Anguttara Nikaya

13. Kapitel: kusināra-vagga

A.III.124 Bei Kusinārā

Einst weilte der Erhabene bei Kusinara, im Opferhain (*1). Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Mönche!« sprach er. »Herr!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Da weilt ein Mönch in der Nähe eines Dorfes oder einer Ortschaft. Und ein Hausvater oder der Sohn eines Hausvaters kommt zu ihm und ladet ihn für den folgenden Tag zum Mahle ein. Wenn der Mönch gewillt ist, gibt er seine Zustimmung. Nach Ablauf jener Nacht nun kleidet er sich in der Frühe an, nimmt Almosenschale und Gewand und begibt sich zur Wohnung jenes Hausvaters oder Hausvatersohnes. Dort angelangt, setzt er sich auf dem angewiesenen Sitze nieder, und jener Hausvater oder Sohn eines Hausvaters bedient ihn und wartet ihm eigenhändig mit vorzüglicher harter und weicher Speise auf. Da denkt der Mönch: »Wahrlich, schön ist es, wie mich dieser Hausvater oder Sohn eines Hausvaters bedient und mir eigenhändig mit vorzüglicher harter und weicher Speise aufwartet!« Und ihm wird also zumute: »Ach, daß doch dieser Hausvater oder Sohn eines Hausvaters mich auch fernerhin bedienen und mir mit solch vorzüglicher harter und weicher Speise aufwarten möchte!« Und von Gier erfüllt, betört und verlockt, ohne das Elend dabei zu merken und uneingedenk der Entrinnung, verzehrt er die Almosenspeise. Dabei hegt er Gedanken der Begehrlichkeit, der Gehässigkeit und der Schädigung. Die Gabe an einen solchen Mönch bringt keine hohe Frucht, sage ich, o Mönche. Und warum nicht? Weil jener Mönch lässig lebt.

Da weilt aber ein [anderer] Mönch in der Nähe eines Dorfes oder einer Ortschaft. Und ein Hausvater oder der Sohn eines Hausvaters kommt zu ihm und ladet ihn für den folgenden Tag zum Mahle ein. Wenn der Mönch gewillt ist, gibt er seine Zustimmung. Nach Ablauf jener Nacht nun kleidet er sich in der Frühe an, nimmt Almosenschale und Gewand und begibt sich zur Wohnung jenes Hausvaters oder Hausvatersohnes. Dort angelangt, setzt er sich auf dem angewiesenen Sitze nieder, und jener Hausvater oder Sohn eines Hausvaters bedient ihn und wartet ihm eigenhändig mit vorzüglicher harter und weicher Speise auf. Da aber denkt jener Mönch nicht so: »Wahrlich, schön ist es, wie mich dieser Hausvater oder Sohn eines Hausvaters bedient und mir mit vorzüglicher harter und weicher Speise aufwartet!« Nicht kommt ihm da der Gedanke: »Ach, daß doch dieser Hausvater oder Sohn eines Hausvaters mich auch fernerhin bedienen und mir mit solch vorzüglicher harter und weicher Speise aufwarten möchte!« Und ohne Gier, unbetört, unverlockt, das Elend dabei merkend, der Entrinnung eingedenk, verzehrt er die Almosenspeise. Dabei hegt er entsagende Gesinnung, haßlose Gesinnung und friedfertige Gesinnung. Die Gabe an einen solchen Mönch, sage ich, bringt hohe Frucht. Und warum? Vollen Ernstes lebt ja dieser Mönch.«


(*1) baliharane vanasande. Offenbar ein verlassener Opferplatz im Walde, wo sich der Buddha aufhielt; erwähnt auch in A.X.44; M.103. 'Bali' ist eine Opferspende meist für untergeordnete Gottheiten oder Geister.


A.III.125 Eintracht und Zwietracht

An einem Orte, ihr Mönche, wo die Mönche zank- und streitlustig sind, uneinig, und mit scharfen Worten aufeinander losgehen, an einen solchen Ort auch nur zu denken, ist mir nicht angenehm, geschweige denn dorthin zu gehen. Und da komme ich zu dem Schlusse, daß jene Verehrten sicherlich drei Eigenschaften von sich abgetan und drei andere Eigenschaften großgezogen haben.

Welche drei Eigenschaften aber haben sie von sich abgetan? Entsagende Gesinnung, haßlose Gesinnung und friedfertige Gesinnung.

Und welche drei Eigenschaften haben sie großgezogen? Begehrliche Gesinnung, gehässige Gesinnung und schädigende Gesinnung.

An einen Ort aber, ihr Mönche, wo die Mönche in Eintracht und Freundlichkeit verweilen, einig sind und milden Herzens sich mit freundlichen Augen anblicken, zu einem solchen Orte hinzugehen, fällt mir nicht schwer, geschweige denn an ihn zu denken. Und da komme ich zu dem Schlusse, daß jene Verehrten sicherlich drei Eigenschaften von sich abgetan und drei andere Eigenschaften großgezogen haben.

Welche drei Eigenschaften aber haben sie von sich abgetan? Begehrliche Gesinnung, gehässige Gesinnung und schädigende Gesinnung.

Und welche drei Eigenschaften haben sie großgezogen? Entsagende Gesinnung, haßlose Gesinnung und friedfertige Gesinnung.


A.III.126 Gotamaka

Einst weilte der Erhabene bei Vesālī, bei der Gotamaka-Kultstätte (*1). Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche »Mönche!« sprach er. »Herr!« erwiderten die Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Verstehend, ihr Mönche, weise ich die Lehre, nicht ohne zu verstehen; begründet, ihr Mönche, weise ich die Lehre, nicht unbegründet; überzeugend (*2), ihr Mönche, weise ich die Lehre, nicht ohne zu überzeugen. Da ich aber verstehend die Lehre weise, nicht ohne zu verstehen, begründet, nicht unbegründet, überzeugend, nicht ohne zu überzeugen, daher, o Mönche, sollte man meiner Ermahnung folgen, meine Weisung erfüllen. Und angebracht ist es, ihr Mönche, wenn ihr zufrieden seid, begeistert und frohen Mutes, im Gedanken: 'Ein vollkommen Erleuchteter ist der Vollendete; wohl dargetan wurde vom Vollendeten die Lehre; auf dem rechten Pfade wandelt die Mönchsgemeinde!'«

So sprach der Erhabene. Freudig stimmten da jene Mönche den Worten des Erhabenen zu. Während aber diese Lehrdarlegung gesprochen wurde, erbebte das tausendfache Weltsystem. (*3)


(*1) Gotamake cetiye; eine Kultstätte für einen Dämon oder Waldgeist (yakkha) namens Gotamaka. Solche vorbuddhistische Kultstätten gab es mehrere in der Umgebung Vesalis, der Buddha erwähnt sie vor seinem Tode, seines Aufenthaltes bei Vesali gedenkend (D.16).

(*2) sappātihāriyam. K: Widerstand beseitigend, widerlegend. Subk zieht auch noch die Bedeutung von 'pātihariya' als 'Wunder' heran, und zwar im Sinne des 'Wunders der Belehrung' (A.III.61).

(*3) Dem K zufolge waren die dieser Lehrrede zuhörenden Mönche frühere Brahmanen, die ihren Wissensdünkel auch im Mönchsorden noch nicht abgelegt hatten. Um ihren Stolz zu brechen, hatte ihnen der Buddha einige Zeit vorher das Mūlapariyāya-Sutta gepredigt, d.i. die 1. Rede der 'Mittleren Sammlung' (»Grunddarlegung«, K.E. Neumann: »Urart«), deren Inhalt ihnen unklar blieb. Daher heißt es am Schluß dieser Lehrrede (nach allen asiatischen Textausgaben), daß die Mönche ihr nicht zustimmten. Unter dem Eindruck jener Lehrrede zweifelten sie sogar, ob der Verkünder einer so schwer verständlichen Lehre wirklich zur Erlösung führen könne. Doch im Verlauf der Wanderung, nach dieser heilsamen Erschütterung ihres Wissensdünkels, klärte sich ihr Geist, und sie gewannen wieder Vertrauen zum Buddha. Als der Meister dies merkte, sprach er zu ihnen die Worte unseres, als Gotamaka-Sutta bekannten Textes, der auch am Schluß des K zu M. 1 zitiert wird. Dieses Mal spendeten die Mönche ihren Beifall und erreichten, dem K zufolge, die Heiligkeit samt dem Analytischen Wissen. Betrachtet als die Krönung der Wirkungskraft des so gewaltigen Mūlapariyāya-Sutta, wird es verständlich, daß dieser kurze, unscheinbare Text in den Schlußworten als »welterschütternd« bezeichnet wird. Im oben skizzierten Zusammenhang wird auch die Absicht unseres Textes verständlich.

Subk sagt, daß der Buddha, die Veranlagung seiner Hörer 'verstehend' (abhiññāya), 'mit gutem Grund' (sa-nidānam) ihnen das schwer verständliche Mūlapariyāya-Sutta predigte, um den Widerstand ihres Stolzes und anderer Leidenschaften zu brechen (sappatihāriyam; s. vor. Anm.).


A.III.127 In der Klause des Bharandu Kālāma

Einstmals kam der Erhabene auf seiner Wanderung im Lande der Kosaler nach Kapilavatthu. Es erfuhr nun Mahānāma, der Sakyer, daß der Erhabene in Kapilavatthu eingetroffen sei, und er begab sich dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen und blieb seitwärts stehen. Und der Erhabene sprach zu ihm also:

»Geh', Mahānāma, mache in Kapilavatthu eine Wohnstätte ausfindig, wo wir heute die Nacht zubringen können.« -

»Ja, o Herr«, erwiderte Mahānāma, der Sakyer, dem Erhabenen, und er begab sich nach Kapilavatthu. Obwohl er aber ganz Kapilavatthu durchwanderte, fand er dort keine Wohnstätte, wo der Erhabene die Nacht hätte zubringen können. Und er begab sich zum Erhabenen und sprach:

»Nicht fand sich in Kapilavatthu eine Wohnstätte, wo der Erhabene die Nacht zubringen könnte. Da ist aber, o Herr, dieser Bharandu Kālāma, der frühere Asketengefährte (*1) des Erhabenen. In dessen Klause möge der Erhabene die Nacht verbringen.« -

»So gehe denn, Mahānāma, und richte das Lager!« - »Ja, o Herr!« erwiderte Mahānāma, der Sakyer, und begab sich zur Klause des Bharandu Kālāma. Dort breite er das Lager aus, stellte Wasser zum Spülen der Füße zurecht und ging dann zum Erhabenen und sprach: »Das Lager, o Herr, ist bereit, und das Wasser zum Spülen der Füße zurechtgestellt. Wie es nun dem Erhabenen gefallen möge!«

Und der Erhabene begab sich zur Klause des Bharandu Kālāma. Dort angelangt, setzte er sich auf dem angewiesenen Sitze nieder und spülte sich die Füße. Da dachte Mahānāma, der Sakyer: »Es ist heute nicht mehr an der Zeit, dem Erhabenen Gesellschaft zu leisten, denn der Erhabene ist müde. Morgen will ich dem Erhabenen aufwarten.« Und er begrüßte ehrfurchtsvoll den Erhabenen und entfernte sich, ihm die rechte Seite zukehrend.

Nach Verlauf jener Nacht nun begab sich Mahānāma, der Sakyer, zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Da nun sprach der Erhabene zu Mahānāma, dem Sakyer, also:

»Drei Meister, Mahānāma, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Diese drei Meister, Mahānāma, sind in der Welt anzutreffen. Haben nun, Mahānāma, diese drei Meister ein und dasselbe Ziel, oder haben sie verschiedene Ziele?«

Auf diese Worte sprach Bharandu Kālāma zu Mahānāma, dem Sakyer: »Sage 'Ein und dasselbe Ziel', Mahānāma!«

Darauf sprach der Erhabene zu Mahānama, dem Sakyer: »Sage verschiedene Ziele', Mahānāma!«

Und zum zweiten und dritten Male sprach Bharandu Kālāma zu Mahānāma, dem Sakyer, also: »Sage 'Ein und dasselbe Ziel', Mahānāma!«

Und zum zweiten und dritten Male sprach der Erhabene zu Mahānāma, dem Sakyer: »Sage 'Verschiedene Ziele', Mahānāma!«

Da dachte Bharandu Kālāma: »Wahrlich, selbst zum dritten Male hat mich der Asket Gotama vor diesem hochvermögenden Sakyer Mahānāma mißbilligt. Sollte ich nicht lieber von Kapilavatthu fortziehen?«

Und Bharandu Kālāma zog von Kapilavatthu fort. Einmal aber fortgegangen, kam er nicht mehr wieder zurück.


(*1) Er war ein Mitschüler bei Alāra Kālāma einem der Asketenlehrer des Buddha vor seiner Erleuchtung.

(*2) Der erste Meister lehrt m. a. W. die zeitweilige Aufhebung der sinnlichen Erscheinungswelt durch Eintritt in die Vertiefungen der feinkörperlichen Sphäre; der zweite Meister lehrt die zeitweilige Aufhebung der feinkörperlichen Sphäre durch Eintritt in die unkörperlichen Vertiefungen; der dritte Meister, d.i. der Buddha, lehrt die restlose Aufhebung aller Daseinsformen. Vgl. Pug 138 f.


A.III.128 Hatthaka, der Göttersohn

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine, bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Da begab sich in fortgeschrittener Nacht Hatthaka (*1), der Göttersohn, zum Erhabenen, und, in herrlicher Gestalt erstrahlend, erhellte er den ganzen Jetahain. Angekommen, wollte er vor dem Erhabenen stehen bleiben, doch er sank nieder, brach zusammen, konnte sich nicht aufrecht halten. Gleich wie Butteröl oder Öl, wenn auf Sand gegossen, einsickert, einsinkt, nicht auf der Oberfläche bleibt, so auch sank Hatthaka, der Göttersohn, als er vor dem Erhabenen stehen bleiben wollte, nieder, brach zusammen, konnte sich nicht aufrecht halten.

Da sprach nun der Erhabene zu Hatthaka, dem Göttersohn: »Nimm, Hatthaka, einen grobstofflichen Körper an!«

»Ja, o Herr!« erwiderte Hatthaka, der Göttersohn, dem Erhabenen, nahm einen grobstofflichen Körper an, begrüßte ehrerbietig den Erhabenen und stellte sich zur Seite hin. Und der Erhabene sprach also zu Hatthaka, dem Göttersohn:

»Besitzest du, Hatthaka, auch jetzt noch jene Eigenschaften, die du als menschliches Wesen besessen hattest?« -

»Jene Eigenschaften, o Herr, die ich als menschliches Wesen besaß, die besitze ich auch noch jetzt. Aber auch solche Eigenschaften besitze ich jetzt, o Herr, die ich als menschliches Wesen nicht besaß. Gleichwie da jetzt der Erhabene inmitten von Mönchen, Nonnen, männlichen und weiblichen Laienjüngern, Fürsten, Ministern, Asketen und Asketenjüngern lebt, so bin ich, o Herr, von Göttern umgeben. Selbst von weit her, o Herr, kommen die Götter, um bei Hatthaka, dem Göttersohn, die Lehre zu hören.

In drei Dingen unersättlich und unermüdlich bin ich gestorben, o Herr. In welchen dreien? Im Anblick des Erhabenen unersättlich und unermüdlich bin ich gestorben. Im Anhören der guten Lehre unersättlich und unermüdlich bin ich gestorben. Im Aufwarten der Mönchsgemeinde unersättlich und unermüdlich bin ich gestorben.«

»Den Erhabenen zu sehen
konnt' ich nie genug bekommen,
auch der Jüngerschaft zu dienen
und die Gute Lehre hören.
In hoher Sittlichkeit geschult,
der Guten Lehre willig lauschend,
so ungesättigt in drei Dingen,
stieg Hatthaka zum Himmel auf.«

(*1) Genannt unter den 'Spitzen der Jüngerschaft' (A.I.24; vgl. Anhang).


A.III.129 Das Gleichnis von den Fliegen

Einst weilte der Erhabene bei Benares, zu Isipatana, im Wildpark. Da rüstete sich der Erhabene in der Frühe, nahm Almosenschale und Gewand und ging nach Benares um Almosenspeise. Während aber der Erhabene beim Feigenbaume auf dem Rindermarkte um Almosen ging, erblickte er einen Mönch, der lüstern war nach Nichtigem und Äußerlichem (*1), ohne Achtsamkeit und Wissensklarheit, ungesammelt, zerstreut, mit ungezügelten Sinnen. Bei seinem Anblick sprach er zu jenem Mönche also:

»Mönch, o Mönch, lasse dein Herz nicht verderben (*2)! Daß nämlich einem verdorbenen, mit Aasgeruch behafteten Herzen nicht die Fliegen nachfolgen, nachjagen sollten, das ist nicht möglich.«

Durch diese Ermahnung des Erhabenen angespornt, überkam diesen Mönch tiefe Ergriffenheit (*3).

Der Erhabene nun ging in Benares um Almosenspeise, und nach dem Mahle, vom Almosengang zurückgekehrt, wandte er sich an die Mönche:

»Ich ging da, ihr Mönche, in der Frühe, mit Almosenschale und Gewand versehen, nach Benares um Almosenspeise. Als ich nun beim Feigenbaume auf dem Rindermarkt um Almosenspeise ging, sah ich einen Mönch, der lüstern war nach Nichtigem und Äußerlichem, ohne Achtsamkeit und Wissensklarheit, ungesammelt, mit ungezügelten Sinnen. Beim Anblick jenes Mönchs sprach ich zu ihm: 'Mönch, o Mönch, lasse dein Herz nicht verderben! Daß nämlich einem verdorbenen, mit Aasgeruch behafteten Herzen nicht die Fliegen nachfolgen, nachjagen sollten, das ist nicht möglich!' Und von meiner Ermahnung angespornt, überkam diesen Mönch Ergriffenheit.«

Auf diese Worte nun wandte sich ein gewisser Mönch an den Erhabenen: »Was nun aber, o Herr, gilt als Verdorbenheit, was als Aasgeruch, was als die Fliegen?« -

»Begehrlichkeit, o Mönch, gilt als Verdorbenheit, Haß als Aasgeruch, und die schlechten, unheilsamen Gedanken gelten als die Fliegen. Wahrlich, o Mönch, daß einem verdorbenen, mit Aasgeruch behafteten Herzen nicht die Fliegen nachfolgen, nachjagen sollten, das ist nicht möglich.«

»Wer unbewacht bei Aug' und Ohr,
die Sinne nicht gezügelt hat,
dem folgen, Fliegenschwärmen gleich,
begehrliche Gedanken nach.
Wer besudelt ist, verdorben,
und mit Aasgeruch behaftet,
ist vom Nibbāna weit entfernt,
Qualen einzig sind sein Los.
Sei's im Dorfe oder Walde,
nicht zu innerst Frieden findend,
irrt der Tor dahin im Wahne,
wird von Fliegen stets verfolgt.
Die, in Sittlichkeit vollkommen,
einsichtsvoll den Frieden kosten,
die Gestillten leben glücklich,
denn die Fliegen sind vertilgt.«

(*1) rittāsādam bāhirāsādam, wtl: an Leerem Genuß findend, an Äußerlichem Genuß findend. K: an einem Genuß leer vom Glück der Vertiefungen; an einem äußerlichen Genuß, d.h. am Glück der Sinnengenusse. Erklärt in K mit 'assāda'; dies auch als Lesart in ChS.

(*2) mā attānam katuviyam akāsi. Über katuviya, das beim ersten Blick von katu abgeleitet zu sein scheint, gab Pandit W.D.C. Wagiswara dem Übersetzer folgende Erklärung: »Katuviyam means contamination, infection or introduction of ferment. Uccittham of the Atthakathā comes to the same thing, meaning that which is made unclean with saliva, derived from touching with lips, hands, etc.; saliva being supposed the general contaminator by the Hindu. This word katuviya, I think, must have been derived from kata uviyam. Uviyam appears to be analogous to the Sanskrit ulvya (placenta or the afterbirth, which is supposed to be one of the most unclean and active agents of infection), but meaning, in Pāli, infection in general.«

(*3) samvegam āpādi. K sagt, daß er ein Stromergriffener (sotāpanna) wurde.


A.III.130 Das Weib

Es begab sich der ehrwürdige Anuruddha dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend, sprach der ehrwürdige Anuruddha zum Erhabenen also:

»Mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, sehe ich häufig, o Herr, wie ein Weib bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in niederer Welt erscheint, auf einer Leidensfährte, in Daseinsabgründen, in der Hölle. Mit wie vielen Eigenschaften aber behaftet, o Herr, erscheint das Weib bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in niederer Welt, auf einer Leidensfährte, in Daseinsabgründen, in der Hölle?« -

»Mit drei Eigenschaften behaftet, Anuruddha, erscheint das Weib bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in niederer Welt, auf einer Leidensfährte, in Daseinsabgründen, in der Hölle. Mit welchen drei Eigenschaften?

Mit diesen drei Eigenschaften gefesselt, Anuruddha, erscheint das Weib bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in niederer Welt, auf einer Leidensfährte, in Daseinsabgründen, in der Hölle.«


A.III.131 Anuruddhas Erlangung der Heiligkeit

Es begab sich der ehrwürdige Anuruddha dorthin, wo der ehrwürdige Sāriputta weilte. Dort angelangt, wechselte er mit ihm höflichen Gruß, und, nach Austausch freundlicher und zuvorkommender Worte, setzte er sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend, sprach nun der ehrwürdige Anuruddha zum ehrwürdigen Sāriputta wie folgt:

»Ich vermag, Bruder Sāriputta, mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, ein tausendfaches Weltsystem zu betrachten. Angespannt ist dann meine Kraft, unbeugsam; gegenwärtig die Achtsamkeit, unverwirrt; gestillt der Körper, unerregt; gesammelt der Geist, geeint. Und dennoch wird mein Geist nicht haftlos von den Trieben befreit.« -

Wahrlich, gut wäre es, wollte der verehrte Anuruddha diese drei Dinge aufgeben, diese drei Dinge nicht beachten und seinen Geist auf das todlose Element (das Nibbāna) hinlenken!«

Und der ehrwürdige Anuruddha gab nun in der Folgezeit diese drei Dinge auf, schenkte ihnen keine Beachtung und lenkte seinen Geist auf das todlose Element hin. Und einsam, abgesondert, unermüdlich, eifrig, selbstentschlossen verweilend, gelangte der ehrwürdige Anuruddha in gar nicht langer Zeit in den Besitz jenes höchsten Zieles des Reinheitslebens, um dessen Willen edle Jünglinge vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, indem er es selber erkannte und verwirklichte. »Versiegt ist die Wiedergeburt, erfüllt der heilige Wandel, getan ist, was zu tun war, nichts weiteres gibt es mehr zu tun nach diesem hier«, so erkannte er. So war der ehrwürdige Anuruddha einer der Heiligen geworden.


(*1) 'Eigendünkel' und 'Aufgeregtheit', die achte und neunte der ans Dasein kettenden Fesseln (samyojana), schwinden erst beim Eintritt in die Heiligkeit; 'Gewissensunruhe' ist dagegen schon im Nichtwiederkehrer geschwunden. Demnach hatte Anuruddha zu dieser Zeit noch keine dieser beiden Stufen erreicht.


A.III.132 Heimlichkeit und Offenheit

Dreien, ihr Mönche, eignet Heimlichkeit, keine Offenheit. Welchen Dreien?

Drei aber, ihr Mönche, leuchten offen, nicht im geheimen. Welche drei?


A.III.133 Die drei Spuren

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? Der der Spur im Steine gleichende Mensch, der der Spur auf dem Erdboden gleichende Mensch und der der Spur im Wasser gleichende Mensch.

Welcher Mensch aber gleicht der Spur im Steine? Da gerät ein Mensch häufig in Zorn, und dieser Zorn haftet ihm lange an. Gleichwie nämlich die Spur in einem Steine nicht so bald vergeht, weder durch Wind noch durch Wasser, sondern lange bestehen bleibt; ebenso auch, ihr Mönche, gerät da ein Mensch häufig in Zorn, und dieser Zorn haftet ihm lange an. Von diesem Menschen sagt man, daß er der Spur im Steine gleicht.

Welcher Mensch aber gleicht der Spur auf dem Erdboden? Da gerät ein Mensch zwar häufig in Zorn, aber dieser Zorn haftet ihm nicht lange an. Gleichwie nämlich die Spur auf dem Erdboden gar bald vergeht, sei es durch Wind oder Wasser, und nicht lange bestehen bleibt; ebenso auch, ihr Mönche, gerät da ein Mensch zwar häufig in Zorn, aber dieser Zorn haftet ihm nicht lange an. Von diesem Menschen sagt man, daß er der Spur auf dem Erdboden gleicht.

Welcher Mensch aber gleicht der Spur im Wasser? Da trachtet ein Mensch, selbst wenn er hart, grob und unliebsam angefahren wird, nach Eintracht, ist versöhnlich und freundlich. Von diesem Menschen sagt man, daß er der Spur im Wasser gleicht.

Diese drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen.


    Oben  


>    Oben