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DIE
HEILSLEHRE DES BUDDHA
DER BUDDHA
"Ein Wesen, das in der Welt erscheint, erscheint vielen zum Segen, vielen
zum Wohle, aus Mitleid für die Welt, zum Heil und Segen und Wohl der Geister
und Menschen. Welches eine Wesen? Der Vollendete, der Heilige, der
vollkommen Erwachte."
Die Geburt Gotamas, des späteren Buddha, war im Jahre 624 vor unserer
Zeitrechnung [1]. Der Geburtsort war der
Lumbinihain bei Kapilavatthu an
der Grenze des heutigen Nepal [2]. Der Vater des Buddha, Suddhodana mit dem Beinamen
Gotama, stammte aus dem Adelsgeschlecht der Sakya. Seine Mutter, Maya, starb
kurz nach der Geburt. Das Kind erhielt den Namen Siddhattha
[3].
Bei der Geburt erkannten die herangezogenen Seher und Weisen, daß es sich um
ein außergewöhnliches Kind handelte, da es die Merkmale des vollkommenen
Menschen zeigte [4]. Sie prophezeiten ihm die Weltherrschaft, wenn es sich dem
Weltleben zuwenden sollte, jedoch die Buddhaschaft, wenn es beim Anblick von
Alter, Krankheit und Tod den Weg in die Hauslosigkeit einschlagen würde.
Diese Hinweise veranlassten den Vater, das Schicksal seines Sohnes so zu
lenken, daß er einmal ein weltbeherrschender König würde. Er ließ ihn in Pracht
und Glanz aufziehen und dem Brauche gemäß früh heiraten. Der Anblick von Alter,
Krankheit und Tod wurde ihm absichtlich vorenthalten. So wuchs der Prinz
Siddhattha im Genusse aller Freuden des Lebens heran
[5].
Bei einer Ausfahrt erfüllte sich jedoch sein Schicksal. Es begegnete ihm das
Alter in Gestalt eines gebeugten, auf seinen Stock gestützten, zahnlosen
Greises, der mit tränenden, glanzlosen Augen, hagerem, welkem Körper und dem aus
dem Munde fließenden Speichel ein Bild des Verfalls, Elends und Jammers bot.
Der Anblick dieser nie gesehenen Gestalt erschütterte den Prinzen. Er ließ
halten, wandte sich seinem Wagenlenker zu und fragte ihn, was das für ein Mensch
wäre. "Ein alter Mensch" ward ihm zur Antwort. Auf seine weitere Frage, wie so
etwas möglich sei, erfuhr er, daß es das Los aller Wesen sei, einmal zu altern,
auch das seinige.
Von diesem Erleben der Wirklichkeit aufs tiefste getroffen, brach er die
Weiterfahrt ab. Das Erlebnis war so einschneidend, daß er sich dem Nachdenken
hingab. Freuden und Glanz wurden ihm schal und nichtig.
Bei späteren Ausfahrten begegneten ihm auch die beiden anderen "Götterboten"
in Gestalt eines Kranken und eines Toten [6]. Wieder ließ er halten, und auf
seine Fragen gab man ihm zur Antwort, dass es das Los aller Wesen sei, zu
erkranken und zu sterben.
So wurde ihm die Wirklichkeit in ihrer Tragik als Alter, Krankheit und Tod
zum Erlebnis, und dieses Erlebnis des Vergänglichen und Leidvollen allen Daseins
zum Wendepunkt seines Lebens und später zum Fundament seiner Lehre.
Diese Erlebnisse des Alters, der Krankheit und des Todes wirkten so stark in
ihm nach, dass Siddhattha jetzt an nichts mehr Gefallen fand. Als er bei einer
späteren Ausfahrt einen Büßer sah und auf seine Frage erfuhr, dass dieser der
Befreiung vom Leiden zustrebte, stand der Entschluss in ihm fest, das niedere
Leben der Lust aufzugeben, ebenfalls Büßer zu werden und nicht eher zu ruhen,
bis er die Befreiung vom Leiden gefunden habe.
Nach der vierten Ausfahrt wird ihm die Geburt eines Sohnes verkündet. "Rāhula
ist mir geboren, eine Fessel mir geschmiedet!" ruft er aus. Aber auch dieses
Ereignis vermag ihn von seinem Vorhaben nicht mehr abzubringen.
Der spätere Buddha berichtet von dieser Wandlung:
"Auch ich, ihr Mönche, habe früher vor der vollen Erwachung, als noch nicht
Vollerwachter, als Bodhisatta [7],
- selber der Geburt unterworfen, gerade das der Geburt Unterworfene gesucht;
- selber dem Alter unterworfen, habe ich gerade das dem Altern Unterworfene
gesucht;
- selber der Krankheit unterworfen, habe ich gerade das der Krankheit
Unterworfene gesucht;
- selber dem Sterben unterworfen, habe ich gerade das dem Sterben
Unterworfene gesucht;
Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: Warum denn nur suche ich,
- selber der Geburt unterworfen, gerade das der Geburt Unterworfene?;
- selber dem Alter unterworfen, gerade das dem Altern Unterworfene?;
- selber der Krankheit unterworfen, gerade das der Krankheit Unterworfene?;
- selber dem Sterben unterworfen, gerade das dem Sterben Unterworfene?
Sollte ich nicht,
- selber der Geburt unterworfen, in diesem der Geburt Unterworfensein das
Elend erkennend, die geburtfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen suchen?;
- selber dem Altern unterworfen, in diesem dem Alter Unterworfensein das
Elend erkennend, die alternsfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen suchen?;
- selber der Krankheit unterworfen, in diesem der Krankheit Unterworfensein
das Elend erkennend, die krankheitsfreie, unvergleichliche innere Beruhigung,
das Verlöschen suchen?;
- selber dem Sterben unterworfen, in diesem dem Sterben Unterworfensein das
Elend erkennend, die todfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen suchen?—
Und nach einiger Zeit, ihr Mönche, ließ ich mir, noch jung und kräftig,
schwarzhaarig, in voller jugendlicher Schönheit, im ersten Mannesalter, gegen
den Wunsch der Eltern, der tränenüberströmten, weinenden, Haar und Bart scheren,
legte die gelben Mönchsgewänder an und zog aus dem Haus in die Hauslosigkeit
hinaus."[8] Majjh. Nik.
So verließ Siddhattha Heimat, Reichtum, Ehre und Macht, um als unbekannter
Büßer und Bettler die Befreiung vom Leiden zu suchen. Er stand in seinem 29.
Lebensjahre.[9]
Mit nur einem Gewand bekleidet, geschorenen Hauptes und mit einem Bettelnapf
versehen, zog der Büßer Gotama von Ort zu Ort. Er schloss sich den bekanntesten
Lehrern der Zeit an, von denen die Yogaphilosophen Alara Kalama und Uddaka
Ramaputra geschichtlich nach gewiesen sind.
"So hinausgezogen, auf der Suche nach dem ,Was ist gut'? nach dem
unvergleichlichen Weg zum höchsten Frieden forschend, begab ich mich zu Alara
Kalama. Dort angelangt, sprach ich zu Alara Kalama so: Ich möchte, Bruder Kalama,
in dieser Lehrordnung das Reinheitsleben führen. Auf diese Worte, ihr Mönche,
sprach Alara Kalama zu mir: Bleibe der Ehrwürdige! Derartig ist diese Lehre,
dass ein verständiger Mann in gar nicht langer Zeit die eigene Lehrerschaft aus
sich selber heraus begreifen, verwirklichen und in ihrem Besitz verweilen kann.
. .
Und, ihr Mönche, in gar nicht langer Zeit, gar schnell weilte ich im Besitz
dieser Lehre als einer, der sie selber begriffen und verwirklicht hat. . .
Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: Diese Lehre führt nicht zum
Überdrüssigwerden, nicht zum Suchtfreiwerden, nicht zum Aufhören, nicht zur
Beruhigung, nicht zur unmittelbaren Einsicht, nicht zur Erwachung, nicht zum
Verlöschen. . .
Und ich, ihr Mönche, nachdem ich dieser Lehre ihre Zier genommen hatte,
wandte mich im Überdruss von dieser Lehre ab". Majjh. Nik.
Gotama erfasste die Systeme und Praktiken der damaligen Geistesgrößen und
sah, dass sie nicht zur Befreiung vom Leiden führten; und nur diese erstrebte
er.
Nach vielen Jahren Suchens und Ringens erkannte der Büßer Gotama die
Aussichtslosigkeit dieser Wege. Er wandte sich von allen Lehrern ab und
versuchte, sein Ziel durch strengste Askese zu erreichen. In der Lehrrede
"Löwenruf" berichtet der Buddha von dieser asketischen Zeit:
"Ich bekenne Sāriputta, vierfach gerüsteten Reinheitswandel geübt zu haben:
- selbstpeinigend bin ich gewesen, in allerhöchster Weise
- selbstpeinigend, rauhlebig bin ich gewesen, in allerhöchster Weise
rauhlebig,
- empfindsam bin ich gewesen, in allerhöchster Weise empfindsam,
- vereinsamt bin ich gewesen, in allerhöchster Weise vereinsamt.
Und das, Sāriputta, hat mir da zur Selbstpeinigung gedient:
ein Nackter bin ich gewesen, der Sitte entbunden; —nichts Gebrachtes, nichts
eigens für mich Hergerichtetes, keine Einladung habe ich mir gestattet;—ich habe
nicht Fisch, nicht Fleisch genommen, nicht Wein, nicht Branntwein, nicht
gegorenen Schleim getrunken; ich habe jeden ersten Tag Nahrung zu mir genommen;
ich habe jeden zweiten Tag Nahrung zu mir genommen; ich habe jeden siebenten Tag
Nahrung zu mir genommen; so habe ich diese Übung der Speiseaufnahme bis zu einem
halben Monat gewohnheitsmäßig getrieben.—
Ich bin Grünzeugesser gewesen,—bin Grasesser gewesen,—habe mein Leben nur von
Wurzeln und Früchten des Waldes gefristet,—ich habe hänfene Kleider
getragen,—habe Kleider vom Leichenfeld getragen,—habe Fetzen vom Kehrichthaufen
getragen.—So habe ich in gar mannigfacher Weise des Leibes Peinigung,
Zerpeinigung gewohnheitsmäßig geübt.
Das, Sāriputta, hat mir zur Selbstpeinigung gedient.—
Und das, Sāriputta, hat mir da zur Empfindsamkeit gedient: Klar bewusst,
Sāriputta, bin ich gewesen beim Kommen, klar bewusst beim Gehen. Selbst bis
herab zum Wassertropfen war mir das Mitleid rege: dass ich nur nicht über die
kleinen an unrechten Ort geratenen Lebewesen Schaden bringe! Das, Sāriputta, hat
mir zur Empfindsamkeit gedient.—
Und ich habe mich, Sāriputta, mitten in ein grauenerregendes Walddickicht
zurückgezogen. Vom Grauen dieses grauenerregenden Walddickichtes, Sāriputta, hat
es da geheißen: Jeder, der unentsüchtigt dieses Walddickicht betritt, dem
sträuben sich alsbald die Haare.—
Und in den kalten Winternächten, Sāriputta, mitten in voller Winterszeit, in
solchen Nächten habe ich nachts unter freiem Himmel geweilt, tags im
Walddickicht; im letzten Monat der heißen Zeit aber habe ich tags unter freiem
Himmel verweilt, nachts im Walddickicht.
Es gibt nun freilich, Sāriputta, einige Büßer und Brahmanen, die lehren und
glauben: durch die Nahrung wird man rein. Die sprechen so: Laßt uns von Früchten
leben. Als ich nun, Sāriputta, nur eine einzige Frucht als Nahrung zu mir nahm,
da verfiel mein Körper einer übermäßigen Magerkeit. Wie etwa die Gelenke eines
Achtzigjährigen oder die Knoten einer Kriechpflanze, ebenso wurden da alle meine
Glieder, eben durch diese geringe Nahrungsaufnahme;—wie etwa bei einem
zerfallenen Gebäude die Dachsparren nach hier und dort herausstehen, ebenso
standen da meine Rippen nach hier und dort heraus, eben durch diese geringe
Nahrungsaufnahme;—wie etwa in einem tiefen Brunnen die tief liegenden
Wassersterne undeutlich erscheinen, ebenso undeutlich erschienen da die tief
liegenden Augensterne in meinen Augenhöhlen, eben durch diese geringe
Nahrungsaufnahme.
Und ich wollte, Sāriputta, die Bauchhaut streichen, und bis auf das Rückgrat
geriet ich, und wollte das Rückgrat streichen, und bis auf die Bauchhaut geriet
ich; bis soweit, Sāriputta, war die Bauchhaut dem Rückgrat nahe gekommen, eben
durch diese geringe Nahrungsaufnahme. Und ich wollte, Sāriputta, Kot und Urin
lassen; da stürzte ich kopfüber hin, eben durch diese geringe Nahrungsaufnahme.
Und, Sāriputta, um diesen Körper da zu erfrischen, rieb ich mit der Hand die
Glieder entlang, und als ich, Sāriputta, mit der Hand die Glieder entlang rieb,
fielen mir die wurzelfaulen Haare vom Körper, eben durch diese geringe
Nahrungsaufnahme.
Es gibt nun freilich, Sāriputta, einige Büßer und Brahmanen, die lehren und
glauben: durch die Nahrung wird man rein. Die sprechen so: Laßt uns von Bohnen
leben, Last uns von Sesam leben, laßt uns von Reis leben. Die essen Reis, essen
gemahlenen Reis, trinken Reiswasser, genießen allerlei Gerichte aus Reis. Ich
bekenne aber, Sāriputta, dann nur ein einziges Reiskorn als Nahrung zu mir
genommen zu haben.
Und auch durch dieses Treiben, Sariputta, durch diese Zucht, durch dieses
schwere Mühen konnte ich den Vorzug der über menschliche Fähigkeiten
hinausgehenden, vollendeten, edlen Wissenseinsicht nicht erreichen."[10]
Majj.
Nik.
Die Ausübung dieser strengen Askese führte dem Büßer Gotama fünf Anhänger zu,
die ihn als Heiligen verehrten und auf die Verkündigung seiner Lehre warteten.
Als seine Nahrung täglich nur noch ein Reiskorn war, fiel der Büßer Gotama vor
Entkräftung um.
Sobald er wieder zu sich gekommen war, stand für ihn fest, dass übertriebene
Askese nicht das richtige Mittel sei, um das erstrebte Ziel zu erreichen; und so
nahm er wieder reichlicher Nahrung zu sich. Seine Anhänger betrachteten ihn
daraufhin als Abtrünnigen und verließen ihn.
Wieder bei Kräften, unternahm er den Versuch, durch vertiefendes Nachdenken
(Meditation) das Ziel zu erreichen.
Er fasste den Entschluss, in der Vertiefung zu verharren und nicht früher
aufzuhören, bis der Weg zur Befreiung vom Leiden gefunden sei. Es war das
siebente Jahr seines Lebens in der Hauslosigkeit.
"Und ich, ihr Mönche, auf der Suche nach dem ,Was ist gut?', nach dem
unvergleichlichen Weg zum höchsten Frieden forschend, wanderte im Magadher-Lande
von Ort zu Ort, bis ich nach der Stadt
Uruvela kam. Da nun sah ich vor mir einen entzückenden Erdenfleck, eine
anmutige Baumgruppe, einen silbern strömenden Fluss, gut zugänglich, entzückend
und rings herum eine Menge Wiesen.
Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: Wahrlich, das ist ein entzückender
Erdenfleck, eine anmutige Baumgruppe; der Fluss strömt silbern, gut zugänglich,
entzückend, und ringsherum eine Menge Wiesen. Genug, wahrlich, ist das zur Übung
für einen Edelgeborenen, der auf Übung sinnt. Und ich, ihr Mönche, liess mich
eben dort nieder. "Das genügt zur Übung".
[12] Majjh. Nik.
Es war unter einem Bodhibaum, in einer Vollmondnacht
[13], als ihm nach
siebentägigem Geistesringen und tiefstem Erleben der Wirklichkeit die Erwachung
zuteil wurde:
"Und ich, ihr Mönche, selber der Geburt unterworfen, in diesem
Der-Geburt-Unterworfensein das Elend erkennend, die geburtfreie,
unvergleichliche innere Beruhigung, das Verlöschen suchend—ich fand die
geburtfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das Verlöschen;
selber dem Altern unterworfen, in diesem Dem-Alter-Unterworfensein das Elend
erkennend, die alternsfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das Verlöschen
suchend—ich fand die alternsfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen;
selber der Krankheit unterworfen, in diesem Der-Krankheit-Unterworfensein das
Elend erkennend, die krankheitsfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen suchend,—ich fand die krankheitsfreie, unvergleichliche innere
Beruhigung, das Verlöschen;
selber dem Sterben unterworfen, in diesem Dem-SterbenUnterworfensein das
Elend erkennend, die todfreie, unvergleichliche innere Beruhigung, das
Verlöschen suchend, —ich fand die todfreie, unvergleichliche innere Beruhigung,
das Verlöschen.—
Und das Wissen, die Einsicht ging mir auf: Unerschütterlich ist meine
Befreiung; dieses ist die letzte Geburt, nicht gibt es mehr ein Wiederdasein".
Majjh. Nik.
Der Buddha hatte die Wandelbarkeit, das Entstehen— Vergehen und damit das
Leidvolle allen Lebens erlebt, das ohne einen beständigen Kern, ohne
unvergängliche Seele ist, nur aus Vorbedingungen sich immer neu erzeugt und in
rastlosem Wechsel ständig neue Erscheinungen (dhammas) zeitigt. Er
fasste diese Erkenntnis in die vier edlen Wahrheiten zusammen:
- Das Leiden.
- Die Entstehung des Leidens.
- Die Aufhebung des Leidens.
- Den zur Aufhebung des Leidens führenden Pfad, den Pfad der Mitte, den
edlen achtgliedrigen Weg.
Der Büßer Gotama war der Erwachte, der Vollkommene, der Buddha geworden.
Die Erde erbebte, so berichtet die Legende. Himmlische Heerscharen jubelten
ihm, dem Buddha, dem Erwachten, zu und brachten ihm die Verehrung dar, da es ihm
gelungen war, den Weg aus dem Leiden zu finden.[14]
Der Buddha, mit überweltlichem Auge die in Begehren und Lust verstrickten
Wesen betrachtend, war nicht gewillt, "die nie zuvor gehörte und nur den Weisen
verständlich Lehre zu verkünden, denn: Versteher sind schwer zu finden":
"Erkannt habe ich diese Lehre, die tiefe, schwer zu schauende, schwer zu
verstehende, die friedvolle, herrliche, bloßem Nachdenken unerfaßbare, feine,
nur den Weisen zugängliche. In Weltlust aber verweilt die Menschheit; in
Weltlust ist sie heimisch; an Weltlust freut sie sich. So ist denn der
Menschheit, der in Weltlust verweilenden, in Weltlustheimischen, an Weltlust
sich freuenden dies schwer erkennbar: die Verknüpfung von Ursachen und
Wirkungen, die Entstehung eines jeglichen aus seiner Ursache. Und auch dies ist
gar schwer erschaubar: Das Zurruhekommen aller Karmaformationen, das
Fahrenlassen aller Daseinsubstrate, die Vernichtung des Durstes, das Freisein
von Verlangen, das Aufhören, das Nirvana".—
Die himmlischen Wesen baten ihn jedoch, so berichtet die Legende weiter, um
ihrer selbst und der leidenden Menschheit willen die Verkündung der Lehre nicht
zurückzuhalten. Mit dem Ausruf:
„Es gibt einige unter den Wesen, deren Augen kaum mit Staub bedeckt sind;
sie werden die Wahrheit erkennen", war der Buddha zur Verkündung seiner Lehre
bereit.
Der Buddha erzählt selbst, wie er sich auf den Weg machte, um seinen
einstigen Schülern die Lehre als den Ersten vorzutragen:
"Da nun, ihr Mönche, wanderte ich von Ort zu Ort bis nach Benares, zum
Tierpark Isipatana, bis ich mich der Gesellschaft der fünf Mönche näherte. Und
es sahen mich, ihr Mönche, die fünf Mönche von weitem herankommen. Als sie
meiner ansichtig geworden waren, kamen sie miteinander überein: Da kommt, ihr
Freunde, dieser Büßer Gotama, üppig geworden, ungesammelten Strebens, der
Üppigkeit zugewandt. Der soll nicht begrüßt werden, nicht durch Erheben
bewillkommt werden, nicht soll ihm Schale und Gewand abgenommen werden.—
Wie ich aber näher und näher herankam, da blieben die fünf Mönche weniger und
weniger im Stande, an ihrer Beredung festzuhalten. Und einige kamen mir entgegen
und nahmen mir Schale und Gewand ab, einige richteten mir den Sitz her, einige
stellten Fußwasser bereit; nichts desto weniger redeten sie mich mit dem Namen
und mit dem Brudertitel an.
Daraufhin, ihr Mönche, sprach ich zu den fünf Mönchen so:
Nicht doch, ihr Mönche, redet den Vollendeten mit Namen und mit dem
Brudertitel an! Heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, vollerwacht. Leiht, ihr
Mönche, das Ohr. Das Todlose ist gefunden. Ich unterweise, ich zeige die Lehre.
Und wenn ihr gemäß der Unterweisung lebt, so werdet ihr in gar nicht langer Zeit
das, um dessentwillen Edelgeborene ganz und gar aus dem Haus in die
Hauslosigkeit hinausziehen, dieses unvergleichliche Ziel des Reinheitlebens,
schon in diesem Dasein aus euch selber heraus begreifen, verwirklichen und in
seinem Besitz verweilen". [15] Majjh. Nik.
Mit der bekannten Rede von Benares setzte er vor ihnen das Rad der Lehre in
Bewegung.
"Unweit der Stadt Benares, im Gazellenhain, hat der Erhabene das
unvergleichliche Gesetzes-Rad in Bewegung gesetzt, dessen Stillstand niemand in
der Welt bewirken kann, kein Priester, kein Asket, kein Gott, kein Teufel, auch
Gott Brahma in der Glanzwelt nicht." Samy. Nik.
"Zwei Enden gibt es, ihr Mönche, von denen sich einer, der der Welt entsagt
hat, fernhalten muß.
Welche beiden?
- Die Hingabe an die Sinnengenüsse; denn sie ist niedrig, gemein, weltlich,
unedel, zwecklos; und
- die Hingabe an die Selbstpeinigung, denn sie ist leidvoll, unedel,
zwecklos.
Diese beiden Enden vermeidet der Vollendete; er hat den Weg der Mitte
gefunden, der das Auge und die Erkenntnis schafft, und der zur Ruhe, zum Wissen,
zur Erleuchtung, zum Nirvana führt. Und was ist dieser Weg? Es ist der edle
Pfad, der da bestehe aus acht Gliedern:
Rechte Anschauung, rechter Entschluss, rechte Rede, rechtes Tun, rechter
Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Sammlung.
Dies ist der Weg der Mitte, den der Vollendete gefunden hat, und der zum
Nirvana führt.
Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom Leiden; Geburt ist Leiden, Alter
ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, von Lieben getrennt sein ist
Leiden, mit Unlieben vereint sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt,
ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Leiden. Kurz,
die fünf Gruppen des Anhaftens sind Leiden.
Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens: Es ist
dieser Durst, der immer wieder von Dasein zu Dasein führende: Der
Sinnlichkeitsdurst, der Durst nach Gestaltung, der Durst nach Vernichtung.
Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: Es ist
eben dieses Durstes Aufhebung durch völlige Leidenschaftslosigkeit, das
Aufgeben, das Sichentäußern, Sichloslösen, Sich-Befreien von ihm.
Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von dem zur Leidensvernichtung
führenden Pfad: Es ist dieser edle, achtgliedrige Weg:
Rechte Anschauung, rechter Entschluss, rechte Rede, rechtes Tun, rechter
Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Sammlung.
Solange ich, ihr Mönche, von diesen edlen vier Wahrheiten nicht die wahre
Erkenntnis in voller Klarheit besaß, solange hatte ich nicht das Bewußtsein, in
der Welt die höchste Erleuchtung gewonnen zu haben. Seitdem ich aber diese
Erkenntnis besitze, seitdem habe ich das Bewußtsein, in dieser Welt und denen
der Götter, des Mara und Brahma, unter allen Wesen einschließlich der Asketen
und Brahmanen, der Götter und Menschen, die höchste Erleuchtung gewonnen zu
haben.
Und die Erkenntnis ging mir auf: unverlierbare Erlösung des Denkens ist mein;
dies ist meine letzte Geburt; nicht gibt es hinfort für mich ein
Wiedergeborenwerden".[16]. Samy. Nik.
Seine Schüler von einst wurden seine ersten Anhänger; ihnen folgten bald
weitere. Mit den stehenden Worten:
"Ziehet aus, ihr Mönche, und wandert zum Heile für viele Menschen, aus
Erbarmen für die Welt, zum Segen, zum Heile, zur Freude für Götter und
Menschen", wies er seine Mönchsschar an, einzeln zu gehen, um dadurch die Lehre
weitgehend zu verbreiten.
So zog auch der Buddha von Ort zu Ort und von Land zu Land seine Lehre
verkündend 45 Jahre umher, wobei sich immer mehr Anhänger seiner Lehre
zuwandten. Er lehrte Tugend in Form einfacher Lebensregeln, wenn er dem Volke
den Weg wies, höchstes Wissen aber, wenn er zu seinen Mönchen sprach.
Entsprechend der Aufnahmefähigkeit seiner Zuhörer, die sowohl aus
Laienanhängern als aus Mönchen bestanden, sprach der Buddha einleitend vom
Geben, vom sittlichen Leben, von der Verderbtheit der Lüste, um dann überzugehen
zu dem besten Wissen der Buddhas: den vier edlen Wahrheiten.
Der Buddha war 80 Jahre alt, als er starb, völlig erlosch. Der Leichnam wurde
in Kusinara verbrannt [17]. Seine letzten Worte waren die Mahnung:
- "Vergänglich ist alles, was da geworden;
- auf dass ihr nicht später Reue empfindet,
- strebet ohn' Unterlaß!"
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