Itivuttakam 80 - 89

 

80. Erwägungen

Drei unheilsame Erwägungen gibt es. Welche drei? Die Erwägung, welche sich damit beschäftigt, nicht verachtet zu werden; die Erwägung, die sich mit Besitz, Ehre und Ruhm beschäftigt; die Erwägung, die sich mit übermäßiger Teilnahme an anderen beschäftigt. Das sind die drei unheilsamen Erwägungen.

 

Wer nicht verachtet werden will,
Besitz, Ehr' Ansehn wer da sucht,
wer an Geselligkeit erfreut,
ist fern vom End' der Fesselung.
 
Wer Kinder ließ, wer Herden ließ,
Gesellschaft wer sich abgewöhnt,
ein solcher Mönch ist fähig wohl,
Erwachung, höchste, zu erfahrn.

(Z. 3/4 = It 79)


81. Ehre und Nicht-Ehre

Ich habe Wesen gesehen, die von Ehre überwältigt und im Herzen umsponnen, beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode auf dem Abweg, auf schlechter Fährte, in Verderben, in der Hölle erschienen sind. Und ich habe Wesen gesehen, die von Nicht-Ehre überwältigt und im Herzen umsponnen, beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode auf dem Abweg, auf schlechter Fährte, in Verderben, in der Hölle erschienen sind. Und ich habe Wesen gesehen, die von Ehre und Nicht-Ehre, von beidem überwältigt und im Herzen umsponnen, beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode auf dem Abweg, auf schlechter Fährte, in Verderben, in der Hölle erschienen sind.

Nicht aber, weil ich es von einem anderen Asketen oder Priester gehört habe, sage ich dies: was ich vielmehr selber erkannt, gesehen, erfahren habe, davon sage ich jenes.

 

Wer, ob Verehrung man ihm zeigt,
ob man sie ihm auch nicht erweist,
unwandelbar geeinigt bleibt,
beharrlich ernst in Innigkeit,
 
der Schauung Meister, wohlbeglückt,
beim Zarten voller klarer Sicht,
unhaftbar selig er, versiegt:
den wachen Menschen heißt man ihn.

(= Thag 1011/2 = S 17.10)

 

82. Götterrufe

Diese drei Götterrufe erschallen zu bestimmten Zeiten unter den Göttern. Welche drei?

Zu einer Zeit, wo ein edler Jünger Haar und Bart schert, das fahle Gewand anlegt, um von Hause fort in die Hauslosigkeit zu ziehen, zu einer solchen Zeit erschallt unter den Göttern der Götterruf: "Dieser edle Jünger beabsichtigt, mit Maro zu kämpfen." Das ist der erste Götterruf, der zu bestimmten Zeiten unter den Göttern erschallt.

Weiter sodann: Zu einer Zeit, wo ein edler Jünger dabei verweilt, sich in der Entfaltung der 7 Dinge, die das Erwachen beflügeln, zu schulen, zu dieser Zeit erschallt unter den Göttern der Götterruf: "Dieser edle Jünger kämpft mit Maro." Das ist der zweite Götterruf, der zu bestimmten Zeiten unter den Göttern erschallt.

Weiter sodann: Zu einer Zeit, wo ein edler Jünger die Triebversiegung, die trieblose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten selber überblickt und verwirklicht hat, zu einer solchen Zeit erschallt unter den Göttern der Götterruf: "Dieser edle Jünger hat im Kampf gesiegt, nach Bezwingung der Kampfesfront triumphiert er." Das ist der dritte Götterruf, der zu bestimmten Zeiten unter den Göttern erschallt. (Vgl. AVII.65)

 

Wenn sie den Kampfessieger sehn,
den Jünger des erwachten Herrn,
dann ehren Götter diesen auch,
den Großen, der voll Sicherheit:
 
"Verehrung dir von gutem Schlag,
der schwer du überwunden hast,
besiegend hier den Todesherrn
durch die Erlösung, ungehemmt.
 
So ehren also Götter ihn,
der hier das Ziel erreichet hat,
so ehren sie ihn also wohl,
weil er des Todes Macht besiegt.

83. Götterdämmerung

Wenn ein Gott im Begriff steht, aus dem Götterkreis abzuscheiden, werden fünf Anzeichen offenbar: Die Kränze welken, die Gewänder werden unrein, unter den Achseln bricht Schweiß hervor, Mißfarbe befällt den Körper, und der Gott fühlt sich auf seinem Göttersitz nicht mehr wohl. (s. J. 531E).

Wenn die Götter merken, daß für diesen Gott sein Abscheiden bevorsteht, wenden sie sich mit freundlicher Mahnung an ihn: "Gehe, Lieber, von hier den guten Gang; bist du den guten Gang gegangen, dann empfange den segensreichen Gewinn; und hast du ihn empfangen, dann werde darin festgegründet."

Nach diesen Worten sprach ein gewisser Mönch zum Erhabenen also: "Was, oh Herr, gilt nun wohl für die Götter als das Gehen des guten Gangs, was als der Empfang des segensreichen Gewinns, was als das Festgegründetsein?"

"Menschentum, oh Mönch, gilt für die Götter als das Gehen des guten Gangs. Wenn man, Mensch geworden, Vertrauen zu der vom Vollendeten verkündeten Lehre und Ordnung gewinnt, dann gilt dies für die Götter als der Empfang des segensreichen Gewinns, Hat dann sein Vertrauen Boden gefunden, Wurzel gefaßt, festgegründet (s. M 70), so daß sich dawiderstellen kann kein Asket und kein Brahmane, kein Gott, kein böser und reiner Geist noch irgendwer in der Welt, dann gilt dies als Festgegründetsein."

 

Wenn, weil die Lebenskraft erschöpft,
für Götter Zeit zum Scheiden kommt,
erschallen Götterrufe drei,
die freundlich ihn ermahnen so:
 
"Geh nur von hier den guten Gang,
bei Menschenwesen kehre ein,
und bist du Mensch, empfang Vertraun,
das höchste, in die rechte Lehr'.
 
Werd im Vertrauen eingewöhnt,
verwurzelt und gegründet fest;
die gutgezeigte Lehre sei
unrüttelbar dir lebenslang.
 
Wenn schlechte Tat du unterließt,
und schlechte Rede nicht geführt
und schlechtes Denken nicht gepflegt
und was da sonst als Makel gilt,

(Vers = It 31)

 

wenn Heilsames du hast getan,
viel Heilsames gesprochen auch,
wenn du auch heilsam hast gedacht,
gar unermeßlich, ohn' Bezug,
 
wenn du durch Geben hast gewirkt
gar viel Verdienst im Wandelsein,
befest'ge andre Sterbliche
in Lehre und Asketentum."
 
Indem die Götter dieses Gotts
sich nehmen an auf diese Art,
ermahnen sie den Scheidenden:
"So Weiter, weiter, wirke, Gott."

84. Die besten in der Welt

Drei Wesen erscheinen in der Welt vielen zum Segen, vielen zum Wohle, der Welt sich annehmend, zum Heile, Segen und Wohle für Götter und Menschen. Welche drei?

Da erscheint der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Gutgegangene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Menschenherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt die Lehre, die am Anfang begütigt, die in der Mitte begütigt, die am Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, legt das vollkommen geläuterte, vollkommen geklärte Asketentum dar. Das ist der erste Mensch, der da in der Welt erscheint, vielen zum Segen, vielen zum Wohle, der Welt sich annehmend, zum Heile, Segen und Wohle für Götter und Menschen.

Weiter sodann: Dieser Meister hat einen Jünger, der ist ein Heiliger, Triebversiegter, Endiger, der das Werk gewirkt hat, die Last abgelegt, sein Ziel erreicht hat, die Daseinsfessel völlig versiegt in vollkommener Gewißheit erlöst ist. Und der zeigt dann die Lehre, die am Anfang begütigt, die in der Mitte begütigt, die am Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, legt das vollkommen geläuterte, vollkommen geklärte Asketentum dar. Das ist der zweite Mensch, der da in der Welt also erscheint.

Weiter sodann: Jener Meister hat einen Jünger, der ist ein Übender auf dem Pfade, vielerfahren, von Tugend erfüllt. Und auch der zeigt jene Lehre. Das ist der dritte Mensch, der also in der Welt erscheint.

Diese drei Wesen erscheinen in der Welt, vielen zum Segen, vielen zum Wohle, der Welt sich annehmend, zum Heile, Segen und Wohle für Götter und Menschen.

 

Der Meister ist der erste in der Weit, der große Seher,
ihm folgt der Jünger, der sich selbst bezwang,
und schließlich auch der Übende hier auf dem Pfad,
der viel erfahren hat, der tugendreich.

 

Die drei sind Beste unter Göttern, Menschen,
sie machen hell die Welt, die Lehre zeigend auf,
sie öffnen zur Unsterblichkeit die Tore,
gar viele Menschen sie befrei'n vom Joch.
 
Wer da, veranlaßt von dem Meister,
den höchsten wohlgezeigten Pfad betritt,
der macht noch hier dem Leiden dann ein Ende,
nimmt er des Gutgegangnen Botschaft ernst.

85. Drei Betrachtungen

Das Unschöne am Körper betrachtend, verweilet; bedachtsame Ein- und Ausatmung sei um den Mund herum festgegründet; bei allen Gestaltungen weilt in der Betrachtung der Unbeständigkeit. Wer das Unschöne am Körper betrachtend verweilt, überwindet bei der Art des Schönen den Hang zum Reiz. Wer bedachtsame Ein- und Ausatmung um den Mund herum festgegründet hat, der hat keine nach außen ziehenden verstörenden Erwägungen mehr. Wer bei allen Gestaltungen in der Betrachtung der Unbeständigkeit verweilt, überwindet das Nichtwissen, und Wissen steigt auf.

 

Den Leib als unschön wer da sieht,
beim Atmen wer besonnen ist,
wer unermüdlich immerdar
Beruh'gung der Gesta1tung schaut,
 
der heißt ein Mönch, der recht gesehn:
der also dabei wird erlöst,
vollendet ist sein Überblick,
er ist ein Denker ohne Joch.

(Vers 2 = It 53 u. 72)


86. Der Lehre lehrgemäß nachfolgen

Für einen Mönch, der lehrgemäß der Lehre nachfolgt, gilt folgendes: Spricht er, so spricht er lehrgemäß, nicht lehrwidrig, erwägt er, so erwägt er Lehrerwägungen, nicht lehrwidrige. Nachdem er beides Lehrwidrige vertilgt hat, verweilt er gleichmütig, achtsam, klarbewußt.

 

Der Lehre froh, an ihr erfreut,
der Lehre sinnend weiter nach,
ein Mönch, der an die Lehre denkt,
fällt nicht von rechter Lehre ab.

(Z. 1/2 = Dh 364)

 

Im Gehen und im Stehen und
beim Sitzen und beim Liegen auch,
wer da bei sich das Herze stillt,
gelanget so zum Stillen hin.

Z. 1/2 = It 110 = A IV.11)


87. Blindmachend

Diese drei unheilsamen Erwägungen gibt es, die blind machen, augenlos machen, Unkenntnis schaffen, die Weisheit auflösen, Verstörung ausbrüten, nicht zum Nirvana führen (s. S.46.40; A.III.71). Welche drei? Die Erwägungen des Begehrens, des Übelwollens, der Gewalt. Das sind jene drei unheilsamen Erwägungen.

Diese drei heilsamen Erwägungen gibt es, die nicht blind machen, die sehend machen, Kenntnis schaffen, die Weisheit vermehren, keine Verstörung ausbrüten, zum Nirvana führen. Welche drei? Die Erwägungen der Entsagung, des Nicht-Übelwollens, der Gewaltlosigkeit. Das sind jene drei heilsamen Erwägungen.

 

Erwägung heilsam denk' man oft,
unheilsam dreifach tilg' man aus:
Erwägen, Weiterdenken bringt
man so zur Ruh', wie Regen Staub.
Wer im Gemüt Erwägen stillt,
fand schon hienieden stillen Pfad.

(s. S 54.9 Prosa über Staub)


88. Schmutzlachen

Diese drei sind Schmutzlachen auf dem Wege, sind Feinde, Gegner, Mörder, - Widersacher auf dem Wege. Welche drei? Sucht, Haß und Verblendung.

 

Sucht gebiert Unheil,
Sucht wühlt das Herz auf,
die innre Gefahr,
die merkt nicht der Mensch.
 
Süchtiger kennt nicht
das Heil und die Lehre,
in Finsternis taucht,
wen Sucht übermannt.
 
Sucht wer verleugnet
trotz sücht'ger Ideen,
von dem fällt die Sucht ab
wie Tropfen vom Blatt.
Haß gebiert Unheil,
Haß wühlt das Herz auf,
Die innere Gefahr,
die merkt nicht der Mensch.
 
Hassender kennt nicht
das Heil und die Lehre,
in Finsternis taucht,
wen Haß übermannt.
 
Haß wer verleugnet
trotz Hassensideen,
von dem fällt der Haß ab
wie Baumfrucht vom Stiel.
 
Blendung bringt Unheil
Blendung wühlt 's Herz auf,
die innre Gefahr,
die merkt nicht der Mensch.
 
Verblendeter kennt nicht
das Heil und die Lehre,
in Finsternis taucht,
wen Blendung beherrscht.
 
Blendung wer abtut
trotz Blendungsideen,
vertreibt sie so völlig
wie Dunkel das Licht.

89. Devadatto

Von drei verderblichen Dingen überwältigt und im Herzen umsponnen ist Devadatto dem Abweg, der Hölle verfallen, für ein Weitzeitalter unrettbar. Von welchen drei? Von Ehrgeiz überwältigt und umsponnen. Von schlechter Freundschaft überwältigt und im Herzen eingenommen. Und, während noch mehr zu tun gewesen war, hat er schon nach Erlangung niederer übersinnlicher Ergebnisse auf dem Wege Schluß gemacht. Von diesen drei Dingen überwältigt und im Herzen umsponnen ist Devadatto dem Abweg, der Hölle verfallen, für ein Weltzeitalter unrettbar.

 

Es möge niemand in der Welt
von Ehrgeiz ganz besessen sein:
erkennt es, wie der Ausgang ist
für die, die voller Ehrgeiz sind.
 
Als weise hat gegolten er,
als selbstbemeistert auserwählt,
im Glanz des Ruhmes stand er da
von Devadatto hört ich dies.
 
Dem leichten Sinn verfiel er bald,
verging sich am Vollendeten:
erzhöllenwärts gelangt er drum,
wo furchtbar die vier Tore sind.
 
Denn Böses wird erleben, wer
verderbten Herzens, ohn' Respekt
dem, der nichts Böses irgend tat,
den Schuldlosen, hier schädigte.
 
Wer meint, er könnt verderben wohl
das Meer mit einem Napf voll Gift,
der kann es nie besudeln so,
denn groß ist ja der Ozean.
 
Genauso, wenn Vollendeten
mit Worten wollte schäd'gen man:
die Worte reichen nicht heran
an recht Gegangnen, herzgestillt.
 
Ihn mache man zum Freunde sich,
ihm diene man als weiser Mann:
ein Mönch, der solchen Pfad verfolgt,
erreicht die Leidversiegung bald.

(alles = CV VII,4:8)


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