Entwicklungsgang des Jüngers

In vielen Sutten finden wir in gleichlautenden Worten eine Schilderung des Entwicklungsganges des buddhistischen Jüngers. Es wird uns darin gezeigt, wie sich diese Entwicklung ganz allmählich und gesetzmäßig vollzieht, vom ersten Vernehmen der Lehre und dem ersten Vertrauen und dämmerndem Verständnis ab bis zu seiner schließlichen Verwirklichung der Erlösung.

 

»Nach dem Vernehmen der Lehre wird er von Vertrauen erfüllt, und von diesem Vertrauen erfüllt sagt er sich: ‘Voller Hindernisse ist das Hausleben, eine Stätte der Unreinheit, wie die freie Luft aber die Hauslosigkeit. Nicht leicht ist es im häuslichen Leben einen fleckenlosen heiligen Wandel zu führen. Wie, wenn ich mir nun Haar und Bart scherte, das gelbe Gewand anlegte und von Hause fortzöge in die Hauslosigkeit.' Und nach einiger Zeit, ein kleines oder großes Vermögen und einen kleinen oder großen Verwandtenkreis aufgebend, schert er sich Haar und Bart, legt das gelbe Gewand an und zieht von Hause fort in die Hauslosigkeit.

»Also ein hausloser Mönch geworden, erfüllt er die Lebensregeln der Mönche. Er verwirft das Töten . . . und Stock und Schwert verwerfend, ist er von Zartgefühl und Liebe erfüllt, empfindet zu allen Wesen und Geschöpfen Güte und Wohlwollen. Das Stehlen verwirft er . . . die Unkeuschheit verwirft er . . . Lüge . . . Zwischenträgerei . . . rohe Rede . . . törichtes Plappern verwirft er.

»Er meidet die Zerstörung von Keim- und Pflanzenleben, nimmt nur zu einer Tageszeit Nahrung zu sich . . . meidet Tanz, Gesang, Musik, Schaustellungen, verwirft Blumenschmuck usw. Hohe üppige Betten benutzt er nicht, nimmt kein Gold und Silber an, hält sich von Kauf und Verkauf fern.

»Er begnügt sich mit dem Gewande, das seinen Körper schützt, mit der Almosenspeise, womit er sein Leben fristet. Wohin er auch immer zieht, da ist er eben mit diesen beiden Dingen, Gewand und Schale, versehen, genau wie ein beschwingter Vogel beim Fliegen stets seine Flügel mit sich trägt.

»Durch Befolgung dieser edlen Sittensatzung aber empfindet er in seinem Innern ein untadeliges Glück.«

 

Des Weiteren wird dann gezeigt, wie er die Tore seiner 5 Sinne und seines Geistes bewacht und durch diese edle Sinnenzügelung in seinem Innern ein ungetrübtes Glück empfindet; wie er stets bei jeder einzelnen Handlung sich völlig klar bewußt ist; wie er dann, von dieser edlen Sinnenzügelung und dieser edlen Achtsamkeit und Wissensklarheit erfüllt, die Einsamkeit aufsucht und, sich dort von den fünf inneren Hemmungen (siehe nīvarana) läuternd, die Volle Sammlung der vier Vertiefungen (siehe jhāna) erreicht, darauf den Hellblick (siehe vipassanā) in die Vergänglichkeit, das Elend und die Unpersönlichkeit aller Daseinsformen entfaltend schließlich die Erlösung von allen Leidenschaften verwirklicht und ihm die Gewißheit aufgeht:

»Auf ewig bin ich nun erlöst.
Zum letzten Mal bin ich gebor'n.
Kein neues Dasein steht bevor.«

 

Siehe D.1, D.5, D.8; M.27, M.38, M.51, M.60, M.76; A.IV.198, A.X.99; Pug. 239 usw.


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