Visuddhi Magga IV

Das Erdkasina (pathavi-kasina)

Einleitung zu Vis. IV
Das ungeeignete Kloster
Das geeignete Kloster
Die kleinen Hindernisse
Die genauen Anweisungen
7 günstige und 7 ungünstige Dinge (sappāya, asappāya)
10fache Fertigkeit in der Vollen Sammlung
1. Vertiefung
2. Vertiefung
3. Vertiefung
4. Vertiefung

 Einleitung zu Vis. IV. Das Erdkasina

 

Mit Hinsicht nun auf die Worte: "Als dann soll man eine für die Entfaltung der Sammlung ungeeignete Klosterwohnung aufgeben und in einem geeigneten Kloster wohnen" da gilt folgendes: Wer schon, während er mit seinem Lehrer in ein und demselben Kloster wohnt, sich wohl fühlt, der mag dortselbst wohnen bleiben und seine geistige Übung vervollkommnen. Fühlt er sich aber dort nicht wohl, so mag er in einem anderen, geeigneten Kloster wohnen, das ein viertel (*) oder halbes oder auch ein ganzes Yojana entfernt liegt. Denn wenn in diesem Falle hinsichtlich irgend eines Punktes seiner geistigen Übung ein Zweifel besteht oder Zerstreuung seiner Achtsamkeit eingetreten ist, so wird, nachdem er ganz in der Frühe seine Pflichten im Kloster erfüllt hat und unterwegs um Almosen gegangen ist, es ihm möglich sein, unmittelbar nach Beendigung der Mahlzeit sich zum Wohnorte seines Lehrers zu begeben und an jenem Tage bei seinem Lehrer das geistige Übungsobjekt klarzustellen; und am zweiten Tage nach ehrerbietiger Begrüßung seines Lehrers kann er sich wieder fortbegeben, unterwegs um Almosen gehen und ganz ohne Ermüdung zu seinem eigenen Wohnorte zurückkehren. Wer aber selbst innerhalb eines Yojana keinen angenehmen Ort findet, der soll zuerst alle zweifelhaften Stellen hinsichtlich des Übungsobjektes klarstellen, dann das Übungsobjekt vervollkommnen und seine Achtsamkeit darauf heften; danach soll er das zur Entfaltung der Sammlung ungeeignete Kloster aufgeben und in einem geeigneten Kloster wohnen, auch wenn es für ihn weit ist dort hinzugehen.

 

(*) gāvuta = ¼ yojana. 1 yojana sind nach einigen Autoritäten 2 geographische Meilen, nach anderen 2½ englische Meilen (Böhtl.), nach anderen wieder 7 Meilen.  


Vis. IV. Das ungeeignete Kloster

 

Als ungeeignet nun gilt dasjenige Kloster, das einen der achtzehn Mängel aufweist. Diese achtzehn Mängel nämlich bestehen darin, daß das Kloster entweder zu groß ist, oder neu, oder verfallen, oder an der Straße liegt, oder daß es dort eine Wasserzisterne gibt, oder Gemüseblätter, oder Blumen, oder Früchte, oder eine Verehrungsstätte, oder daß es bei einer Stadt liegt, oder an einem Ort für Holz, oder einem Feld, oder daß dort unverträgliche Menschen wohnen, oder daß es an einer Zollstation liegt, oder im Grenzgebiete, oder auf der Landesgrenze, oder daß dort unheilsame Einflüsse herrschen, oder keine edlen Freunde zu finden sind. Ein Kloster, das einen von diesen achtzehn Mängeln besitzt, ist ungeeignet; dort sollte man nicht wohnen. 

Und warum nicht?

In einem solchen Kloster nämlich treffen viele Menschen mit verschiedener Gesinnung zusammen; infolge gegenseitiger Feindseligkeiten erfüllen sie nicht ihre Pflichten: die Plätze um den Bodhibaum sind nicht gekehrt, Wasser zum Trinken und Waschen steht nicht bereit. Angenommen nun, der Übungbeflissene ziehe mit Almosenschale und Gewand versehen hinaus, um in dem im Bereiche liegenden Dorfe um Almosen zu gehen, und er bemerke, daß die Pflichten nicht getan sind, oder daß der Topf für Trinkwasser leer ist, so hat er selber den Dienst zu besorgen und Wasser bereit zu stellen; andernfalls macht er sich durch Vernachlässigung seiner Pflicht eines Dukkata-Vergehens schuldig. Wenn er sich aber mit solchen Dingen abgibt, verstreicht die Zeit, und zu später Mittagsstunde (ins Dorf) eingetreten erhält er nichts mehr, da die Almosenspeise zu Ende ist. Auch während er sich in einsamer Zurückgezogenheit befindet, wird er durch das laute Lärmen der Novizen und jungen Mönche, sowie durch Ordenshandlungen (sangha-khamma, wie die Uposathafeier, die Mönchsweihe usw.) gestört. Dort jedoch, wo die Pflichten alle erfüllt werden und auch die übrigen Störungen nicht bestehen, in solchem Kloster mag er wohnen, auch wenn es groß ist.

 

In einem neuen Kloster gibt es viele Neuarbeiten zu verrichten, und wer da nichts tut, über den murrt man. Dort aber, wo die Mönche zu ihm sprechen: 'Möge nur der Verehrte nach Wunsch seine Asketenpflichten erfüllen, wir werden uns schon mit den Neubauarbeiten befassen', in solchem Kloster mag er wohnen.

 

In einem verfallenen Kloster aber muß man auf vieles aufpassen. Selbst über den, der auf seine eigene Wohnstätte nicht aufpaßt, murrt man; bei dem aber, der darauf aufpaßt, leidet die geistige Übung.

 

In einem an der Straße gelegenen Landstraßenkloster treffen bei Tag und Nacht Besucher ein. Denen, die des Abends kommen, muß man seine eigene Wohnstätte abtreten und selber unter einem Baum oder auf einem Felsen zubringen. Und auch den folgenden Tag geht es genau so. Auf diese Weise besteht keine Möglichkeit zur geistigen Übung, Wo es aber einen derartigen Andrang von Besuchern nicht gibt, dort mag man wohnen.

 

Als Zisterne gilt eine Felsenlache. Hier nämlich trifft des Trinkwassers wegen eine große Menschenmenge zusammen. Auch Schüler von den in der Stadt lebenden und mit den Fürstenfamilien verkehrenden Ordensälteren kommen hierher, um ihre Gewänder zu färben; und wenn sie da um Kessel, Brennholz, Mulde (*) u. dgl. bitten, so muß man ihnen diese Dinge zeigen: 'An diesem Orte da, an jenem Orte da!' Auf diese Weise ist man die ganze Zeit über beständig in Anspruch genommen.

 

(*) donī bedeutet hier ein längliches, wie eine Fleischmulde ausgehöltes Holzgefäß, das zum Färben der gelben Gewänder gebraucht wird.

 

Dort wo es vielerlei Gemüseblätter gibt, da pflücken, selbst während der Mönch nach Empfang seines geistigen Übungsobjektes dort sitzend den Tag verbringt, in seiner Nähe die Gemüse sammelnden Frauen ihre Blätter, indem sie singen, und stören so durch Anschlagen ihrer andersgearteten Stimme seine geistige Übung.

 

Auch dort, wo vielerlei Blumensträucher in voller Blüte stehen, findet dieselbe Störung statt.

 

Dort wo es vielerlei Früchte gibt, wie Mangos, Rosenäpfel, Jackfrüchte u. dgl., dort kommen die Menschen, die Früchte haben wollen, und bitten darum. Gibt man ihnen keine, so werden sie über einen böse, oder sie nehmen sie sich mit Gewalt. Und wenn dann der Mönch des Abends aus seiner Meditationshütte herausgetreten ist, beim Auf- und Abwandern im Klosterhofe die Anhänger erblickt und sie fragt, warum sie so gehandelt hätten, so schimpfen sie ihn nach Herzenslust und versuchen, ihn aus seiner Behausung zu vertreiben.

 

Wer aber in einem Kloster wohnt, das eine von aller Welt anerkannte Verehrungsstätte besitzt, wie z.B. das Südbergkloster die Elefantenhöhle, der Cetiyaberg oder der Cittalaberg (*), zu dem strömen von allen Seiten verehrungsbegierige Menschen, indem sie ihn als Heiligen verehren. Und daher fühlt er sich unbehaglich. Wem aber jener Platz zuträglich ist, der sollte sich bei Tage anderswo hinbegeben und nur zur Nachtzeit dort weilen.

 

(*) Sinhalesisch Situlpava, ein Bergkloster im N.O.O. von Tissamahârāma, am rechten Ufer des Mänik-Flusses.

 

In einem bei einer Stadt gelegenen Kloster zeigen sich störende Erscheinungen. Die Wasser holenden Mägde stoßen einen beim Geben mit ihren Krügen an; und, obwohl man ihnen ausweicht, machen sie einem keinen Platz. Die führenden Leute aber schlagen mitten im Kloster ihr Zelt auf und setzen sich hinein.

 

An einem Orte für Holz, wo Holzstücke und holzliefernde Bäume zu finden sind, dort machen es einem die Holzsammlerinnen unerträglich genau wie die zuvor erwähnten Blumensammlerinnen. Und die Leute sagen sich: 'Im Kloster da gibt es Bäume, die wollen wir fällen und uns Häuser daraus bauen;' und sie kommen und hauen die Bäume ab. Und wenn dann der Mönch des Abends aus seiner Meditationshütte herausgetreten ist und beim Auf- und Abwandern im Klosterhofe die Anhänger erblickt und sie fragt, warum sie so gehandelt hätten, so schimpfen sie ihn nach Herzenslust und versuchen, ihn aus seiner Behausung zu vertreiben.

 

Wo aber das Kloster an einem Felde gelegen und ringsum von Feldern umgeben ist, da richten die Leute mitten im Kloster eine Tenne her, dreschen das Korn und lassen es vor dem Kloster trocknen; und noch manche andere Unannehmlichkeiten bereiten sie einem. Auch dort, wo es ein großes Ordensgut gibt, halten die Klosterdiener die Kühe der Familien fest (*), oder sie hindern die regelmäßige Wasserversorgung (**); und die Leute nehmen eine Reisähre und zeigen sie der Ordensgemeinde mit den Worten: 'Seht, das ist die Arbeit eurer Klosterdiener!' Und aus diesem und jenem Grunde hat man sich zum Hause des Fürsten oder königlichen Ministers zu begeben. Auch ein solches Kloster ist unter den am Felde liegenden Klöstern einbegriffen.

 

(*) Weil sie in den Feldern die jungen Reispflanzen fressen oder zerstampfen.

(**) Weil sie das Wasser zur zur Berieselung der Felder gebrauchen.

 

 

'Daß dort unerträgliche Menschen wohnen' besagt: Wo Mönche wohnen, die untereinander unverträglich und gehässig sind, da behaupten diese in Streit liegenden Mönche, wenn man sie zurückhält und bittet, nicht so zu handeln, daß sie seit Ankunft solches Fetzenträgers zugrunde gerichtet worden seien.

 

Auch wenn das Kloster an einer Wasser- oder Land-Zollstation liegt, bitten die immer dort wieder zu Schiff oder mit Karawanen ankommenden Menschen einen darum, ihnen Platz zu machen, Wasser oder Salz zu geben, und sie stoßen gegen einen und machen es einem unerträglich.

 

Bei den im Grenzgebiet liegenden Klöstern aber sind die Menschen ohne Vertrauen zum Erleuchteten usw.

 

In einem auf der Landesgrenze gelegenen Kloster droht einem Gefahr seitens der Fürsten. Denn der eine Fürst greift das andere Land an, da sich jenes seiner Macht nicht beugt; und auch der andere greift dieses Land an, da sich dieses seiner Macht nicht beugt. Dabei wandert der Mönch bisweilen im Reiche dieses Fürsten, bisweilen in dem jenes Fürsten. Und ihn für einen Späher haltend, schafft man ihm Ungemach und Leiden.

 

Als das Herrschen von unheilsamen Einflüssen gilt entweder der unheilsame Einfluß durch Auftreten von Sehobjekten (usw.) des anderen Geschlechts, oder durch Bezaubertwerden durch Unholde. Hierzu folgende Geschichte: Einst, wie es heißt, da wohnte ein Ordensälterer in einem Walde, und eine Unholdin stellte sich an die Tür seiner Blätterhütte; da ging der Ordensältere hinaus und stellte sich vor die Tür. Jene Unholdin aber ging und sang am Ende des Wandelganges; da begab sich der Ordensältere zum Ende des Wandelganges. Jene Unholdin stellte sich nun an den hundert Mann tiefen Abgrund und sang; da aber trat der Ordensältere wieder zurück. Jene Unholdin aber kam voll Ungestüm auf ihn los, ergriff ihn und sprach: 'Nicht bloß einen oder zwei von deinesgleichen habe ich schon aufgefressen.'

 

Das Nichtfinden von edlen Freunden: - Dort wo man keinen edlen Freund als Lehrer oder Unterweiser findet, oder keinen, der einem Lehrer oder Unterweiser gleichkommt, da gilt dieses Fehlen von edlen Freunden als ein durchaus großer Mangel.

 

Somit ist ein Kloster, das einen dieser achtzehn Mängel aufweist, als ungeeignet zu betrachten. Auch in den Kommentaren heißt es:

 

"Ein Kloster, das sehr groß ist, oder neu,
Verfallen, oder an der Straße liegt,
Zisterne, Blätter, Blumen hat,
Und Früchte, und Verehrungsstätte,
Und Holz, und Feld, nah bei der Stadt liegt,
Wo Zwietracht herrscht, ein Zollhaus steht,
Im Grenzland, auf der Landesgrenze,
Wo ungünstiger Einfluß herrscht,
Wo keinen edlen Freund man trifft:
Ja, dieses sind die achtzehn Orte,
Die jeder Weise, der sie kennt,
Verwerfen und vermeiden wird,
Wie einen Weg voller Gefahr."

Vis. IV. Das geeignete Kloster

 

Als geeignet aber gilt ein Kloster, das fünf Vorzüge aufweist, als wie: keine übermäßige Entfernung oder übermäßige Nähe von dem im Bereich liegenden Dorfe usw. Vom Erhabenen nämlich wurde gesagt (A.X.11):

 

"Wie aber, ihr Mönche, besitzt eine Wohnstätte fünf Vorzüge? Da, ihr Mönche, ist die Wohnstätte nicht zu fern und nicht zu nahe, zum Gehen und Kommen geeignet (*). Bei Tage ist sie wenig belebt, des Nachts ohne Geräusch und Lärm. Wenig wird man dort belästigt durch Bremsen und Mücken, Wind, Sonne und Kriechtiere. In jener Wohnstätte aber weilend werden dem Mönche ohne Mühe Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und das Nötige an Heilmitteln und Arzneien zuteil. Und in jener Wohnstätte leben ältere Mönche, die ein großes Wissen besitzen, mit der Botschaft vertraut sind, Bewahrer des Gesetzes, Bewahrer der Ordensdisziplin, Kenner der Übersicht (über die Lehren); und zu jenen begibt er sich von Zeit zu Zeit hin und befragt sie, bittet sie um Aufklärung; 'Wie verhält sich dieses, ihr Ehrwürdigen? Wie hat man dies zu verstehen?'; und jene Ehrwürdigen enthüllen ihm, was ihm noch unverständlich ist, klären ihn über das noch Unerklärte auf und lösen ihm in mancherlei zum Zweifel Anlaß gebenden Dingen seinen Zweifel. So, ihr Mönche, besitzt die Wohnstätte fünf Vorzüge."

 

Dies also ist die ausführliche Erklärung der Worte: 'Um die Sammlung zu entfalten, soll man eine ungeeignete Klosterwohnung aufgeben und in einem geeigneten Kloster wohnen.'

 


(*) Im Kommentar zu A. heißt es: "Liegt sie zu weit (vom Dorfe), so tritt, wenn der Mönch nach dem Almosengang dorthin zurückkehrt, körperliche und geistige Erschlaffung ein; und er ist dann außerstande, die noch nicht eingetretene Sammlung zu erwirken oder die bereits eingetretene Sammlung zu festigen. Liegt die Wohnstätte dagegen zu nahe, dann ist sie zu belebt."


Vis. IV. Die kleinen Hindernisse

 

"Nachdem man die kleinen Hindernisse beseitigt hat" besagt:

Während man in einem solcherart geeigneten Kloster wohnt, beseitige man auch jene kleinen Hindernisse, die man noch hat. Nämlich langes Haar, Nägel und Barthaare (loma) sollte man sich schneiden, die alten Gewänder ausbessern und flicken oder, wenn sie beschmutzt sind, färben; ist ein Rostflecken in der Almosenschale, so sollte man diese ausglühen; Bett, Stuhl u. dgl. sollte man säubern.

 

Dies nun ist die ausführliche Erklärung der Worte: '

Nachdem man die kleinen Hindernisse beseitigt hat.


Vis. IV. Die genauen Anweisungen

 

"Ohne irgend eine Anweisung hinsichtlich der geistigen Entfaltung (bhāvana-vidhāna) zu übergehen, soll man die Sammlung entfalten": - 

Auf diese Worte bezieht sich folgende ausführliche Besprechung der sämtlichen, mit dem Erdkasina beginnenden Übungsobjekte. Der Mönch nämlich, der die kleinen Hindernisse beseitigt hat, sollte, sobald er vom Almosengang zurückgekehrt ist und sein Mahl beendet hat, die durchs Essen bedingte Schlaftrunkenheit vertreiben und an einem abgeschiedenen Orte sich bequem niedersetzend das geistige Bild aufgrund des Erdkasina (pathavi-kasina; s. B.Wtb.: kasina) auffassen, sei dieses nun besonders hergerichtet oder nicht. Denn es wurde gesagt: 'Wer das Erdkasina auffaßt, erlangt das geistige Bild entweder bei einer hergerichteten oder nicht hergerichteten Erdscheibe, die begrenzt ist, nicht unbegrenzt, die ein Ende hat, nicht endlos ist, versehen mit einem Rande, nicht ohne Rand, versehen mit einer Umgrenzung, nicht ohne Umgrenzung, so groß wie ein Sieb oder Teller. Und dieses Bild faßt er gut auf, hält es gut fest, fixiert es gründlich. Und dadurch daß er dieses Bild gut auffaßt, festhält und fixiert und seinen Segen erkennt und, es als etwas Wertvolles betrachtend, Ehrfurcht davor empfindet und es liebgewinnt, bindet er seinen Geist an diese Vorstellung fest, denkend: - 'Wahrlich, auf diese Weise werde ich Befreiung finden von Alter und Tod.' Und völlig abgeschieden von den sinnlichen Dingen . . . erreicht er die erste Vertiefung.

 

Wer da schon in früherem Dasein, sei es in dieser Disziplin oder als Einsiedler, dem Weltleben entsagt und bereits einmal beim Erdkasina die vier oder fünf Vertiefungen erweckt hat, einem solch begünstigten und auf solche Grundlage gestützten Mönche steigt schon bei nicht besonders hergerichteter Erde - etwa bei einem gepflügten Felde oder einer runden Tenne - das geistige Bild (nimitta) auf, wie es bei dem Ordensälteren Mallaka der Fall war. Während jener Ehrwürdige nämlich ein gepflügtes Feld betrachtete, soll ihm in der Größe des Feldes das geistige Bild (das 'Gegenbild' patibhāga-nimitta, sagt Parākr.) aufgestiegen sein. Durch Entfaltung dieses Bildes aber erwirkte er die fünf Vertiefungen; und darauf den die Vertiefungen zur Grundlage habenden Hellblick (vipassanā) erweckend erreichte er die Heiligkeit.

 

Wer sich aber nicht in dieser Weise damit beschäftigt hat, der soll, ohne die bei seinem Lehrer gelernten Anweisungen betreffs der geistigen Übungen zu umgehen, bei Herrichtung des Kasina die vier Kasinamängel vermeiden. Das Erdkasina hat vier Mängel, bestehend in der Vermengung mit Blau, Gelb, Rot und Weiß. Daher nehme man keinen Lehm, der blau usw. aussieht, sondern mache das Kasina aus hellbraunem Lehm, wie man ihn im Flußbette findet. Dieses Kasina jedoch richte man nicht mitten im Klosterhofe her, dort wo die Novizen und andere umhergehen; sondern an einem versteckten Orte in der Umgebung des Klosters, unter einem Felsabhange oder in einer Laubhütte, stelle man ein bewegliches oder dort feststehendes Kasina her. Will man ein bewegliches Kasina herstellen, so spanne man zuerst über vier Stöcke (die offenbar in Form eines Sternes zusammen verbunden sind) ein Tuch oder ein Leder oder eine Matte. Dann stelle man eine runde Erdscheibe von besagter Größe her und bestreiche sie mit wohl geknetetem Lehm, aus dem Gras, Wurzeln, Kies und Sand entfernt worden sind. Diese Scheibe ist bei Beginn der Übung auf dem Boden auszubreiten und zu betrachten. Um aber ein dort feststehendes Kasina herzustellen, treibe man, in Form der Samenkapsel einer Lotusblüte, Pflöcke in den Erdboden und flechte diese mit Ranken zusammen. Sollte dieser Lehm nicht genügen, so tue man darunter noch anderes Material und verfertige oben drüber aus ganz reinem hellbraunen Lehm die runde Scheibe, mit einem Durchmesser von einer Spanne und vier Zoll. Mit Rücksicht auf eben diese Größe nämlich wurde gesagt, daß das Kasina so groß sein solle wie ein Sieb oder ein Teller.

 

"Begrenzt, nicht unbegrenzt usw." aber wird gesagt wegen des Begrenztseins jenes Kasina. Da nun, nachdem man die Abgrenzung in besagter Größe gemacht hat, ein Holzlöffel (zum Glattstreichen) eine verkehrte Farbe erzeugen würde, so nehme man solchen nicht, sondern mache vermittels eines abgeschliffenen Steinlöffels das Kasina so glatt wie ein Trommelfell. Dann fege man jenen Platz und nehme ein Bad. Vom Bad zurückgekehrt, setze man sich an einer innerhalb einer Entfernung von zwei und ein halb Ellen von der Kasinascheibe befindlichen Stelle auf einen bereitgestellten und eine Spanne und vier Finger hohen, weich gedeckten Stuhl. Sitzt man nämlich weiter davon ab, so zeigt sich einem die Kasinascheibe nicht deutlich; sitzt man aber näher dabei, so werden die Unvollkommenheiten der Kasinascheibe sichtbar. Und setzt man sich höher, so muß man beim Hinblicken seinen Nacken beugen; setzt man sich aber tiefer, so schmerzen einem die Knie. Darum setze man sich genau in der beschriebenen Weise nieder und erwäge das Elend der Sinnenfreuden, nämlich: "Unbefriedigend sind die Sinnenfreuden usw." (M.14). Und von Verlangen nach der das Mittel zur Überwindung alles Leidens bildenden Entsagung erfüllt, bringe man durch Nachdenken über die Vorzüge des Erleuchteten, des Gesetzes und der Jüngerschaft (*) die Verzückung und Freude zum Entstehen. 

(*) - Vollkommen erleuchtet ist der Erhabene, insofern er das unumstößliche Gesetz verkündet hat. - Wohlverkündet ist das Gesetz, insofern es zur Befreiung führt. - Auf dem rechten Pfade wandeln die Jünger, insofern sie im Sinne des Gesetzes wandeln.

 

Voll von Ehrfurcht gegen diese Übung aber bedenke man, daß dies der Pfad der Entsagung ist, den alle Erleuchteten, Einzelerleuchteten und edlen Jünger gewandelt sind; und man wecke seine Tatkraft, denkend: 'Bestimmt werde ich durch diese Übung des Glückes der Loslösung teilhaftig werden.' Darauf möge man, indem man die Augen mäßig geöffnet hält, das geistige Bild auffassen und entfalten. Öffnet man seine Augen nämlich zu weit, so ermüden sie, und die Scheibe wird allzu deutlich; daher steigt einem das geistige Bild nicht auf. Öffnet man dagegen die Augen zu wenig, so ist die Scheibe undeutlich, und der Geist wird schlaff; auch auf diese Weise steigt das geistige Bild nicht auf. Darum möge man, gleichsam als betrachte man sein Gesicht im Spiegel, bei mäßig geöffneten Augen das geistige Bild auffassen und entfalten. Die Farbe möge man dabei nicht erwägen, auch nicht über die Merkmale nachdenken. Jedoch soll man die Farbe nicht schwinden lassen, sondern die mit dem zugrunde gelegten Objekt übereinstimmende Farbe beibehalten; dann soll man auf die Bezeichnung einer hervorstechenden Eigenschaft seinen Geist heften und darüber nachdenken. Irgend einen von den Namen für Erde, der einem gefällt und der der eignen Vorstellung entspricht, soll man hersagen, etwa: 'Ausgedehnte, Mächtige, Fruchtbare, Gewordene, Schätzespendende oder Schätzebergende' usw. Die Bezeichnung 'Ausgedehnte' (pathavī) jedoch ist ein allbekannter Name, daher möge man, seiner weiteren Verbreitung wägen, mit den Worten: 'Ausgedehnte! Ausgedehnte!' die Übung entfalten. Bisweilen mit geschlossenen, bisweilen mit offenen Augen möge man seinen Geist auf das Objekt heften.

 

Solange bis das 'Aufgefaßte Bild' (uggaha-nimitta) nicht aufsteigt, möge man sich auf diese Weise hundert oder tausend Mal oder noch öfter üben. Sobald aber während solcher Übung und während man mit geschlossenen Augen sich auf das Objekt konzentriert, einem dasselbe genau so deutlich erscheint wie mit offenen Augen, so gilt das 'Aufgefaßte Bild' als aufgestiegen. Vom Augenblicke seines Aufsteigens an aber sollte man nicht länger an jenem Orte sitzen bleiben, sondern sich in seine eigene Wohnstätte begeben und dort niedersitzend die Übung entfalten. Um aber die Verzögerung durch das Fußspülen zu vermeiden, ist es wünschenswert, daß man einfach besohlte Sandalen und einen Wanderstab bereit halte. Wenn dann durch irgend einen ungünstigen Umstand einem die noch schwache Sammlung verloren geht, soll man die Sandalen anlegen, den Wanderstab nehmen und sich zu jenem Orte begeben. Dort fasse man das geistige Bild auf und kehre wieder zurück. Dann setze man sich bequem hin und entfalte das geistige Bild, erwäge es immer wieder, bearbeite es mit seinen Gedanken und Erwägungen.

 

Bei solchem Vorgehen sterben in einem der Reihe nach die geistigen Hemmungen ab, die geistigen Unreinheiten schwinden, der Geist festigt sich in der 'Angrenzenden Sammlung' (upacāra-samādhi), und das 'Gegenbild' (patibhāga-nimitta) kommt zum Entstehen. Der Unterschied nun zwischen diesem und jenem früheren 'Aufgefaßten Bilde' (uggaha-nimitta) ist da folgender: bei dem Aufgefaßten Bilde zeigen sich noch Unvollkommenheiten der Kasinascheibe, das Gegenbild dagegen ist wie eine aus dem Futteral herausgenommene runde Spiegelscheibe, oder wie rein polierte Perlmutter, oder wie die zwischen den Wolken hervorgetretene Mondscheibe, oder wie ein vor einer Gewitterwolke befindlicher Kranich; und durch Durchbrechung des Aufgefaßten Bildes gleichsam hervorgegangen zeigt es sich hundert und tausend Mal klarer als jenes. Und dieses Gegenbild hat weder Farbe noch Gestalt; denn wäre es so beschaffen, so wäre es dem Sehbewußtsein zugänglich, grobstofflich, berührbar und mit den drei Merkmalen behaftet. Dem ist aber nicht so, denn es ist bloß ein in dem Sammlungbesitzenden anwesendes, geistig gezeugtes Bild. Von seinem Erscheinen ab aber sind in dem Mönche die geistigen Hemmungen zurückgedrängt die befleckenden Leidenschaften haben sich gelegt, und der Geist ist in der Angrenzenden Sammlung gefestigt.

 

Zweierlei Sammlung nämlich gibt es: die 'Angrenzende Sammlung' (upacāra-samādhi) und die 'Volle Sammlung' (appanā-samādhi), und in zweierlei Weise sammelt sich der Geist: auf der Angrenzenden Stufe und auf der Erreichungsstufe. Auf der Angrenzenden Stufe nun ist der Geist gesammelt infolge des Schwindens der geistigen Hemmungen (nīvarana), auf der Erreichungsstufe aber infolge des Auftretens der (Vertiefungs-) Glieder (Gedankenfassung, Diskursives Denken, Verzückung, Glücksgefühl, Sammlung).

 

Dies jedoch ist der Unterschied zwischen den beiden Arten der Sammlung: in der Angrenzenden Sammlung (upacāra-samādhi) sind die (Vertiefungs-) Glieder noch nicht stark entwickelt, da sie noch keine Festigkeit erlangt haben. Gleichwie nämlich, wenn man ein kleines Kind aufrichtet und hinstellt, dasselbe immer wieder zu Boden fällt: so auch nimmt beim Aufsteigen der Angrenzenden Sammlung das Bewußtsein bisweilen das geistige Bild zum Vorstellungsobjekte, bisweilen sinkt es ins Unterbewußtsein (bhavanga = bhavanga sota, wird von den kanonischen Schriften nur im Patthana, dem 7. Buch des Abhidhamma, ganz vorübergehend erwähnt.). -

In der Vollen Sammlung (Vertiefung) aber sind die (Vertiefungs-) Glieder stark entwickelt, da sie Festigkeit erlangt haben. Wie nämlich ein starker Mann, nachdem er sich von seinem Sitze erhoben hat, einen Tag lang stehen bleiben kann, so auch mag, nach Aufsteigen der Vollen Sammlung, das Bewußtsein, nachdem es einmal den Strom des Unterbewußtseins durchbrochen hat, einen ganzen Tag oder eine Nacht anhalten u. zw. in Form einer Reihe von verdienstvollen Impulsivmomenten (javana) sich fortsetzen.

 

Was hier nun das gleichzeitig mit der Angrenzenden Sammlung aufsteigende 'Gegenbild' (patibhāga-nimitta) anbetrifft, so ist dessen Erweckung äußerst schwierig. Wenn man daher imstande ist, nach Entfaltung dieses Gegenbildes bei eben jener Sitzung schon die volle Sammlung (erste Vertiefung) zu erreichen, so ist es gut; wenn nicht, so soll man dieses Gegenbild gleichsam wie den Embryo eines Weltherrschers unermüdlich hüten. Denn es heißt:

 

"In dem, der's Gegenbild bewacht,
Verschwindet das erlangte nicht;
Doch wenn es nicht gehütet wird."
Zerrinnt stets das erlangte Bild."
 

Hierbei nun gilt folgendes als Vorschrift zu seiner Bewachung:


Vis. IV. 7 günstige und 7 ungünstige Dinge (sappāya, asappāya)

 

Meid' sieben Dinge, wenn nicht günstig:
Behausung, Bettelgang, Gespräch,
Personen, Speise, sowie Klima,
Und ungünstige Körperstellung.

 

Erwähl' dir sieben günst'ge Dinge;
Denn wer da handelt solcherart,
Der wird nach gar nicht langer Zeit
Der Vollen Sammlung sich erfreun'n.

 

Hier nun gilt als ungünstig eine solche Behausung (āvāsa), in der wohnend einem entweder das noch nicht aufgestiegene geistige Bild nicht aufsteigt oder das aufgestiegene Bild schwindet, die noch nicht eingetretene Achtsamkeit nicht eintritt und der ungesammelte Geist sich nicht sammelt. Eine solche Behausung aber, wo einem das geistige Bild aufsteigt und sich festigt, Achtsamkeit eintritt und der Geist sich sammelt, wie dem auf dem Nāgaberg wohnenden Ordensälteren Padhāniya-Tissa: eine solche Wohnstätte ist günstig. In einem Kloster also, wo es viele Wohnstätten gibt, möge man zuerst in jeder jedesmal drei Tage lang wohnen und dann dort, wo einem der Geist sich eint, wohnen bleiben. Während nämlich fünfhundert Mönche, die in der kleinen Nāgahöhle auf Ceylon wohnten, dort ihre geistige Übung aufnahmen, erreichten sie eben infolge der Günstigkeit ihrer Wohnung dortselbst die Heiligkeit. Und endlos ist die Zahl der Sotapans und der anderen edlen Jünger, die, nachdem sie anderswo in die 'Stufe der Edlen' eingetreten waren, eben dort die Heiligkeit erreichten. Dasselbe trifft auch zu für den Cittalaberg und andere derartige Klöster.

 

Das Dorf für den Almosengang (gocara-gāma) aber, das von der Wohnstätte nach Norden oder Süden nicht zu weit entfernt ist, sondern innerhalb von anderthalb Meilen (kosa) liegt, und wo Almosenspeise leicht erlangbar ist: ein solches Dorf ist günstig; im entgegengesetzten Falle ist ein Dorf ungünstig.

 

Was Gespräch (bhassa) anbetrifft, so gilt das in den zweiunddreißig niedrigen Gesprächen einbegriffene Gespräch als ungünstig, denn dieses führt zum Schwinden des geistigen Bildes. Das auf die zehn Gesprächsgegenstände sich beziehende Gespräch aber gilt als günstig. Doch selbst in solchen Gesprächen möge man Maß halten.

 

Als günstig gilt eine solche Person (puggala), die nicht über niedrige Dinge spricht, die mit Sittlichkeit und an deren Tugenden ausgestattet ist, und durch deren Einfluß einem der ungesammelte Geist sich sammelt oder der gesammelte Geist fester wird. Wer aber bloß der Pflege des Körpers hingegeben ist und niedrige Gespräche führt, ein solcher Mensch gilt als ungünstig. Denn gleichwie das schlammige Wasser das klare Wasser verunreinigt, so auch macht solcher Mensch einen unrein, und durch den Einfluß eines solchen Menschen schwindet einem selbst der Erreichungszustand (samāpatti = Vertiefungen), gleichwie dem auf dem Spitzenberg lebenden jungen Mönche - um wieviel eher dann das geistige Bild!

 

Als Speise (bhojana) ist für den einen (nämlich den Ärgerlichgearteten) die süße Speise günstig; für den anderen (nämlich den Begehrlichgearteten) aber die saure.

 

Auch als Klima (utu) eignet sich für den einen ein kaltes Klima, für den anderen ein heißes. Bei welcher Speise und welchem Klima man sich daher wohlfühlt, oder der ungesammelte Geist sich sammelt, der gesammelte Geist fester wird, solche Speise und solches Klima gelten als günstig, andere Speise und anderes Klima aber als ungünstig.

 

Auch unter den Körperstellungen (iriyāpatha) ist für den einen das Auf- und Abwandern günstig, für den anderen aber eine Körperstellung wie das Liegen, Stehen oder Sitzen. Darum soll man diese, gerade wie die Behausung, drei Tage lang erproben; und diejenige Körperstellung, bei welcher der ungesammelte Geist sich sammelt, der gesammelte Geist aber fester wird, diese hat man als günstig zu betrachten, jede andere als ungünstig.

 

Somit hat man die sieben ungünstigen Dinge zu meiden und die sieben günstigen Dinge zu wählen, denn wer so handelt und häufig das geistige Bild pflegt,

 

"Der wird nach gar nicht langer Zeit
Der Vollen Sammlung sich erfreu'n."

 

Wem aber trotz solches Vorgehens diese nicht zuteil wird, der sollte die zehnfache Fertigkeit in der Vollen Sammlung zum Entstehen bringen. Hierfür gilt folgende Methode:


Vis. IV. 10fache Fertigkeit in der Vollen Sammlung

 

Auf zehnfache Weise hat man nach der Fertigkeit in der Vollen Sammlung (appanā-kosalla) zu trachten:

 

  1. Durch Reinigung des Eigentums;
  2. Durch Ausgleichung der geistigen Fähigkeiten;
  3. Durch Fertigkeit betreffs des Bildes;
  4. Durch Anspannung des Geistes zu einer Zeit, wo er angespannt werden muß;
  5. Durch Entspannung des Geistes zu einer Zeit, wo er entspannt werden muß;
  6. Durch Anregung des Geistes zu einer Zeit, wo er angeregt werden muß;
  7. Durch gleichmütiges Betrachten des Geistes zu einer Zeit, wo er gleichmütig betrachtet werden muß;
  8. Durch Vermeidung von geistig ungesammelten Menschen;
  9. Durch Umgang mit geistig gesammelten Menschen;
  10. Durch die entsprechende Neigung, -

1. Durch Reinigung des Eigentums

Hier nun hat man unter Reinigung des Eigentums die Reinigung des subjektiven und des objektiven Eigentums zu verstehen. Hat man nämlich die Kopfhaare oder Nägel oder den Bart schon zu lange stehen, oder ist der Körper mit Schweiß und Schmutz bedeckt, dann ist das subjektive Eigentum schmutzig und unrein. Und hat man ein zerrissenes, beflecktes und übelriechendes Gewand oder eine verwahrloste Wohnstätte, dann ist das objektive Eigentum beschmutzt und unrein. Ist aber das subjektive und objektive Eigentum unrein, so ist auch die mit dem aufgestiegenen Bewußtsein und den Geisteszuständen verbundene Einsicht ungeklärt, gleichwie bei einer Lampe das durch unreinen Lampenbehälter, Docht und Öl bedingte Licht der Flamme unklar ist. Wer aber mit ungeklärter Einsicht die Daseinsgebilde erwägt, bei dem sind auch die Gebilde undeutlich; und auch, während ein solcher sich der geistigen Übung befleißigt, gelangt bei ihm die geistige Übung nicht zum Wachstum, Gedeihen und zur Entfaltung.

Ist aber das subjektive und objektive Eigentum rein, dann ist auch die mit dem aufgestiegenen Bewußtsein und den Geisteszuständen verbundene Einsicht rein und lauter, gleichwie bei einer Lampe das Licht der Flamme, die bei reinem Lampenbehälter, Docht und Öl entsteht, rein und klar ist. Und wer bei völlig lauterer Einsicht die Daseinsgebilde erwägt, bei dem sind auch die Gebilde deutlich; und während ein solcher sich der geistigen Übung hingibt' gelangt bei ihm die geistige Übung zum Wachstum, Gedeihen und zur Entfaltung.


2. Durch Ausgleichung der geistigen Fähigkeiten

 

Als Ausgleichung der geistigen Fähigkeiten (indriya) gilt das Ebenmäßigmachen der geistigen Fähigkeiten, wie Vertrauen, Willenskraft, Achtsamkeit, Sammlung und Wissen (Einsicht).

Besitzt nämlich einer eine starke Fähigkeit des Vertrauens (saddhindriya), aber sind seine übrigen Fähigkeiten schwach, so ist in ihm die Willensfähigkeit (viriya) außerstande die Funktion der Anspannung auszuüben, die Achtsamkeitsfähigkeit (sati) außerstande die Funktion des Gewärtigseins auszuüben, die Sammlungsfähigkeit (samādhi) außerstande die Funktion des Unverwirrtmachens auszuüben, die Wissensfähigkeit (paññā) außerstande die Funktion des Erkennens auszuüben. Darum hat man diese Vertrauensfähigkeit dadurch abzuschwächen, daß man über die Beschaffenheit der geistigen Fähigkeiten nachdenkt, oder dadurch, daß man nicht in solcher Weise nachdenkt, daß in einem dadurch jene Vertrauensfähigkeit zu stark wird. Die Geschichte des Ordensälteren Vakkali bietet hierzu die Erläuterung.

Ist aber die Fähigkeit der Willenskraft zu stark, so ist weder die Vertrauensfähigkeit imstande die Funktion des Entschließens auszuüben, noch sind die anderen Fähigkeiten imstande die anderen verschiedenen Funktionen auszuüben. Daher hat man diese Fähigkeit der Willenskraft durch Entfaltung von Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut abzuschwächen. Hier wiederum hat man die Geschichte des Ordensälteren Sona anzuführen.

Auch wenn eine von den übrigen Fähigkeiten (Sammlung oder Wissen: samādhi, paññā) zu stark entwickelt ist, so ist es verständlich, daß die anderen unfähig sind, ihre eigenen Funktionen auszuüben. Hierbei aber lobt man ganz besonders das Ebenmaß von Vertrauen und Wissen, und das von Sammlung und Willenskraft.

Der Vertrauensstarke mit schwachem Wissen nämlich glaubt blindlings, hat Vertrauen zu unwahren Dingen; und der Wissensstarke mit schwachem Vertrauen neigt zur Durchtriebenheit und ist, gleichwie eine durch Arzneien entstandene Krankheit, unheilbar. Beim Ebenmaße beider Fähigkeiten aber hat man Vertrauen bloß zu etwas Echtem.

Den Sammlungsstarken mit schwacher Willenskraft aber überwältigt die Trägheit, da die Sammlung eben zur Trägheit neigt; und den Willensstarken mit schwacher Sammlung überwältigt die Aufregung, da die Willenskraft eben zur Aufregung neigt. Die mit Willenskraft verbundene Sammlung aber läßt einen nicht der Trägheit verfallen; und die mit Sammlung verbundene Willenskraft läßt einen nicht der Aufregung verfallen; daher hat man jene beiden Fähigkeiten gleichmäßig zu entfalten, denn durch das Ebenmaß beider ist die Volle Sammlung bedingt.

Ferner soll der in Sammlung sich Übende auch starkes Vertrauen besitzen; denn wer also vertraut und Hingebung besitzt, wird die Volle Sammlung erreichen. Hinsichtlich der Sammlung und des Wissens aber soll der in Sammlung sich übende starke Einspitzigkeit des Geistes besitzen, denn auf diese Weise wird er die Volle Sammlung erreichen.

Der im Hellblick (vipassanā) sich Übende soll starkes Wissen (paññā) besitzen, denn so wird er die Durchdringung der Merkmale (Vergänglichkeit, Leiden und Unpersönlichkeit aller Daseinsformen) erreichen. Und auch aufgrund des Ebenmaßes dieser beiden wird die Volle Sammlung eintreten.

Die Achtsamkeit (sati) aber soll überall stark sein; denn die Achtsamkeit bewahrt den Geist davor, daß er infolge der zur Aufregung neigenden Fähigkeiten, wie Vertrauen, Willenskraft und Wissen, in Aufregung verfällt; und davor, daß er infolge der zur Trägheit neigenden Sammlung in Trägheit verfällt. Daher ist Achtsamkeit überall erwünscht, gleichwie die Würze des Salzes in allen Zuspeisen, oder wie der alle Geschäfte versehende Minister in sämtlichen fürstlichen Angelegenheiten erwünscht ist. Daher heißt es (Mahā-Atthakathā): 'Die Achtsamkeit aber wurde vom Erhabenen als allerwünscht (sabbatthikā) bezeichnet. Und warum? Weil eben der Geist die Achtsamkeit zur Zuflucht hat, und die Achtsamkeit sein Wächter und Aufwärter ist, und es ohne Achtsamkeit keine Anspannung und Bezähmung des Geistes gibt."


3. Durch Fertigkeit betreffs des Bildes

 

Unter Fertigkeit betreffs des geistigen Bildes (nimitta-kosalla) versteht man die Fertigkeit, das noch unerzeugte geistige Bild der mit dem Erdkasina und anderen Übungen verbundenen Einspitzigkeit des Geistes zu erzeugen, die Fertigkeit das erzeugte Bild zu entfalten, und die Fertigkeit das durch Entfaltung gewonnene Bild festzuhalten. Dieses ist hier gemeint.


4. Durch Anspannung des Geistes zu einer Zeit, wo er angespannt werden muß

 

Wie aber spannt man den Geist (citta) an zu einer Zeit, wo er angespannt werden muß? Wenn man infolge zu schlaffer Willenskraft usw. einen schlaffen Geist hat, so entfalte man nicht die drei Erleuchtungsglieder (bojjhanga) Gestilltheit (passadhi), Sammlung (samādhi) und Gleichmut (upekkhā), sondern man entfalte bloß die drei Erleuchtungsglieder: Wahrheitsergründung (dhamma-vicaya), Willenskraft (viriya) und Verzückung (pīti). 

Vom Erhabenen nämlich wurde gesagt (S.46.53, I.): "Gesetzt, ihr Mönche, ein Mann wolle ein kleines Feuer zum Aufflackern bringen, und er werfe darauf ganz feuchtes Gras, feuchten Kuhmist, feuchtes Holz, lasse feuchten Wind zu und bestreue es mit Erde. Möchte da wohl jener Mann imstande sein, jenes kleine Feuer zum Aufflackern zu bringen?" - "Gewiß nicht, o Ehrwürdiger." - "Ebenso auch, ihr Mönche, ist zu einer Zeit, wo der Geist schlaff ist, es nicht angebracht, die Erleuchtungsglieder Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut zu entfalten. Und warum nicht? Weil eben der Geist schlaff ist und er daher durch diese Dinge schwerlich aufgerichtet werden kann. Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo der Geist schlaff ist ist es angebracht, die Erleuchtungsglieder Wahrheitsergründung, Willenskraft und Verzückung zu entfalten. Und warum? Weil eben der Geist schlaff ist und er daher durch diese Dinge leicht aufgerichtet werden kann. - Gesetzt, ihr Mönche, ein Mann wolle ein kleines Feuer zum Aufflackern bringen, und er werfe trockenes Gras, trockenen Kuhmist und trockenes Holz darauf, lasse trockenen Wind zu und bestreue es nicht mit Erde. Möchte da wohl jener Mann imstande sein, das Feuer zum Aufflackern zu bringen?" - "Gewiß, o Ehrwürdiger."

 

Hierbei nun hat man die Entfaltung der Erleuchtungsglieder Wahrheitsergründung, Willenskraft und Verzückung in jedem einzelnen Falle mit Rücksicht auf ihren Nährstoff zu verstehen. Denn es wurde gesagt (ib.51.II): "Es gibt' ihr Mönche, karmisch heilsame (kusala) und unheilsame (akusala) Dinge, tadelige und untadelige Dinge, gemeine und edle Dinge, sowie mit den Gegensätzen 'Gut' und 'Böse' verbundene Dinge. Das häufige und gründliche Nachdenken aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zur Entstehung des noch unentstandenen Erleuchtungsgliedes der Wahrheitsergründung (dhammavicaya-sambojjhanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung, Entfaltung und Vollendung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes der Wahrheitsergründung."

Ebenso: "Es gibt, ihr Mönche, das Element des Sichaufraffens, das Element des Fortstrebens und das Element des beharrlichen Weiterkämpfens. Das häufige gründliche Nachdenken aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zur Entstehung des noch unentstandenen Erleuchtungsgliedes der Willenskraft (viriya-sambojjhanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung, Entfaltung und Vollendung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes der Willenskraft."

Ebenso: "Es gibt, ihr Mönche, die das Erleuchtungsglied der Verzückung veranlassenden Dinge. Das häufige 'gründliche Nachdenken' (yoniso manasikāra) aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zur Entstehung des noch unentstandenen Erleuchtungsgliedes der Verzückung (pīti-sambojjhanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung, Entfaltung und Vollendung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes der Verzückung."

Das in Durchdringung (pativedha) der individuellen und gemeinsamen Merkmale dieser Eigenschaften sich äußernde Nachdenken gilt hierbei als das 'gründliche Nachdenken' über die karmisch heilsamen und anderen Dinge. Das in Erzeugung der Elemente des Sichaufraffens usw. sich äußernde Nachdenken gilt als das gründliche Nachdenken über die Elemente des Sichaufraffens usw. - Hier nun bezeichnet man mit 'Element des Sichaufraffens' (ārambha-dhātu) die Willenskraft (viriya) im ersten Stadium; als 'Element des Fortstrebens' (nikkama-dhātu) gilt die noch stärkere Willenskraft, weil diese sich von der Trägheit losgemacht hat; als 'Element des beharrlichen Weiterkämpfens' (parakkama-dhātu) gilt die noch immer stärkere Willenkraft, weil diese auf immer weitere Gebiete fortschreitet. Die das Erleuchtungsglied der Verzückung veranlassenden Dinge aber sind ein Name für eben jene Verzückung selber. Und das jene Verzückung erzeugende Nachdenken bezeichnet man als das gründliche Nachdenken.

Fernerhin führen sieben Dinge zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes der Wahrheitsergründung (dhammavicaya-sambojjhanga), nämlich: Befragung, Reinigung des Eigentums, Ausgleichung der geistigen Fähigkeiten, Vermeidung unverständiger Menschen, Umgang mit einsichtsvollen Menschen, Nachdenken über die dem Gebiete tiefer Erkenntnis angehörenden Dinge, und die entsprechende Neigung.

Elf Dinge führen zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes der Willenskraft (viriya-sambojjhanga), nämlich: Nachdenken über die Schrecken der 'niederen Daseinsfährten' (apāya: Tierreich, Gespensterreich, Dämonenreich, Hölle) usw.: Daß man den Segen erkennt, der da besteht in der Erreichung eines weltlichen oder überweltlichen Vorzuges durch den seine Willenskraft Anstrengenden. Daß man über den zu beschreitenden Weg nachdenkt, in der Weise: 'Den von dem Erleuchteten, den Einzelerleuchteten und erhabenen Jüngern beschrittenen Weg muß ich gehen; der aber kann von einem trägen Menschen nicht beschritten werden'. Daß man die Almosenspeise heiligt, auf daß sie dem Geber hohe Früchte bringe. Daß man die Erhabenheit des Meisters erwägt, in der Weise: 'Kraftanstrengung hat mein Meister gepriesen, und in seiner Weisung ist er unübertreffbar, eine große Stütze für uns, und geehrt wird er nur dadurch, daß man ihn durch rechten Wandel ehrt, auf keine andere Weise.' Daß man die Erhabenheit der Erbschaft erwägt, in der Weise: 'Die als Edles Gesetz bekannte große Erbschaft soll ich übernehmen, doch von keinem Trägen kann sie übernommen werden.' Daß man durch Heften der Aufmerksamkeit auf die Lichtvorstellung (āloka-saññā), durch Veränderung der Körperstellung und durch Aufenthalt im Freien u. dergl. Starrheit und Mattigkeit vertreibt. Daß man träge Menschen meidet. Daß man mit Menschen umgeht, die ihre Willenskraft anstrengen. Daß man die 'Rechten Anstrengungen' erwägt. Daß man die entsprechende Neigung besitzt.

Elf Dinge führen zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes der Verzückung (pīti-sambojjhanga), nämlich: Betrachtung über den Erleuchteten, über das Gesetz, die Jüngergemeinde, die Sittlichkeit, die Freigebigkeit, die Himmelswesen und den Frieden (s. VII); Vermeidung roher Menschen, Verkehr mit liebevollen Menschen, Nachdenken über anregende Sutten und die entsprechende Neigung.

Wenn man nun durch solche Mittel jene Dinge (Erleuchtungsglieder) zum Entstehen bringt, so gilt man als einer, der die Wahrheitsergründung und die übrigen Erleuchtungsglieder entfaltet. Und so spannt man den Geist an zu seiner Zeit, wo er angespannt werden muß.


5. Durch Entspannung des Geistes zu einer Zeit, wo er entspannt werden muß

 

Wie aber entspannt man den Geist zu einer Zeit, wo er entspannt werden muß? Wenn immer durch zu angespannte Willenskraft usw. in einem der Geist aufgeregt ist, so soll man abstehen von der Entfaltung der drei Erleuchtungsglieder Wahrheitsergründung, Willenskraft und Verzückung und nur die Erleuchtungsglieder Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut entfalten. Auch vom Erhabenen wurde gesagt (S.46.53, III und IV).

 

"Gesetzt, ihr Mönche, ein Mann wolle eine große Feuermasse zum Erlöschen bringen, und er werfe darauf ganz trockene Gräser u. dgl. und streue keine Erde darüber; möchte da wohl jener Mann imstande sein, die große Feuermasse zum Erlöschen zu bringen?" - "Nein, o Ehrwürdiger." - "Ebenso auch, ihr Mönche: zu einer Zeit, wo der Geist aufgeregt ist, zu einer solchen Zeit ist es unangebracht die Erleuchtungsglieder Wahrheitsergründung, Willenskraft und Verzückung zu entfalten. Und warum? Weil eben der Geist aufgeregt ist und man ihn durch solche Dinge schwerlich beruhigen kann.

"Zu einer Zeit aber, ihr Mönche, wo der Geist aufgeregt ist, zu einer solchen Zeit ist es angebracht die Erleuchtungsglieder Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut zu entfalten. Und warum? Weil eben der Geist aufgeregt ist und man ihn durch solche Dinge leicht beruhigen kann. Gesetzt, ihr Mönche, ein Mann wolle eine mächtige Feuermasse zum Erlöschen bringen, und er werfe darauf feuchtes Holz u. dgl. und streue Erde darüber; möchte da wohl jener Mann imstande sein, die mächtige Feuermasse zum Erlöschen zu bringen?" "Gewiß, o Ehrwürdiger."

Auch hier hat man die Entfaltung der Erleuchtungsglieder wie Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut mit Rücksicht auf ihren Nährstoff zu verstehen. Der Erhabene nämlich hat gesagt (S.46-51, II):

"Es gibt, ihr Mönche, eine Gestilltheit der Geistesfaktoren (eig. der geistigen Gruppen, d.i. Gefühl, Wahrnehmung und Geistesformationen), und eine Gestilltheit des Bewußtseins (kāya- und citta-passaddhi). Das häufige und gründliche Nachdenken aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zum Entstehen des noch nicht entstandenen Erleuchtungsgliedes der Gestilltheit (passaddhi-sambojjanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung und vollen Entfaltung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes der Gestilltheit."

Ebenso (ib.): "Es gibt, ihr Mönche, das Vorstellungsbild der Gemütsruhe (samatha-nimitta), eine unverwirrte Vorstellung. Das häufige gründliche Nachdenken aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zum Entstehen des noch unentstandenen Erleuchtungsgliedes der Sammlung (samādhi-sambojjhanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung und vollen Entfaltung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes der Sammlung."

Ebenso (ib.): "Es gibt, ihr Mönche, die das Erleuchtungsglied des Gleichmutes veranlassenden Dinge. Das häufige gründliche Nachdenken aber hierüber: dies ist der Nährstoff, der zum Entstehen des noch unentstandenen Erleuchtungsgliedes des Gleichmutes (upekkhā-sambojjhanga) führt, sowie zur Erweiterung, Entwicklung und vollen Entfaltung des bereits entstandenen Erleuchtungsgliedes des Gleichmutes."

Das mit Rücksicht auf die Erzeugung jener (drei Erleuchtungsglieder Gestilltheit, Sammlung, Gleichmut) angestellte Nachdenken durch Untersuchung des jedesmaligen Grundes, warum in einem Gestilltheit, Sammlung oder Gleichmut aufgestiegen sind: dieses gilt hier an den drei Stellen als das gründliche Nachdenken. 'Vorstellung der Gemütsruhe' (samatha-nimitta) ist bloß eine Bezeichnung für die Gemütsruhe selber; und ebenso wird diese wegen ihrer Unzerstreutheit 'unverwirrte Vorstellung' genannt.

Fernerhin führen sieben Dinge zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes der Gestilltheit (passaddhi-sambojjhanga): das Genießen ausgewählter Nahrung, das Aufsuchen eines angenehmen Klimas, das Einnehmen einer angenehmen Körperstellung, ebenmäßige Anstrengung, Vermeidung aufbrausender Menschen, Umgang mit Menschen von ruhigem Wesen, die entsprechende Neigung.

Elf Dinge führen zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes der Sammlung (samādhi-sambojjhanga): 

  1. Reinheit des Eigentums, 
  2. Fertigkeit hinsichtlich des geistigen Bildes (nimitta),  
  3. Ausgleichung der geistigen Fähigkeiten, 
  4. rechtzeitige Anspannung des Geistes, 
  5. rechtzeitige Entspannung des Geistes, 
  6. Anregung des teilnahmlosen Geistes durch Vertrauen und Ergriffenheit, 
  7. Gleichmut gegen den in rechter Weise arbeitenden Geist, 
  8. Vermeidung geistig ungesammelter Menschen, 
  9. Umgang mit geistig gesammelten Menschen, 
  10. Nachsinnen über die Vertiefungen und Freiungen und 
  11. die entsprechende Neigung.

Fünf Dinge führen zum Entstehen des Erleuchtungsgliedes des Gleichmutes (upekkhā-sambojjhanga):

  1. Gleichmütigkeit gegen die Wesen; 
  2. Gleichmütigkeit gegen die Dinge (Gebilde); 
  3. Vermeidung von Menschen, die Zuneigung haben zu Wesen und Dingen; 
  4. Umgang mit Menschen, die gleichmütig sind gegen Wesen und Dinge; 
  5. die entsprechende Neigung.

Indem man nun auf solche Weise durch Erweckung dieser Dinge die Erleuchtungsglieder wie Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut entfaltet, entspannt man den Geist zu einer Zeit, wo er entspannt werden muß.


6. Durch Anregung des Geistes zu einer Zeit, wo er angeregt werden muß

Wie aber regt man den Geist an zu einer Zeit, wo er angeregt werden muß? 

Wenn man infolge von Langsamkeit in der Betätigung der Einsicht oder infolge des Nichterlangens des Friedensglücks einen teilnahmslosen Geist hat, so regt man diesen an durch Nachsinnen über die acht Grundlagen der Ergriffenheit (samvega-vatthu).  

Diese acht Grundlagen der Ergriffenheit sind: - die vier: Geburt, Alter, Krankheit, Tod, und das Leiden der niederen 'Daseinsfährten als fünfte, das im Daseinskreislauf wurzelnde Leiden der Vergangenheit, das im Daseinskreislauf wurzelnde Leiden der Zukunft, das im Nahrungsuchen wurzelnde Leiden der Gegenwart. Und durch Nachdenken über die Vorzüge des Erleuchteten, des Gesetzes und der Jüngerschaft erweckt man im Geiste Zuversicht. Auf diese Weise regt man den Geist an zu einer Zeit, wo er angeregt werden muß. 


7. Durch gleichmütiges Betrachten des Geistes zu einer Zeit, wo er gleichmütig betrachtet werden muß

 

Wie aber betrachtet man den Geist mit Gleichmut zu einer Zeit, wo er mit Gleichmut betrachtet werden muß? Wenn in einem, während man also übt, der Geist unermattet ist, unzerstreut, nicht teilnahmslos, bei der Vorstellung ebenmäßig tätig, in den Prozeß der Gemütsruhe (samatha-vīthi) eingetreten, so gerät man bei Anspannung, Entspannung oder Anregung des Geistes nicht in Unruhe, ebenso wenig wie ein Wagenlenker bei Rossen mit gleichmäßigem Gange. Auf diese Weise betrachtet man den Geist mit Gleichmut zu einer Zeit, wo er mit Gleichmut betrachtet werden muß. 


8. Durch Vermeidung von geistig ungesammelten Menschen

 

Als Vermeidung von geistig ungesammelten Menschen gilt das sich Fernhalten von geistig zerstreuten Menschen, die den Pfad der Loslösung noch nicht beschritten haben und vielerlei Beschäftigungen hingegeben sind.


9. Durch Umgang mit geistig gesammelten Menschen

 

Als Umgang mit geistig gesammelten Menschen gilt es, wenn man von Zeit zu Zeit solche Menschen aufsucht, die den Pfad der Loslösung beschritten haben und Sammlung besitzen.


10. Durch die entsprechende Neigung

 

Als entsprechende Neigung gilt es, wenn man zur Sammlung neigt, Achtung davor hat, dahin neigt, dahin zielt, dahin strebt: das ist der Sinn. -

 

 

So hat man diese auf zehnfache Weise zu erlangende Fertigkeit in der Vollen Sammlung zustande zu bringen.

 

Wer solcherart die Fertigkeit
In Voller Sammlung sich erringt,
Dem steigt die volle Sammlung auf,
Wenn er das Gegenbild erlangt.

 

Auch wenn bei solcher Übung ihm
Die Volle Sammlung nicht entsteht,
So kämpfe er doch weise weiter
Und gebe nicht die Übung auf.

 

Denn daß ein jugendlicher Mensch,
Der sich dem rechten Kampf entzieht,
Auch nur das kleinste Ziel erreichte:
Ein solcher Fall trifft nimmer sich.

 

So möge denn der weise Mönch,
Des Geistes Wirkensart bewußt,
Sich üben allzeit für und für
Im Ebenmaße seiner Kraft.

 

D'rum, wenn sein Geist auch wenig nur
Zur Schlaffheit neigt, streng' er ihn an,
Bezähm' ihn, wenn er aufgeregt,
Und stelle her sein Ebenmaß.

 

Des Geistes Wirken wurd' verglichen
Mit einer Biene Tätigkeit,
Mit Blütenstaub und Honigblatt,
Mit Faden, Öltube und Schiff.

 

Von Unruhe wie Mattigkeit
Den Geist befreiend ganz und gar,
Laß' man ihn immer weiter streben
Dem geistigen Objekte zu.

 

Hierzu bildet folgendes die Erklärung des Sinnes: Da z.B. bemerkt eine übereifrige Biene an einem gewissen Baume eine blühende Blume, und mit äußerstem Ungestüm forteilend fliegt sie darüber hinaus; diese wird eben wieder zurückfliegen und dort ankommen, wenn der Blütenstaub bereits verschwunden ist. Eine andere, uneifrige Biene, mit langsamer Geschwindigkeit fliegend, gelangt dort an, wenn der Blütenstaub bereits geschwunden ist. Die eifrige Biene aber, die mit ebenmäßiger Geschwindigkeit fliegt, erreicht mit Leichtigkeit den Blütenbüschel, nimmt nach Bedarf von dem Blütenstaub, erlangt Honig und genießt von dem süßen Safte.

 

Oder, von den Schülern eines Wundarztes, die an einem in einem Becken voll Wasser befindlichen Lotusblatte sich im Gebrauch des Messers üben, zückt ein übereifriger Schüler in aller Eile das Messer und schneidet so entweder das Lotusblatt entzwei oder drückt es in das Wasser ein. Der uneifrige Schüler wagt das Blatt mit dem Messer nicht zu berühren, aus Furcht, daß er es zerschneiden oder ins Wasser eindrücken werde. Der eifrige Schüler aber, der mit ebenmäßiger Anstrengung nur eine Messerspur erzeugt, wird in seiner Kunst vollendet, und an geeigneten Orten seinen Beruf ausübend gelangt er zu Vermögen.

 

Oder, der König gibt das Versprechen: 'Wer mir einen vier Klafter langen Spinnenfaden bringt, erhält viertausend Geldstücke.' Und ein übereifriger Mann, der mit Ungestüm an einem Spinnenfaden zieht, zerreißt ihn hier und da. Ein anderer, uneifriger Mann, aus Furcht ihn zu zerreißen, wagt nicht einmal mit der Hand ihn zu berühren. Der eifrige Mann aber, vom Ende aus beginnend, wickelt mit ebenmäßiger Anstrengung den Spinnenfaden um einen Stock und gelangt so zu Vermögen.

 

Oder, ein übereifriger Schiffer fährt bei heftigem Winde mit aufgeblähten Segeln und läßt so das Schiff in fremde Gegend treiben. Ein anderer, uneifriger Schiffer läßt bei schwachem Winde die Segel einziehen und hält so das Schiff auf derselben Stelle fest. Der eifrige Schiffer aber fährt bei schwachem Winde mit vollen Segeln, bei heftigem Winde mit halbem Segel und gelangt so heil an den gewünschten Ort.

 

Oder, ein Meister spricht zu seinen Lehrlingen: 'Wer das Öl in die Tube einfüllt, ohne es zu verschütten, bekommt ein Geschenk.' Und ein übereifriger Lehrling, aus Gier nach dem Geschenk, füllt voller Hast das Öl ein und verschüttet es dabei. Ein anderer, uneifriger Lehrling getraut sich nicht einmal das Öl einzuträufeln, aus Furcht er möchte es verschütten. Der eifrige Lehrling aber füllt das Öl mit ebenmäßiger Anstrengung ein und erhält das Geschenk.

 

Genau so auch verhält es sich mit dem Mönche hinsichtlich des aufgestiegenen geistigen Bildes (nimitta). In der Absicht ganz schnell die Volle Sammlung zu gewinnen, macht er eine heftige Anstrengung, und infolge der übermäßigen Willensanstrengung gerät er in Aufgeregtheit und ist außerstande die Volle Sammlung zu gewinnen. Ein anderer Mönch, das Verkehrte der übermäßigen Willensanstrengung erkennend, schwächt seine Willenskraft ab, indem er sich sagt: 'Was soll ich jetzt mit der Vollen Sammlung!': und infolge der allzugroßen Schlaffheit seines Willens gerät sein Geist in Trägheit und ist außerstande die Volle Sammlung zu gewinnen. Wer aber seinen Geist, wenn er auch nur wenig schlaff ist, von Schlaffheit freimacht, und, wenn er auch nur wenig aufgeregt ist, von Aufregung frei macht, und ihn mit ebenmäßiger Anstrengung dem geistigen Bilde entgegen führt, ein solcher gewinnt die Volle Sammlung. Und wie ein solcher Mönch soll man sein. Mit Hinsicht auf diese Bedeutung eben wurde gesagt:

 

'Des Geistes Wirken wurd' verglichen
Mit einer Biene Tätigkeit,
Mit Blütenstaub und Honigblatt,
Mit Faden, Öltube und Schiff.

 

'Von Unruhe wie Mattigkeit
Den Geist befreiend ganz und gar,
Laß' man ihn immer weiter streben
Dem geistigen Objekte zu.'

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