Visuddhi Magga XVII

(VIII-IX) "Durch Begehren bedingt ist das Anhaften" (tanhā-paccayā upādānam)

 
Hinsichtlich dieses Satzes heißt es:
 

 
Dies ist hierzu die 'Erklärung: -
 

 

Diese gelten hier als die 4 Anhaftungen (upādāna).

 

'Dem Sinne nach' ist folgendes die Erklärung: 

Daß man an der in den physischen Objekten bestehenden Sinnlichkeit anhaftet, das gilt als das Sinnliche Anhaften. Oder auch, Sinnliches Anhaften besagt, daß jene Sinnlichkeit (hier das sinnliche Begehren) ein Anhaften ist. 'Anhaften' (upādāna) ist das Festhalten, denn die Partikel 'upa' hat den Sinn von 'fest', gerade so wie in den Worten 'upāyāsa, upakattha' usw. Dementsprechend besagt 'ditthûpādāna', daß eben jene Ansichten (ditthi) ein Anhaften sind oder daß da ein Anhaften an Ansichten besteht. In solchen Aussprüchen wie 'Ewig ist das Ich und die Welt usw.' hält die spätere Ansicht an der früheren fest. Demnach also bedeutet 'sīlabbatûpādāna' das Anhaften an bloßen Regeln und Riten; oder auch, daß eben jene Regeln und Riten ein Anhaften sind. Die Regeln und Riten der Kuhasketen usw. (s. M. 57) nämlich gelten wegen der fixen Idee, daß man auf diese Weise Heiligkeit erreiche, selber schon als Anhaften. 'Theorie' (vāda) besagt, daß man dadurch dies oder das behauptet. 'Weil man dadurch anhaftet, gilt sie als Anhaften. Was aber behauptet man? Woran haftet man? Am Ich. Oder, als 'attavādûpādāna' gilt das Anhaften am Ich. Oder, weil man dadurch am 'Ich', d.i. am Persönlichkeitsglauben haftet, heißt es 'attavādûpādāna'. Dies nun ist die Erklärung der vier Anhaftungen dem Sinne nach.

 

Was die 'kurze und ausführliche' Besprechung der Dinge aber anbetrifft, wurde 'kurz gefaßt' vorerst das Sinnliche Anhaften (kāmûpādāna) als starker Grad des Begehrens bezeichnet, gemäß den Worten (Dhs. § 1214; Vibh. XVII): "Was ist da das Sinnliche Anhaften? Was da hinsichtlich der Sinnenobjekte sinnliche Absicht ist, sinnliche Gier, sinnliche Lust, sinnliches Begehren, sinnliche Anhänglichkeit, sinnliche Glut, sinnliches Betörtsein, sinnliches Gefesseltsein: dies bezeichnet man als das Sinnliche Anhaften." Als ein starker Grad des Begehrens gilt eben das durch das frühere Begehren als Anlaß bedingte, stark gewordene spätere Begehren. Einige jedoch erklären, Begehren (tanhā) sei das Verlangen nach einem noch nicht erlangten Gegenstande, gerade wie ein Dieb im Dunkeln die Hand (nach einem Gegenstand) ausstrecke; das Anhaften (upādāna) aber sei das Festhalten des erlangten Gegenstandes, gerade wie jener Dieb den Gegenstand festhalte. Ferner seien diese Dinge (Begehren und Anhaften) der Bedürfnislosigkeit und der Genügsamkeit entgegenwirkend und so die Wurzeln des im Suchen und des im Behüten des Besitzes bestehenden Elends. - Die übrigen drei Anhaftungen aber sind, kurz gesagt, bloße Ansichten.

 

'Ausführlich erklärt' aber gilt:

Als 'Sinnliches Anhaften' (kāmûpādāna) der starke Grad des oben erwähnten 108fachen Begehrens hinsichtlich der Sehobjekte usw. -

Als Anhaften an Ansichten (ditthûpādāna) gelten die 10 Arten von verkehrten Ansichten. Wie es heißt (Dhs. 1215): "Was ist da das Anhaften an Ansichten? 'Almosen und Opfergaben sind wertlos... nicht gibt es in der Welt Mönche und Priester, die diese wie die nächste Welt selber erkannt und verwirklicht haben und sie erklären können' (M. 117): alle solche Ansichten... und verkehrten Auffassungen bezeichnet man als das Anhaften an Ansichten." -

Das Festhalten an der Ansicht aber, daß man durch bloße Sittenregeln und Riten Heiligung erlange, gilt als das 'Anhaften an bloßen Regeln und Riten' (sīlabbatûpādāna). Wie es heißt (Dhs. § 1216, Vibh. XVII): "Was ist da das Anhaften an bloßen Regeln und Riten?... 'Durch Befolgung von Regeln erlangt man Heiligkeit, durch Befolgung von Riten erlangt man Heiligkeit': was da solcherart an Ansichten besteht... an verkehrten Auffassungen, das bezeichnet man als das Anhaften an bloßen Regeln und Riten." -

Die 20 Arten von 'Ich-Ansichten mit Hinsicht auf die bestehenden Daselnsgruppen' (sakkāya-ditthi) bezeichnet man als das 'Anhaften am 'Persönlichkeitsglauben' (atta-vādûpādāna). Wie es heißt (Dhs. § l2l7,Vibh.XVII): "Was ist da das Anhaften am Persönlichkeitsglauben? Da betrachtet der unwissende Weltling... ungezügelt in der Lehre der guten Menschen, die Körperlichkeit als das Ich (M. 2): das bezeichnet man als das Anhaften am Persönlichkeitsglauben.

Dies nun gilt hier als die kurze und ausführliche Erklärung der Dinge.

 

'Der richt'gen Reihenfolge nach': Hier nämlich gibt es eine dreifache Reihenfolge: Reihenfolge in der Entstehung, Reihenfolge in der Überwindung und Reihenfolge in der Darlegung.

 

Da man bei dieser hinsichtlich ihres Anfanges unausdenkbaren Daseinsrunde nicht von einer ersten Entstehung von irgend etwas reden kann, so spricht man nicht im absoluten Sinne von einer Reihenfolge in der Entstehung der befleckenden Leidenschaften, wohl aber in gewissem Sinne, denn in dem einzelnen Dasein geht meistens das Sichanklammern an den Ich-Gedanken dem Anhaften an der Ewigkeits- und Vernichtungs-Ansicht voraus. Wer dann dieses sogenannte Ich als ewig auffaßt, in dem entsteht, in der Absicht, dieses Ich zu heiligen, das Anhaften an Regeln und Riten; und wer glaubt, daß das Ich vernichtet werde und daher unbekümmert ist um die nächste Welt, in dem entsteht das Sinnliche Anhaften. Auf diese Weise entsteht zuerst das Anhaften am Persönlichkeitsglauben, dann das Anhaften an Ansichten, an Regeln und Riten, am Sinnlichen. Dieses ist die Reihenfolge in der Entstehung der Anhaftungen in einem einzelnen Dasein.

 

Von diesen 4 Arten des Anhaftens wird zuerst das Anhaften an Ansichten usw. überwunden, da es bereits auf dem Pfade des Stromeintrittes (sotâpatti) zerstört wird. Das sinnliche Anhaften aber wird später überwunden, da es erst auf dem Pfade der Arahatschaft (*) zerstört wird. Dies ist die Reihenfolge in der Überwindung der Anhaftungen.


(*)Von Rechts wegen sollte es heißen 'Anāgāmischaft', denn bereits im Anāgāmī (Niewiederkehrenden) ist das Sinnliche Anhaften (kāmūpādāna) restlos erloschen. Da aber nach der Buddhalehre ohne 'upādānā' (Anhaftung) keine Wiedergeburt stattfinden kann, der Anagamī aber noch wiedergeboren wird (u. zw. unter den Suddhâvāsas), so sieht sich der Kom. hier genötigt, 'kāmūpādāna' einfach als Gesamtnamen für alles Begehren zu erklären, obwohl doch gerade kurz vorher 'kamūpādāna' bloß als 'sinnliches' Anhaften erklärt wurde. Auf alle Fälle erscheint die Vierereinteilung der Upādānas nicht umfassend genug. Man möchte neben 'kāmūpādāna' etwa noch 'rūpūpādāna' und 'arūpūpādāna erwarten nach Analogie von 'kāma-tanhā', 'rūpatanhā' und 'arūpa-tanhā'; oder 'bhavūpādāna' nach Analogie von 'kāmāsava, bhavāsava', oder von 'kāma-tanhā, bhava-tanhā'.


Weil das Sinnliche Anhaften aber ein großes Gebiet umfaßt und klar verständlich ist, darum wird es von jenen Arten des Anhaftens als erstes dargelegt. Denn durch Verbindung mit den 8 (begehrlichen,) Bewußtseinsklassen (22 bis 29) umfaßt es ein großes Gebiet; die übrigen Arten des Anhaftens aber umfassen nur ein kleines Gebiet, da sie nur mit vier (von Ansichten begleiteten begehrlichen) Bewußtseinsklassen (22, 23, 26, 27, siehe Tabelle I) verbunden sind. Da die Welt zumeist am Sinnlichen Anhaften Freude empfindet, ist eben das Sinnliche Anhaften klar verständlich, nicht so aber die übrigen Arten des Anhaftens. Oder, der an der Sinnlichkeit Haftende ist den Belustigungen, Festlichkeiten usw. hingegeben, um die sinnlichen Genüsse zu erlangen. In dem Gedanken aber, daß diese beständig seien, steigt ihm unmittelbar darauf das Anhaften an Ansichten auf. Dieses ist zweifach, insofern es in das Anhaften an 'Regeln und Riten' und das Anhaften am 'Persönlichkeitsglauben' zerfällt. Weil nun unter diesen beiden das Anhaften an Regeln und Riten deutlich zu erkennen ist, sobald man z.B. die Kuh- oder Hunderiten (usw.; M. 57) erblickt hat, darum wird es vorher genannt. Weil aber das Anhaften am Persönlichkeitsglauben etwas Subtiles ist, wurde es am Ende genannt. Dies ist die Reihenfolge in der Darlegung dieser vier Arten des Anhaftens.

 

Für die erste von den also gewiesenen Anhaftungen, nämlich die Sinnliche Anhaftung (kāmûpādāna), ist das Sinnliche Begehren (kāma-tanhā) nur auf eine einzige Weise eine Bedingung, u. zw. als Anlaß (upanissaya), weil sie eben bei den dem Begehren erwünschten Objekten aufsteigt (Das sinnliche Anhaften (kāmūpādāna) ist nämlich bloß der später auftretende stärkere Grad des sinnlichen Begehrens, kāma-tanhā). Für die drei übrigen Anhaftungen aber bildet das Begehren eine siebenfache Bedingung, u. zw. im Sinne von Zusammenentstehung, Gegenseitigkeit, Grundlage, Verbundensein, Anwesenheit, Nichtgeschwundensein und Wurzelbedingung oder, einschließlich der Anlaß-Bedingung, eine achtfache Bedingung. Doch wo das Begehren die Bedingung im Sinne eines Anlasses ist, kann dieses nicht (mit dem Anhaften) zusammen entstehen.

Hier endet die ausführliche Besprechung des Satzes: 'Durch Begehren bedingt ist das Anhaften.'


(IX-X) "Durch Anhaften bedingt ist der Werdeprozeß" (upādāna-paccayā bhavo)

 

Betreffs dieses Satzes heißt es:

 

 

Hier nun bedeutet 'Werdeprozeß' (bhava), daß etwas im Werden ist ('wird'). Der Werdeprozeß ist zweifach: Karma-Prozeß (kamma-bhava) und Geburts-Prozeß (uppatti-bhava). Wie es heißt (Vibh. VI): "Der Werdeprozeß ist zweifach: es gibt da den Karma-Prozeß, und es gibt den Geburts-Prozeß." Hierbei bedeutet der Karma-Prozeß den in Karma (d.i. in wiedergeburt-erzeugendem oder wiedergeburt-beeinflussendem heilsamem oder unheilsamem Wirken) bestehenden Werdeprozeß. Ebenso bedeutet der Geburts-Prozeß den in der Geburt bestehenden Werdeprozeß; auch weil darin die Geburt zum Entstehen kommt, gilt er als der Werdeprozeß. Karma aber ist mit Rücksicht auf die Wirkung als der Werdeprozeß zu verstehen, da es eben den Werdeprozeß erzeugt, genau wie die Geburt eines Erleuchteten als ein Glück bezeichnet wird, weil sie eben Glück erzeugt. So hat man hier die Erklärung hinsichtlich der Bedeutung zu verstehen.

 

'Nach dem wahren Wesen': Der 'Karma-Prozeß' (kamma-bhava) besteht, kurz gesagt, im Willen (cetanā) und den damit verbundenen und als Karma bezeichneten Dingen, wie Gier usw. Wie es heißt (Vibh. VI): "Was gilt da als der Karma-Prozeß (kamma-bhava)? Die verdienstlichen Karmaformationen, die unverdienstlichen Karmaformationen und die unerschütterlichen Karmaformationen, ob auf begrenzter oder entfalteter Stufe: das nennt man den Karma-Prozeß." Auch alles (übrige) den Werdeprozeß herbeiführende Karma gilt als Karma-Prozeß.

 

Hierbei nun gelten als die verdienstlichen Karmaformationen 13 Willensklassen der Sinnlichen und Feinkörperlichen Sphäre (1 bis 13), als die unverdienstlichen Karmaformationen 12 Willensklassen (der Sinnlichen Sphäre: 12-33), als die unerschütterlichen Karmaformationen 4 Willensklassen (der Unkörperlichen Sphäre: 14 bis 17). Der Ausdruck, 'ob auf begrenzter oder entfalteter Stufe' bezieht sich darauf, ob eben diese Willenklassen von kleiner oder großer Karmawirkung sind (oder, nach dem Kommentar, ob sie der Sinnlichen oder einer höheren Sphäre angehören). Mit dem Ausdruck 'auch alles übrige den Werdeprozeß herbeiführende Karma', damit sind die mit dem Willen verbundenen Dinge wie Gier usw. gemeint.

 

Als der 'Geburts-Prozeß' (uppatti-bhava) aber gelten, kurz gefaßt, die karmagezeugten Daseinsgruppen in ihrer neunfachen Einteilung. Wie es heißt (Vibh. VI): "Was gilt da als der Geburts-Prozeß? Es ist:
 

Das nennt man den Geburtsprozeß."

 

[In der Welt der Unbewußten Wesen (asañña-satta) gibt es nur eine Gruppe, die Körperlichkeitsgruppe; in der Unkörperlichen Welt (arūpa-loka) nur die 4 geistigen Gruppen (Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen, Bewußtsein); in der Sinnlichen Welt (kāma-loka) und der Feinkörperlichen Welt (rūpa-loka), ausgenommen bei den Unbewußten Wesen, alle 5 Gruppen.]

 

Der als 'sinnlich' bezeichnete Werdeprozeß gilt hierbei als der Werdeprozeß in der Sinnlichen Sphäre. Die entsprechende Erklärung gilt auch für den Werdeprozeß in der Feinkörperlichen und unkörperlichen Sphäre. Der Werdeprozeß in der Wahrnehmungssphäre bedeutet entweder, daß der Werdeprozeß in Wahrnehmung (und den übrigen geistigen Gruppen) besteht, oder daß in diesem Werdeprozesse die Wahrnehmung anwesend ist. Umgekehrt ist es mit dem Werdeprozesse in der Nichtwahrnehmungssphäre (nämlich der Unbewußten Wesen). Von dem Werdeprozeß in der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungssphäre spricht man, sofern es in jenem Werdeprozesse weder Wahrnehmung noch Nichtwahrnehmung gibt, da eben die grobe Wahrnehmung fehlt und nur subtile Wahrnehmung vorhanden ist (Hier ist die 4. Vertiefung der Unkörperlichen Sphäre gemeint, in welcher Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewußtsein nahezu erloschen sind). Als der Werdeprozeß in der Eingruppensphäre gilt der mit nur einer einzigen Gruppe, der Körperlichkeitsgruppe, erfüllte Werdeprozeß (der Unbewußten Wesen) oder derjenige Werdeprozeß, der nur eine einzige Gruppe besitzt. Die entsprechende Erklärung gilt auch für den Werdeprozeß in der Viergruppensphäre (der Unkörperlichen Sphäre) und der Fünfgruppensphäre.

 

Unter diesen Werdeprozessen aber besteht derjenige der Sinnensphäre (kāma-bhava) aus den karmisch-abhängigen Daseinsgruppen, ebenso der Feinkörperliche Werdeprozeß (rūpa-bhava). Der Unköperliche Werdeprozeß (arūpa-bhava) besteht aus den 4 (geistigen) Gruppen, der Werdeprozeß der Wahrnehmungssphäre aus 4 oder 5 Daseinsgruppen, der der Nichtwahrnehmungssphäre (der Unbewußten Wesen) bloß aus einer einzigen Daseinsgruppe (der Körperlichkeitsgruppe), der der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungssphäre aus den 4 (geistigen) Daseinsgruppen. Der Eingruppen-Prozeß sowie die übrigen Prozesse bestehen hinsichtlich der karmisch-abhängigen Daseinsgruppen aus 1 oder 4 oder 5 Gruppen.

In dieser Weise hat man die Erklärung hinsichtlich des wahren Wesens zu verstehen.

 

'Nach Nützlichkeit': - Wenn auch die bereits in der Beschreibung der Karmaformationen (sankhāra) angeführten verdienstlichen und anderen Karmaformationen nochmals genau so hier in der Beschreibung des Werdeprozesses (bhava) angeführt werden, so ist es trotzdem durchaus zweckdienlich, nochmals jene Erklärung zu wiederholen. Die ersteren Karmaformationen werden angegeben, da sie als vorgeburtliches Karma die Bedingung zur Wiedergeburt in diesem Dasein bilden; und die letzteren, da sie als gegenwärtiges Karma die Bedingung zu künftiger Wiedergeburt sind. Oder, in der früheren Erklärung wurde bloß der Wille (cetanā) als die Karmaformation erklärt, in den Worten: 'Was ist da die verdienstliche Karmaformation? Der heilsame Wille in der Sinnensphäre usw.' Hier aber werden auch die mit dem Willen verbundenen Dinge (wie Gier usw.) eingeschlossen in den Worten: 'Auch alles übrige den Werdeprozeß herbeiführende Karma.' An der früheren Stelle wurde ferner bloß das für das Bewußtsein (des neuen Daseins) die Bedingung bildende Karma als die Karmaformation erklärt, hier aber wird selbst das den (körperlichen) Werdeprozeß der Unbewußten Wesen herbeiführende Karma erwähnt. Wozu der vielen Worte? In dem Satz 'Durch Unwissenheit bedingt sind die Karmaformationen', darin werden bloß die in verdienstlichen und anderen Karmaformationen bestehenden karmisch heilsamen (kusala) und unheilsamen (akusala) Dinge genannt. In dem Satz aber 'Durch Anhaften bedingt ist der Werdeprozeß' werden die heilsamen, unheilsamen und (noch außerdem) die karmisch neutralen (avyākata) Dinge erwähnt, weil eben hier auch der Geburtsprozeß (d.i. die in den 5 Daseinsgruppen bestehende Wirkung des Karmaprozesses) mit eingeschlossen ist. Daher ist diese Wortwiederholung in jeder Weise zweckdienlich. Auf diese Weise nun hat man die Erklärung mit Hinsicht auf Nützlichkeit zu verstehen.

 

'Nach Teilung und Zusammenfassung' besagt: nach der Einteilung und Zusammenfassung des durch Anhaften bedingten Werdeprozesses.

 

'Nach Teilung':

Alles durch sinnliches Anhaften bedingte und den Sinnlichen Werdeprozess (kāma-bhava) erzeugende Karma nämlich, das gewirkt wird, gilt als der Karma-Prozeß (kamma-bhava);

die dadurch entstandenen Daseinsgruppen aber gelten als der Geburtsprozeß (uppatti-bhava).

Die entsprechende Erklärung gilt auch für den Feinkörperlichen Werdeprozeß (rūpa-bhava) und den Unkörperlichen Werdeprozeß (arūpa-bhava).

Auf diese Weise gibt es, durch Sinnliches Anhaften (kāmûpādāna) bedingt, 2 sinnliche Werdeprozesse und, darin eingeschlossen, den Werdeprozeß der wahrnehmenden Wesen und den Fünfgruppen-Werdeprozeß;

ferner 2 feinkörperliche Werdeprozesse und, darin eingeschlossen, den Werdeprozeß der wahrnehmenden Wesen und den der nichtwahrnehmenden (Unbewußten) Wesen, den Eingruppen-Werdeprozeß und den Fünfgruppen-Werdeprozeß;

ferner 2 unkörperliche Werdeprozesse und, darin eingeschlossen, den Werdeprozeß der wahrnehmenden Wesen, den der weder wahrnehmenden noch nichtwahrnehmenden Wesen und den Viergruppen-Werdeprozeß.

Somit gibt es 6 Werdeprozesse und außerdem die darin eingeschlossenen Prozesse. Und wie durch das Sinnliche Anhaften 6 Werdeprozesse und die darin eingeschlossenen Prozesse bedingt sind, so auch ist es bei jeder der übrigen (drei) Anhaftungen.

Auf diese Weise gibt es, der Einteilung nach, 24 durch Anhaften bedingte Werdeprozesse und außerdem die darin eingeschlossenen Prozesse.

 

'Nach Zusammenfassung':

Wenn wir den Karma-Prozeß (kamma-bhava) und den Geburts-Prozeß (upatti-bhava) zu einem zusammenfassen, so erhalten wir:

einen durch Sinnliches Anhaften bedingten Werdeprozeß (kāma-bhava), ebenso

einen Feinkörperlichen (rūpa-bhava) und

einen Unkörperlichen Werdeprozeß (arūpa-bhava), zusammen 3 Werdeprozesse. Das Gleiche trifft auch bei den durch die übrigen drei Anhaftungen bedingten Werdeprozessen zu.

Auf diese Weise erhalten wir durch Zusammenfassung 12 Werdeprozesse und außerdem die darin eingeschlossenen Prozesse.

 

Macht man aber diese Unterschiede nicht, so gilt eben das durch Anhaften bedingte und zum Sinnlichen Werdeprozesse hinführende Karma als der Karmaprozeß und die dadurch gezeugten Daseinsgruppen als der Geburtsprozeß. Genau so verhält es sich mit dem Feinkörperlichen und dem Unkörperlichen Prozesse. Auf diese Weise gibt es, durch Anhaften bedingt, 2 Sinnliche Werdeprozesse, 2 Feinkörperliche Werdeprozesse und 2 Unkörperliche Werdeprozesse und die darin eingeschlossenen Prozesse, also in dieser anderen Weise, der Zusammenfassung nach, 6 Werdeprozesse. Oder, wenn man die Einteilung in Karma-Prozeß und Geburtsprozeß nicht macht, so erhält man drei Werdeprozesse, den Sinnlichen Werdeprozeß usw., mit den jedesmal darin eingeschlossenen Prozessen. Macht man aber diese Einteilung in Sinnlichen Werdeprozeß usw. nicht, so erhält man drei Werdeprozesse, den Karma-Prozeß und den Geburts-Prozeß. Macht man auch diese Einteilung nicht, so erhält man eben nur einen einzigen Werdeprozeß, wie es heißt: 'Durch Anhaften bedingt ist der Werdeprozeß'.

Auf diese Weise hat man die Erklärung zu verstehen mit Hinsicht auf Teilung und Zusammenfassung.

 

'Nach dem, was da Bedingung ist, und auch wofür': Dieses besagt: Welches Anhaften hierbei die Bedingung ist, und auch wofür es die Bedingung ist, diese Erklärung sollte man kennen. Was ist nun aber da die Bedingung und wofür ist es die Bedingung? Irgend etwas (Anhaften) ist für irgend etwas (Werdeprozeß) die Bedingung. Der Weltling nämlich ist wie ein Wahnsinniger. Ohne zu bedenken, was richtig und was verkehrt ist, sehnt er sich infolge irgend eines Anhaftens nach irgend einem Dasein und verübt jedes beliebige Karma. Daher möge man es nicht billigen, wenn einige behaupten, durch das Anhaften an bloßen Regeln und Riten käme der Feinkörperliche und Unkörperliche Werdeprozeß nicht zustande. Einsehen sollte man, daß durch jedwedes Anhaften jedweder Werdeprozeß bedingt sein mag.

 

 

(Sinnliches Anhaften: kāmûpādāna). Da z.B. denkt irgend einer auf Grund von Hörensagen oder zufolge seiner Ansicht, daß in der Menschenwelt in mächtigen Adelsfamilien usw. jene Sinnenfreuden zu finden seien wie auch in den 6 Himmelswelten der Sinnlichen Sphäre. Und durch das Hinhören auf schlechte Lehre usw. irregeführt meint er, durch diese oder jene Werke würden ihm die Sinnenfreuden zuteil. So führt er denn, um diese zu erlangen, auf Grund seines sinnlichen Anhaftens einen üblen Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Nach voller Ausübung eines üblen Wandels aber erscheint er auf niederer Daseinsfährte wieder. Oder aber, indem er sich nach den gegenwärtigen Sinnenfreuden sehnt und die bereits erlangten Dinge hütet, führt er auf Grund seines sinnlichen Anhaftens einen üblen Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Nach voller Ausübung eines üblen Wandels aber erscheint er auf niederer Daseinsfährte wieder. Das für seine Wiedergeburt dortselbst die Bedingung bildende (gegenwärtige) Karma (Wirken) gilt als der Karmaprozeß, und die durch das Karma erzeugten Daseinsgruppen (im nächsten Leben) gelten als der Geburtsprozeß. Der von Wahrnehmung begleitete Werdeprozeß und der Fünfgruppen-Werdeprozeß aber sind hierin miteingeschlossen. - Ein anderer aber, durch das Hinhören auf die gute Lehre in der Erkenntnis gereift und im Glauben, daß ihm durch solches Tun die Sinnenfreuden zuteil werden, führt auf Grund von sinnlichem Anhaften einen guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Und nach voller Ausübung eines guten Wandels erscheint er unter den Himmelswesen oder unter den Menschen wieder. Das für seine Wiedergeburt dortselbst die Bedingung bildende Karma gilt als der Karmaprozeß, und die durch das Karma erzeugten Daseinsgruppen dortselbst gelten als der Geburtsprozeß. Der von Wahrnehmung begleitete Werdeprozeß und der Fünfgruppen-Werdeprozeß aber sind hierin miteingeschlossen. Auf diese Weise ist das 'Sinnliche Anhaften' (kāmûpādāna) die Bedingung für den 'Sinnlichen Werdeprozeß' (kāma-bhavana) mit allen seinen Unterabteilungen und eingeschlossenen Prozessen.

 

Ein anderer aber, hörend oder sich einbildend, daß die Sinnenfreuden im Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Dasein noch vollkommener seien, bringt auf Grund seines Sinnlichen Anhaftens die Feinkörperlichen und Unkörperlichen Erreichungszustände (Vertiefungen) zustande und wird kraft dieser Erreichungszustände in einer Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Brahmawelt wiedergeboren. Das für seine Wiedergeburt dortselbst die Bedingung bildende Karma gilt als der Karmaprozeß, und die durch das Karma erzeugten Daseinsgruppen gelten als der Geburtsprozeß. Die Werdeprozesse der wahrnehmenden, der nichtwahrnehmenden und der weder wahrnehmenden noch nichtwahrnehmenden Wesen, sowie der Ein-, Vier- oder Fünfgruppen-Sphäre (eka-, catu-, pañca- vokāra-bhava) aber sind hierin miteingeschlossen. (Das Gebiet der nicht-wahrnehmenden, d.i. Unbewußten Wesen (asañña-satta) gehört zur Feinkörperlichen Sphäre und zum Einergruppendasein (Körperlichkeitsgruppe). Auf diese Weise ist das 'Sinnliche Anhaften' die Bedingung für den 'Feinkörperlichen' und den 'Unkörperlichen' Werdeprozeß (rūpa-bhava, arūpa-bhava) mit allen den Unterabteilungen und eingeschlossenen Prozessen.

 

(Anhaften an Ansichten: ditthûpādāna). Ein anderer aber haftet an der Vernichtungs-Ansicht (uccheda-ditthi) denkend: 'Dieses Ich da wird in irgend einem glücklichen Dasein der Sinnensphäre, Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Sphäre die Vernichtung, die vollkommene Vernichtung, erreichen'. Und so verübt er ein solches Karma, das ihn dorthin führt. Sein Karma aber gilt als der Karma-Prozeß, und die durch das Karma gezeugten Daseinsgruppen gelten als der Geburts-Prozeß. Die Werdeprozesse der Wahrnehmungssphäre usw. aber sind hierin miteingeschlossen. Auf diese Weise ist das 'Anhaften an Ansichten' (ditthûpādāna) die Bedingung für den Sinnlichen, Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Werdeprozeß mit allen Unterabteilungen und eingeschlossenen Prozessen.

 

(Anhaften am Persönlichkeitsglauben: attavādûpādāna). Ein anderer denkt: 'Dieses Ich da ist im glücklichen Dasein der Sinnlichen, Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Sphäre selig und frei von Qualen'; und infolge seines Anhaftens an diesem Persönlichkeitsglauben verübt er ein solches Karma, das ihn dorthin führt. Dieses sein Karma aber gilt als der Karma-Prozeß, und die durch das Karma gezeugten Daseinsgruppen gelten als der Geburts-Prozeß. Die Werdeprozesse der Wahrnehmungssphäre usw. aber sind hierin miteingeschlossen. Auf diese Weise ist das 'Anhaften am Persönlichkeitsglauben' (attavādûpādāna) die Bedingung für die 3 Werdeprozesse mit allen Unterabteilungen und eingeschlossenen Prozessen.

 

(Anhaften an bloßen Regeln und Riten: sīlabbatûpādāna). Ein anderer denkt: 'Wer die und die Regeln und Riten in irgend einem glücklichen Dasein der Sinnlichen, Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Sphäre erfüllt, in dem erreicht das Glück die Vollendung; und auf Grund dieses Anhaftens an äußeren Regeln und Riten verübt er solches Karma, das ihn dorthin führt. Dieses sein Karma aber gilt als der Karma-Prozeß, und die durch dieses Karma gezeugten Daseinsgruppen gelten als der Geburts-Prozeß. Die Werdeprozesse der Wahrnehmungssphäre usw. aber sind hierin miteingeschlossen. Auf diese Weise ist das 'Anhaften an bloßen Regeln und Riten' (sīlabbatûpādāna) die Bedingung für die 3 Werdeprozesse mit allen ihren Unterabteilungen und eingeschlossenen Prozessen.

So hat man hier die Erklärung zu verstehen mit Hinsicht darauf ' was die Bedingung ist, und auch wofür.

 

 
Was ist also da die Bedingung und für welchen Werdeprozeß und in welcher Weise?
 

 

Hinsichtlich des Feinkörperlichen und Unkörperlichen Werdeprozesses nämlich bildet das vierfache Anhaften sowohl für das noch im Sinnlichen Werdeprozeß eingeschlossene heilsame (kusala) Karma des Karma-Prozesses als auch für den (dadurch gezeugten) Geburts-Prozeß (in Feinkörperlicher oder Unkörperlicher Welt) bloß auf eine einzige Weise eine Bedingung, u. zw. als Anlaß (upanissaya).

 

Im Sinnlichen Werdeprozesse aber bilden die 4 Anhaftungen für den mit ihnen selber verbundenen unheilsamen Karma-Prozeß eine Bedingung im Sinne von Zusammenentstehung, Gegenseitigkeit, Grundlage, Verbundensein, Anwesenheit und Nichtgeschwundensein. Für den mit ihnen nicht verbundenen (sondern später eintretenden) Karma-Prozeß jedoch bilden die Anhaftungen bloß als Anlaß eine Bedingung.

 

Hier endet die ausführliche Besprechung des Satzes: 'Durch Anhaften bedingt ist der Werdeprozeß.'


(X-XI) "Durch den Werdeprozeß bedingt ist die Geburt, usw." (bhava-paccayā jāti)

 

In dem Satz hat man die Erklärung von 'Geburt' (jāti) usw. in der in der Darlegung der Wahrheiten gegebenen Weise zu verstehen. Unter dem Werdeprozeß aber hat man hier bloß den 'Karma-Prozeß' (kamma-bhava) zu verstehen; denn nur dieser ist die Bedingung für die Geburt, nicht der Geburts-Prozeß (Das Gebiet der nicht-wahrnehmenden, d.i. Unbewußten Wesen (asañña-satta) geburtlichen Karmaprozeß (kamma-bhava) gewirkten (vipāka) passiven Lebensprozeß, umfassend die Glieder III-VII und XI-XII des Paticcasamuppāda). Dieser Karma-Prozeß aber bildet eine zweifache Bedingung: als Karma und als Anlaß.

 

Hier nun möchte einer fragen: 'Wie kann man wohl wissen, daß durch den Werdeprozeß die Geburt bedingt ist?' - Weil, selbst wenn die äußeren Bedingungen die gleichen sind, man Unterschiede bemerken kann wie niedrig, edel u. dgl. Denn wenn auch die äußeren Bedingungen wie Samen, Blut, Nahrung usw. bei den Eltern ('janaka-jananī', Vater und Mutter) die gleichen sind, so bemerkt man dennoch, selbst im Falle von Zwillingen, bei allen Wesen Unterschiede wie niedrig, edel usw. Solche Eigentümlichkeiten sind nicht ohne Grund, denn nicht zu allen Zeiten und nicht bei allen Wesen sind diese anzutreffen. Sie haben eben keinen anderen Grund als den Karma-Prozeß. Weil eben im eigenen Lebensfortgang der durch Karma entstandenen Wesen kein anderer Grund anzutreffen ist, so haben diese Unterschiede eben im Karma-Prozeß ihren Grund. Das Karma nämlich ist bei den Wesen der Grund zu ihren Unterschieden, wie niedrig, edel usw. Daher sagte auch der Erhabene (M. 135): "Das Karma (Wirken) scheidet die Wesen in niedrig und erhaben." Darum möge man einsehen, daß der (karmische) Werdeprozeß die Bedingung ist für die Geburt.


 Home Oben Zum Index Zurueck Voraus