Samyutta Nikaya

Das 35., das Salāyatana-Samyutta (81-100)

S.35.81 Die Mönche
S.35.82 Die Welt
S.35.83 Phagguno
S.35.84-85 Welken, Leer
S.35.86 Kurz gesagt
S.35.87 Channo
S.35.88 Punno
S.35.89 Bāhiyo
S.35.90 Regung I
S.35.91 Regung II
S.35.92 Zweiheit I
S.35.93 Zweiheit II
S.35.94 Einbegriffen I
S.35.95 Einbegriffen II
S.35.96 Rückfall
S.35.97 Lässig weilen
S.35.98 Zügelung
S.35.99 Einigung
S.35.100 Zurückgezogenheit

S.35.81 Die Mönche

 

Es begaben sich viele Mönche zum Erhabenen, begrüßten ihn ehrfurchtsvoll und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandten sich diese Mönche an den Erhabenen:

 

Es fragten uns, o Herr, andersfährtige Pilger: 'Zu welchem Zweck wird beim Asketen Gotamo der Brahma-Wandel geführt'? So gefragt, antworteten wir den andersfährtigen Pilgern also: 'Zum Zwecke der Durchschauung des Leidens wird beim Asketen Gotamo der Brahma-Wandel geführt'. Die wir, so gefragt, so geantwortet haben, haben wir des Erhabenen Worte gebraucht, den Erhabenen nicht zu Unrecht angeführt und der Lehre gemäß gesprochen, so daß sich kein entsprechender Folgesatz als falsch erweisen kann?"

 

"Wahrlich, ihr Mönche, habt ihr, die ihr so gefragt wurdet und so geantwortet habt, meine Worte gebraucht und habt mich nicht zu Unrecht angeführt, der Lehre gemäß gesprochen, so daß sich kein entsprechender Folgesatz als falsch erweisen kann. Zum Zwecke der Durchschauung des Leidens wird bei mir der Brahma-Wandel geführt. Wenn aber die andersfährtigen Pilger fragen würden: 'Was für ein Leiden aber ist es, Bruder, zu dessen Durchschauung beim Asketen Gotamo der Brahma-Wandel geführt wird', dann solltet ihr ihnen so antworten:

 

Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle sind Leiden. Zu dessen Durchschauung wird beim Erhabenen der Brahma-Wandel geführt'. So gefragt, ihr Mönche, solltet ihr diesen andersfährtigen Pilgern so antworten".

 


S.35.82 Die Welt

 

Ein gewisser Mönch begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen: Welt, Welt', o Herr, sagt man. Inwiefern aber, o Herr, sagt man 'Welt'?"

 

Es verweht', o Mönch, darum sagt man 'Welt'. Was verweht? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Es verweht', o Mönch, darum sagt man 'Welt"'.

 


S.35.83 Phagguno

 

Der Ehrwürdige Phagguno begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen:

 

"Gibt es, o Herr, ein Auge, ein Ohr, eine Nase, eine Zunge, einen Körper, einen Geist, mit welchen man die dahingegangenen Erwachten, die zur Wahnerlöschung gelangten, der Sonderheit entrückten, der Wandelwelt entrückten, den Kreislauf beendeten, die allem Wehe entgangen sind, erkennen könnte?"

 

Es gibt, o Phagguno, kein Auge, kein Ohr, keine Nase, keine Zunge, keinen Körper, keinen Geist, mit welchen man die dahingegangenen Erwachten, die zur Wahnerlöschung gelangten, der Sonderheit entrückten, der Wandelwelt entrückten, den Kreislauf beendeten, die allem Wehe entgangen sind, erkennen könnte".

 


S.35.84-85 Welken, Leer

 

Der Ehrwürdige Anando begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen:

 

" 'Welt, Welt' sagt man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, sagt man 'Welt'?"

 

"Was da Dinge des Welkens sind, Anando, das nennt man in der Ordnung des Edlen 'Welt'. Was sind Dinge des Welkens, Anando? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Was da Dinge des Welkens sind, das wird, Anando, in der Ordnung der Edlen 'Welt' genannt".

 

" 'Leer, ist die Welt, leer ist die Welt', o Herr, sagt man. Inwiefern aber wird gesagt, die Welt sei leer?"

"Was da, Anando, leer von Ich und zum Ich Gehörigen ist, zu dem, Anando, wird gesagt: 'Leer ist die Welt'. Was aber ist leer von Ich oder zum Ich Gehörigen? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Das ist leer von Ich und zum Ich Gehörigen".

 


S.35.86 Kurz gesagt

 

Der Ehrwürdige Anando begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen:

 

Gut wäre es, wenn mir der Erhabene in Kürze die Lehre zeigte, damit ich, nachdem ich des Erhabenen Lehre vernommen, einsam, abgesondert, unermüdlich in heißem, innigem Ernste verweilen kann".

 

"Was meinst du, Anando, sind die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle beständig oder unbeständig?"

"Unbeständig, o Herr".

"Was aber unbeständig ist, ist das Wehe oder Wohl?"

"Wehe, o Herr".

"Was aber unbeständig, wehe, veränderlich ist, ist das richtig so zu betrachten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

"Gewiß nicht, o Herr".

"So sehend, findet der erfahrene edle Jünger nichts daran. Nichts daran findend, wird er entreizt, entreizt wird er erlöst: 'Im Erlösten ist die Erlösung', erkennt er: 'Versiegt ist die Geburt, vollendet der Brahma-Wandel, gewirkt das Werk, nichts Höheres gibt es über dieses hier' versteht er da".

 


S.35.87 Channo

Diese Rede wiederholt wörtlich die gleichnamige Rede der Mittleren Sammlung (M.144).


S.35.88 Punno

Diese Rede wiederholt die gleichnamige Rede der Mittleren Sammlung (M.145)


S.35.89 Bāhiyo

Identisch mit S.35.86, nur daß hier der Ehrwürdige Bāhiyo spricht. An den dortigen Text angehängt ist der formelhafte Bericht, daß Bāhiyo heilig wird wie in S.35.64.


S.35.90 Regung I

 

"Regung, ihr Mönche, ist ein Gebrechen, ein Geschwür, ein Dorn. Darum, ihr Mönche, Verweilt der Vollendete ohne Regung, frei vom Dorn. Darum, ihr Mönche, sollte ein Mönch etwas wünschen, dann dies: 'Möge ich ohne Regung, frei vom Dorn, verweilen'. Er sollte nicht Auge denken, nicht an das Auge, nicht über das Auge, er sollte nicht denken 'Mein ist das Auge'. An alle 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle sollte er nicht denken, nicht an sie, nicht über sie, nicht 'Mein sind sie'.

 

Das All sollte er nicht denken, nicht an das All, nicht über das All, nicht 'Mein ist das All'. Wenn er so nicht denkt, dann ergreift er nichts in der Welt. Ohne zu ergreifen, wird er nicht erschüttert. Unerschüttert gelangt er eben bei sich zur Wahnerlöschung: Versiegt ist die Geburt, vollendet der Brahma-Wandel, gewirkt das Werk, nichts Höhres gibt es über dieses hier', erkennt er da.

 


S.35.91 Regung II

 

'Regung, ihr Mönche, ist ein Gebrechen, ein Geschwür, ein Dorn. Darum, ihr Mönche, verweilt der Vollendete ohne Regung, frei vom Dorn. Darum, ihr Mönche, sollte ein Mönch etwas wünschen, dann dies: 'Möge ich ohne Regung, frei vom Dorn verweilen'.

 

Er sollte nicht an die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins und die 6 Berührungen und die 18 Gefühle denken, nicht an sie, nicht über sie, nicht 'Mein sind sie'.

 

Je mehr er so denkt, so daran denkt, so darüber denkt, so 'Mein sind sie' denkt, um so wandelbarer wird es. So freut sich die Welt am Werden hängend am Anderswerden, am Werden. Soweit Faktoren, Artungen, Gebiete sind, soll er sie nicht denken, nicht an sie denken, nicht über sie denken, nicht 'Mein sind sie' denken. Wenn er so nicht denkt, dann ergreift er nichts in der Welt. Ohne zu ergreifen, wird er nicht erschüttert. Unerschüttert gelangt er eben bei sich zur Wahnerlöschung: 'Versiegt ist die Geburt, vollendet der Brahma-Wandel, gewirkt das Werk, nichts Höheres gibt es über dieses hier', erkennt er da".

 


S.35.92 Zweiheit I

 

"Zweiheit will ich euch zeigen, ihr Mönche, das höret. Was ist also, ihr Mönche, Zweiheit? Das Auge und die Formen, das Ohr und die Töne, die Nase und die Düfte, die Zunge und die Säfte, der Körper und die Gegenstände, das Denken und die Dinge. Das heißt man, ihr Mönche, Zweiheit. Wer, ihr Mönche, etwa behaupten wollte: 'Ich werde solch eine Zweiheit zurückweisen und eine Zweiheit von anderer Art aufstellen', und er würde eben über den Gegenstand seiner Behauptung befragt werden, so könnte er keinen Bescheid geben, müßte vielmehr in Verstörung geraten. Und dies warum? Weil so etwas, ihr Mönche, nicht zu finden ist".

 


S.35.93 Zweiheit II

 

Auf eine Zweiheit zurückgehend, ihr Mönche, entsteht Bewußtsein. Auf welche Zweiheit zurückgehend entsteht Bewußtsein?

 

Durch das Auge und auf die Formen zurückgehend, steigt Sehbewußtsein auf. Das Auge ist unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Die Formen sind unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Diese Zweiheit hier ist schwankend, unstet, unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Das Sehbewußtsein ist unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Aus welchem Grunde, aus welcher Bedingung auch immer Sehbewußtsein aufsteigt, ein solcher Grund, solche Bedingung ist unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Das auf Veränderliches, ihr Mönche, zurückgehende, bedingt entstandene Sehbewußtsein - wie könnte das beständig sein? Was nun, ihr Mönche, dieser drei Zusammenfall, Zusammentreffen, Zusammenkommen ist, das nennt man, ihr Mönche, Augberührung. Die Augberührung ist auch unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Aus welchem Grunde, aus welcher Bedingung auch immer Augberührung aufsteigt, ein solcher Grund, eine solche Bedingung ist unbeständig, veränderlich, anderswerdend. Die auf Veränderliches, ihr Mönche, zurückgehende, bedingt entstandene Augberührung wie könnte die beständig sein?

 

Berührt, ihr Mönche, fühlt man, berührt beabsichtigt man, berührt nimmt man wahr. Diese Dinge hier sind schwankend, unstet, unbeständig, veränderlich, anderswerdend.

 

Ebenso nun ist es mit den anderen Sinnen. So entsteht, auf eine Zweiheit zurückgehend, ihr Mönche, Sehbewußtsein"

 


S.35.94 Einbegriffen I

 

"Die ungezähmten, unbehüteten, ungeschützten, ungezügelten sechs Berührungsgebiete, ihr Mönche, ziehen Leiden nach sich. Welche sechs? Das Auge, das Ohr, die Nase, die Zunge, der Körper, der Geist sind Berührungsgebiet: ungezähmt, unbehütet, ungeschützt, ungezügelt, ziehen sie Leiden nach sich. Die gezähmten, behüteten, geschützten, gezügelten sechs Berührungsgebiete, ihr Mönche, ziehen Wohl nach sich. Welche sechs? Das Auge, das Ohr, die Nase, die Zunge, der Körper, der Geist sind Berührungsgebiete: gezähmt, behütet, geschützt, gezügelt ziehen sie Wohl nach sich'.

 

Also sprach der Erhabene. Nachdem er dies gesagt, sprach fernerhin also der Meister:

 

1. "Gebiete der Berührung sind es sechs:

Wer sie gezügelt nicht, dem bring'n sie Leid.

Doch die, vertraunbegleitet, Zügelung gelernt,

unüberwältigt sie verweilen dann.

 

2. Wer Formen sieht, die Geist erfreu'n

und solche auch, die nicht erfreun:

den Reiz bei Freud'gem wer vertreibt

'Lieb ist's' läßt er im Geist nicht zu.

 

3. Wer Töne hörte lieb, unlieb:

bei Liebem wird er nicht gefang'n,

bei Unliebem weht er nicht ab,

'Lieb ist's', läßt er im Geist nicht zu.

 

4. Wer Düfte roch, die Geist erfreu n,

und solche unrein, unbeliebt:

hierbei er Widerstand vertreibt,

dort läßt den Will'n verführ'n er nicht.

 

5. Wer Säfte schmeckte süß und fein,

und solche, einzig bitteren:

Was Süß, genießt er ohne Hang,

das Bittre widersteht ihm nicht.

 

6. Berührt von Wohl nicht wird berauscht,

noch wird erschüttert er bei Schmerz:

was auch berührt, es gilt ihm gleich

wird nicht verzückt, wird nicht verstimmt.

 

7. Der Mensch, der Sonderheit gewahrt,

der geht ihr nach, gegängelt da:

Wer hausgewohnte Phantasien

verjagt, ist an Entsagung froh.

 

8. Wenn so der Geist bei diesen sechs

ist wohlentfaltet, gut erzog'n,

und wenn das Herz, wovon berührt,

nicht irgendwie noch beben kann,

dann überwindet ganz der Mönch,

was Reiz da ist und Abwehr auch,

das Dasein mit Geburt und Tod,

das überschreitet gänzlich er".

 


S.35.95 Einbegriffen II

 

Da nun begab sich der Ehrwürdige Mālunkyaputto zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte sich nun der Ehrwürdige Mālunkyaputto also an den Erhabenen:

 

"Gut wäre es, o Herr, wenn mir der Erhabene in Kürze die Lehre darlegte, damit ich, nachdem ich des Erhabenen Lehre vernommen, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernst verweilen kann".

 

"Was sollen wir, Mālunkyaputto, denn den jungen Mönchen sagen, daß du als alter, bejahrter, ergrauter, betagter Mönch, der ein hohes Alter erreicht hat, um eine Belehrung in Kürze bittest?"

 

"Obwohl ich, o Herr, ein alter, bejahrter, ergrauter, betagter Mönch bin, der ein hohes Alter erreicht hat, möchte mir doch der Erhabene, der Willkommene in Kürze die Lehre zeigen, damit ich ein wenig den Sinn des vom Erhabenen Gesagten verstehen und Erbe des vom Erhabenen Gesagten würde".

 

"Was meinst du, Mālunkyaputto, wenn du weder jetzt noch früher durch das Auge ins Bewußtsein tretende Formen gesehen hast oder siehst oder sehen möchtest, gibt es dann bei dir Wille oder Reiz oder Vorliebe dazu?"

"Gewiß nicht, o Herr".

"Und ebenso ist es mit den anderen Sinnen. Hier wird, Mālunkyaputto, für dich bei den Dingen, die gesehen, gehört, erlebt, bewußt geworden sind, das Gesehene nur Gesehenes sein, das Gehörte nur Gehörtes sein, das Erlebte nur Erlebtes sein, das Bewußtgewordene nur Bewußtgewordenes sein. Wenn es so sein wird, dann gibt es für dich, Mālunkyaputto, kein Dabei. Gibt es kein Dabei, so gibt es, Mālunkyaputto, für dich auch kein Darin. Gibt es für dich, Mālunkyaputto, kein Darin, dann gibt es kein Diesseits, kein Jenseits, kein Dazwischen. Das eben ist das Ende des Leidens".

"Ich verstehe, o Herr, den Sinn des vom Erhabenen in Kürze Gesagten ausführlich so:

 

'Wer Formen sieht, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

erregt im Busen, ruhelos,

verliert er sich in derbe Lust. (Theragāthā 794)

 

Gefühle fühlt er schwelen schwül

und zehrend züngeln, formerzeugt;

von Hinschaun und von Heftigkeit,

zerschlagen wird ihm ganz das Herz:

so nährt er Leiden, fördert Weh,

er findet Wahnerlöschung nie. (795)

 

Wer Töne hört, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

erregt im Busen ruhelos,

verliert er sich in derbe Lust. (796)

Wer Düfte riecht, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

erregt im Busen, ruhelos,

verliert er sich in derbe Lust. (798)

 

Wer Säfte schmeckt, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

erregt im Busen, ruhelos,

verliert er sich in derbe Lust. (800)

 

Wer Tastung tippt, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

verstört im Busen, ruhelos,

verliert er sich in derbe Lust. (802)

 

Wer Dinge denkt, wird sinnberückt,

sobald er Reize reizen läßt:

verstört im Busen, ruhelos

verliert er sich in derbe Lust. (804)

 

Gefühle fühlt er schwelen schwül,

und zehrend züngeln, 'so' erzeugt

von Hinschaun und von Heftigkeit

zerschlagen wird ihm ganz das Herz:

so nährt er Leiden, fördert Weh,

er findet Wahnerlöschung nie. (805)

 

Doch keiner haftet Formen an,

der fein die Formen hat gesehn;

Gefühle fühlt er unerfaßt,

Gelüsten ewig abgewandt; (806)

 

So daß der Formen Vielgewalt

so daß der Fühlung volle Macht

sich mindern muß, nicht mehren kann;

so geht er gut gelassen hin,

so leitet ab er Leid und Weh,

der Wahnerlöschung selig nah. (807)

 

Doch keiner haftet Tönen an,

der fein die Töne hat gesehn;

Gefühle fühlt er unerfaßt,

Gelüsten ewig abgewandt: (808)

 

Doch keiner haftet Düften an,

der fein die Düfte hat gemerkt;

Gefühle fühlt er unerfaßt,

Gelüsten ewig abgewandt: (810)

Doch keiner haftet Säften an,

der fein die Säfte hat geschmeckt;

Gefühle fühlt er unerfaßt,

Gelüsten ewig abgewandt: (812)

 

Doch tastend haftet keiner an,

der fein die Tastung hat getippt;

Gefühle fühlt er unerfaßt,

Gelüsten ewig abgewandt: (814)

 

Doch keiner haftet Dingen an,

der fein die Dinge hat gedacht;

Gefühle fühlt er unerfaßt

Gelüsten ewig abgewandt: (816)

 

So daß der Dinge Vielgewalt,

so daß der Fühlung volle Macht

sich mindern muß nicht mehren kann;

so geht er gut gelassen hin,

so leitet ab er Leid und Weh,

der Wahnerlöschung selig nah. (817)

 

So verstehe ich ausführlich, o Herr, den Sinn dieses vom Erhabenen in Kürze Gesagten".

 

"Gut, gut, Mālunkyaputto, gut ist es, daß du den Sinn dieses von mir in Kürze Gesagten ausführlich so verstehst. Es muß der Sinn dieses von mir in Kürze Gesagten ausführlich so verstanden werden".

 

Zufrieden freute sich der Ehrwürdige Mālunkyaputto über die Rede des Erhabenen, erhob sich von seinem Sitz, begrüßte den Erhabenen ehrfurchtsvoll und ging rechts herum fort.

 

Und der Ehrwürdige Mālunkyaputto einsam, abgeschieden, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald, was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Brahma-Wandels noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen: "Versiegt ist die Geburt, vollendet der Brahma-Wandel, gewirkt das Werk, nichts Höheres gibt es über dieses hier", verstand er da.

 

Auch einer war nun der Ehrwürdige Mālunkyaputto der Heiligen geworden.

 


S.35.96 Rückfall

 

"Die Dinge, die zurückfallen lassen, ihr Mönche, will ich euch zeigen und die Dinge, die nicht zurückfallen lassen sowie 6 Gebiete der Überwindung. Was sind nun die Dinge, die zurückfallen lassen? Hat da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Form erblickt, mit dem Ohr einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding erkannt, und es steigen ihm böse, unheilsame Dinge auf, Entschlüsse und Erinnerungen, die ihn fesseln, - wenn er sie duldet, nicht verleugnet, nicht vertreibt, nicht beendet, nicht vernichtet, dann ist bei diesem Mönch, ihr Mönche, zu merken: 'In heilsamen Dingen falle ich zurück"'. Dies wird vom Erhabenen Rückfall genannt.

 

"Was sind nun die Dinge, die nicht zurückfallen lassen? Hat da, Ihr Mönche, ein Mönch mit den Sinnen ein Objekt erlebt, und es steigen ihm böse, unheilsame Dinge auf, Entschlüsse und Erinnerungen, die ihn fesseln, - wenn er sie n i c h t duldet, sie verleugnet, vertreibt, beendet, vernichtet, dann ist von diesem Mönch zu merken- 'Bei heilsamen Dingen falle ich nicht zurück"'. Dies wird vom Erhabenen Nicht-Rückfall genannt.

 

"Und was sind, ihr Mönche, die 6 Gebiete der Überwindung? Hat da, ihr Mönche, der Mönch mit den Sinnen ein Objekt erlebt und es steigen k e i n e bösen, unheilsamen Dinge auf, keine Entschlüsse und Erinnerungen, die ihn fesseln, dann ist von diesem Mönch zu merken: 'Dieses Gebiet ist überwunden"'. Das sind die 6 Gebiete der Überwindung

 


S.35.97 Lässig weilen

 

Das hab ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthi, im Siegerwalde, im Garten Anāthapindikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche" "Erlauchter", antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

 

"Wie man lässig lebt, ihr Mönche, will ich euch zeigen, und wie man nicht lässig lebt. Das höret und achtet wohl auf meine Rede. Wie nun, ihr Mönche, lebt man lässig? Hat man, ihr Mönche, den Sinn des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens, Tastens, Denkens nicht gezügelt, dann wird das Herz bei den durch das Auge, das Ohr, die Nase, die Zunge, den Körper, den Geist ins Bewußtsein tretenden Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen und Dingen ausgetrocknet. Ist das Herz trocken, dann hat es keine Freude. Ist da keine Freude, dann ist es nicht entzückt. Ist da kein Entzücken, dann ist da keine Gestilltheit. Ist da keine Gestilltheit, dann verweilt er in Leiden. Dem Leidenden einigt sich das Herz nicht. Ist das Herz nicht geeinigt, kommen die Dinge nicht zum Vorschein. Kommen die Dinge nicht zum Vorschein, so lebt man lässig - wie es bezeichnet wird.

 

Wie aber, ihr Mönche, lebt man nicht lässig? Hat man, ihr Mönche, die Sinne gezügelt, dann wird das Herz bei dem ins Bewußtsein Tretenden n i c h t ausgetrocknet. Ist das Herz nicht trocken, dann gebiert es Freude. Dem Freudigen gebiert sich Entzücken. Entzückten Geistes wird der Leib lind. Lind im Leibe fühlt man sich wohl. Sich wohl fühlend, wird das Herz einig. Einigen Herzens kommen die Dinge zum Vorschein. Kommen die Dinge zum Vorschein, so lebt man nicht lässig - wie es bezeichnet wird. So, ihr Mönche, lebt man nicht lässig.".

 


S.35.98 Zügelung

 

"Zügelung und Nichtzügelung will ich euch zeigen, ihr Mönche, das höret und achtet wohl auf meine Rede:

Was ist da, ihr Mönche, Nichtzügelung? Es gibt mit den Sinnen ins Bewußtsein Tretendes: ersehntes, geliebtes, entzückendes, angenehmes, dem Begehren entsprechendes, reizendes. Wenn der Mönch sich daran freut, das begrüßt, sich darauf stützt, dann sollte er, ihr Mönche, wissen: 'Bei heilsamen Dingen falle ich zurück'. Das wird vom Erhabenen Rückfall genannt. Das ist, ihr Mönche, Nichtzügelung.

 

Es gibt mit den Sinnen ins Bewußtsein Tretendes: ersehntes, geliebtes, entzückendes, angenehmes, dem Begehren entsprechendes, reizendes. Wenn der Mönch sich daran n i c h t freut, es nicht begrüßt, sich nicht darauf stützt, dann sollte er, ihr Mönche, wissen: 'Bei heilsamen Dingen falle ich nicht zurück'. Das wird vom Erhabenen Nicht-Rückfall genannt. Das ist, ihr Mönche, Zügelung".

 


S.35.99 Einigung

 

"Entfaltet, ihr Mönche, Einigung! Der geeinigte Mönch, ihr Mönche, erkennt der Wirklichkeit gemäß. Was erkennt er der Wirklichkeit gemäß? Die 6 Innengebiete, die 6 Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle sind unbeständig. Entfaltet, ihr Mönche, Einigung! Der geeinigte Mönch, ihr Mönche, erkennt der Wirklichkeit gemäß".

 


S.35.100 Zurückgezogenheit

 

"Jocht euch an die Zurückgezogenheit an, ihr Mönche. Der zurückgezogene Mönch, ihr Mönche, erkennt der Wirklichkeit gemäß. Was erkennt er der Wirklichkeit gemäß? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle sind unbeständig".

 


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