Anguttara Nikaya

11. Kapitel: phāsuvihāra-vagga

A.V. 101 Selbstvertrauen

Fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken Selbstvertrauen im Schulungstüchtigen. Welche fünf? Da, ihr Mönche, ist der Mönch vertrauensvoll, sittenrein, wissensreich, willensstark und weise.

Was da, ihr Mönche, in einem Vertrauenslosen an innerer Unsicherheit besteht, solche innere Unsicherheit gibt es nicht beim Vertrauensvollen. Daher ist dies eine Eigenschaft, die Selbstvertrauen bewirkt im Schulungstüchtigen.

Was da, ihr Mönche, in einem Sittenlosen an innerer Unsicherheit besteht, solche innere Unsicherheit gibt es nicht beim Sittenreinen. Daher ist dies eine Eigenschaft, die Selbstvertrauen bewirkt im Schulungstüchtigen.

Was da, ihr Mönche, in einem Unwissenden an innerer Unsicherheit besteht, solche innere Unsicherheit gibt es nicht beim Wissensreichen. Daher ist dies eine Eigenschaft, die Selbstvertrauen bewirkt im Schulungstüchtigen.

Was da, ihr Mönche, in einem Trägen an innerer Unsicherheit besteht, solche innere Unsicherheit gibt es nicht beim Willenskräftigen. Daher ist dies eine Eigenschaft, die Selbstvertrauen bewirkt im Schulungstüchtigen.

Was da, ihr Mönche, im Weisheitslosen an innerer Unsicherheit besteht, solche innere Unsicherheit gibt es nicht im Weisen. Daher ist dies eine Eigenschaft, die Selbstvertrauen bewirkt im Schulungstüchtigen.

Diese fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken Selbstvertrauen im Schulungstüchtigen.


A.V. 102 Verdacht erregende Umstände

Gegen einen Mönch, ihr Mönche, bei dem fünf Umstände zutreffen, hegt man Mißtrauen und Verdacht, daß er ein schlechter Mönch sei, selbst wenn er schon die Unerschütterlichkeit erreicht hat. Welches sind diese fünf Umstände?

Da besucht der Mönch Dirnen, besucht Witwen, besucht alte Jungfern, besucht Eunuchen, besucht Nonnen. 

Gegen einen Mönch, ihr Mönche, bei dem diese fünf Umstände anzutreffen sind, hegt man Mißtrauen und Verdacht, selbst wenn er schon die Unerschütterlichkeit erreicht hat.


A.V. 103 Der Räuber

Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem fünf Bedingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser ein, geht auf Raub aus, plündert ein ganzes Haus und lauert als Wegelagerer auf. Welches sind die fünf Bedingungen?

Da ist ein großer Räuber ein Freund unwegsamer Plätze, ein Freund des Dickichts, ein Freund der Mächtigen, ist freigebig mit seinen Schätzen und zieht allein seines Weges. (Die ersten drei auch in A.III.51.)

Wie aber ist ein großer Räuber ein Freund unwegsamer Plätze? Da lebt ein großer Räuber an einem schwer passierbaren Flusse oder auf einem schwer zugänglichen Berge.

Wie aber ist ein großer Räuber ein Freund des Dickichts? Da lebt ein großer Räuber in einem Buschland, in einem Baumdickicht, in einem dichten Dschungel oder einem großen Waldgelände.

Wie aber ist ein großer Räuber ein Freund der Mächtigen? Da ist ein großer Räuber ein Freund von Fürsten oder Ministern, und er weiß: 'Sollte mich irgendeiner anklagen, so werden diese Fürsten und Minister die Sache bei einer Verhandlung umgehen.' Wenn ihn nun einer anklagt, so umgehen diese Fürsten und Minister die Sache, wenn es zur Verhandlung kommt.

Wie aber ist ein großer Räuber freigebig mit seinen Schätzen? Da ist der Räuber wohlhabend, besitzt großen Reichtum, große Schätze; und er denkt bei sich: 'Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werde ich ihn mit meinen Schätzen gewinnen!' Wenn dann irgendeiner ihm etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald mit seinen Schätzen.

Wie aber zieht der große Räuber seines Weges allein? Da zieht der große Räuber allein auf Beute aus. Und warum? Damit eben seine geheimen Pläne nicht nach außen dringen.

Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem diese fünf Bedingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser ein, geht auf Raub aus, plündert ein ganzes Haus und lauert als Wegelagerer auf.

Ebenso auch, ihr Mönche: wenn sich bei einem schlechten Mönch fünf Bedingungen finden, so untergräbt und schädigt er damit seinen Charakter, ist tadelnswert, wird von Verständigen gerügt und schafft sich große Schuld. Welches sind diese fünf Bedingungen?

Da ist der schlechte Mönch ein Freund des Unwegsamen, ein Freund des Dickichts, ein Freund der Mächtigen, ist freigebig mit seinem Besitz und zieht allein seines Weges.

Wie aber ist der schlechte Mönch ein Freund des Unwegsamen? Da begeht der schlechte Mönch unrechte Tat in Werken, Worten und Gedanken.

Wie aber ist der schlechte Mönch ein Freund des Dickichts? Da hat der schlechte Mönch verkehrte Ansichten, ist einseitigen Anschauungen zugetan.

Wie aber ist der schlechte Mönch ein Freund der Mächtigen? Da ist der schlechte Mönch ein Freund von Fürsten und Ministern, und er weiß: 'Sollte mich irgendeiner anklagen, so werden die Fürsten und Minister die Sache bei einer Verhandlung umgehen.' Wenn ihn nun einer anklagt, so umgehen die Fürsten und Minister die Sache, wenn es zur Verhandlung kommt.

Wie aber ist der schlechte Mönch freigebig mit seinen Besitztümern? Da erlangt der schlechte Mönch Gewänder, Almosenspeise, Lagerstatt und Arzneien, und er denkt bei sich: 'Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werde ich ihn mit Gaben gewinnen.' Wenn dann irgendeiner ihm etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald mit seinen Gaben.

Wie aber zieht der schlechte Mönch, seines Weges allein? Da nimmt der schlechte Mönch seinen Aufenthalt ganz allein in Grenzländern. Dort begibt er sich zu den Familien und erhält Gaben.

Der schlechte Mönch, ihr Mönche, bei dem diese fünf Eigenschaften anzutreffen sind, untergräbt und schädigt damit seinen Charakter, ist tadelnswert, wird von Verständigen gerügt und schafft sich große Schuld.


A.V. 104 Der unvergleichliche Asket

Der Mönch, ihr Mönche, bei dem fünf Bedingungen anzutreffen sind, gilt als ein unvergleichlicher Asket unter den Asketen. Welches sind diese fünf Bedingungen?

Da benutzt der Mönch stets nur auf Bitten die Gewänder, nie aber ungebeten . . . (Fortsetzung wie in A.IV.87 bis:) Wollte man also einen mit Recht als einen unvergleichlichen Asketen bezeichnen, so kann man mich, ihr Mönche, als einen unter den Asketen unvergleichlichen Asketen bezeichnen.


A.V. 105 Wohlbefinden im Orden I

Fünf Arten des Wohlbefindens gibt es, ihr Mönche. Welche fünf?

Da erweist sich, ihr Mönche, ein Mönch gegen seine Ordensbrüder, ob bemerkt oder unbemerkt, liebevoll in Taten, liebevoll in Worten, liebevoll in Gedanken. Was aber jene Sittenregeln betrifft, die ungebrochenen, unverletzten, unbefleckten, unverdorbenen, befreienden, von Verständigen gepriesenen, unbeeinflußten, die geistige Sammlung fördernden, in diesen Sittenregeln stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, ob bemerkt oder unbemerkt. Und in jener edlen, erlösenden Erkenntnis, die den danach Handelnden zum völligen Leidensende führt, in dieser Erkenntnis stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, ob bemerkt oder unbemerkt. Diese fünf Arten des Wohlbefindens gibt es, ihr Mönche.


A.V. 106 Wohlbefinden im Orden II

(Im Ghosita-Kloster bei Kosambi.) Und der ehrwürdige Ananda sprach zum Erhabenen also:

»Wie, o Herr, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen?« -

»Wenn, Ananda, der Mönch selber Sittlichkeit besitzt und nicht andere wegen hoher Sittlichkeit bekrittelt, insofern, Ananda, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen.« -

»Gibt es aber, o Herr, noch eine andere Weise, bei der Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen mag?« -

»Die gibt es, Ananda. Wenn der Mönch selber Sittlichkeit besitzt und nicht andere wegen hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen (K: hinsichtlich des selber Getanen oder Unterlassenen.) - insofern auch, Ananda, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen.« -

»Gibt es aber, o Herr, noch eine andere Weise, bei der Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen mag?« -

»Die gibt es, Ananda. Wenn der Mönch selber Sittlichkeit besitzt und nicht andere wegen hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern er unbekannt ist, sich durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigen läßt - insofern auch, Ananda, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen.« -

»Gibt es aber, o Herr, noch eine andere Weise, bei der Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen mag?« -

»Die gibt es, Ananda. Wenn der Mönch selber Sittlichkeit besitzt und nicht andere wegen hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern er unbekannt ist, sich durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigen läßt; wenn er die vier Vertiefungen, die erhaben-geistigen, gegenwärtiges Wohl gewährenden, nach Wunsch gewinnt, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit - insofern auch, Ananda, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen.« -

»Gibt es aber, o Herr, noch eine andere Weise, bei der Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen mag?« -

»Die gibt es, Ananda. Wenn der Mönch selber Sittlichkeit besitzt und nicht andere wegen hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht andere; wenn er, insofern er unbekannt ist, sich durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigen läßt; wenn er die vier Vertiefungen, die erhaben-geistigen, gegenwärtiges Wohl gewährenden, nach Wunsch gewinnt, ohne Mühe, ohne Schwierigkeit; wenn er, durch Versiegung der Triebe, noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung gewinnt, sie selber erkennend und verwirklichend - insofern auch, Ananda, mag Wohlbefinden im Mönchsorden herrschen. Ein anderes Wohlbefinden aber, Ananda, das höher und edler wäre als dieses, das, sage ich, gibt es nicht.«


A.V. 107-108 Würdig der Verehrung I-II

Im Besitze von fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfergaben, würdig der Gastspenden, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke. Welches sind diese fünf Eigenschaften?

(107) Da besitzt, ihr Mönche, der Mönch Sittlichkeit, besitzt geistige Sammlung, besitzt Weisheit, besitzt Befreiung, besitzt den Erkenntnisblick der Befreiung.

(108) Da besitzt, ihr Mönche, der Mönch 

  1. die dem Schulungsledigen (asekha) eigene Fülle der Sittlichkeit, (sīla-kkhandhena)  
  2. die dem Schulungsledigen eigene Fülle der geistigen Sammlung, 
  3. die dem Schulungsledigen eigene Fülle der Weisheit, 
  4. die dem Schulungsledigen eigene Fülle der Befreiung, 
  5. die dem Schulungsledigen eigene Fülle des Erkenntnisblickes.

Im Besitze dieser fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfergaben, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist der beste Boden für gute Werke in der Welt.


A.V. 109 Bürger der vier Weltgegenden

Im Besitze von fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch in allen vier Himmelsrichtungen heimisch (*1). Welches sind diese fünf Eigenschaften?

Da besitzt der Mönch Sittlichkeit; besitzt ein großes Wissen; ist zufrieden mit jederart Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und Arznei; er wird der vier Vertiefungen teilhaftig; und durch Versiegung der Triebe hat er schon bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erreicht, sie selber erkennend und verwirklichend.

Im Besitze dieser fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch heimisch in allen vier Himmelsrichtungen.


(*1) cātuddiso hoti, 'ein Bürger der vier Weltgegenden'. Der hauptsächliche Sinn dieses Ausdruckes ist, daß ein anspruchsloser Mönch (s. die 3. Eigenschaft) in allen Gegenden und in allen Verhältnissen, in die ihn seine Wanderschaft bringt, ohne Schwierigkeiten zu leben vermag. Im gleichen Sinne auch in Sn. 42.


A.V. 110 Zum Waldleben befähigt

Im Besitze von fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch befähigt, in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben. Welches sind diese fünf Eigenschaften?

Da besitzt der Mönch Sittlichkeit, besitzt ein großes Wissen, besitzt Willenskraft, ist der vier Vertiefungen teilhaftig und hat sich, durch Versiegung der Triebe, schon bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung zu eigen gemacht, sie selber erkennend und verwirklichend.

Im Besitze dieser fünf Eigenschaften, ihr Mönche, ist der Mönch befähigt, in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben.


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