Zurueck Milindapañha, Teil 7

2. Kapitel

Mil. 7.2.1. Die Kürbispflanze

 

«Eine Eigenschaft der Kürbispflanze, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welche ist diese?»

«Gleichwie, o König, die Kürbispflanze mit ihren Ranken sich am Grase, an Zweigen oder an Schlingpflanzen festklammert und darüber hinauswächst: so auch soll der Yoga, der Yogabeflissene, der bis zur Heiligkeit emporwachsen will, im Geiste die Vorstellungen (der Vergänglichkeit usw.) festhalten, um die Heiligkeit zu erreichen. Auch der Ordensältere Sāriputta, der Feldherr des Gesetzes, hat gesagt:

 

 

  


Mil. 7.2.2. Der Lotus

 

«Drei Eigenschaften des Lotus, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie, o König, der Lotus, obgleich im Wasser entstanden, im Wasser groß geworden, dennoch vom Wasser unbenetzt bleibt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, allerwärts (von Leidenschaften) unberührt bleiben, sei es hinsichtlich der Familien, oder seiner Schüler, oder erhaltener Gaben, oder hinsichtlich des Ruhmes, der Ehrenbezeigungen, oder der Bedarfsartikel, deren er sich bedient. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Lotus, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, der Lotus, über das Wasser sich erhebend, stehen bleibt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, die ganze Welt überwindend und sich über sie erhebend im überweltlichen Gesetze verweilen. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Lotus, die er anzunehmen hat. Wie ferner, o König, der Lotus sich schon beim geringsten Winde bewegt und erzittert: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, schon den geringsten Leidenschaften sich verschließen und darin eine Gefahr erblicken. Das, o König, ist die dritte Eigenschaft des Lotus, die er anzunehmen hat. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, hat gesagt: <In den geringsten Vergehen Gefahr erblickend, übt euch in den auf euch genommenen Übungsregeln!>» (Häufig in den Texten)

  


Mil. 7.2.3. Das Samenkorn

 

«Zwei Eigenschaften des Samenkornes, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie, o König, auf gutem Boden und bei rechten Regengüssen schon ein wenig Samen gar bald viele Früchte bringen wird: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, recht handeln, auf daß ihm seine Sittlichkeit die vollen Früchte des Asketentums zuteil werden lasse. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Samenkornes, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, das auf völlig reinen Boden gesäte Samenkorn gar bald aufgeht: so auch gelangt der vom Yogi, dem Yogabeflissenen, wohl gepflegte, in der Einsamkeit völlig geläuterte Geist, sobald er auf edlen Boden, auf die Grundlagen der Achtsamkeit (Satipatthāna), gepflanzt wird, gar schnell zur Entfaltung. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Samenkornes, die er anzunehmen hat. Auch der Ordensältere Anuruddha, o König, hat gesagt:

 

 

  


Mil. 7.2.4. Der edle Sālbaum

 

«Eine Eigenschaft des edlen Salbaumes, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches ist diese?»

«Gleichwie, o König, der edle Salbaum selbst in den Boden bis zu einer Tiefe von hundert Fuß und mehr hinein wächst: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, die vier Früchte des Asketentums, die vier Analytischen Wissen, die sechs höheren Geisteskräfte und das gesamte Asketentum eben in der Einsamkeit zur vollen Entfaltung bringen. Das, o König, ist die eine Eigenschaft des edlen Salbaumes, die er anzunehmen hat. Auch der Ordensältere Rāhula, o König, hat gesagt:

 

 

 

  


Mil. 7.2.5. Das Schiff

 

«Drei Eigenschaften des Schiffes, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie das Schiff, o König, dadurch daß es aus vielerlei Holzteilen zu einem Ganzen zusammengefügt ist, eine große Menge Menschen überzusetzen vermag: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, durch das Zusammenwirken vielerlei guter Dinge, als da sind: guter Wandel, Sittlichkeit, Tugend und Ausübung der Pflichten, die Welt mitsamt ihren Göttern zur Erlösung hinüber setzen. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Schiffes, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, das Schiff das vielartige Getöse und den Anprall der Wogen aushält, sowie die Strömung mächtiger Strudel: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, dem Anprall der vielartigen Wogen der Leidenschaften widerstehen, standhaft bleiben bei Gaben und Geschenken, Ruhm und Ehre, Huldigung und Begrüßung; bei Lob und Tadel, bei Freud und Leid, Achtung und Verachtung seitens fremder Familien. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Schiffes, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, das Schiff dahin fährt auf dem unermeßlichen, unendlichen, uferlosen, unerschütterlichen, tiefen, gewaltig tobenden, mächtigen Weltmeer, das von Scharen von Meerungeheuern und Fischen wimmelt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, seinen Geist, die vier Wahrheiten mit ihren drei Runden und zwölf Merkmalen (Vgl. die «Erste Lehrrede des Buddha»), in schauender Verwirklichung durchlaufen lassen. Das, o König, ist die dritte Eigenschaft des Schiffes, die er anzunehmen hat. 

Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, sagt in der hehren <Gruppierten Sammlung> (Samyutta-Nikāya), in der <Lehrredengruppe von den Wahrheiten> (Sacca-Samyutta): <Wenn ihr, o Mönche, nachdenkt, so möget ihr darüber nachdenken, was Leiden ist, was die Entstehung des Leidens ist, was die Aufhebung des Leidens ist, und was der zur Aufhebung des Leidens führende Pfad ist!>»

  


Mil. 7.2.6. Der Anker

 

«Zwei Eigenschaften des Schiffsankers, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie, o König, der Schiffsanker mitten auf der von vielen Wellenbergen ganz bedeckten und aufgewühlten Wasserfläche des gewaltigen Weltmeeres das Schiff festhält, zum Stehen bringt und nicht nach jedweder Himmelsrichtung hintreiben läßt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, beim Anprall der von den Wellenbergen der Gier, des Hasses und der Verblendung erregten heftigen Gedanken den Geist fest verankern und ihn nicht in jedwede Richtung hintreiben lassen. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Schiffsankers, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, der Anker nicht etwa auf der Oberfläche schwimmt, sondern tief hinab geht und in hundert Fuß tiefem Wasser das Schiff festhält und es zum Stehen bringt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, bei Erlangung von Gaben, Ruhm, Ehrenbezeigung, Verehrung, Begrüßung, Huldigung und Hochschätzung, ja selbst bei höchstem Gewinn und Ruhme nicht auf der Oberfläche schwimmen, sondern seinen Geist eben auf bloße Fristung seines Körpers heften. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Schiffsankers, die er anzunehmen hat.

Auch der Ordensältere Sāriputta, o König, der Feldherr des Gesetzes, hat gesagt:

 

(So in der Lehrrede von den «Grundlagen der Achtsamkeit»)

  


Mil. 7.2.7. Der Mastbaum

 

«Eine Eigenschaft des Mastbaumes, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches ist diese?»

«Gleichwie, o König, der Mastbaum Taue, Riemen und Segel trägt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, mit Achtsamkeit und Geistesklarheit ausgestattet sein, klaren Geistes sein beim Hingehen und Kommen, beim Hinblicken und Wegblicken, beim Beugen und Strecken, beim Tragen von Gewand und Almosenschale, beim Essen und Trinken, Kauen und Schmecken, Saugen, beim Verrichten der Notdurft, beim Gehen und Stehen, Sitzen und Liegen, Schlafen und Wachen, Sprechen und Schweigen (D.10). Das, o König, ist die eine Eigenschaft des Mastbaumes, die er anzunehmen hat. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, hat gesagt: <Achtsam, ihr Mönche, möge der Mönch verweilen und geistesklar. Das gelte euch als meine Weisung.>»

  


Mil. 7.2.8. Der Steuermann

 

«Drei Eigenschaften des Steuermannes, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie, o König, der Steuermann bei Tag und Nacht, beständig, immerfort, unermüdlich und mit vollem Eifer das Schiff lenkt: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, der seinen Geist lenkt, dieses bei Tag und Nacht tun, beständig, immerfort, mit Unermüdlichkeit und weiser Erwägung. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Steuermannes, die er anzunehmen hat. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, sagt im <Pfad der Lehre> (Dhammapada):

 

(Dhammapada, Vers 327)

 

Wie ferner, o König, der Steuermann alles bemerkt, was es auf dem Meere gibt, Gutes wie Schlechtes, so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, erkennen, was heilsam ist und was unheilsam, was tadelig ist und was untadelig, was gemein ist und was edel und die Verbindung von Hell und Dunkel. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Steuermannes, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, der Steuermann an der Steuervorrichtung die gesiegelte Bekanntmachung anbringt, daß keiner die Steuervorrichtung anfassen möge: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, im Geiste das Siegel der Beherrschung anbringen, damit er keinen üblen, unheilsamen Gedanken denke. Das, o König, ist die dritte Eigenschaft des Steuermannes, die er anzunehmen hat. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, sagt in der hehren Samyuttensammlung: <Möget ihr, o Mönche, keine üblen, schuldvollen Gedanken denken, keine sinnlichen, gehässigen und grausamen Gedanken!>»

  


Mil. 7.2.9. Der Schiffsarbeiter

 

«Eine Eigenschaft des Schiffsarbeiters, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches ist diese?»

«Gleichwie, o König, der Schiffsarbeiter denkt: <Für Lohn arbeite ich hier auf diesem Schiffe, und auf Grund meiner Arbeit erhalte ich Kost und Lohn; nicht nachlässig darf ich sein, sondern mit Fleiß muß ich dieses Schiff bedienen>: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, denken: <Wenn ich diesen aus den vier Hauptstoffen bestehenden Körper beständig, allezeit, unermüdlich beobachte, der Achtsamkeit gewärtig, achtsam, klarbewußt, gesammelt, geeinten Geistes, so werde ich Befreiung finden von Geburt, Alter, Krankheit und Tod, von Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung. Darum muß ich mich befleißigen.> Das, o König, ist die eine Eigenschaft des Schiffsarbeiters, die er anzunehmen hat. Auch der Ordensältere Sāriputta, o König, der Feldherr des Gesetzes, hat gesagt:

 

  


Mil. 7.2.10. Das Meer

 

«Fünf Eigenschaften des Meeres, sagst du, ehrwürdiger Nāgasena, habe man anzunehmen: welches sind diese?»

«Gleichwie, o König, das Weltmeer keinen Leichnam in sich duldet: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, den Schmutz der Leidenschaften nicht in sich dulden, als wie da sind: Gier, Haß, Verblendung, Dünkel, Meinungen, Heuchelei, Eifersucht, Neid, Geiz, Gleisnerei, Hinterlist, Verstecktheit, Falschheit und übler Wandel. Das, o König, ist die erste Eigenschaft des Meeres, die er anzunehmen hat.

Ferner, o König: die angehäuften mannigfachen Schätze, die das Meer in sich birgt, wie Perlen, Diamanten, Katzenauge, Edelsteine, Korallen und Kristall, die hütet das Meer, verstreut sie nicht nach außen. So auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, die errungenen mannigfachen Kleinode, wie Pfad, Ziel, Vertiefung, Freiungen, Sammlung, Erreichungszustände, Klarblick und Höhere Geisteskräfte in sich hüten, nicht der Außenwelt preisgeben. Das, o König, ist die zweite Eigenschaft des Meeres, die er anzunehmen hat.

Wie ferner, o König, das Meer Gemeinschaft hat mit gewaltigen Lebewesen: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, bei einem edlen Freunde, einem Ordensbruder wohnen, der bedürfnislos ist, genügsam, ein Lehrer der Askese, von lauterem Leben und vollkommen im Wandel, feinfühlend, edel, verehrungswürdig, der Aufklärungen gibt, redegewandt ist, Verweise erteilt und das Böse tadelt, der ermahnt, belehrt, unterwejst, anspornt, ermutigt und ermuntert. Das, o König, ist die dritte Eigenschaft des Meeres, die er anzunehmen hat.

Ferner, o König: obgleich die von frischem Wasser erfüllten Ströme, wie die Gangā, Jumnā, Aciravati, Sarabhū, Mahī, und noch Hunderttausende von anderen Flüssen sich ins Weltmeer ergießen sowie auch vom Himmel die Regenfälle, tritt doch das Meer nie über seine Ufer. So auch, o König, soll der Yogi, der Yogabeflissene, infolge von erlangtem Gewinne, von Ehre und Ruhm, oder infolge von zuteilgewordener Begrüßung, Achtung und Hochschätzung nicht einmal seinem Leben zuliebe absichtlich die Ordensregel übertreten. Das, o König, ist die vierte Eigenschaft des Meeres, die er anzunehmen hat. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, hat gesagt: <Gleichwie, o König, das Meer beständig ist und niemals über seine Ufer tritt: so auch, o König, übertreten meine Jünger nicht einmal ihrem Leben zuliebe die Ordensregel, die ich ihnen gewiesen habe.> (Udana V.5.)

Wie ferner, o König, das Meer trotz all der Flüsse und der Regenfälle des Himmels dennoch niemals voll wird: so auch soll der Yogi, der Yogabeflissene, des Anhörens der neunfachen Weisung des Siegers niemals satt werden, soll niemals satt bekommen den Vortrag und das Besprechen, Anhören, Auswendiglernen und Erforschen der Lehre, die das hohe Gesetz und die hohe Disziplin eingehend behandelnden Lehrreden, die Zergliederung, Zusammensetzung, Bindung und Beugung von Worten: Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, sagt in der Geburtsgeschichte des Sutasomo:

 

(Jātaka. Nr. 537)

  


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