-sīsī.

 »Wahrlich, ihr Mönche, dies ist der Friede, dies das Erhabene, nämlich das Zuruhekommen aller Karmabildung, Loslösung von allen Daseinssubstraten, Versiegung des Begehrens, die Aufhebung, die Erlöschung, das Nirwahn.« (A.III.32).

 »Von der Gier getrieben, ihr Mönche, durch Haß erbost, durch Verblendung betört und überwältigt, im Geiste gefesselt, sinnt man auf eigenen Schaden, sinnt man auf fremden Schaden, sinnt auf beiderseitigen Schaden, erfährt man geistige Qual und Trübsal. Sind aber Gier, Haß und Verblendung verschwunden, so sinnt man weder auf eigenen Schaden, noch auf fremden Schaden, noch auf beiderseitigen Schaden und empfindet keine geistige Qual und Trübsal. Auf diese Weise ist das Nirwahn an keine Zeit gebunden, bereits bei Lebzeiten erkennbar, einladend, anziehend und dem Weisen verständlich.« (A.III.56).

 »Es gibt, ihr Mönche, ein Bereich, wo weder Festes noch Flüssiges ist, weder Hitze noch Bewegung, weder diese Welt noch jene Welt, weder Sonne noch Mond. Das, ihr Mönche, nenne ich weder ein Kommen, noch ein Gehen, noch ein Stillestehen, weder ein Geborenwerden, noch ein Sterben. Es ist ohne jede Grundlage, ohne Entwicklung, ohne Stützpunkt: das eben ist das Ende des Leidens.« (Ud. VIII. 3).

 

Nicht oft und eindringlich genug kann darauf hingewiesen werden, daß zu einem wirklichen, auch nur theoretischen Verständnis dieses Zieles der gründliche Einblick in die Wahrheit von der Unpersönlichkeit oder anattā die unumgängliche Voraussetzung ist, ohne die man sonst, je nach der geistigen Veranlagung, das Nirwahn notwendigerweise entweder als Vernichtung einer Persönlichkeit mißversteht oder als einen ewigen Daseinszustand, in den das Ich eingeht.

»Im höchsten Sinne nämlich hat man alle vier Wahrheiten (vom Leiden, seiner Entstehung, seiner Erlöschung und dem dorthinführenden Pfad) als leer zu betrachten, u. zw. weil es da keinen (das Leiden) Fühlenden gibt, keinen (die Leidensentstehung bewirkenden) Täter, keinen (in die Leidenserlöschung oder das Nirwahn eingehenden) Erlösten und keinen auf dem Pfade Wandelnden. Denn es heißt:

 

» ‘Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da, 
Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich. 
Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann. 
Den Pfad gibt es, doch keinen Wand'rer sieht man da. 

     

Von Dauer, Schönheit, Glück, Persönlichkeit 
Ist leer die erste und die zweite Wahrheit, 
Von Ichheit leer das Todlose Gebiet, 
Und leer von Dauer, Glück und Ich der Pfad.'« 

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