Visuddhi Magga V

Die übrigen neun Kasinas

2. Das Wasserkasina (āpo-kasina)
3. Das Feuerkasina (tejo-kasina)
4. Das Windkasina (vāyo-kasina)
5. Das Blaukasina (nīla-kasina)
6. Das Gelbkasina (pīta-kasina)
7. Das Rotkasina (lohita-kasina)
8. Das Weißkasina (odāta-kasina)
9. Das Lichtkasina (āloka-kasina)
10. Das Raumbegrenzungskasina (paricchinnākāsa-kasina)

 Vis. V. 2. Das Wasserkasina (āpo-kasina)

Nunmehr kommt die ausführliche Besprechung des unmittelbar auf das Erdkasina folgenden Wasserkasinas. Gerade nun wie beim Erdkasina, soll auch, wer das Wasserkasina zu entfalten wünscht, sich bequem hinsetzend, das Objekt im Wasser auffassen.
 

Die Erklärungen der Worte: "Ob hergerichtet oder nicht hergerichtet usw." sind alle ausführlich anzugeben; und wie hier, so überall (in den Kasinas). Denn von nun ab werden wir diese Worte nicht mehr anführen, sondern bloß noch das sich davon Unterscheidende besprechen.
 

Auch hier beim Wasserkasina steigt dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon bei nicht besonders hergerichtetem Wasser - etwa einem Teiche, einem Weiher, einem Salzsee oder dem Meere - das geistige Bild auf, gleichwie dem Ordensälteren Cūla-Sīva. Von diesem Ehrwürdigen nämlich sagt man, daß er, auf Gewinn und Ehre verzichtend und in der Absicht in der Abgeschiedenheit zu leben, in Mantota (*) ein Schiff bestiegen habe, und daß ihm, als er unterwegs auf seiner Fahrt nach Indien das große Meer betrachtete, das mit jenem Meere ganz übereinstimmende (patibhāga) Kasinabild aufgestiegen sei.
 

Wer aber in früherem Dasein sich nicht darin geübt hat, vermeide die vier Kasinafehler (die Farben der 4 Farbenkasinas: Blau, Gelb, Rot und Weiß) und nehme kein Wasser, das blau, gelb, rot oder weiß aussieht, sondern Regenwasser, das, ohne noch mit der Erde in Berührung gekommen zu sein, er in der Luft mit einem reinen Tuche aufgefangen hat; oder anderes ebensolches klares, ungetrübtes Wasser. Und damit fülle er seine Almosenschale oder einen Wassertopf bis zum Rande voll. Dann stelle er diesen an einem nach erwähnter Art versteckten Orte in der Klosterumgebung nieder. Darauf, sich bequem hinsetzend, beachte er weder die Farbe, noch erwäge er das Merkmal des Wassers (nämlich "das Fließen" Kom.), sondern lasse das geistige Bild das Aussehen des als Grundlage dienenden Wassers annehmen, indem er mit Rücksicht auf das Überwiegen (des Wasserelementes, s. XI.2) seinen Geist auf den vulgären Begriff 'Wasser' hefte und von den Bezeichnungen für Wasser, wie ambu, udaka, vāri, salila usw., unter Wiederholung der darunter bekanntesten Bezeichnung 'āpo! apo!' die Übung entfalte.
 

Wer auf diese Weise die Übung entfaltet, dem steigen nacheinander genau in der besprochenen Wcise die beiden geistigen Bilder auf. Dabei aber tritt das Aufgefaßte Bild (uggaha-nimitta) gleichsam zitternd auf. Wenn das Wasser mit Blasen und Schaum bedeckt ist, so tritt bloß ein solches Bild auf, und es kommen Kasinafehler zum Vorschein. Das Gegenbild (patibhāga-nimitta) aber zeigt sich völlig unbeweglich wie ein in der Luft befestigter Kristallfächer oder eine runde kristallene Spiegelscheibe; und gleichzeitig mit dem Auftreten dieses Gegenbildes erlangt man die Angrenzende Vertiefung (upacāra-jjhāna) und, in besagter Weise, die 4 bezw. 5 Vertiefungen.

 

(*) Mahā-tittha, etwa 'Groß-furt', bezieht sich hier nicht auf die nahe der Südspitze Ceylons gelegene Stadt Matara, sondern auf das an der Nordwestküste Ceylons, der Insel Mannar gegenüberliegende, heute weniger bekannte Mantota. Vgl. übrigens die Namen der auf tota (=tittha, Furt) bezw. tara (=tīra, Ufer) endenden Namen der alle an Flußmündungen oder Lagunenausflüssen gelegenen Orte an der Südküste Ceylons, wie: Gintota bezw. Gintara, Bentota bzw. Bentara, Välitota bezw. Välitara, Kalutara, Hambantota, Ambalantota usw.


Vis. V. 3. Das Feuerkasina (tejo-kasina)
 

Auch wer das Feuerkasina zu entfalten wünscht, hat im Feuer das Objekt aufzufassen. Wenn nun der Verdienstvolle, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, selbst bei nicht hergerichteten Feuer das Objekt ergreift, so steigt ihm dennoch das geistige Bild auf, wo immer er eine Flamme betrachtet, sei es in einer Lampe, einem Ofen, einem Töpferherd oder einem Waldbrand, gleichwie dem Ordensälteren Cittagutta. Als nämlich jener Ehrwürdige an dem zum Hören der Lehre bestimmten Tage gerade in das Uposathagebäude eintrat und dabei die Flamme der Lampe betrachtete, stieg ihm das geistige Bild auf.
 

Von einem anderen aber (d.i. von einem, der sich in früherem Dasein darin nicht geübt hat) soll das Objekt besonders hergerichtet werden. Dies ist hierbei die Herstellungsweise: Man spalte glatte, kernige Hölzer, trockne sie und mache sie dann in ganz kleine Stücke. Darauf begebe man sich an den Fuß eines geeigneten Baumes oder in eine Hütte, lege das Holz zu einem Haufen zusammen, als ob man Töpfe brennen wollte, und zünde jenen an. Sodann mache man in eine geflochtene Matte (katasāraka. Parākr.: 'Bambusmatte"; nach PTS. Dict. eine Matte aus geflochtenen Pandamusblättern), ein Leder, oder ein Stück Tuch, ein Loch mit einem Durchmesser von einer Spanne und vier Zoll, hänge dieses vor sich auf und setze sich genau in der (anläßlich des Erdkasinas) beschriebenen Weise nieder. Dann, ohne dem Gras und Holz darunter, noch den Rauchspitzen darüber Beachtung zu schenken, ergreife man in der dazwischen befindlichen dicken Flamme das Objekt. Farben, wie Blau, Gelb, Rot und Weiß beachte man nicht, noch erwäge man das in der Hitze bestehende Merkmal, sondern lasse das geistige Bild das Aussehen des als Grundlage dienenden Feuers annehmen, indem man von den Bezeichnugen für Feuer, wie pāvaka (d.i. das 'Leuchtende'), kanhavattini (d.i. das 'Schwarzgestreifte'), jātaveda (d.i. die 'echte Begeisterung'), hutāsana (d.i. der 'Opferverzehrer') usw., unter Wiederholung der darunter bekanntesten Bezeichnung 'tejo! tejo!' (eig. das Durchstrahlende') die Übung entfalte. Wer auf diese Weise die Übung entfaltet, dem steigen nacheinander in der besprochenen Weise die beiden geistigen Bilder auf.
 

Dabei erscheint das Aufgefaßte Bild (uggaha-nimitta) wie eine Flamme, die sich immer wieder zerteilt und herabsinkt. Wer aber das Objekt in nicht besonders hergerichtetem Feuer ergreift, dem zeigen sich Kasinafehler; und ein brennendes Holzstück,oder ein Haufen glühender Kohlen, oder Asche oder Rauch kommen zum Vorschein. Das Gegenbild (patibhāga-nimitta) aber erscheint unbeweglich wie ein in der Luft befestigtes Stück roten Tuches, oder ein goldener Fächer, oder eine goldene Säule; und gleichzeitig mit dem Auftreten dieses Gegenbildes erlangt man die Angrenzende Vertiefung und, in besagter Weise, die 4 bzw. 5 Vertiefungen.  


Vis. V. 4. Das Windkasina (vāyo-kasina)
 

Auch wer das Windkasina zu entfalten wünscht, hat das Objekt im Winde aufzufassen, und das entweder aufgrund des Sehens oder der Berührung.
 

In den Kommentaren (*) nämlich heißt es: "Beim Auffassen des Windkasinas fasst man das Objekt im Winde auf und wendet seine Aufmerksamkeit auf den Wipfel eines (im Winde) sich hin und her bewegenden Zuckerrohres oder Bambusrohres oder Baumes oder der Haare; oder aber man beachtet den einem auf den Kopf blasenden Wind."
 

Wenn man daher sieht, wie eine in gleicher Höhe mit dem Kopfe befindliche dicht belaubte Zucker- oder Bambusstaude oder ein Baum oder das Haupt eines Mannes mit vier Zoll langem dichten Haare vom Winde gepeitscht wird, so festige man die Achtsamkeit also: 'Dieser Wind bläst an diese Stelle'; oder man hefte die Achtsamkeit auf diejenige Stelle seines Körpers, die der durch ein Fenster oder eine Öffnung in der Wand einströmende Wind trifft, und entfalte die Übung, indem man von den Bezeichnungen für Wind, wie māluta, anila usw., mit Rücksicht auf die bekannteste Bezeichnung, 'vāyo! vāyo!' hersagt. Dabei erscheint das Aufgefaßte Bild zitternd wie der Dunstkreis des gerade vom Ofen abgenommenen Reisbreis. Das Gegenbild aber ist fest und unbeweglich. Das Übrige ist in der besprochenen Weise zu verstehen.


(*) Offenbar in jenen 3 sinhalesischen Kommentaren, die Buddhaghosa als Grundlage zu seinem Tipitaka-Kommentar dienten (vgl. Vorw. zu Anguttara N.). Auch die jedesmal zu Beginn der folgenden Kasinas zitierten Stellen dürften aus derselben Quelle stammen. 


Vis. V. 5. Das Blaukasina (nīla-kasina)

 

Hierauf nun folgt: "Wer das Blaukasina auffaßt, faßt das Objekt bei etwas Blauem auf, sei es einer Blume, einem Tuch oder einer farbigen Substanz." Gemäß diesen Worten nun steigt dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon das geistige Bild auf, sobald er bloß einen entsprechenden Blumenstrauch (*) oder an Verehrungsstätten ausgestreute Blumen, oder irgendein Gewand, oder einen Saphir von blauer Farbe erblickt.

 

Ein anderer aber sammle blaue Lotusblüten, Schamblumen (Clitorien) (**) u.dgl. und fülle mit diesen Blütenblättern einen Korb oder Korbdeckel ganz voll, und verteile sie dann so, daß keine Fasern oder Stiele mehr zu sehen sind. Oder er fülle den Korb mit einem blauen Tuche aus, das er zu einem Bündel zusammen gebunden hat; oder er binde das Tuch nach Art eines Paukenfells über dem Rand der Korböffnung fest. Oder mit einer der Substanzen wie Metallblau, Blattblau oder Collyriumblau mache er in der für das Erdkasina angegebenen Weise entweder eine bewegliche (tragbare) Kasinascheibe, oder aber eine (feste) Kasinascheibe an der Wand und grenze sie durch eine andere Farbe ab. Dann richte er in der für das Erdkasina angegebenen Weise seine Aufmerksamkeit darauf, sprechend: 'Blau! Blau!'.

 

Auch hier zeigen sich bei dem Aufgefaßten Bilde Kasinafehler, und zwischen den Blütenblättern liegende Fasern, Stiele usw. erscheinen. Das Gegenbild aber, von der Kasinascheibe losgelöst, erscheint wie ein in der Luft schwebender kristallener Fächer. Das Übrige ist in der besprochenen Weise zu verstehen.


(*) giri-kannikā sinhal. nil-katarolu (Carter), Clitoria ternatea. Die blauen Blüten dieser reizenden Schlingpflanze dienen zum Färben von Speisen und Getränken; die ganz jungen Blätter werden auch als Gemüse gegessen.

(**) bandhu-jīvaka, Hibiscus, Eibisch, von den Engländern meist 'shoe-flower' genannt. Dieser an 150 Spielarten aufweisende und auch in Europa eingeführte Strauch mit seinen roten prächtig leuchtenden Blüten dürfte der in Ceylon wohl am meisten verbreitete Blumenstrauch sein. Die Blütenblätter werden bisweilen als Salat oder auch als Tee zubereitet und bilden auch einen Leckerbissen für die Kühe.


Vis. V. 6. Das Gelbkasina (pīta-kasina)
 

Auch für das Gelbkasina gilt dieselbe Methode. Es heißt nämlich: "Wer das Gelbkasina auffaßt, faßt das Objekt bei etwas Gelbem auf, sei es einer Blume, einem Tuch oder einer farbigen Substanz." Somit steigt auch hierbei dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon das geistige Bild auf, sobald er bloß einen solchen Blumenstrauch oder ausgestreute Blumen oder irgend ein gelbes Gewand oder eine gelbe Substanz erblickt, gleichwie dem Ordensälteren Cittagutta. Diesem Ehrwürdigen nämlich, sagt man, stieg, als er auf dem Cittalaberg der Darbringung von Sappanblüten auf dem Altar zusah, sofort beim Anblick desselben das geistige Bild in Größe des Altars auf.
 

Ein anderer aber mache sich ein Kasina in der für das Blaukasina angegebenen Weise, sei es aus Kannikara oder ähnlichen Blüten, oder aus einem gelben Tuche oder einer farbigen Substanz, und richte dann seine Aufmerksamkeit darauf, sprechend: 'Gelb! Gelb!' Das Übrige ist genau wie zuvor.


Vis. V. 7. Das Rotkasina (lohita-kasina)

 

Auch für das Rotkasina gilt dieselbe Methode. Denn es heißt: "Wer das Rotkasina auffaßt, faßt das Objekt bei etwas Rotem auf, sei es einer Blume, einem Tuch oder einer farbigen Substanz." Demgemäß steigt auch hier dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon das geistige Bild auf, sobald er bloß einen mit Eibischblüten oder ähnlichen Blumen bedeckten Strauch erblickt, oder auch beim Anblick von ausgestreuten Blumen oder irgend eines Tuches, eines Edelsteines oder einer Substanz von roter Farbe.
 

Ein anderer aber mache sich in der für das Blaukasina angegebenen Weise ein Kasina, sei es aus einfachen oder gefüllten Eibischblütcn, oder roten Amarantblüten u.dgl., oder aus rotem Tuch oder einer roten Substanz. Dann hefte er seine Aufmerksamkeit darauf, wiederholend 'Rot! Rot!' Das Übrige ist ganz das gleiche wie früher.


Vis. V. 8. Das Weißkasina (odāta-kasina)

 

Auch hinsichtlich des Weißkasinas heißt es "Wer das Weißkasina auffaßt, faßt das Objekt in etwas Weißem auf, sei es einer Blume, einem Tuch oder einer farbigen Substanz." Gemäß diesen Worten steigt dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon das geistige Bild auf, sobald er bloß einen solchen Blumenstrauch erblickt, oder beim Anblick ausgestreuter Blüten wie Jasmin, Sambak u.dgl., oder eines Haufens weißer Lotusblüten, oder irgend eines Tuches oder einer Substanz von weißer Farbe. Bei einer runden Zinn- oder Silberplatte oder der Mondscheibe steigt ihm das geistige Bild bestimmt auf. Ein anderer aber stelle aus weißen Blumen der besprochenen Art oder aus weißem Tuche oder einer weißen Substanz in der für das Blaukasina angegebenen Weise ein Kasina her und hefte dann seine Aufmerksamkeit darauf, wiederholend: 'Weiß! Weiß!' Für das übrige gilt genau das Gleiche wie zuvor.  


Vis. V. 9. Das Lichtkasina (āloka-kasina)

 

Was das Lichtkasina aber anbetrifft, heißt es: "Wer das Lichtkasina auffaßt, faßt das Objekt bei etwas Hellem auf, sei es ein Mauerloch, ein Schlüsselloch oder die Fensteröffnung." Gemäß diesen Worten steigt dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon das geistige Bild auf, sobald er bloß jenen runden Lichtfleck erblickt, den das durch ein Loch in der Wand eintretende Sonnen- oder Mondlicht an der Wand oder auf dem Boden hervorruft, oder sobald er einen runden Lichtfleck betrachtet, den das durch dichtbelaubte Baumäste oder eine dicht mit Zweigen gedeckte Hütte durchdringende Licht auf dem Boden erzeugt.
 

Ein anderer aber soll jene Lichtscheibe in der besagten Art entfalten, erholend 'Helle! Helle!' oder 'Licht! Licht!' Ist es ihm auf diese Weise nicht möglich, so zünde er in einem Topfe ein Licht an, verschließe die Öffnung des Topfes, mache dann ein Loch in den Topf und stelle diesen (mit der Öffnung) der Wand zugekehrt. Das durch jenes Loch herausdringende Licht erzeugt an der Wand eine Lichtscheibe. Diese möge er entfalten, mit den Worten: 'Licht, Licht!' Dieselbe bleibt länger bestehen als die übrigen.
 

Hierbei nun gleicht das Aufgefaßte Bild genau der an der Wand oder auf dem Fußboden entstandenen Lichtscheibe. Das Gegenbild aber gleicht einem dichten hellen Lichtbündel. Für das Übrige gilt genau das Gleiche wie zuvor.


Vis. V. 10. Das Raumbegrenzungskasina (paricchinnākāsa-kasina)

 

Auch hinsichtlich des Raumbegrenzungskasina heißt es: "Wer das Raumkasina auffaßt, faßt das Objekt hinsichtlich eines (abgegrenzten) Raumes auf, sei es ein Mauerloch, ein Schlüsselloch oder eine Fensteröffnung. Gemäß diesen Worten steigt dem Verdienstvollen, der in früherem Dasein sich darin geübt hat, schon beim Anblick irgend eines Loches in der Mauer usw. das geistige Bild auf. Ein anderer aber mache in einer gut gedeckten Schutzhütte, oder in irgend einem Leder, einer Matte oder dgl. ein Loch von einer Spanne und vier Zoll Durchmesser. Und eben dieses Loch, das in der durch ein Mauerloch u.dgl. gebildeten Öffnung besteht, entfalte er als Objekt, mit den Worten: 'Raum! Raum!'
 

Hierbei gleicht das Aufgefaßte Bild dem Loche, zusammen mit der Mauerumgrenzung usw. Selbst wenn man versucht es zu erweitern, wächst es nicht an. Das Gegenbild dagegen erscheint ganz wie eine Raumscheibe, und wenn man es entfaltet, wächst es an. Das Übrige ist ganz wie in der für das Erdkasina angegebenen Weise zu verstehen.
 

Dies sind die 10 Kasinas (*), die der Zehnfach-Mächtige (dasa-bala), der Allerkenner, hat verkündet.
 

 


(*) In den ältesten Texten, z.B.: A.X.25-26, 29, werden zwar meist ebenfalls 10 Kasinas gelehrt (in A. I. p.71f sogar 11, u.zw. das Lichtkasina als elftes), doch gilt da überall als neuntes das Raumkasina und als zehntes das Bewußtseinskasina. In Pts. jedoch finden wir bloß die ersten 8. Nach dem Kom. nämlich mag man bloß das Lichtkasina zum Weißkasina zählen, das Raumbegrenzungskasina zum Raumkasina. Übrigens bildet auch beim Bewußtseinskasina der beim Raumkasina entstandene Bewußtseinszustand das Objekt. Näheres s. B.Wtb.: kasina.


 

Was nämlich diese Übungen anbetrifft, so gelingt es einem aufgrund des Erdkasinas 'obwohl bloß einer seiend, sich zu vervielfältigen' usw. (s. XII); in den Lüften oder auf dem Wasser Erde zu erzeugen und darauf zu Fuße zu wandeln, oder darauf eine stehende oder sitzende Haltung usw. anzunehmen; in begrenzter oder unbegrenzter Weise die Überwindungsgebiete zu gewinnen (s.B.Wtb.: abhibhāyatana).

 

Aufgrund des Wasserkasinas gelingt es einem, in der Erde auf- und unterzutauchen; Wasser und Regen hervorzurufen; Meer u. dgl. zu erzeugen; Erde, Berge, Paläste u.dgl. erbeben zu lassen.

 

Aufgrund des Feuerkasinas gelingt es einem, Rauch oder Flammen auszusenden; einen Regen glühender Kohlen hervorzurufen; durch (eigenes) Feuer (anderes) Feuer zum Schwinden zu bringen; was immer man wünscht, in Brand aufgehen zu lassen; Licht zu erzeugen, um mit dem Himmlischen Auge Gestalten wahrzunehmen; zur Zeit des Völligen Nirwahns (Erlöschens) seinen Körper vom Feuerelemente verzehren zu lassen u.dgl. mehr.

 

Aufgrund des Windkasinas gelingt es einem, mit Windeseile sich fortzubewegen, Wind und Regen zu erzeugen und dergleichen mehr.

 

Aufgrund des Blaukasinas gelingt es einem, blaue Gestalten in Erscheinung treten zu lassen, Dunkelheit zu erzeugen, je nach den schönen und unschönen Farben die Überwindungsgebiete zu erringen, die Schönheitsbefreiung zu erreichen u.dgl. mehr (s B.Wtb.: abhibhāyatana).

 

Aufgrund des Gelbkasinas gelingt es einem, gelbe Gestalten in Erscheinung treten zu lassen, etwas in Gold zu verwandeln, in oben angegebener Weise die Überwindungsgebiete zu erringen, die Schönheitsbefreiung zu erreichen u.dgl. mehr.

 

Aufgrund des Rotkasinas gelingt es einem, rote Gestalten in Erscheinung treten zu lassen, in der besprochenen Weise die Überwindungsgebiete zu erringen, die Schönheitsbefreiung zu erreichen u.dgl. mehr.

 

Aufgrund des Weißkasinas gelingt es einem, weiße Gestalten in Erscheinung treten zu lassen, geistige Starrheit und Mattheit zu vertreiben, Dunkelheit zu verscheuchen, Licht zu erzeugen, vermittels des Himmlischen Auges Gestalten wahrzunehmen u.dgl. mehr (s. XIII).

 

Aufgrund des Lichtkasinas gelingt es einem, leuchtende Gestalten in Erscheinung treten zu lassen, geistige Starrheit und Mattheit zu vertreiben, Dunkelheit zu verscheuchen, Licht zu erzeugen, vermittels des Himmlischen Auges Gestalten wahrzunehmen u.dgl. mehr.

 

Aufgrund des Raumkasinas gelingt es einem, versteckte Dinge zu enthüllen, selbst im Innern der Erde und der Berge einen Raum hervorzurufen und dort irgend eine Körperstellung einzunehmen, durch Mauern u.dgl. ungehindert hindurch zu schreiten u.dgl. mehr.

 

 

Für alle diese Kasinas nun trifft die Einteilung zu: "nach oben, unten, seitwärts, unentzweit, unbegrenzt usw." Denn es heißt (A. X.29): "Da nimmt einer das Erdkasina wahr, nach oben, unten, seitwärts unentzweit, unermeßlich usw. Hierbei bedeutet 'nach oben': aufwärts, dem Himmelsgewölbe zugewandt; 'nach unten': abwärts, dem Erdboden zugewandt; 'seitwärts' ringsherum begrenzt wie ein kreisrundes Feld. Der eine nämlich entfaltet das Kasina bloß nach oben, der eine nach unten, der eine ringsherum; und so breitet er es auf diese oder jene Weise aus, genau in der Weise wie einer, der mit den Himmlischen Augen Gestalten zu sehen wünscht, das Lichtkasina entfaltet. Darum heißt es: 'nach oben, unten, seitwärts'. 'Unentzweit' besagt, daß ein Kasina in keinen anderen (Kasina-) Zustand übergeht. Denn gleichwie der mitten im Wasser Befindliche auf allen Seiten bloß Wasser um sich hat, nichts anderes: so auch ist das Erdkasina eben bloß Erdkasina, und mit keinem anderen Kasina vermischt es sich.

 

Diese Erklärung gilt überall. 'Unbegrenzt' wird es genannt, sofern es für das Kasina keine Grenze in der Ausbreitung gibt; denn wer jenes mit dem Geiste durchdringt, durchdringt es ganz und gar und kennt keine Begrenzung, wie: 'Dies ist sein Anfang, dies seine Mitte'.

 

Von denjenigen Wesen aber, von denen es heißt (Pug.13; A.VI.86), daß sie "durch ihr Wirken, ihre Leidenschaften oder ihr Kamma-Ergebnis gehemmt sind, ohne Vertrauen und Willenskraft, ohne Einsicht, und unfähig, den rechten Weg und die Vollkommenheit im Guten zu erreichen", von diesen gelingt auch nicht einem einzigen auch nur die Entfaltung eine einzigen Kasinas.

 

In diesem Ausspruch bedeutet 'durch Wirken gehemmt' (kammāvarana) soviel wie: behaftet mit einer unmittelbar nachwirkenden Tat (d.i. Vatermord, Muttermord, Heiligenmord, Verwundung eines Buddha oder Ordensspaltung).

,Durch Leidenschaften gehemmt' (kilesa) sind die mit den 'mit festbestimmtem Ausgang verbundenen verkehrten Ansichten' (*) Behafteten, sowie die Hermaphroditen und Eunuchen (erstere gelten als mit übermäßig starker Sinnlichkeit behaftet, letztere wohl außerdem noch als schwächlich und charakterlos).

,Durch Karma-Wirkung (vipāka) gehemmt' sind die ohne oder nur mit zwei karmisch-heilsamen Wurzelbedingungen Geborenen.

[Die Wurzelbedingungungen: alobha, adosa und amoha, d.i. Gierlosigkeit (Selbstlosigkeit), Haßlosigkeit (Güte), Unverblendung (Wissen, Einsicht), gelten als die moralischen oder, genauer gesagt, karmisch-heilsamen Wurzelbedingungen (kusala-hetu oder kusala-mūla). Mit den 2 Wurzelbedingungen sind die beiden ersteren dieser 3 gemeint. Der mit nur 2 Wurzelbedingungen Geborene (dvi-hetuka-patisandhi) besitzt daher die Selbstlosigkeit und Güte, aber kein Wissen und keine Einsicht. Näheres s. patisandhi.]

,Ohne Vertrauen' bedeutet: Mangel an Vertrauen zum Erleuchteten usw.

,Ohne Willenskraft' bedeutet: ohne Willenskraft hinsichtlich des rechten Pfades.

,Ohne Einsicht' bedeutet: Mangel an weltlicher und überweltlicher rechter Erkenntnis.

,Unfähig, den rechten Weg und die Vollendung im Guten zu erreichen' bedeutet: unfähig, den als rechter Weg und Vollendung im Guten geltenden edlen Pfad zu erreichen. Und nicht bloß hinsichtlich der Kasinas, sondern auch hinsichtlich der anderen geistigen Übungen gelingt nicht einem einzigen unter jenen auch nur eine einzige Entfaltung. Daher sollte selbst der von (üblem) Kamma-Ergebnis freie edle Sohn, die hemmenden Taten und hemmenden Leidenschaften schon von ferne meidend, durch Anhören des guten Gesetzes und Anschluß an edle Menschen usw. sein Vertrauen, seine Willenkraft und seine Einsicht entfalten und sich der Befolgung der geistigen Übungen befleißigen.

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 5. Teil: die auf die Entfaltung der Sammlung sich beziehende Darstellung der übrigen Kasinas.
 


(*) Diese den letzten Punkt der zehnfachen unheilsamen Wirkensfährte (akusalakammapatha) bildenden und als 'mit festbestimmtem Ausgang verbunden' bezeichneten verkehrten Ansichten (niyata-micchāditthi) sind:

  •  die fatalistische Ansicht von der Ursachlosigkeit des Daseins (ahetuka-ditthi),
  •  die Ansicht von der Wirkungslosigkeit der Taten (akiriya-ditthi),
  •  Nihilismus (natthika-ditthi).
  • Näheres s.B.Wtb.: ditthi.


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