Anguttara Nikaya

9. Kapitel: sati-vagga

A.VIII.81 Eines aufs andere gestützt

(Zu den sieben im Paralleltext A.VII.61 angeführten Dingen wird hier an erster Stelle hinzugefügt: Achtsamkeit und Wissensklarheit.)


A.VIII.82 Die Lehrdarlegung des Vollendeten

Der ehrwürdige Punniya sprach zum Erhabenen:

"Was ist wohl, o Herr, der Grund, was ist die Ursache, daß es dem Vollendeten das eine Mal gefällt, die Lehre darzulegen, das andere Mal aber nicht?"

-"Ist da, Punniya, ein Mönch voller Vertrauen, kommt aber nicht heran, so legt eben der Vollendete nicht die Lehre dar. Ist er aber voller Vertrauen und kommt heran, so legt der Vollendete die Lehre dar.

Ist da, Punniya, ein Mönch voller Vertrauen und kommt heran, setzt sich aber nicht hin - oder er setzt sich hin, stellt aber keine Fragen - oder er stellt Fragen, leiht aber der Lehre kein Gehör - oder er leiht der Lehre Gehör, bewahrt aber nicht die vernommenen Lehren im Gedächtnis - oder er bewahrt sie im Gedächtnis, erforscht aber nicht ihren Sinn - oder er erforscht ihren Sinn, doch, obwohl er die Lehre und ihren Sinn kennt, lebt er nicht der Lehre gemäß - dann legt eben der Vollendete die Lehre nicht dar.

Ist aber, Punniya, ein Mönch voller Vertrauen, kommt heran, setzt sich hin, stellt Fragen, leiht der Lehre Gehör, bewahrt die vernommenen Lehren im Gedächtnis, erforscht ihren Sinn und, die Lehre und ihren Sinn kennend, lebt er der Lehre gemäß - dann legt der Vollendete die Lehre dar. Wenn diese Fälle zutreffen, o Punniya, da gefällt es ganz gewiß dem Vollendeten, die Lehre darzulegen."


A.VIII.83 Das Wesen aller Dinge

(Wie Text A.X.58; doch ohne die dort zuletzt angeführten zwei Fragengegenstände: Zuflucht und Endziel.)


A.VIII.84 Der Räuber

Ein Räuber, ihr Mönche, der acht Eigenschaften besitzt, kommt schnell zu Fall und hält sich nicht lange. Welches sind die acht Eigenschaften?

Ohne daß er selbst geschlagen wird, schlägt er; er nimmt ohne Rest, tötet Frauen, entehrt Mädchen, beraubt Mönche, plündert königliche Schatzhäuser, verübt seine Taten in allzu großer Nähe und versteht sich nicht auf das Verbergen seiner Schätze. Ein Räuber, ihr Mönche, der diese acht Eigenschaften besitzt, kommt schnell zu Fall und hält sich nicht lange.

Ein Räuber aber, ihr Mönche, der die folgenden acht Eigenschaften besitzt, kommt nicht schnell zu Fall und kann sich lange halten. Welches sind diese acht Eigenschaften?

Wird er selber nicht geschlagen, so schlägt auch er nicht; er nimmt nicht alles ohne Rest, tötet keine Frauen, entehrt nicht die Mädchen, beraubt nicht die Mönche, plündert nicht königliche Schatzhäuser, verübt seine Taten nicht in allzu großer Nähe und versteht sich auf das Verbergen seiner Schätze. Ein Räuber, ihr Mönche, der diese acht Eigenschaften besitzt, kommt nicht schnell zu Fall und kann sich lange halten.

(Man erwartet hier eine Anwendung dieses Gleichnisses, die sich aber weder im Text findet noch im K erwähnt wird.)


A.VIII.85 Der Vollendete

'Asket' - das, ihr Mönche, ist eine Bezeichnung für den Vollendeten, den Heiligen, vollkommen Erleuchteten. Priester, Wissensmeister, Arzt, Unbefleckter, Makelloser, Erkenner, Erlöster - das, ihr Mönche, sind Bezeichnungen für den Vollendeten, den Heiligen, vollkommen Erleuchteten.
 

Was immer ein Asket erreicht, 
ein Priester, der vollendet hat, 
was da ein Wissenskundiger, 
ein Arzt an Höchstem finden mag, 
 
Was da ein makelloser Mensch 
erringet, rein und unbefleckt, 
was Kenner, was Befreiter da 
an Höchstem sich erringen mag
 
In dem hab' ich gesiegt und bin erlöst, 
der anderen Fessel lös' ich nun, 
ein Hehrer, völlig selbstbezähmt, 
hab' ausgekämpft und bin erlöst. 

A.VIII.86 Das Glück der Loslösung

(Der erste Teil ist gleich lautend mit Text A.V.30: Nach dem siebenten Abschnitt (der zweiten Antwort Nāgitas) heißt es hier:)

"Möge ich nichts zu tun haben mit dem Ruhme, Nāgita! Möge mir nur kein Ruhm beschieden sein! Wer da nicht, wie ich, dieses Glückes der Entsagung, des Glückes der Loslösung, des Friedensglückes und des Erleuchtungsglückes nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit teilhaftig wird, den freilich mag es nach jenem kotigen, trägen Glücke, nach der Freude an Besitz, Ehre und Ruhm gelüsten.

Es gibt da auch Gottheiten, die dieses Glückes der Entsagung, des Glückes der Loslösung, des Friedensglückes und des Erleuchtungsglückes nicht teilhaftig werden.

Und auch bei euch, Nāgita, die ihr hier zusammengekommen, zusammengetroffen seid und ein Leben der Geselligkeit führt, auch bei euch liegt es so, daß ich sagen muß: 'Nicht werden wahrlich diese Verehrten so wie ich dieses Glückes der Entsagung, des Glückes der Loslösung, des Friedensglückes und des Erleuchtungsglückes nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit teilhaftig. Denn diese Verehrten sind ja hier versammelt und zusammengetroffen und führen ein Leben der Geselligkeit.'

Da, Nāgita, bemerke ich, wie Mönche miteinander scherzen und sich mit fingerdicken Gerten necken. Und der Gedanke kommt mir: 'Nicht werden wahrlich diese Verehrten so wie ich dieses Glückes der Entsagung, des Glückes der Loslösung, des Friedensglückes und des Erleuchtungsglückes nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit teilhaftig. Denn jene Verehrten scherzen ja miteinander und necken sich mit fingerdicken Gerten.'

Da, Nāgita, bemerke ich, wie Mönche, nachdem sie den Leib genügend mit Speise gefüllt haben, sich dem Genusse des Ausruhens, des Ausstreckens und des Schlummerns hingeben. Und der Gedanke kommt mir: 'Nicht werden wahrlich diese Verehrten so wie ich dieses Glückes der Entsagung, des Glückes der Loslösung, des Friedensglückes und des Erleuchtungsglückes nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit teilhaftig. Denn jene Verehrten, nachdem sie den Leib genügend mit Speise gefüllt haben, geben sich ja dem Genusse des Ausruhens, des Ausstreckens und des Schlummerns hin (*1).'

Da, Nāgita, bemerke ich einen im Dorfe lebenden Mönch, wie er gesammelt dasitzt. Ich weiß aber, daß jetzt diesen Verehrten ein Klosterdiener oder ein Mönchsschüler stören und er die Sammlung verlieren wird. Daher, Nāgita, bin ich mit dem Dorfaufenthalt jenes Mönches nicht zufrieden.

Da, Nāgita, bemerke ich einen im Walde lebenden Mönch, wie er schläfrig dasitzt. Ich weiß aber, daß dieser Verehrte die Schläfrigkeit und Mattigkeit überwinden und, gesammelt, bloß noch die Vorstellung des Waldes als einzigen Gegenstand erwägen wird. Daher, Nāgita, bin ich mit dem Waldleben dieses Mönches zufrieden.

Da, Nāgita, bemerke ich einen im Walde lebenden Mönch, wie er im Walde ungesammelt dasitzt. Ich aber weiß, daß dieser Verehrte den ungesammelten Geist sammeln und den gesammelten Geist bewahren wird. Daher, Nāgita, bin ich mit dem Waldleben dieses Mönches zufrieden.

Da, Nagita, bemerke ich einen im Walde lebenden Mönch, wie er im Walde gesammelt dasitzt. Ich aber weiß, daß nun dieser Verehrte den unbefreiten Geist befreien und den befreiten Geist bewahren wird. Daher, Nāgita, bin ich mit dem Waldleben dieses Mönches zufrieden.

Zu einer Zeit, Nāgita, wo ich auf der Straße wandere und niemanden vor mir und hinter mir sehe, zu einer solchen Zeit, Nāgita, fühle ich mich wohl, und sei es bloß beim Verrichten der Notdurft."


(*1) Die Vorstehenden drei Abschnitte finden sich in keiner der beiden anderen Varianten unseres Textes (A.V.30, A.VI.42).


A.VIII.87 Das Topfumstülpen

Bei einem Anhänger, ihr Mönche, bei dem acht Dinge anzutreffen sind, mag die Mönchsgemeinde, wenn sie es wünscht, die Almosenschale umstülpen (*1). Welches aber sind diese acht Dinge?

Bei einem Anhänger aber, ihr Mönche, bei dem folgende acht Dinge anzutreffen sind, mag die Mönchsgemeinde, wenn sie es wünscht, die Almosenschale wiederaufrichten. Welches sind diese acht Dinge?


(*1) Das 'Topfumstülpen' d.i. das Umkehren der Almosenschale, ist ein bildhafter Ausdruck für eine über einen Laienanhänger auf Beschluss der Mönchsgemeinde verhängte Strafe, die darin besteht, daß die Mönche nicht mehr zum Hause des Betreffenden um Almosen gehen.


A.VIII.88 Die Missachtung kundtun

Einem Mönche, ihr Mönche, bei dem acht Dinge anzutreffen sind, mögen die Anhänger, wenn sie es wünschen, ihre Missachtung bekunden (*1). Welches sind diese acht Dinge?

Einem Mönche aber, ihr Mönche, bei dem die folgenden acht Dinge anzutreffen sind, mögen die Anhänger, wenn sie es wünschen, ihre Achtung bekunden. Welches sind diese acht Dinge?


(*1) K: Dadurch daß sie sich in seiner Gegenwart nicht von ihren Sitzen erheben, ihm nicht entgegengehen (um ihn zu begrüßen), ihm keine Gaben spenden usw.


A.VIII.89 Der Akt des Verzeihungerbittens

Über einen Mönch, ihr Mönche, bei dem acht Dinge anzutreffen sind, mag die Mönchsgemeinde, wenn sie es wünscht, den Akt des Verzeihungerbittens verhängen. (Siehe ersten Teil von Text 88)

Bei einem Mönch, bei dem acht Dinge anzutreffen sind, mag die Mönchsgemeinde, wenn sie es wünscht, den Akt des Verzeihungerbittens wieder aufheben. (Siehe zweiten Teil von Text 88)


A.VIII.90 Bei einem Ausschluss-Verfahren

Ein Mönch, ihr Mönche, der unter einem Ausschluss-Verfahren (*1) steht, muß sich in acht Dingen recht verhalten:


(*1) Dies ist eine sinngemäße Wiedergabe von tassa-pāpiyyasika-kamma, eine der sieben Schlichtungsarten von Streitfällen hinsichtlich eines Ordensvergehens (s. A.II.201-230 m. Anm. 69). Dies betrifft einen Mönch, der ein unter Ausschluss-Strafe stehendes Vergehen zuerst leugnet, dann aber zugibt (s. M.104; K.E. Neumann: 'die schlimmere Weise'). Solange das Verfahren gegen ihn schwebt, muß er die in unserem Text angegebenen Dinge beachten.

(*2) Ein Mönch (bhikkhu) muß fünf Jahre nach seiner Vollordination mit seinem Lehrer leben. Wenn er aus gewichtigem Grunde und mit des Lehrers Einwilligung dessen Kloster verläßt, muß er an seinem neuen Wohnsitz einen geeigneten älteren Mönch als 'Beistand' (nissaya) wählen.


10. Kapitel: sāmañña-vagga

A.VIII.91 Laienjüngerinnen*

(Der folgende Text hat in ChS die gleiche Kapitel-Nummer 10, gehört aber nicht zum eigentlichen Kapitel 10 (Sati-vagga) und ist auch nicht in dessen metrischer Inhaltsangabe (uddāna) enthalten.)

Die Laienjungerin Bojjhā, Sirīma, Padumā, Sutanā, Manujā, Uttarā, Muttā, Khemā, Rucī, Cundī, Bombī, Sumanā, Mallikā, Tissā, Tissās Mutter, Sonā, Sonās Mutter, Kānā, Kānās Mutter, Uttarā die Mutter Nandas, Visākhā die Mutter Migāras, die Laienjungerin Khujjuttarā, die Laienjüngerin Sāmāvatī, Suppavāsā die Koliyerin, die Laienjüngerin Suppiyā, die Hausfrau Nakulamātā.

* Alle Textausgaben haben lediglich diese Namenliste, der aber laut K noch die Worte atha kho ('Und dann...') vorausgehen, welche gewöhnlich einem einleitenden Satze folgen. Dies läßt vermuten, daß ein kurzer stereotyper Text verloren gegangen ist, der dem K noch vorlag; und offenbar aus diesem Grunde weist ChS jedem dieser Namen eine besondere Sutten-Nummer zu. - 

K: Hiermit wird für diese Laienjüngerinnen zum Ausdruck gebracht, daß sie den Fastentag der acht Entschlüsse auf sich genommen haben (imāsam ettakānam atthanga-samannāgatam uposathakammam eva kathitam) 


11. Kapitel: rāgapeyyāla

A.VIII.92 Der Reihentext von der Erkenntnis der Gier

Zur völligen Erkenntnis von Gier, Haß und Verblendung, von Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Neid, Gleisnerei, Falschheit, Hartnäckigkeit, Heftigkeit, Dünkel, Hochmut, Rausch und Lässigkeit; sowie zu deren Durchschauung, Überwindung, Vernichtung, Erlöschung, Abwendung, Zerstörung, Entäußerung und zur Loslösung von ihnen, sind acht Dinge zu entfalten. Welche acht?

Rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung.

(Hier folgt der volle Text für die acht Überwindungsgebiete, wie in Text A.VIII.65, die acht Freiungen (vimokha), wie in Text A.VIII.66.) 

Ende des Achter-Buches


    Oben  


="zeilen.gif" width="40" height="40">