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DIE
HEILSLEHRE DES BUDDHA
VERTIEFUNG
- „Ihr, die ihr zum Höchsten strebt,
- ihr habt das Gute zu lassen,
- geschweige denn das Ungute."
Die Sittlichkeit ist die Grundlage in der Heilslehre des Buddha ebenso wie in
allen anderen Religionen. Das zu betonen ist nötig, denn der Abendländer ist
geneigt, von der Buddhalehre nur den weltanschaulichen Teil zu sehen und das
Wissen wichtiger zu nehmen als die Selbstzucht, obwohl der Buddha ausdrücklich
betont, dass das eine vom anderen abhängt.
- "Wieweit Weisheit, soweit Zucht;
- Wieweit Zucht, soweit Weisheit;
- Zucht und Weisheit sind das Beste in der Welt."
Wer sich nicht von den gröbsten Schlacken befreit, ist nicht aufgeschlossen
für die Erkenntnis aller Zusammenhänge, und wer sich nicht immer wieder dem
Guten ergibt, vermag den weiteren Weg nicht zu gehen. Nur durch die rechte
Sittlichkeit erhält der Anhänger jenes sichere Fundament, das ihn für die
schweren Aufgaben befähigt. Die Zucht wird ihm zur höchsten Wichtigkeit, weil
sie die Voraussetzung ist, um die Innenarbeit durchführen zu können. Ein
ungeläutertes Inneres, ein von Gier, Haß und Wahn erfüllter Mensch ist in seinem
Außen und Innen viel zu bewegt, um jener Tiefenarbeit und Erkenntnis fähig zu
sein, auf die es im Weiteren ankommt.
Neben der Sittlichkeit ist die Reinheit des Körpers zu pflegen, die in der
Heilslehre des Buddha nicht durch strenge Askese oder bestimmte Speise- und
Reinigungsvorschriften erreicht wird, sondern in der allgemein gültigen
Anweisung von Maß und Mitte und somit auch nur maßvoller Nahrungsaufnahme. Für
den Laienanhänger gilt als vorteilhaft, möglichst von einfacher Nahrung zu
leben. Fastentage oder Nahrungseinschränkungen gelten als heilsam.
So wichtig der rechte Wandel ist, die Heilslehre des Buddha erschöpft sich
nicht darin. Denn alles Tun, das Gute und Schlechte, erweist sich bei tieferer
Erkenntnis als Bindung und ist bei weiterem Fortschritt ganz zu lassen. "Beide
Handlungen sind Anhängen, wer Gutes tut, schafft sich eine gute Zukunft, wer
Böses tut, eine schlechte. Aber beides sind schaffende Kräfte und gehören als
solche zum Reiche Maras".[42] Darum stellt der Buddha der zuerst notwendigen
Bindung ans Gute das Loslassen von allem, auch vom Guten, gegenüber. Dem Tun des
Guten und dem Lassen des Bösen im Anfang des Weges folgt bei weiterem
Fortschreiten das richtige Tun und Lassen.
Um auf dem Heilswege die notwendige Tiefe zu erlangen, übt der Buddhist die
Meditation. Meditation ist zuerst als bewußte Neugestaltung und Umarbeitung des
Bewußtseins anzusehen, da der Tiefenweg nur im Diesseits und durch das
Bewußtsein möglich ist. "Vom Bewußtsein wird die Welt gelenkt, an das Bewußtsein
ist die Welt gebunden, der Macht des Bewußtseins ist die Welt unterworfen." Ang.
Nik.
Da aber die allgewaltig wirksame Bilderwelt des Unbewußten der Träger der
Lebensgestaltung, der Hauserbauer ist, so ist seine Durchdringung und
Überkommung das nächste Ziel alles religiösen Strebens, das über das eigene
Erkennen und Erleben dieser Zusammenhänge, zur völligen Triebvernichtung führt.
Die zügellosen, schlechten Gedanken und Vorstellungen, die von jedem
Sinneseindruck bewegt und gelenkt werden, müssen einerseits kontrolliert und
vermieden und andererseits durch gute ersetzt, zielgerichtet und bewußt gelenkt
werden, damit diese Umgestaltung erreicht wird. Diesbezüglich heißt es:
- Keine schlechten Gedanken aufkommen lassen.
- Aufgestiegene schlechte Gedanken vertreiben.
- Gute Gedanken aufsteigen lassen.
- Aufgestiegene gute Gedanken pflegen.
Die schlechten und falschen Gedanken und Vorstellungen sind vom Anhänger des
Buddha zu meiden und durch gute und richtige Gedanken und Vorstellungen zu
ersetzen. Es kommt also auf eine bestimmte positive Haltung in erster Linie an.
Das wird häufig von Außenstehenden übersehen und die Buddhalehre fälschlich als
nur lebensverneinend hingestellt. Nur durch die positive Einstellung ist es
möglich, das Alte zu überkommen und Neues wirksam wirkend aufzubauen. Das ist
ein mühsames Beginnen. Aber das gute Denken und die betont gute Vorstellung muß
neu gepflanzt und das Bewußtsein so ausschließlich davon erfüllt werden, daß für
nichts anderes mehr Platz ist. Diese Umgestaltung ist nur möglich durch die
Beständigkeit guten Denkens, wobei die einfachste Vorstellung und das einfachste
Denkobjekt am besten geeignet sind. So staffeln sich die Meditationsobjekte, auf
die im weiteren näher eingegangen wird, von den einfachsten Objekten für den
Laienanhänger bis zu den umfassenderen und schweren für den in der Einsamkeit
lebenden Mönch. Genau so wie die sittlichen Forderungen einen Stufenweg
darstellen. Nur wer mit den einfachsten Meditationsobjekten beginnt und sein
Bewußtsein damit jeweils restlos erfüllt, hat Aussicht auf Erfolg und die
Möglichkeit, auch mit den schweren Objekten, der Leichenbetrachtung und des
Todes, einmal ohne Schaden fertig zu werden.
"Ich lehre das Tun und auch das Nichttun.
Ich lehre das Nichttun: Ich lehre, daß schlechter Wandel in Werken, Worten
und Gedanken, daß irgendwelche als schlecht und unheilvoll zu bezeichnenden
Dinge nicht getan werden sollen.
Und auch das Tun lehre ich: ich lehre, daß guter Wandel in Werken, Worten,
Gedanken, daß irgendwelche als heilsam zu bezeichnenden Dinge getan werden
sollen." Ang. Nik.
"Während also auf der einen Seite die Mängel irdischer Existenz zum
Gegenstand einer die Leidenschaften tilgenden Kontemplation gemacht werden, wird
auf der anderen gerade das Positive in den Brennpunkt der Betrachtung gestellt.
Diesem weisen Ausgleich ist es zu verdanken, daß sich auf dem Antlitz von
Buddhisten, die sich derartigen religiösen Betrachtungen hingeben, zumeist eine
strahlende, sieghafte Heiterkeit widerspiegelt, wie man sie von den Bekennern
einer Lehre, die alles Irdische als "anicca, dukkha, anatta"
(vergänglich, leidvoll, wesenlos) ansieht, nicht erwarten würde. Aber der
Buddhismus ist ja keine Religion, die pessimistischen Gedanken um ihrer selbst
willen nachhängt, sondern eine Heilslehre, die zur Ruhe, zum Frieden, zur
Vollendung führen will. Indem sie ihren Jüngern die ganze Schwere des Daseins
mit allem Ernst zum Bewußtsein zu bringen sucht, ist sie zugleich doch bestrebt,
ihnen von Anfang an schon einen Vorgeschmack der von ihr als Ziel allen Strebens
bezeichneten geistigen Vollkommenheit zu geben, auf dass sie dadurch befriedigt
und beglückt den dornigen Weg zum Nirvana in unermüdlicher Entschlossenheit
fortsetzen." (H. v. Glasenapp.)
Das für den Laienanhänger einfachste und erste Meditationsobjekt ist die
Betrachtung über den Buddha. Sie wird in den östlichen Ländern allgemein vor
einem Buddhabild oder einer Buddhaplastik vorgenommen, oder vor einem heiligen
Text, einer geweihten Stätte, einem Bobaum, einem Stupa oder in östlicher
Himmelsrichtung. Es wird gedacht oder gesprochen:
"Verehrung ihm, dem Erhabenen, Heiligen, Vollerwachten".
(Pali: Namo Tassa Bhagavato Arahato Sammasambuddhassa.)
Diese und die weiterhin erwähnten einfachen Formeln werden stets dreimal,
also schon vertiefend, einprägend wiederholt und in den Buddhistischen Ländern
vor den Buddhabildern unablässig rezitiert. Ja, "bei Unruhe und Bedrängnis sind
solche oder ähnliche Formeln solange herzusagen, bis das Herz zur Ruhe kommt." (Nyanasisi.)
Durch die Betrachtung des Buddhabildes, das in der mahnenden Haltung der
Meditation dargestellt wird, wird ein erwünschter Kontakt aufgenommen. Durch die
Betrachtung der unvergleichlichen Reinheit, Gute, Weisheit und Größe des Buddha
wird eine Bindung zum Besten hergestellt und das Vertrauen zum Lehrer und dem
Vollendeten geweckt, als der unerläßlichen Vorbedingung zum inneren Geöffnetsein.
Die beste Vorstellung, die des meditierenden Buddha, wird gepflegt. Das höchste
Idealbild wird bewußt aufgenommen und ins Innere verpflanzt.
Ein Objekt wird zur Grundlage gemacht, das in dieser Form und Art anzuwenden
auch dem Kinde und dem einfachsten Menschen mühelos möglich ist. Wie der fromme
Christ gläubig positiv ist, bei der Andacht vor einem Heiligenbild oder beim
Hersagen des Rosenkranzes, diesen grundlegenden christlichen Meditationen, ist
die geistige Haltung des Buddhisten seinen Idealen gegenüber vertrauensvoll
positiv.
Das nächste, schon erweiterte, aber ebenso einfache und positive
Meditationsobjekt, ist die Betrachtung über die Dreiheit: Buddha, Lehre,
Mönchschaft. Die Formel, die dieses Vertrauen besonders betont, lautet:
"Unerschütterliches Vertrauen zu dem Buddha soll uns erfüllen, so zwar:
dies ist der Erhabene, Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens und Wandels
Bewährte, der Wegesmächtige, der Weltkenner, der unvergleichliche Leiter der zu
bezähmenden Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der
Erhabene."
Unerschütterliches Vertrauen zur Lehre soll uns erfüllen, so zwar:
Wohl verkündet ist vom Erhabenen die Lehre, die Sichtbare, Zeitlose,
Einladende, zum Ziele führende."
Unerschütterliches Vertrauen zur Heiligen Mönchsschar soll uns erfüllen, so
zwar:
- Gut wandelt die Mönchsschar des Erhabenen,
- auf dem rechten Wege wandelt die Mönchsschar des Erhabenen,
- in Pflichttreue wandelt die Mönchsschar des Erhabenen,
- als da sind:
- die vier Paare der Heiligen,
- die acht Arten der Heiligen.
- Das ist des Erhabenen Mönchsschar,
- würdig der Gaben,
- würdig der Gastfreundschaft,
- würdig der Spenden,
- würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes,
- unvergleichliches Saatfeld der Verdienste in der Welt." [43]
Oder als Zufluchtsformel:
- Zu dem Buddha nehme ich meine Zuflucht;
- Zu der Lehre nehme ich meine Zuflucht;
- Zu der Mönchschaft nehme ich meine Zuflucht,
der gewöhnlich die 5 Entschlüsse (silas) folgen.
Dieses sind die täglichen Meditationen und Bekenntnisse von Millionen Lippen
und Herzen, bei denen es über andere Bewußtseinsinhalte um eine neue Bildsetzung
geht, die erste Umgestaltung des Unbewußten. Bei diesen einfachen Objekten geht
es darum, den Geist zu sammeln und in eine ruhige und bessere Bahn zu lenken,
während den weiteren Meditationsobjekten andere, wichtigere Aufgaben zufallen.
Wer sich auf eine längere Formel oder auf ein längeres Denken nicht
konzentrieren kann, sagt, wie schon erwähnt, eine kurze Formel und dieselbe so
oft und so lange her, bis ihm dieselbe geläufig wird. Nur durch Übung, d. h.
ständige Wiederholung kommt die Zeit, wo aus einer kurzen Formel eine längere
werden kann und sich der Segen dieses rechten Denkens zeigt. Für die im vorigen
Abschnitt ausführlich dargestellte Mettaübung würde die Formel kurz gefaßt etwa
wie folgt lauten und damit gleichzeitig eine überkonfessionelle Formel sein:
„Möge es mir und allen Wesen wohl ergehen."
Zuerst gutes und weiterhin richtiges Denken wird und muß verwirklichen, wer
sein Schicksal verbessern, sein Inneres umgestalten und die Grundlage für
weiteren Fortschritt schaffen will. Die Heilslehre des Buddha ist ein Stufenweg
und zuerst eine praktische Lebenslehre, die ihre Anhänger zu den bestmöglichen
Lebensbedingungen und erst später zu anderen, höheren Zielen führt.
Die Betrachtung über den Buddha, Lehre und Mönchschaft —also die ständig
geübte Verehrungs- und Zufluchtsformel—schaffen die Grundlage für die geistige
Haltung, die für rechtes inneres Wachstum erforderlich ist: das Vertrauen. Denn
Vertrauen, nicht Glauben, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen in der
Buddhalehre. Ja, der Buddha fordert seine Anhänger geradezu auf, ihm nicht zu
glauben:
"Geht, Kalamer, nicht nach Hörensagen, nicht nach dem, was von altersher
einer dem andern nachredet, nicht nach Gerüchten, nicht nach der Überlieferung
der heiligen Schriften, nicht nach bloßen Vernunftsgründen und logischen
Deduktionen, nicht nach äußeren Erwägungen, nicht nach Übereinstimmung mit euern
Ansichten und Grübeleien, nicht nach dem Scheine der Wirklichkeit, nicht danach,
daß der Asket euer Meister ist: Wenn ihr, Kalamer, selber erkennt, daß diese
oder jene Dinge schlecht und verwerflich sind, von den Verständigen getadelt
werden und ausgeführt oder begonnen, zum Unheil und Leiden führen, so mögt ihr,
Kalamer, dieselben aufgeben." [44] Ang. Nik.
Es geht in der Heilslehre des Buddha—und das darf nicht übersehen
werden—nicht um Glauben oder um irgend ein Streben, das wohl zu einem hohen
ethischen Niveau führen kann, aber für sich allein nur Stückwerk ist. Es geht
auch nicht um jene so einseitige Anhäufung von Wissen, die das Kennzeichen
unserer Zeit ist, sondern um Ziele, die jenseits solcher Einseitigkeit liegen.
Was angestrebt wird, sind stufenweise zu erlangende Erkenntnisse und Einsichten
auf dem Weg, den der Buddha lehrt, und dessen höchstes Ziel die Aufhebung des
Leidens, die Triebvernichtung ist.
Mit der vertrauensvollen Haltung dem Lehrer, der Lehre und den Bewahrern der
Lehre gegenüber unterwirft sich der Anhänger voll bewußt einer Dreiheit, die ihm
das Kostbarste ist, was es auf dieser Welt gibt. Dieses Vertrauen wird ihm zum
Band, durch das er sich nach geistigem Gesetz an das bindet, was besser, höher,
reiner ist als er selbst, und nur wo dieses bewußt geübte und gepflegte
Vertrauen vorhanden ist, ist der Weg bereitet für weitere Aufgaben.
Viele der folgenden als Voraussetzungen zu betrachtenden Übungs- und
Erkenntnisstufen können auch durch den Laienanhänger angestrebt werden, und die
vorhin erwähnten, einfachen Meditationen sind auch ohne diese Vorbedingungen
möglich. Im Wesentlichen ist aber die Vertiefung den Mönchen vorbehalten, weil
nur im hauslosen Leben die dazu erforderlichen Bedingungen erfüllbar sind. Zu
den Vorstufen der Vertiefung, die zuerst auf Ruhe und Konzentration und später
auf inneren Gleichmut hinauslaufen, gehören die Sinnenzügelung und die Übung der
Achtsamkeit.
"Und wie wacht der Mönch über seine Sinnentore?
Da faßt ein Mönch, wenn er mit dem Auge eine Form erblickt, sie weder als
Gesamteindruck auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der
ungeschützten Auges weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute
Dinge treffen würden, befleißigt er sich dieses Schutzes am Gesichtssinn.
Wenn er mit dem Ohre einen Ton hört, so faßt er ihn weder als Gesamteindruck
auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der ungeschützten Ohres
weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute Dinge treffen würden,
befleißigt er sich dieses Schutzes; er hütet den Gehörsinn; er unterzieht sich
des Schutzes am Gehörsinn.
Wenn er mit der Nase einen Geruch riecht, so faßt er ihn weder als
Gesamteindruck auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der
ungeschützter Nase weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute Dinge
treffen würden, befleißigt er sich dieses Schutzes; er hütet den Geruchsinn; er
unterzieht sich des Schutzes am Geruchsinn.
Wenn er mit der Zunge einen Geschmack schmeckt, so faßt er ihn weder als
Gesamteindruck auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der
ungeschützter Zunge weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute
Dinge treffen würden, befleißigt er sich dieses Schutzes; er hütet den
Geschmacksinn; er unterzieht sich des Schutzes am Geschmacksinn.
Wenn er mit dem Körper ein Gefühl fühlt, so faßt er es weder als
Gesamteindruck auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der
ungeschützten Körpers weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute
Dinge treffen würden, befleißigt er sich diese Schutzes; er hütet den
Gefühlssinn; er unterzieht sich des Schutzes am Gefühlssinn.
Wenn er mit dem Denken ein Ding begreift, so fasst er es weder als
Gesamteindruck auf noch in den Einzelheiten. Deshalb, weil denjenigen, der
ungeschützten Denkens weilt, Begehrlichkeit, geistiges Elend und böse, ungute
Dinge treffen würden, befleißigt er sich dieses Schutzes; er hütet den Denksinn;
er unterzieht sich des Schutzes am Denksinn." Digh. Nik.
Mit dieser Zügelung der Sinne setzt die bewußte Abkehr vom Außen ein. Es
gilt, der Außenwendigkeit Halt zu gebieten; denn das Außen ist es in erster
Linie, das dem Lebensdurst den Brennstoff liefert. Wem es ums Freisein vom
Leiden geht—und das ist der tiefe Sinn aller Religionen—der darf sich nicht
betören lassen von dem sinnenfesselnden Außen, das durch Gestalt, Ton, Duft,
Geschmack, Getast und Begreifen das Bewußtsein erfüllt, von den notwendigen
Aufgaben und dem inneren Gleichgewicht abgelenkt und sich ins Unbewußte
niederschlägt, um Neigung, Trieb, Sucht und Durst zu neuem Greifen zu werden.
Denn im Bewußtsein einerseits und im Unbewußten andererseits kommen die
Bindungen zustande, die zu erkennen und aufzulösen die nächste weit schwierigere
Aufgabe ist. Nur durch völlige Gemütsruhe (samatha) und Einsicht (vipassana)
ist diese Erkenntnis und Durchführung möglich.
Die Zusammenhänge vom Sinneseindruck bis zur Leidensverkettung werden mit
einer Gründlichkeit und nüchternen Exaktheit ins Licht des Bewußtseins gehoben
und begreifbar gemacht, die ihresgleichen nicht wieder finden. Nur die
durchdringende Erkenntnis dieser Zusammenhänge gewährleistet die notwendige
Abkehr und Ablösung.
- "Sechs innere Grundlagen muß man verstehen;
- sechs äußere Grundlagen muß man verstehen;
- sechs Bewusstseinsarten muß man verstehen;
- sechs Berührungsarten muß man verstehen;
- sechs Gefühlsarten muß man verstehen;
- sechs Begehrensarten muß man verstehen.
Sechs innere Grundlagen muß man verstehen:
- die Grundlage des Sehens,
- die Grundlage des Hörens,
- die Grundlage des Riechens,
- die Grundlage des Schmeckens,
- die Grundlage des Körpereindrucks,
- die Grundlage des Geistes.
Sechs äußere Grundlagen muß man verstehen:
- die Grundlage der Formen,
- die Grundlage der Töne,
- die Grundlage der Gerüche,
- die Grundlage der Geschmäcke,
- die Grundlage der Fühlungen,
- die Grundlage der Begriffe.
Sechs Bewußtseinsarten muß man verstehen:
Durch Auge und Form bedingt entsteht das Selbstbewußtsein.
Sechs Berührungsarten muß man verstehen:
Durch Auge und Form bedingt entsteht das Sehbewußtsein, durch Zusammenwirken
der drei entsteht der Sinneneindruck;
Sechs Gefühlsarten muß man verstehen:
Durch Auge und Form bedingt entsteht das Sehbewußtsein, durch Zusammenwirken
der drei entsteht der Sinneneindruck,
durch Sinneneindruck bedingt ist das Gefühl.
Sechs Begehrensarten muß man verstehen:
Durch Auge und Formen, ihr Mönche, bedingt entsteht das Sehhewußtsein; durch
Zusammenwirken der drei entsteht der Sinneneindruck; durch Sinneneindruck
bedingt ist das Gefühl, durch Gefühl bedingt ist das Begehren.
Durch Auge und Formen, ihr Mönche, bedingt entsteht das Sehbewußtsein;
durch Zusammenwirken der drei entsteht der Sinneneindruck;
durch Sinneneindruck bedingt entsteht das, was als freudig oder leidig oder
als weder freudig noch leidig empfunden wird. Wenn einer von einem freudigen
Gefühl betroffen wird, so ergötzt er sich nicht daran, bejaht es nicht, hält es
nicht fest; dem hängt Lustneigung nicht an.
Wenn einer von einem leidigen Gefühl betroffen wird, so empfindet er nicht
Kummer und Unbehagen; er weint nicht und schlägt sich nicht die Brust; er kommt
nicht von Sinnen; dem hängt Widerstandsneigung nicht an.
Wenn einer von einem weder leidigen noch freudigen Gefühl betroffen wird, so
erkennt er wirklichkeitsgemäß dieses Gefühls Entstehen und Vergehen nicht an.
Wenn, ihr Mönche, der wohlbelehrte Hörer des Edlen so durchschaut, so wird er
des Auges überdrüssig, er wird der Formen überdrüssig, er wird des
Augbewußtseins überdrüssig, er wird der Augberührung überdrüssig, er wird des
Gefühls überdrüssig, er wird des Begehrens überdrüssig, überdrüssig wird er
entsüchtet, in der Entsüchtung wird er frei, im Befreiten ist das Wissen vom
Befreitsein; versiegt ist Geburt, ausgelebt das Reinheitsleben, vollbracht die
Aufgabe!—so erkennt er." [45]
Majjh. Nik.
Mit dieser Zügelung der Sinne, die die Bildung weiterer karmischer
Bildekräfte verhindern soll und auf ihre Umwandlung und Ablösung hinzielt, geht
die Schulung der Achtsamkeit einher.
Mit der Übung der Achtsamkeit (satipatthana) wird eine mehrfache
Absicht verfolgt. Es gilt, das sich in ständiger Unruhe befindende Denken, das
einem von Ast zu Ast springenden Affen vergleichbar ist, in Gewalt zu bekommen
und zur Ruhe zu bringen. In gleicher Weise muß dies mit jedem andern Sinn
geschehen. [46] Von den zur Maßlosigkeit und Übertreibung neigenden Sinnen sind
besonders dem den Indern als 6. Sinn geläufigen Denksinn Grenzen zu setzen. In
der ständig wachen Bewußtheit wird das Denken an das Tun gebunden und damit auf
den ihm gebührenden Platz verwiesen, der ihm um der Ganzheitwillen zukommt, und
damit wird die Vormachtstellung des Intellektes gebrochen. Dem natürlichen
Gefälle überlassen, neigt der Denksinn wie alle Sinne zur Verhaftung, zum Denken
um des Denkens willen und damit zur Übertreibung und Unruhe, zu Hochmut und
Dünkel. Die Kennzeichen falschen Denkens beginnen durch diese Übung zu
schwinden. Die Bindung des Bewußtseins an den Atem gilt als erste und beste
Methode zu der so wichtigen und notwendigen Achtsamkeit.
"Da begibt sich, ihr Mönche, ein Mönch in den Wald oder an den Fuß eines
Baumes oder in ein leeres Haus und läßt sich mit gekreuzten Beinen nieder, den
Körper gerade aufgerichtet, die Aufmerksamkeit voll gewärtig haltend.
Aufmerksam atmet er ein, aufmerksam atmet er aus; wenn er lang einatmet, so
weiß er: Ich atme lang ein; wenn er lang ausatmet, so weiß er: Ich atme lang
aus; wenn er kurz einatmet, so weiß er: Ich atme kurz ein; wenn er kurz
ausatmet, so weiß er: Ich atme kurz aus; Den Atem klar empfindend, werde ich
einatmen, so übt er sich.
Den Atem klar empfindend, werde ich ausatmen, so übt er sich.
Diesen Körper-Vorgang beruhigend werde ich einatmen, so übt er sich.
Diesen Körper-Vorgang beruhigend werde ich ausatmen, so übt er sich." [47] Digh. Nik.
So wird alles Tun mit dem Denken in Übereinstimmung und hinab bis zu den
feinsten Regungen unter die Kontrolle der Achtsamkeit gebracht. Eine Übung auf
dem Wege der Meditation, die für die Befreiung von ausschlaggebender Bedeutung
ist; gilt es doch auch über Bilder und Reaktionen, die in der Vertiefung zutage
treten, völlige Klarheit zu gewinnen, um dieselben richtig verwerten oder sofort
auflösen zu können. Die Ablösung von jeder Bindung bleibt das nächste Ziel. [48]
Was von den karmischen Bildekräften gesagt wurde, gilt in gleicher Weise vom
Denken und den andern Sinnen. Es gilt als starke Lebensverhaftung, wenn das
Sinnenleben übertrieben wird. Wenn das Auge zu viel sieht, das Ohr zu viel hört,
die Zunge zu viel schmeckt, der Verstand zu viel denkt und sich damit von Maß
und Mitte immer mehr entfremdet. Zu erstreben ist die Gleichgewichtslage eines
ruhigen, ungestörten Gemüts, um tieferer Zwecke willen.
Durch die Achtsamkeit bei allem Denken, Sprechen und Handeln kommt es zum
Aufhören des Unruhe und Leiden schaffenden Haftens an der Um- und Innenwelt und
einer zielbewußten Umgestaltung des Innern um seines Abbaus willen.
"Der Mönch weiß, wenn er geht: Ich gehe; weiß, wenn er steht: Ich stehe;
weiß, wenn er sitzt: Ich sitze; weiß, wenn er liegt: Ich liege. Und wie immer
seines Körpers Haltung ist, dementsprechend kennt er ihn.
Und weiter noch, ihr Mönche, ist ein Mönch beim Vorwärtsgehen und beim
Zurückgehen sich dieses Tuns voll bewußt. Beim Hinblicken und Wegblicken ist er
sich dieses Tuns voll bewußt. Beim Beugen und Strecken ist er sich dieses Tuns
voll bewußt. Beim Tragen des Unter- und Obergewandes, der Almosenschale, beim
Kauen und Schlucken ist er sich dieses Tuns voll bewußt. Beim Gehen, Stehen und
Sitzen, beim Schlafen und Wachen, beim Sprechen und Schweigen ist er sich dieses
Tuns voll bewußt." Digh. Nik.
An anderer Stelle heißt es dazu:
"Für einen in der Schulung begriffenen Mönch, der noch nicht im Besitz der
Vollendung ist—und der auf ein inneres Hilfsmittel bedacht ist—, sehe ich auch
nicht ein so nutzbringendes Heilmittel wie, ihr Mönche, gründliche Achtsamkeit.
Ein Mönch, der gründliche Achtsamkeit übt, gibt das Unheilsame auf und pflegt
das Heilsame." Itiv.
"Die Achtsamkeit hemmt alle Ströme der Leidenschaften in der Welt." Sutta Nip.
(s. a. Nyanaponika "Satipatthana" Verlag Christiani, Konstanz.)
Eine solche Selbstkontrolle ist für den Weltmenschen schwer durchführbar,
weil sein Dasein zum größten Teil durch Reaktionen auf die Sinneseindrücke,
durch unrichtiges Denken und durch Bindung an alles und jedes ausgefüllt ist.
Sittlichkeit aber, selbst hohe Sittlichkeit, die wohl in ihren Auswirkungen
viel Leid zu lindern vermag, macht nicht frei vom Leiden, das sich aus allen
Verkettungen ergibt.
"Gering, ihr Mönche, und von untergeordneter Bedeutung, nichts als sittliche
Zucht ist das, was die Alltagsmenschen wohl meinen, wenn sie mit Anerkennung vom
Vollendeten sprechen. Schwer zu verstehen und zu verwirklichen ist die Lehre der
Vollendeten."
Es kommt auf tiefere Wandlungen an, wenn es zu einer durchgreifenden
Umgestaltung des Innern und damit zur Loslösung schlechthin kommen soll. Der Weg
geht über die Vertiefung (Meditation), die bewußte Hinarbeitung zum Unbewußten.
Denn das Bewußtsein ist der eine Pol, das Unbewußte der andere. Die bisher
erwähnte Arbeit am Bewußtsein ist die eine und der nun folgende Tiefenweg ins
Unbewußte, zur Trieberkennung und Triebvernichtung, die andere Aufgabe.
So einfach diese Bewußtseinsumstellung scheint, so sehr verlangt sie eine
bestimmt ausgerichtete, meditative Einstellung. Es gibt kaum etwas Schwierigeres
für den Weltmenschen als zuerst gut und später richtig zu denken und diese
Selbstzucht beharrlich durchzuführen. Aber diese Selbsterziehung ist eine
wichtige und einzig erfolgversprechende Aufgabe. Und hier wird erst der im
vorigen Abschnitt behandelte rechte Wandel als innere Läuterung, als
Gewissensbildung und richtiges Verhalten zur Umwelt voll bedeutsam. Denn nur die
bewußt gepflegte innere Reinheit und das bewußt erstrebte Wohlwollen zu allen
Wesen geben die Ruhe und geistige Konzentration, die zu den nächsten Stufen, zum
Gestilltsein, zur Gemütsruhe und später zum Gleichmut führen. So kommt es des
weiteren darauf an, das Denken, diese unruhigste Sinnentätigkeit, in Gewalt zu
bekommen, dann neu zu bilden, abklingen zu lassen und still zu sein. Obgleich
die Entwicklung des Intellektes eine der wichtigsten Voraussetzungen für die
durchdringende Erkenntnis ist, werden in den ständig geübten und gepflegten
Meditationen die Bedingungen geschaffen, die das Inerscheinungtreten des
Intellektes als primäre Funktion verhindert, da alle Meditationen über die
ausschließliche Denktätigkeit hinaus, zum anschaulichen Erleben führen.
In den weiteren Stufen der Vertiefung darf letzten Endes keine Sinnesfunktion
mehr herrschen, auch nicht der zuerst in Tätigkeit gesetzte und gewöhnlich
überbetonte Denksinn. Dazu bedarf es einer Übung, die dem Sinnen und
Denk-verhafteten Abendländer besonders schwer fällt, ja, ihm geradezu nutzlos
erscheint, da sich sein Leben innerhalb des durch die Sinne und den sechsten
Sinn, das Denken, Wahrnehmbaren abspielt. Jedoch nur bei Regulierung,
Einschränkung und schließlich Ausschaltung jeder Sinnestätigkeit kommt es zur
Verschmelzung des Bewußtseins und Unbewußten und damit zur Bildung des
Überbewußten, als einer weiteren, aber auch noch nicht letzten Stufe. Diese
gipfelt im Lassen von Allem, im völligen Gleichmut. Zusammenfassend sei also
wiederholt, daß am Anfang das gute Denken als Ziel steht, dann das rechte Denken
und am Schluß das Lassen allen Tuns. "Wer weiter kommen will, muß die
Differenzierungen wieder einschmelzen." (H. v. Keyserling.)
"Solange ich Gedanken erleide, ist es für mich das Schlechtere; solange ich
nicht Gedanken erleide, ist es für mich das Bessere. Denn wenn ich nun denken
und Gedanken bilden würde, so würden die Wahrnehmungsformen mir schwinden und
andere, grobe Wahrnehmungsformen entstehen. Es wäre vielleicht besser, wenn ich
nicht denken, nicht in Gedanken bilden würde!
Der denkt dann eben nicht und bildet nicht in Gedanken.
Und weil er nicht denkt und nicht in Gedanken bildet, so schwinden ihm eben
diese Wahrnehmungsformen und andere, grobe Wahrnehmungsformen entstehen nicht.
Der erlebt das Aufhören des Wahrnehmungsvermögens.
So erreicht man stufenweise, vollbewußt, den Zustand des höchsten Aufhörens
der Wahrnehmungsfähigkeit." [49] Digh. Nik.
Bei den hier folgenden Übungen handelt es sich um Vorbedingungen, die erfüllt
sein, um Stufen, die gegangen werden müssen. Es ist unmöglich, Meditation
richtig zu üben und richtige Resultate zu erzielen, wenn diese Vorbedingungen
nicht erfüllt werden, genau so erfüllt werden, wie die vorher genannten
Vorstufen des sittlichen Lebens.
Das sichtbare Ergebnis eines derart systematisch geläuterten und
vorbereiteten Innern ist die Zufriedenheit.
"Und wie ist ein Mönch befriedigt? Da ist ein Mönch zufrieden mit dem
Gewande, das den Körper deckt, mit der Speise im Bettelnapf, die den Leib
erhält. Wohin auch immer er gehen mag, mit diesem versehen geht er. Gleich wie
der beschwingte Vogel, wohin auch immer er fliegt, mit seinen Fittichen belastet
fliegt, ebenso auch ist ein Mönch zufrieden mit dem Gewande, das den Körper
deckt, mit der Speise im Bettelnapf, die den Leib erhält. Wohin auch immer er
gehen mag, mit diesem versehen geht er. So ist ein Mönch befriedigt."
[50] Digh.
Nik.
Von der nächsten, weit schwereren Vorbedingung zur Vertiefung heißt es:
"Gerüstet mit dieser edlen Sittlichkeit, gerüstet mit dieser edlen
Sinneskontrolle, gerüstet mit dieser edlen Achtsamkeit und Besonnenheit,
gerüstet mit dieser edlen Genügsamkeit, wählt der sich eine einsame Lagerstätte,
eine Waldeinöde, die Wurzel eines Baumes, einen Berg, eine Schlucht, eine
Felsenhöhle, einen Begräbnisplatz, ein einsames Gehölz, einen freien Platz,
einen Strohhaufen.
Nach dem Mahle, vom Bettelgang zurückgekehrt, setzt er sich nieder,
kreuzbeinig, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit voll gewärtig
haltend.
Das Gieren nach der Welt hat er aufgegeben: Begehrlichkeitfreien Gemütes
verweilt er; von Begehrlichkeit reinigt er den Geist.
Böswilligkeit und Schlechtigkeit hat er aufgegeben: Wohlgesinnten Geistes
verweilt er. Um das Wohl aller Lebewesen besorgt, reinigt er den Geist von
Böswilligkeit und Schlechtigkeit.
Trägheit und Energielosigkeit hat er aufgegeben: Frei von Trägheit und
Energielosigkeit lebt er. Klar wahrnehmend, achtsam, besonnen reinigt er den
Geist von Trägheit und Energielosigkeit.
Aufgeregtheit und schwankende Unruhe hat er aufgegeben: Frei von
Aufgeregtheit lebt er. Innerlich beruhigt reinigt er den Geist von Aufgeregtheit
und schwankender Unruhe.
Das Zweifeln hat er aufgegeben: dem Zweifel entronnen lebt er. Nicht
schwankend bei dem, was gut ist, reinigt er den Geist vom Zweifel."
[51] Digh.
Nik.
Mit der Aufhebung dieser fünf Hemmungen sind die Vorbedingungen für die
weitere, voll bewußt in die Tiefe führende Meditation erfüllt, die das bewußt
geübte, anhaltende, vertiefende Denken in einer guten und später allein
richtigen Vorstellungsreihe ist. Die zuerst breit angelegt, in immer enger und
enger werdenden Denkkreisen, sich schließlich auf ein Objekt begrenzt. Diese
Einspitzigkeit des Denkens wird solange durchgeführt, bis völlige Gemütsruhe
erreicht ist und aus dieser heraus die bildhafte Schau mit eigenem Erkennen (vipassana),
oder die Versenkung (jhana) eintritt.[52]
Worauf es bei der Vertiefung ankommt und weshalb dieser Weg beschritten wird,
ist das Erleben der ganzen Wirklichkeit, die sich nicht nur im Bewußtsein,
sondern auch im Unbewussten abspielt und sich dem Meditierenden als anfangloser,
ewig wechselnder, leidvoller und seelenloser Kreislauf darstellt, solange
Willensregungen und Lebensdurst und Haß und Wahn vorhanden sind. Ist es doch
nicht nur die kurze Spanne des "diesseitigen" oder bewußten Lebens, die es als
Geburt, Alter, Krankheit und Tod zu erleben gilt, sondern ebenso auch die
"jenseitigen", unbewußten und überbewußten Zustände, die zusammen den Menschen
in seiner Ganzheit ausmachen, an die er karmisch gebunden und ohne Belehrung und
Wandlung nahezu hilflos, qualvoll oder freudvoll, ausgeliefert ist. Denn die
Wirklichkeit ist der Mensch in seinem Oben und Unten, dem Bewußtsein, Unbewußten
und Überbewußten. Wirklichkeit aber ist das, was wirkt, und in der der Mensch
als fühlendes Wesen dem Leben und Sterben, der Geburt, dem Alter, der Krankheit
und dem Tod, kurz, dem Leiden unterworfen ist. Auf das umfassende eigene Erleben
kommt es an; das Bemühen des Buddha ist darauf gerichtet, seine Anhänger zu
diesem eigenen Erleben zu führen. Wer das Leben so erlebt, bleibt um seine
Läuterung bemüht.
- Übe Schauung!
- Auf daß ihr später nicht Reue empfindet,
- strebet ohn' Unterlaß!"
ist die ständige Mahnung des Buddha und auch sein letztes Wort, und dem kann
hinzugefügt werden: dann braucht ihr Mich nicht mehr, dann erkennt ihr selbst
die Wirklichkeit, dann seid ihr euch selbst Halt und Stütze und geht selbst den
Weg der Befreiung vom Leiden. Dieser Weg ist die Meditation. "Es gibt keinen
anderen Weg. [53]
Für die Vertiefung wird weiter gefordert, daß die Ichhaftigkeit, diese Wurzel
größten Übels, ausgerottet, zum mindesten aber weitgehend geläutert werde, da in
der Meditation Kräfte frei werden, die ohne diese Läuterung weitere
Verstrickungen und damit weiteres Leid, ja selbst den Abstieg herbeiführen
können. Von der Vertiefung aber heißt es, daß sie nicht ohne Gefahren sei.
Der Buddha selbst warnt vor übereiltem Vorgehen im Meditationsstreben. Es
könnte solch einem Übenden ergehen "wie einer unkundigen Gebirgskuh, die immer
höher und höher steigt und dann nicht mehr zurückfindet". Geht es doch bei
diesem Innenweg unter- und später auch überbewußten Schichten entgegen, die in
der Mythologie aller Völker als Höllenwelten erfüllt von Drachen und Dämonen und
als Himmelswelten erfüllt mit Engeln und Göttern, gekennzeichnet sind. Die
Tiefenpsychologie spricht von dem persönlichen und kollektiven Unbewußten mit
seinen archaischen Bildern und mißt diesen unbewußten Bildekräften gleichfalls
größte Bedeutung bei. [54] Sie warnt mit Recht davor, den Schleier, der sie
verhüllt, zu früh zu lüften, da die allgewaltig wirksamen Bilder des Unbewußten
ein unvorbereitetes Bewußtsein überschwemmen und Bewußtseinsspaltung verursachen
können. Im „Entschleierten Bild zu Sais" finden die tragischen Folgen dieser
Neugierde ihre dichterische Behandlung. In der Heilslehre des Buddha werden
diese Tiefenschichten sinngemäß dem Ziel der Triesvernichtung als karmische
Bildekräfte, als Sankhara bezeichnet.[55]
Also nicht ihrer reinen Erforschung wegen, als "Unbewußtes" oder ihres
Ausgleichsstrebens wegen, als "Ganzheit" oder ihres subtilen Charakters wegen,
als "Seele" oder ihres überweltlichen Zustandes wegen, als "Jenseits" oder ihrer
allgewaltigen Wirkung wegen, als "numinos" oder ihrer Zielsetzung und absoluten
Bindung wegen, als das "Selbst", sondern allein des Ansatzpunktes wegen, um
immer—seien sie bös oder gut—bemüht zu sein, um ihre restlose Vernichtung, da
nur dann der Kreislauf ewigen Werdens unterbrochen und das Freisein vom Leiden
erreicht werden kann.
Der Mensch selbst trägt die Hölle und den Himmel in sich, denn Furcht, Gier,
Hass und Wahn objektivieren sich als Bilder grauenvoller, finsterer, dämonischer
Gestalten in seinem Unbewußten genau so, wie sich die guten Gedanken und
Vorstellungen als lichte Farben und Formen objektivieren und auch in Erscheinung
treten können. Der Teufel, den Luther auf der Wartburg sah, war die Projektion
solch eines inneren, furchtbaren Bildes; aber das Tintenfaß oder das Wort mag
nicht immer zur Hand sein, um die Schreckgestalt zu bannen.
Das Unbewußte ist die weit größere, nur unbekannte karmische Gegebenheit, als
das Bewußtsein. So sehr es die kurze Spanne Zeit menschlichen Daseins zu nützen
gilt, da nur diese es ermöglicht, die Wandlung herbeizuführen, gilt das
"Diesseits" nur als die Welt der kurzlebigen Daseinsformen des Scheins, der
Täuschung. Im Unbewußten aber liegt der "Hauserbauer", von dem der Buddha sagt:
"Hauserbauer, du bist erkannt, du wirst dieses Haus nicht mehr bauen."
Denn das Unbewußte mit seinen seit Urzeit her geformten archaischen Bildern
ist die zähere, beständigere Welt. Die karmischen Formationen oder Bildekräfte
zu überkommen, die als "Götterkompagnien" furchtbarer und friedlicher Urbilder
im Unbewußten da sind, ist die schwerste Aufgabe.
Furchtbar das Los, wenn bei entsprechend karmischer Belastung der grauenvolle
und schreckenerregende "Bardo des Erlebens der Wirklichkeit" sich auftut. Die
Mahnung zur inneren Läuterung, wie sie in allen Religionen ausgesprochen wird,
hat ihre tiefe Bedeutung. Von andern Begriffen ausgehend und mit andern Worten
sagt auch die Tiefenpsychologie, daß nur "Eines not tut": sich zu läutern.
Mit jeder neuen guten Vorstellung, die ins Innere gesenkt wird, wird die
Summe der alten Bilder in Bewegung gesetzt. Sie werden zum Kampf gestellt. Der
Mensch selbst wird zum Schlachtfeld der in ihm widerstreitenden Kräfte. Die
Warnung wird darum verständlich, an diese Tiefenarbeit nicht zu früh und nicht
unkundig heranzugehen. Der Kampf aber bleibt keinem erspart, dem es ernst ist
mit seinem inneren Fortschritt und der späteren Loslösung. Nur besteht ein
großer Unterschied darin, ob man dieses Kampffeld mit dem Rüstzeug guter
Gedanken, Worte und Taten mit klarem Erkennen und Bewußtseinsfestigkeit betritt
oder unvorbereitet ans Werk geht.[56]
Mit dem Gebiet der Vertiefung befinden wir uns im Mittelpunkte des
praktischen Buddhismus, wie er sich uns im Mönchtum zeigt. Die bewußt geübte
Sittlichkeit ist als notwendige Vorstufe aufzufassen. In der Vertiefung ist das
eigene Erleben der Daseinszusammenhänge, als Geburt, Alter, Krankheit und Tod,
als Entstehen, Vergehen, als Leiden und als Wesenlosigkeit die nächste und weit
schwerere Aufgabe. Nur die Vertiefung führt zum eigenen Erleben und damit zu
jener Wandlung, die später einmal zum Lassen von Allem und schließlich auch der
aus dem Überbewußten sich ergebenden Zustände führt.
Neben der betonten Sittlichkeit, Sinnenzügelung und Achtsamkeit ist die Armut
eine Voraussetzung für die Verwirklichung des Heilsweges. Das bedeutet ein
Leben, das an keine äußeren Aufgaben und Pflichten mehr gebunden ist und damit
neben der erstrebten inneren Stille äußerliche Ruhe und Stille hat. Auch dies
wird manchmal von jenen übersehen, die sofort Vertiefung üben wollen, ohne auch
nur eine der vielen Voraussetzungen erfüllt zu haben, auf die bereits verwiesen
wurde und im Folgenden noch eingegangen wird.
Wer mit Erfolg Meditation üben und diese Zusammenhänge erkennen und
überkommen will, muß auf dieser Stufe geistigen Lebens nur noch vom rein
richtigen Streben erfüllt sein. Die Probleme des täglichen Lebens müssen für ihn
ohne Bedeutung sein, und Ruhm, Ehre, Macht, Besitz, dürfen nichts mehr gelten.
Die Bequemlichkeit muß abgelegt und einfache und kärgliche Kost zur Gewohnheit
geworden sein. Die ablenkende Sattheit ist zu meiden. Eine gewisse selbst
auferlegte Askese und Enthaltsamkeit ist zu empfehlen, jede Kasteinng aber zu
verwerfen. Tanz, Gesang, Schauspiele und alle weltliche Zerstreuung sind auf
diesen Stufen der Verinnerlichnug zu lassen. Nur die Einsamkeit ist zu
erstreben. Ein furchtloses Gemüt und ein klarer, sichtender Verstand gehören zu
diesem Innenweg, da man sonst Gefahr läuft, von den falschen Vorstellungen
überwältigt und von den schönen Bildern erneut gebunden zu werden. Wer nicht mit
allen Fasern seines Herzens dem Egoismus entsagt, verfällt der Dämonie des Ichs.
Es darf nur noch ein Wollen für den Meditierenden geben; und das ist "an sich zu
arbeiten, voll Güte und Wohlwollen gegenüber allen Wesen zu sein", und sich von
allen Bindungen zu lösen. Das geläuterte Innere ist der beste Schutz, Klarheit
des Denkens der sichere Weg, die Achtsamkeit der wichtigste Schlüssel;
Loslassen, Entsagen das große Glück; das freie Innere das letzte Ziel.
„Lasse ich mir an diesem Dasein genügen, so mehren sich mir die unheilsamen
Dinge und mindern sich die heilsamen; halte ich mir aber das Leiden gegenwärtig,
so mindern sich mir die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen. Wie,
wenn ich mir nun das Leiden gegenwärtig hielte? Und er hält sich das Leiden
gegenwärtig. Und indem er sich das Leiden gegenwärtig hält, mindern sich ihm die
unheilsamen Dinge und mehren sich ihm die heilsamen". Majjh. Nik.
Auf diesen Stufen des geistigen Lebens ist jeder Besitz bedeutungslos. Nur
die Armut ist von Wert. Die im vorigen Abschnitt erwähnte Übung der Güte, des
Mitleids, der Mitfreude und des Gleichmuts müssen das Innere neben anderen
Übungen voll und ganz beherrschen. So sehr beherrschen, daß der mühelose Ablauf
dieser Vorstellungsreihen gesichert ist. Die Vorstellungen müssen zum fest
verankerten Inhalt nicht nur im Bewußtsein, sondern auch im Unbewußten werden,
wenn sie Wert und Bedeutung haben sollen. Kein anderes Denken darf den sich
Vertiefenden erfüllen, wenn er Fortschritte machen und sein Ziel erreichen will.
Das Besondere in der Heilslehre des Buddha ist, daß keine weltfernen Objekte
und Vorstellungen erwählt, sondern nur wirklichkeitsnahe Bilder herangezogen und
der Meditation zugrunde gelegt werden. Das im nächsten Abschnitt näher
ausgeführte "Vergänglich, Leidvoll, Nichtselbst" gilt als die gründlichste
geistige Sonde, die alles bloßzulegen in der Lage ist, so daß die letzte
Erkenntnis einsetzen kann. Die stereotypen Fragen und Antworten, die zur Abkehr
vom Außen und zur Umwandlung des Inneren führen und für alle Willenswendung
ausschlaggebend sind, lauten:
"Was entstanden ist, ist das vergänglich oder unvergänglich?"
"Vergänglich, o Herr."
"Was vergänglich ist, ist das freudvoll oder leidvoll? "Leidvoll, o Herr."
"Was vergänglich und leidvoll ist, kann ich von dem sagen, das gehört mir,
das bin ich, das ist mein Selbst?"
"Nein, o Herr."
"Dann gebt es auf, das Aufgegebene wird euch lange zum Heil und Segen
gereichen."
Dem Mönch muß diese Betrachtung immer gegenwärtig sein, und auf alle
Erscheinungen und Gebilde angewandt werden, damit die Weltabkehr vollkommen und
die erstrebte Loslösung erreicht wird. Für den in der Welt lebenden und an ihr
karmisch verschuldeten Menschen aber gibt es keine heilsameren, grundlegenden
Übungen als die Verehrungsformel oder die Zufluchtsformel, oder die im vorigen
erwähnte metta, das Denken in Güte und Wohlwollen.
Aber auch die zur Abkehr von der Sinnenwelt führenden "Fünf Betrachtungen für
Jedermann" sind als heilsame Objekte für den Meditationsbeginn zu erwähnen:
"Folgende fünf Gesetze sollte jeder öfters bei sich erwägen, ganz gleich, ob
Mann oder Weib, Hausbewohner oder Hausloser: welche fünf?
- Dem Alter bin ich unterworfen, kann dem Alter nicht entgehen.
- Der Krankheit bin ich unterworfen, kann der Krankheit nicht entgehen.
- Dem Sterben bin ich unterworfen, kann dem Sterben nicht entgehen.
- Von allem Lieben und Angenehmen muß ich scheiden und mich trennen.
- Eigner und Erbe meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen
verknüpft, habe ich sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen Taten, die
ich tue, zum Erbe haben:
Das sollte jeder öfters bei sich erwägen, ganz gleich ob Mann oder Weib,
Hausbewohner oder Hausloser." (Ang. Nik.)
So wird der Anhänger des Erhabenen am sichersten vom Jugenddünkel durch die
Betrachtung des Alters, vom Gesundheitsdünkel durch die Betrachtung der
Krankheit, und vom Lebensdünkel durch die Betrachtung des Todes befreit. Er
sieht so am klarsten, daß alle Dinge vergänglich, leidvoll und nicht-selbst
sind, und daß Entsagen das grolle Glück ist.
"Mit wohl bewachten Sinnestoren wollen wir verweilen, maßhalten beim Mahle,
der Wachsamkeit ergeben sein, die heilsamen Dinge beachten und bei Beginn und
Ende der Nacht die Erweckung der zum Wissen führenden Dinge üben. Danach habt
ihr zu trachten." (Ang. Nik.)
Die hauptsächlichsten Meditationsobjekte neben den bereits erwähnten sind:
- Die Betrachtung über die Vergänglichkeit.
- Die Betrachtung über die drei Merkmale.
- Die Betrachtung über die vier edlen Wahrheiten.
- Die Betrachtung über den Körper.
- Die Betrachtung über die Unreinheit der Nahrung.
- Die Betrachtung über die vier heiligen Weilungen.
- Die Betrachtungen über den Atem.
- Die zehn Leichenbetrachtungen.
- Die Betrachtung über den Tod.[57]
Hinzu kommen noch mechanische Übungen, das sind Betrachtungen von
Lichtreflexen und Farbscheiben (Kasina-Übungen). Bezüglich aller dieser
Meditationen muß auf weitere Werke verwiesen werden (s. a. Nyanatiloka "Visuddhi
Magga", Verlag Christiani, Konstanz, und Literaturverzeichnis).
Das allen diesen Übungen gemeinsame ist die Erweckung der Einsicht, wobei die
Verschmelzung von Denker und Gedachtem, von Objekt und Subjekt, das Einswerden,
eintreten kann. Dabei werden äußere Eindrücke zuerst nur noch schwach und später
überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Sie führen zu drei bestimmten, innerhalb des
Buddhismus fest umrissenen Zuständen: 1. der so genannten präliminaren—2. der
angrenzenden—und 3. der vollen Konzentration, als Eintritt in die jhanas
oder Versenkungen (s. a. Nyanatikola "Über die Meditation").
Die Meditationen haben alle die Sittlichkeit zur Grundlage. Sie führen zur
Einkehr und geistigen Konzentration (Samadhi). Über diese hinaus zur Gemütsruhe
(Samatha) und Einsicht (Vipassana). Sie führen alle zur inneren Umgestaltung
und, was die Hauptsache sein muß, zur völligen Loslösung. Der Gleichmut und die
rechte Einsicht sind dafür ausschlaggebend.
Auf diesen Stufen ist die Loslösung das Ziel, nicht mehr die Bindung, wie sie
noch im Anfang notwendig war. Und hier, in den Stufen der Vertiefung, und dem
damit erreichten Überbewußten, ist es auch möglich, das Vorher und Nachher der
Leben zu erkennen und jene Einsicht in den Ablauf des Werdens anschaulich zu
gewinnen, die allein die Ablösung erstrebenswert werden läßt und sie
herbeizuführen in der Lage ist.
Zu diesen eigentlichen Meditationen, die zur Erreichung des Zieles als
notwendig angesehen werden, sind noch die neun Versenkungsstufen (jhanas)
zu erwähnen. Auswirkungen eines in der Meditation neu entstandenen Überbewußten.
Es tritt nicht immer auf (trockene Einsicht), wo es aber auftritt, ist es in
seinen stufenweisen Zuständen zu meistern und nicht nur in schwärmerischer
Verzückung zu genießen, da man ihnen ebenso verfallen kann, wie dem
genießerischen Sinnenleben. Auch von den überweltlichen, himmlischen Zuständen
muß erkannt werden: entstanden, vergänglich, leidvoll, nichtselbst. "Es sind
Zustände einer stufenweise fortschreitenden, gedanklichen Vereinheitlichung, in
welcher der Geist, unter Ausstoßung aller auf die Außenwelt bezüglichen
Regungen, schließlich zur vollen Ruhe in sich selber kommt (kommen soll); der
nicht nur bewußte, sondern auch in sich selber begründete Gleichmut, als letzte
Blüte buddhistischen Denkens." (P. Dahlke.)
Von den ersten vier Versenkungen heißt es:
"Wenn der Mönch nun merkt, daß die fünf Hemmungen in seinem Innern
geschwunden sind, so erhebt sich in ihm Frohgefühl; dem Frohen erhebt sich
Freudigkeit; dem innerlich Freudigen beruhigt sich der Körper; der beruhigte
Körper fühlt das Glück, dem Beglückten einigt sich der Geist.
Der weilt dann freigeworden von Lüsten freigeworden von unguten Dingen, im
Besitz der ersten Versenkung, der mit Eindrücken und Erwägungen behafteten, der
Einsamkeit-geborenen, der freudvoll-beglückenden.
Der tränkt dann sein Inneres mit dem Einsamkeit-geborenen, freudigen
Glücksgefühl, er durchtränkt es, erfüllt es, durchdringt es, und vom ganzen
Körper bleibt ihm nichts undurchdrungen von diesem Einsamkeit-geborenen,
freudigen Glücksgefühl.
Und weiter noch, durch das Zurruhekommen der Eindrücke und Erwägungen erlangt
der Mönch die innere Beruhigung, die geistige Einheit, und weilt im Besitz der
zweiten Versenkung, der Eindruck- und Erwägung-freien, der
Selbstvertiefung-geborenen, der freudvoll-beglückenden.
Und weiter noch, durch das Freiwerden von der Sucht nach Freude weilt der
Mönch gleichmütig, achtsam und besonnen und empfindet körperlich das Glück,
welches die Edlen nennen: gleichmütig, einsichtig, glücklich weilend. So weilt
er im Besitz der dritten Versenkung.
Und weiter noch, durch das Fahrenlassen von Glück, durch das Fahrenlassen von
Leid, durch das Hinschwinden der früheren Befriedigungen und Bekümmernisse weilt
der Mönch im Besitz der vierten Versenkung, der leidfreien, der glückfreien, der
in Gleichmut und Verinnerlichung geklärten".[58] Digh.Nik.
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