Samyutta Nikaya

12. Nidāna-Samyutta - Von den Ursachen

61-70 Mahāvagga - Der Große Abschnitt

S.12.61. Von dem Ununterrichteten
S.12.62. Der Ununterrichtete
S.12.63. Fleisch vom Sohn
S.12.64. Ist Begierde vorhanden
S.12.65. Die Stadt
S.12.66. Erwägung
S.12.67. Das Rohrbündel
S.12.68. Kosambi
S.12.69. Sie nehmen zu
S.12.70. Susīma

S.12.61. Von dem Ununterrichteten

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī, im Jetahaine, im Parke des Anāthapindika.

 

2. "Ein ununterrichteter gewöhnlicher (*f166) Mensch, ihr Bhikkhus, mag wohl gegen diesen Körper, der aus den vier groben Elementen (*f167) gebildet ist, Widerwillen fassen, mag gegen ihn gleichgültig werden, mag von ihm sich loslösen (*f168).

 

3. Warum das? Man sieht, ihr Bhikkhus, an diesem Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, Mehrung (ācaya) und Minderung (apacaya), Annahme (ādāna) und Ablegung (nihkhepana). Darum mag wohl ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch gegen ihn Widerwillen fassen, mag gegen ihn gleichgültig werden, mag von ihm sich loslösen.

 

4. Was aber da, ihr Bhikkhus, Denken heißt, und Geist und Bewußtsein, dagegen ist ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch nicht im stande Widerwillen zu fassen, nicht im stande dagegen gleichgültig zu werden, nicht im stande davon sich loszulösen.

 

5. Warum das? Lange Zeit hindurch, ihr Bhikkhus, ist das ja von dem ununterrichteten gewöhnlichen Menschen angestrebt, begehrt, verlangt: das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst. Darum ist ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch nicht im stande dagegen Widerwillen zu fassen, nicht im stande dagegen gleichgültig zu werden, nicht im stande davon sich loszulösen.

 

6. Es ist besser, ihr Bhikkhus, wenn ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch diesen Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, als sein Selbst annimmt (*f170), nicht aber das Denken.

 

7. Warum das? Man sieht, ihr Bhikkhus, wie dieser Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, ein Jahr besteht, wie er zwei Jahre besteht, wie er drei Jahre besteht, wie er vier Jahre besteht, wie er fünf Jahre besteht, wie er zehn Jahre besteht, wie er zwanzig Jahre besteht, wie er dreißig Jahre besteht, wie er vierzig Jahre besteht, wie er fünfzig Jahre besteht, wie er ein Jahrhundert besteht, wie er noch länger besteht. Was aber da, ihr Bhikkhus, Denken heißt und Geist und Bewußtsein da entsteht bei Nacht und bei Tag eines und ein anderes wird aufgehoben (*f171).

 

8. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie ein Affe, der in der Wildnis, im Walde sich ergeht, einen Zweig ergreift, und wenn er ihn losgelassen, ergreift er einen anderen (Zweig). Ebenso (ist es mit dem) was da, ihr Bhikkhus, Denken heißt und Geist und Bewußtsein: da entsteht bei Nacht und bei Tag eines und ein anderes wird aufgehoben.

 

9. Ein unterrichteter frommer Jünger, ihr Bhikkhus, erwägt da gut und reiflich das Gesetz von der ursächlichen Entstehung: wenn jenes ist, tritt dieses ein; aus der Entstehung von jenem folgt die Entstehung von diesem; wenn jenes nicht ist, tritt dieses nicht ein; aus der Aufhebung von jenem folgt die Aufhebung von diesem. Das heißt: aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. (= 1. 3) . . . Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

10. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. usw. (= 1. 4) . . . Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

11. Wenn ein unterrichteter frommer Jünger so sieht, dann faßt er Widerwillen gegen die Form, faßt Widerwillen gegen die Empfindung, faßt Widerwillen gegen die Wahrnehmung, faßt Widerwillen gegen die Gestaltungen, faßt Widerwillen gegen das Bewußtsein (d.h. gegen khandha). Und wenn er Widerwillen faßt, wird er gleichgültig, und infolge der Gleichgültigkeit löst er sich los. Wenn er sich losgelöst hat, entsteht in ihm die Erkenntnis: ich habe mich losgelöst (*f173). Er erkennt: vernichtet ist die Geburt; gelebt der heilige Wandel; vollbracht ist was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein. 


(*f166) P. assutavā puthujjano. Ein puthujjana ist ein solcher, der noch nicht in den Strom der Erlösung eingetreten ist.

(*f167) P. cātummahābhūtika. Über die "vier groben Elemente" vgl. die Note zu 12, 2. 12. (*f12)

(*f168) P. nibbindeyya, virajjeyya, vimucceyya. Das V. virajjati gehört zu virāga. Über diesen Begriff vgl. die Vorbemerkungen zu Sutta 16s12_16.

(*f170) P. attato upagaccheyya. Zu dieser Verwendung von upagam mit Abl. auf -to vgl. noch Majjhima III. 31.24, 64.18.

(*f171) tam aññad eva uppajjati aññam nirujjhati. Der Gedanke ist offenbar der, daß das citta in steter Bewegung und steter Veränderung ist, daß ein Denkakt den anderen ablöst. Der Komm. II. 126.18 hat: "was bei Nacht entsteht und aufgehoben wird, ein anderes als dieses entsteht und wird aufgehoben bei Tage, ist der Sinn."

(*f173) Ich lese vimuttasmim 'vimutt' amhīti' ñānam hoti. Diese Phrase leitet an vielen Stellen des Kanon (wie z. B. Samy. 3.21.14, 3.50.8 usw.; Anguttara IV. 179.6; Vinaya I. 14.30) die aññā Formel (vergl. Sutta 32. 7-15) ein. Dabei begegnet uns in der Regel die Variante vimuttasmim vimuttam iti ñ. h. In letzterer Fassung ist die Phrase wohl zu übersetzen "wenn er sich losgelöst hat, entsteht in ihm die Erkenntnis: Loslösung (ist eingetreten)".

(*f174) Übersetzt von Warren, Buddhism in Translations S. 150ff.


S.12.62. Der Ununterrichtete

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch, ihr Bhikkhus, mag wohl gegen diesen Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, Widerwillen fassen, mag gegen ihn gleichgültig werden, mag von ihm sich loslösen.

 

3. Warum das? Man sieht, ihr Bhikkhus, an diesem Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, Mehrung und Minderung, Annahme und Ablegung. Darum mag wohl ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch gegen ihn Widerwillen fassen, mag gegen ihn gleichgültig werden, mag von ihm sich loslösen.

 

4. Was aber da, ihr Bhikkhus, Denken heißt und Geist und Bewußtsein, dagegen ist ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch nicht im stande Widerwillen zu fassen, nicht im stande dagegen gleichgültig zu werden, nicht im stande davon sich loszulösen.

 

5. Warum das? Lange Zeit hindurch, ihr Bhikkhus, ist das ja von dem ununterrichteten gewöhnlichen Menschen angestrebt, begehrt, verlangt das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst. Darum ist ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch nicht im stande dagegen Widerwillen zu fassen, nicht im stande dagegen gleichgültig zu werden, nicht im stande davon sich loszulösen.

 

6. Es ist besser, ihr Bhikkhus, wenn ein ununterrichteter gewöhnlicher Mensch diesen Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, als sein Selbst annimmt, nicht aber das Denken.

 

7. Warum das? Man sieht, ihr Bhikkhus, wie dieser Körper, der aus den vier groben Elementen gebildet ist, ein Jahr besteht, wie er zwei Jahre besteht, wie er drei Jahre besteht, wie er vier Jahre besteht, wie er fünf Jahre besteht, wie er zehn Jahre besteht, wie er zwanzig Jahre besteht, wie er dreißig Jahre besteht, wie er vierzig Jahre besteht, wie er fünfzig Jahre besteht, wie er ein Jahrhundert besteht, wie er noch länger besteht. Was aber da, ihr Bikkhus, Denken heißt und Geist und Bewußtsein: da entsteht bei Nacht und bei Tag eines und ein anderes wird aufgehoben (*f175).

 

8. Ein unterrichteter frommer Jünger, ihr Bhikkhus, erwägt da gut und reiflich das Gesetz von der ursächlichen Entstehung: wenn jenes ist, tritt dieses ein; aus der Entstehung von jenem folgt die Entstehung von diesem; wenn jenes nicht ist, tritt dieses nicht ein; aus der Aufhebung von jenem folgt die Aufhebung von diesem.

 

9. Infolge einer Berührung (*f176), ihr Bhikkhus, mit etwas, das lustvoll zu empfinden ist, entsteht eine lustvolle Empfindung. Nach Aufhebung eben dieser Berührung mit etwas das lustvoll zu empfinden ist, wird auch das Empfinden, das dadurch erzeugt ist, nämlich die lustvolle Empfindung, die entstanden ist infolge der Berührung mit etwas, das lustvoll zu empfinden ist, aufgehoben, es wird gestillt.

 

10. Infolge einer Berührung, ihr Bhikkhus, mit etwas, das leidvoll zu empfinden ist, entsteht eine leidvolle Empfindung. Nach Aufhebung eben dieser Berührung mit etwas, das leidvoll zu empfinden ist, wird auch das Empfinden, das dadurch erzeugt ist, nämlich die leidvolle Empfindung, die entstanden ist infolge der Berührung mit etwas, das leidvoll zu empfinden ist, aufgehoben, es wird gestillt.

 

11. Infolge einer Berührung, ihr Bhikkhus, mit etwas, das weder leidvoll noch lustvoll zu empfinden ist, entsteht eine weder leidvolle noch lustvolle Empfindung. Nach Aufhebung eben dieser Berührung mit etwas, das weder leidvoll noch lustvoll zu empfinden ist, wird auch das Empfinden, das dadurch erzeugt ist, nämlich die weder leidvolle noch lustvolle Empfindung, die entstanden ist infolge der Berührung mit etwas, das weder leidvoll noch lustvoll zu empfinden ist, aufgehoben, es wird gestillt.

 

12. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie durch die Reibung und die enge Vereinigung zweier Hölzer (*f177) Hitze erzeugt wird und Feuer entsteht, infolge der Trennung aber und der Sonderung eben dieser beiden Hölzer die dadurch erzeugte Hitze aufgehoben und gestillt wird:

 

13. Ganz ebenso entsteht, ihr Bhikkhus, infolge einer Berührung mit etwas, das lustvoll zu empfinden ist, eine lustvolle Empfindung. Nach Aufhebung usw. usw. (- 9) . . .

 

14. Infolge einer Berührung, ihr Bhikkhus, mit etwas, das leidvoll zu empfinden ist, entsteht eine leidvolle Empfindung. Nach Aufhebung usw. usw. (= 10) . . .

 

15. Infolge einer Berührung, ihr Bhikkhus, mit etwas, das weder leidvoll noch lustvoll zu empfinden ist, entsteht eine weder leidvolle noch lustvolle Empfindung. Nach Aufhebung usw. usw. (= 11) . . .

 

16. Wenn ein unterrichteter frommer Jünger so sieht, dann faßt er Widerwillen gegen die Berührung, faßt Widerwillen gegen die Empfindung, faßt Widerwillen gegen die Wahrnehmung, faßt Widerwillen gegen die Gestaltungen, faßt Widerwillen gegen das Bewußtsein. Und wenn er Widerwillen faßt, wird er gleichgültig, und infolge der Gleichgültigkeit löst er sich los. Wenn er sich losgelöst hat, entsteht in ihm die Erkenntnis: ich habe mich losgelöst. Er erkennt: vernichtet ist die Geburt; gelebt der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein.

 

(An Stelle von rūpa steht in 16 hassa).


(*f175) Bis hierher ist Sutta 62 vollständig gleichlautend dem vorhergehenden, nun fehlt aber das Gleichnis vom Affen. In folgenden Paragraphen (8) wird die Ausführung der Nidānaformel weggelassen, und mit 9 setzt vollständig Neues ein. Der Schlußparagraph deckt sich dann wieder mit 61.11, abgesehen von der Vertauschung der Begriffe "Form" und "Berührung".

(*f176) Vgl. zu 9 bis 12 die Parallelstelle Majjhima 140 (= III. 242).

(*f177) P. dvinnam katthānam samghattasamodhānā. An der Parallelstelle im Majjhima steht samphassa statt samghatta. Der Komm. (II. 129.14) hat samghattanena c'eva samodhānena ca, samghattanasampindanenāti attho. Es ist natürlich an die Reibhölzer zur Feuererzeugung gedacht. Im Komm. wird kattha auch durch arani erklärt.


S.12.63. Fleisch vom Sohn

 

Die Gleichnisse in diesem Sutta sind nicht so deutlich, wie das sonst in der Regel der Fall ist. Mit Zuhilfenahme des Kommentars sind sie etwa in folgender Weise zu deuten. Den Nahrungsstoff "eßbare Speise" (kabalimkāra) nimmt der "fromme Jünger" nur so hin, wie die beiden Eheleute das Fleisch ihres Sohnes essen. Er dient ihm nicht zu Freude und Genuß, sondern nur eben zur Erhaltung des augenblicklichen Daseins. In den drei anderen Gleichnissen sind phassa "Berührung", manosamcetanā "Denktätigkeit des Geistes" und viññāna "Bewußtsein" das, was uns in den samsāra, dem Kreislauf der Wiedergeburten verstrickt und ihn bedingt. Das an den Samsāra gekettete Wesen stellen die Kuh mit der wunden Haut, der sein Leben liebende Mann und der Missetäter vor. Der Samsāra wird als etwas Leidvolles gedacht, einmal unter dem Bilde der Lebewesen, welche die kranke Kuh quälen, dann unter dem der Grube mit den glühenden Kohlen, und im letzten Gleichnis unter dem der über den Missetäter verhängten Strafen. In den zwei letzten Gleichnissen sollen die beiden Männer die den dritten in die Glut werfen, und der König, der die grausame Strafe verhängt, das die Wiedergeburt bedingende Kamma bedeuten. Hat man nun das Wesen von phassa, manosamcetanā und viññāna richtig erfaßt d. h. weiß man, daß das Dasein, zu dem sie führen, nichts ist als Leiden, so hat man das Ziel der Erlösung erreicht.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Diese vier Nahrungsstoffe, ihr Bhikkhus, dienen den Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, oder den Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

 

3. Welche vier?

Das also sind, ihr Bhikkhus, die vier Nahrungsstoffe für die Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, und für die Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

 

4. Und wie ist, ihr Bhikkhus, der Nahrungsstoff eßbare Speise zu verstehen?

 

5. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn zwei Eheleute mit spärlicher Reisezehrung den Weg durch eine Wildnis (*f178) anträten, und sie hätten einen einzigen Sohn, der ihnen lieb und wert wäre.

 

6. Nun aber würde, ihr Bhikkhus, von den beiden Eheleuten, während sie in der Wildnis sich befänden, die spärlich bemessene Reisezehrung aufgebraucht, ginge zu Ende; sie wären aber aus dem übrigen Teil der Wildnis noch nicht heraus gekommen.

 

7. Nun aber käme, ihr Bhikkhus, den beiden Eheleuten der Gedanke: unsere spärlich bemessene Reisezehrung ist aufgebraucht, ist zu Ende gegangen, und wir sind aus dem übrigen Teil der Wildnis noch nicht heraus gekommen. Wie wäre es jetzt, wenn wir unseren einzigen Sohn, der uns lieb und wert ist, töteten, Dürrfleisch und eingepfeffertes Fleisch (*f179) herstellten und, indem wir des Sohnes Fleisch äßen, aus dem übrigen Teil der Wildnis heraus kämen, damit wir nicht alle drei umkommen müssen?

 

8. Und nun töteten, ihr Bhikkhus, die beiden Eheleute ihren einzigen Sohn, der ihnen lieb und wert war, stellten Dürrfleisch und eingepfeffertes Fleisch her und kämen, indem sie des Sohnes Fleisch äßen, aus dem übrigen Teil der Wildnis heraus, und sie äßen des Sohnes Fleisch und pressten es an die Brust, (klagend): wo bist du, einziger Sohn, wo bist du, einziger Sohn?

 

9. Was haltet ihr davon, ihr Bhikkhus? Würden diese Leute zu ihrer Freude den Nahrungsstoff zu sich nehmen, würden sie zu ihrer Lust den Nahrungsstoff zu sich nehmen, würden sie zu ihrem Genuß den Nahrungsstoff zu sich nehmen, würden sie zu ihrem Vergnügen den Nahrungsstoff zu sich nehmen?" - "Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

10. "Würden nicht diese Leute, ihr Bhikkhus, nur eben, bis sie aus der Wildnis herausgekommen, diesen Nahrungsstoff zu sich nehmen?" - "Jawohl, Herr."

 

11. "Ganz ebenso, behaupte ich, ihr Bhikkhus, ist der Nahrungsstoff eßbare Speise zu verstehen. Wenn der Nahrungsstoff eßbare Speise, ihr Bhikkhus, richtig erkannt ist, ist auch die Begierde nach den fünffachen sinnlichen Genüssen (*f180) richtig erkannt. Wenn die Begierde nach den fünffachen sinnlichen Genüssen richtig erkannt ist, dann gibt es auch die Fessel nicht, durch die gefesselt ein frommer Jünger wieder in diese Welt zurückkehren würde.

 

12. Und wie ist, ihr Bhikkhus, der Nahrungsstoff Berührung zu verstehen?

 

13. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da eine Kuh mit aufgerissener Haut (*f181) bei einer Mauer stünde, so würden die in der Mauer hausenden Lebewesen von ihr zehren; wenn sie bei einem Baum stünde, so würden die im Baum hausenden Lebewesen von ihr zehren; wenn sie im Wasser stünde, so würden die im Wasser hausenden Lebewesen von ihr zehren; wenn sie in der freien Luft stünde, so würden die in der freien Luft hausenden Lebewesen von ihr zehren. Wo immer ja, ihr Bhikkhus, die Kuh mit aufgerissener Haut stünde, da würden immer die an der jeweiligen Stelle hausenden Lebewesen von ihr zehren: Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist der Nahrungsstoff Berührung zu verstehen.

 

14. Wenn der Nahrungsstoff Berührung richtig erkannt ist, ihr Bhikkhus, sind auch die drei Formen der Empfindung (*f182) richtig erkannt. Wenn die drei Formen der Empfindung richtig erkannt sind, dann, behaupte ich, gibt es für den frommen Jünger fürderhin nichts mehr zu tun.

 

15. Und wie ist, ihr Bhikkhus, der Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes zu verstehen?

 

16. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da eine über Mannesgröße tiefe Kohlengrube angefüllt wäre mit glühenden, nicht mehr rauchenden Kohlen (*f183); und es käme da ein Mann daher, der gerne leben möchte, der kein Verlangen hätte zu sterben, der an Lustvollem Genuß hätte und Leidvollem widerstrebte; den nun packten zwei kräftige Männer bei beiden Armen und schleppten ihn zu der Kohlengrube: da wäre wohl, ihr Bhikkhus, weitab jenes Mannes Denken, weitab sein Wunsch, weitab sein Verlangen.

 

17. Warum das? Es wäre ja, ihr Bhikkhus, dem Mann wohl bewußt (*f184): wenn ich in die Kohlengrube stürzen werde, erleide ich infolge davon den Tod oder Schmerz, der zum Tode führt. Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist der Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes zu verstehen.

 

18. Wenn der Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes, ihr Bhikkhus, richtig erkannt ist, sind auch die drei Formen des Durstes (*f185) richtig erkannt. Wenn die drei Formen des Durstes richtig erkannt sind, dann, behaupte ich, gibt es für den frommen Jünger künftighin nichts mehr zu tun.

 

19. Und wie ist, ihr Bhikkhus, der Nahrungsstoff Bewußtsein zu verstehen?

 

20. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da die Leute einen verbrecherischen Räuber eingefangen hätten und ihn dem König vorführten: ,Hier, Majestät, ist der verbrecherische Räuber; verhänge über ihn die Strafe, die dir beliebt.' Darauf hin spräche der König: ,Geht, ihr Leute, und trefft den Mann um die Morgenzeit mit hundert Spießen' (*f186), und sie träfen ihn um die Morgenzeit mit hundert Spießen.

 

21. Und um die Mittagszeit spräche der König also: ,Ihr Leute, wie ist es mit dem Mann?' - ,Noch ist er am Leben, Majestät.' - Daraufhin spräche der König: ,Geht, ihr Leute, und trefft den Mann um die Mittagszeit mit hundert Spießen', und sie träfen ihn um die Mittagszeit mit hundert Spießen.

 

22. Und um die Abendzeit spräche der König also: ,Ihr Leute, wie ist es mit dem Mann?' - ,Noch ist er am Leben Majestät.' - Daraufhin spräche der König also: ,Geht, ihr Leute und trefft den Mann um die Abendzeit mit hundert Spießen', und sie träfen ihn um die Abendzeit mit hundert Spießen.

 

23. Was haltet ihr davon, ihr Bhikkhus? Würde wohl der Mann, von dreihundert Spießen getroffen, dadurch Schmerz und Qual empfinden?" - "Schon von einem einzigen Spieß getroffen, Herr, würde er dadurch Schmerz und Qual empfinden, geschweige denn, von dreihundert Spießen getroffen."

 

24. "Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist der Nahrungsstoff Bewußtsein zu verstehen.

 

25. Wenn der Nahrungsstoff Bewußtsein, ihr Bhikkhus, richtig erkannt ist, ist auch Name und Form (nama und rupa) richtig erkannt. Wenn Name und Form richtig erkannt ist, dann, behaupte ich, gibt es für den frommen Jünger künftighin nichts mehr zu tun."


(*f178) Im Komm. (II. 132.6) werden fünf Arten "Wildnis" (kantāra) unterschieden: solche, die durch Räuber, solche, die durch wilde Tiere, solche, die durch böse Geister (amanussa) gefährlich ist, solche, wo Wassermangel herrscht, und solche, wo man keine Nahrung findet.

(*f179) P. vallūrañ ca sondikañ ca. Letzteres Wort bringt Sten Konow (Journ. Pāli Text Soc. 1909, S. 227) mit skr. saundī "Langer Pfeffer" in Zusammenhang.

(*f180) P. pañcakāmaguniko rāgo: Fünffach mit Bezug auf die fünf Sinne Gesicht, Gehör, Geschmack, Geruch und Gefühl.

(*f181) P. niccamma, wtl. "hautlos". Der Komm. (II. 142.9) sagt: "wo die Haut von den Hufen an bis zu den Wurzeln der Hörner aufgerissen (uddālita) ist."

(*f182) P. tisso vedanā. Die drei Formen der vedanā sind oben Sutta 62. 9-11 genannt.

(*f183) P. angārānām vītaccikānam vītadhūmanam. Gemeint sind Kohlen ohne offene Flamme, in vollster Glut sich befindend. Der Komm. (II. 144.6) fügt hinzu eten' assa mahāparilāham dasseti.

(*f184) Ich lese viditam hi tassa purisassa hoti. Nach der Lesung der Ausgabe wäre zu übersetzen "denn also kommt dem Mann der Gedanke".

(*f185) Es sind hier wohl kāmatanhā "Durst nach sinnlichem Genuß", bhavatanhā "Durst nach Werden" und vibhavatanhā "Durst nach Aufhebung der Existenz" gemeint.

(*f186) P. imam purisam sattisatena hanatha, offenbar eine besonders grausame Form der Hinrichtung, ein allmähliches Töten.


S.12.64. Ist Begierde vorhanden

 

Die beiden Gleichnisse in 8 und 17 beziehen sich nach dem Komm. (II. 146.10, 147.6) wieder darauf, daß jede Daseinsform durch die samkhārā, durch das Kamma, bedingt und bewirkt ist. In dem ersten Gleichnis wird das Kamma in dem Maler mit seinen Farben dargestellt. Die Holztafel, die Wand, das Stück Stoff (dussapatta) repräsentieren die Welt in ihren drei Stufen als Welt der Sinnlichkeit, der Form und der Formlosigkeit (vgl. Kirfel, Kosmographie der Inder, S. 207). Wie der Künstler nun auf Tafel, Wand oder Stoff ein Bildnis malt, so bringt das Kamma in der Welt eine Existenz hervor. Ob diese Existenz glücklich oder leidvoll wird, richtet sich ganz ebenso nach dem Charakter des Kamma, wie die Schönheit oder Häßlichkeit des Bildnisses von der größeren oder geringeren Kunstfertigkeit des Malers abhängt. - In dem zweiten Gleichnis sollen die Sonnenstrahlen das Kamma sein, das in der Welt - man beachte wieder die Dreizahl: Westwand des Hauses, Erdboden, Wasser - die Existenz hervorruft. Weiter scheint aber dann der Gedanke der zu sein, daß die Existenz des Erlösten, des khīnāsava, "bei dem die weltlichen Einflüsse vernichtet sind, sich im Nichts verliert gleich den Sonnenstrahlen, wenn sie nicht auf irgend etwas auftreffen, irgendwo einen Halt oder Widerstand (patitthā) finden.

 

1 Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Diese vier Nahrungsstoffe, ihr Bhikkhus, dienen den Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, oder den Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

 

3. Welche vier?

Das also sind, ihr Bhikkhus, die vier Nahrungsstoffe, für die Wesen; die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, und für die Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

 

4. Wenn nach dem Nahrungsstoff eßbare Speise, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, wenn Freude daran vorhanden ist, wenn Durst danach vorhanden ist, da hat das Bewußtsein einen Halt gefunden und ist zu Wachstum gekommen (*f187). Wo das Bewußtsein einen Halt gefunden hat und zu Wachstum gekommen ist, da tritt Name und Form in die Erscheinung (*f188). Wo Name und Form in die Erscheinung tritt, da findet Mehrung der Gestaltungen statt. Wo Mehrung der Gestaltungen stattfindet, da tritt künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wo künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung eintritt, da gibt es künftighin Geburt, Alter und Tod. Wo künftighin Geburt, Alter und Tod sind, das, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist mit Schmerz verbunden, mit Angst verbunden, mit Verzweiflung verbunden.

 

5. Wenn nach dem Nahrungsstoff Berührung, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, usw. usw. (= 4) . . .

 

6. Wenn nach dem Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, usw. usw. (= 4) . . .

 

7. Wenn nach dem Nahrungsstoff Bewußtsein, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, wenn Freude daran vorhanden ist, wenn Durst danach vorhanden ist, da hat das Bewußtsein einen Halt gefunden und ist zu Wachstum gekommen. Wo das Bewußtsein einen Halt gefunden hat und zu Wachstum gekommen ist, da tritt Name und Form in die Erscheinung. Wo Name und Form in die Erscheinung tritt, da findet Mehrung der Gestaltungen statt. Wo Mehrung der Gestaltungen statt findet, da tritt künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wo künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung eintritt, da gibt es künftighin Geburt, Alter und Tod. Wo künftighin Geburt, Alter und Tod sind, das, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist mit Schmerz verbunden, mit Angst verbunden, mit Verzweiflung verbunden.

 

8. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da ein Färber oder ein Maler, wenn Farbstoff oder Lack vorhanden ist, Gelbwurz oder Indigo oder Krapp, (und wenn) eine wohl geglättete Tafel oder Mauer oder ein Stück Zeug (vorhanden ist), die Gestalt einer Frau oder die Gestalt eines Mannes abbildete mit allen Haupt- und Nebengliedern:

 

9. Ganz ebenso hat, ihr Bhikkhus, wenn nach dem Nahrungsstoff eßbare Speise Begierde vorhanden ist, wenn Freude daran vorhanden ist, wenn Durst darnach vorhanden ist, das Bewußtsein da einen Halt gefunden und ist zu Wachstum gekommen. Wo das Bewußtsein einen Halt gefunden hat und zu Wachstum gekommen ist, da tritt Name und Form in die Erscheinung. Wo Name und Form in die Erscheinung tritt, da findet Mehrung der Gestaltungen statt. Wo Mehrung der Gestaltungen statt findet, da tritt künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wo künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung eintritt, da gibt es künftighin Geburt, Alter und Tod. Wo künftighin Geburt, Alter und Tod sind, das, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist mit Schmerz verbunden, mit Angst verbunden, mit Verzweiflung verbunden.

 

10. Wenn nach dem Nahrungsstoff Berührung, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, usw. usw. (= 4) . . .

11. Wenn nach dem Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, usw. usw. (= 4) . . .

 

12. Wenn nach dem Nahrungsstoff Bewußtsein, ihr Bhikkhus, Begierde vorhanden ist, wenn Freude daran vorhanden ist, wenn Durst danach vorhanden ist, da hat das Bewußtsein einen Halt gefunden und ist zu Wachstum gekommen. Wo das Bewußtsein einen Halt gefunden hat und zu Wachstum gekommen ist, da tritt Name und Form in die Erscheinung. Wo Name und Form in die Erscheinung tritt, da findet Mehrung der Gestaltungen statt. Wo Mehrung der Gestaltungen statt findet, da tritt künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wo künftighin Wiedergeburt und Neuerstehung eintritt, da gibt es künftighin Geburt, Alter und Tod. Wo künftighin Geburt, Alter und Tod sind, das, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist mit Schmerz verbunden, mit Angst verbunden, mit Verzweiflung verbunden.

 

17. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da ein Haus stünde oder eine Halle (*f189), und es wären da auf der Nordseite oder auf der Südseite oder auf der Ostseite Fenster, und es dränge bei Aufgang der Sonne durchs Fenster ein Strahl hinein, wo fände der einen Halt?" - "An der westlichen Wand, Herr!"

 

18. "Wenn aber, ihr Bhikkhus, keine westliche Wand da wäre, wo fände er dann einen Halt?" - "Auf dem Erdboden, Herr!"

 

19. "Wenn aber, ihr Bhikkhus, kein Erdboden da wäre, wo fände er dann einen Halt?" - "Im Wasser, Herr!"

 

20. "Wenn aber, ihr Bhikkhus, kein Wasser da wäre, wo fände er dann einen Halt?" - "Er fände überhaupt keinen Halt, Herr!"

 

21-24. "Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, wenn nach dem Nahrungsstoff eßbare Speise keine Begierde vorhanden ist, wenn keine Freude daran vorhanden ist, wenn kein Durst danach vorhanden ist usw. usw. ... Wenn nach dem Nahrungsstoff Berührung, ihr Bhikkhus usw. usw. ... Wenn nach dem Nahrungsstoff Denktätigkeit des Geistes, ihr Bhikkhus, usw. usw. ... Wenn nach dem Nahrungsstoff Bewußtsein, ihr Bhikkhus, keine Begierde vorhanden ist, wenn keine Freude daran vorhanden ist, wenn kein Durst danach vorhanden ist, dann hat das Bewußtsein keinen Halt gefunden und ist nicht zu Wachstum gekommen. Wo aber das Bewußtsein keinen Halt gefunden hat, und nicht zu Wachstum gekommen ist, da tritt auch Name und Form nicht in die Erscheinung. Wo Name und Form nicht in die Erscheinung tritt, da findet keine Mehrung der Gestaltungen statt. Wo keine Mehrung der Gestaltungen statt findet, da tritt künftighin keine Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wo künftighin keine Wiedergeburt und Neuerstehung eintritt, da gibt es künftighin nicht Geburt, Alter und Tod. Wo es aber künftighin Geburt, Alter und Tod nicht gibt, das, ihr Bhikkhus, behaupte ich, ist frei von Schmerz, frei von Angst, frei von Verzweiflung."


(*f187) P. patitthitam tattha viññānam virūlham. Das Bild ist hergenommen von einem eingepflanzten Baum, der Wurzel geschlagen hat und nun zu wachsen beginnt.

(*f188) P. atthi tattha nāmarūpassa avakkanti. Vgl. oben Sutta 39. 2.s12_39

(*f189) P. kūtāgāram vā kūtāgārasāla vā. Es handelt sich um ein Haus von geringeren oder größeren Dimensionen. Der Komm. (II. 1475) hat: kūtāgaran ti, ekam kannikam gahetvā katam agāram; kūtāgārasālā ti, dve kannikā gahetvā katasālā.


S.12.65. Die Stadt

 

Zu unserem Sutta 1 bis 18 vergleiche man oben die Sutta 4 und 10 mit den einleitenden Bemerkungen, sowie aus dem Mahāpadānasutta, Nr. 14 des Dīgha, die Paragraphen 2. 18ff. (= D. II. S.30ff.), wo wie in Samy. 12. 4 die ganze Erörterung dem Buddha Vipassin in den Mund gelegt wird. Mit der Version des Dīgha hat unser Sutta, wie unten Sutta 67, das gemein, daß die Nidānareihe nur bis zum Begriff viññāna "Bewußtsein verfolgt wird. Hier wird in sie umgebogen, indem die Erörterung das Bewußtsein durch nāmarūpa bedingt sein läßt, wie dieses seinerseits durch viññāna bedingt ist. Das "Nichtwissen und die "Gestaltungen" - der vorausgehenden Existenz angehörig - bleiben außer Betracht.

 

1. (Ort der Begebenheit:) Sāvatthī.

 

2. "Vor meiner Erleuchtung, ihr Bhikkhus, da ich noch nicht vollkommen erleuchtet, noch ein Bodhisatta war, kam mir der Gedanke: In Mühsal wahrlich ist diese Welt geraten. Man wird geboren und altert und stirbt und scheidet aus dem Dasein und wird wiedergeboren. Aber man findet doch keinen Ausweg aus diesem Leiden. Wann wird man denn doch einen Ausweg finden aus diesem Leiden, aus Alter und Tod?

 

3. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn vorhanden sein, daß Alter und Tod entsteht, aus welcher Ursache geht Alter und Tod hervor?

 

4. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Geburt vorhanden ist, entsteht Alter und Tod; aus der Geburt als Ursache geht Alter und Tod hervor.

 

5. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn vorhanden sein, daß Geburt entsteht, - daß Werden entsteht, - daß Erfassen entsteht, - daß Durst entsteht, - daß Empfindung entsteht, - daß Berührung entsteht, - daß die sechs Sinnesbereiche entstehen, - daß Name und Form entsteht; aus welcher Ursache geht Name und Form hervor?

 

6. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Bewußtsein vorhanden ist, entsteht Name und Form; aus Bewußtsein als Ursache geht Name und Form hervor?

 

7. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn vorhanden sein, daß Bewußtsein entsteht; aus welcher Ursache geht das Bewußtsein hervor?

 

8. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Name und Form vorhanden ist, entsteht das Bewußtsein; aus Name und Form als Ursache geht das Bewußtsein hervor.

 

9. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Es kehrt hier das Bewußtsein um, über Name und Form geht es nicht weiter hinaus. Dadurch wird man geboren und altert und stirbt und scheidet aus dem Dasein aus und wird wiedergeboren, daß hier aus Name und Form als Ursache das Bewußtsein entsteht. Aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form; aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

10. Der Ursprung, der Ursprung: damit erstand mir, ihr Bhikkhus, in bezug auf früher nie gehörte Dinge Einsicht, erstand mir Verständnis, erstand mir Erkenntnis, erstand mir Wissen, erstand mir Klarheit.

 

11. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, daß Alter und Tod nicht entsteht; aus wessen Aufhebung geht Aufhebung von A1ter und Tod hervor?

 

12. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Geburt nicht vorhanden istr entsteht Alter und Tod nicht; aus der Aufhebung der Geburt geht Aufhebung von Alter und Tod hervor.

 

13. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, daß Geburt nicht entsteht, - daß Werden nicht entsteht, - daß Erfassen nicht entsteht, - daß Durst nicht entsteht, - daß Empfindung nicht entsteht, - daß Berührung nicht entsteht, - daß die sechs Sinnesbereiche nicht entstehen, - daß Name und Form nicht entsteht; aus wessen Aufhebung geht Aufhebung von Name und Form hervor?

 

14. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Bewußtsein nicht vorhanden ist, entsteht Name und Form nicht; aus der Aufhebung des Bewußtseins geht Aufhebung von Name und Form hervor.

 

15. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, daß Bewußtsein nicht entsteht; aus wessen Aufhebung geht Aufhebung des Bewußtseins hervor?

 

16. Da ward mir, ihr Bhikkhus, nach reiflicher Erwägung die Erkenntnis zu teil: Wenn Name und Form nicht vorhanden ist, entsteht Bewußtsein nicht; aus der Aufhebung von Name und Form geht Aufhebung des Bewußtseins hervor.

 

17. Da kam mir, ihr Bhikkhus, dieser Gedanke: Erreicht ist von mir der Weg zur Erleuchtung, nämlich (die Erkenntnis): aus der Aufhebung von Name und Form geht Aufhebung des Bewußtseins hervor; aus der Aufhebung des Bewußtseins geht Aufhebung von Name und Form hervor; aus der Aufhebung von Name und Form geht Aufhebung der sechs Sinnesbereiche hervor; aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche geht Aufhebung der Berührung hervor; aus der Aufhebung der Berührung geht Aufhebung der Empfindung hervor; aus der Aufhebung der Empfindung geht Aufhebung des Durstes hervor; aus der Aufhebung des Durstes geht Aufhebung des Erfassens hervor; aus der Aufhebung des Erfassens geht Aufhebung des Werdens hervor; aus der Aufhebung des Werdens geht Aufhebung der Geburt hervor; aus der Aufhebung der Geburt geht Aufhebung von Alter und Tod hervor. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

18. Die Aufhebung, die Aufhebung: damit erstand mir, ihr Bhikkhus, in bezug auf früher nie gehörte Dinge Einsicht, erstand mir Verständnis, erstand mir Erkenntnis, erstand mir Wissen, erstand mir Klarheit.

 

19. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn ein Mann, in der Wildnis im Walde wandernd, eine alte Straße erblickte, einen alten Weg, von Menschen früherer Zeit begangen. Und er folgte der Straße, und ihr folgend erblickte er eine alte Stadt, eine alte Residenz, von Menschen früherer Zeit bewohnt, mit Gärten ausgestattet, mit Hainen ausgestattet, mit Teichen ausgestattet, mit Dämmen (*f190) versehen, voll Anmut.

 

20. Und der Mann, ihr Bhikkhus, berichtete das dem Könige oder einem hohen Beamten des Königs: ,Nimm gütigst Kenntnis, Herr! Ich erblickte, in der Wildnis im Walde wandernd, eine alte Straße, einen alten Weg, von Menschen früherer Zeit begangen. Ich folgte der Straße, und ihr folgend erblickte ich eine alte Stadt, eine alte Residenz, von Menschen früherer Zeit bewohnt, mit Gärten ausgestattet, mit Hainen ausgestattet, mit Teichen ausgestattet, mit Dämmen versehen, voll Anmut. Lasse du, Herr, diese Stadt (wieder) aufbauen!'

 

21. Und es ließe, ihr Bhikkhus, der König oder der hohe Beamte des Königs die Stadt (wieder) aufbauen, und es wäre die Stadt in der Folgezeit reich und blühend, wohl bevölkert und gedrängt voll Menschen, zu Wachstum und Gedeihen gekommen: Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, erblickte ich eine alte Straße, einen alten Weg, von den Allbuddhas früherer Zeit begangen.

 

22. Und welches war, ihr Bhikkhus, die alte Straße, der alte Weg, von den Allbuddhas früherer Zeit begangen? Es war das dieser edle achtgliedrige Pfad, näntlich rechte Anschauung, rechtes Wollen, rechtes Reden, rechtes Tun, rechte Lebensführung, rechtes Sichbemühen, rechtes Sichbesinnen, rechte geistige Sammlung. Dies, ihr Bhikkhus, war die alte Straße, der alte Weg, von den Allbuddhas früherer Zeit begangen. Ich folgte der Straße, und ihr folgend begriff ich Alter und Tod, begriff ich den Ursprung von Alter und Tod, begriff ich die Aufhebung von Alter und Tod, begriff ich den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg.

 

23-31. Ich folgte der Straße und ihr folgend begriff ich Geburt - begriff ich Werden - begriff ich Erfassen - begriff ich Durst - begriff ich Empfindung - begriff ich Berührung - begriff ich die sechs Sinnesbereiche - begriff ich Name und Form - begriff ich Bewußtsein.-

 

32. Ich folgte der Straße und ihr folgend begriff ich die Gestaltungen, begriff ich den Ursprung der Gestaltungen, begriff ich den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg.

 

33. Nachdem ich das begriffen, lehrte ich es die Bhikkhus und die Bhikkhunīs, die Laienbrüder und die Laienschwestern. Und es ist dieser heilige Wandel reich und blühend, weit verbreitet, vielen Menschen zu eigen (*f191), vermehrt, wohl verkündet unter Göttern und Menschen (*f192)."


(*f190) P. uddāpavantam. Über uddāpa (= skr. udvāpa) vgl. jetzt Rhys Davids und Stede, Pāli Dict. u. d. W. Das Beiw. dalhuddāpa "mit festen Dämmen" finde ich Dīgha II. 83.9, III. 101.1; S. IV (so!), 194.11. Das Adj. uddāpavant wird von Stede auch Jā. VI (so!), 536.3 statt uddhā pavattam hergestellt. Der Komm. hat hier die Wiedergabe durch tīramaryādabandhana. Wtl. bedeutet uddāpa "Aufwurf". Es handelt sich also um Dämme zur Regulierung der Flußläufe.

(*f191) Es ist wohl bāhujañña statt bahu° zu lesen. Vgl. Dīgha II, S. 219.11; Samy. V, S.262.10; Angutt. IV, S.311.19.

(*f192) Mit Recht hat Mrs. Rhys Davids (Samy., transl. II, S. 75, N.1) darauf hingewiesen, daß nach dem Kommentar yāva devamanussehi suppakāstam zu lesen ist. Ich halte yāva für die Praep., die den Abl. regiert, in der urspr. Bedeutung "über das Gebiet von . . . hin" - also: so weit es G. und M. gibt.


S.12.66. Erwägung

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte der Erhabene im Lande der Kurus. (Sein Aufenthalt war) das Dorf der Kurus mit Namen Kammāsadamma (*f194).

 

2. Da nun redete der Erhabene die Bhikkhus an: "Ihr Bhikkhus!" - "Ja, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.

 

3. Der Erhabene sprach also: "Stellt ihr denn auch, ihr Bhikkhus, innere Erwägungen (*f193) an?"

 

4. Nachdem er das gesagt, sprach ein Bhikkhu zu dem Erhabenen also: "Ich, Herr, stelle innere Erwägungen an."

 

5. "In welcher Weise aber stellst du, o Bhikkhu, die inneren Erwägungen an?"

 

6. Und es gab ihm der Bhikkhu Aufschluß; aber es befriedigte der Bhikkhu das Herz des Erhabenen nicht.

 

7. Nachdem also gesprochen war, sprach Ananda zu dem Erhabenen also: "Es ist die rechte Zeit dafür, o Erhabener, es ist die rechte Zeit dafür, o Führer auf dem Heilspfad, daß der Erhabene über innere Erwägungen spräche. Wenn sie vom Erhabenen es gehört, werden die Bhikkhus es behalten."

 

8. "So höret denn zu, Ananda, merket wohl auf; ich will es euch verkünden." "Wohl, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.

 

9. Der Erhabene sprach also: "Da stellt, ihr Bhikkhus, ein Bhikkhu erwägend die innere Erwägung an: ,Dieses mannigfaltige verschiedenartige Leiden, das hier in derWelt entsteht, (nämlich) Alter und Tod, was hat wohl dieses Leiden zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Was muß denn vorhanden sein, daß Alter und Tod entsteht? Was muß denn nicht vorhanden sein, daß Alter und Tod nicht entsteht?' Erwägend erkennt er also: Dieses mannigfaltige verschiedenartige Leiden, das hier in der Welt entsteht, (nämlich) Alter und Tod, es hat dieses Leiden die Substrate (*f195) zur Ursache, die Substrate zum Ursprung, die Substrate zur Herkunft, die Substrate zur Entstehung. Wenn ein Substrat vorhanden ist, entsteht Alter und Tod; wenn kein Substrat vorhanden ist, entsteht Alter und Tod nicht. Er erkennt Alter und Tod; er erkennt den Ursprung von Alter und Tod; er erkennt die Aufhebung von Alter und Tod; und er erkennt auch den geeigneten Weg, der zur Aufhebung von Alter und Tod führt. Auf diesem Wege befindlich wird er einer, der der Lehre gemäß wandelt. Ein solcher heißt, ihr Bhikkhus, ein Bhikkhu, der auf dem Weg ist zur rechten vollständigen Vernichtung des Leidens, zur Aufhebung von Alter und Tod.

 

10. Und weiter erwägend stellt er die innere Erwägung an: ,Das Substrat aber, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Was muß denn vorhanden sein, daß ein Substrat entsteht? Was muß denn nicht vorhanden sein, daß ein Substrat nicht entsteht?' Erwägend erkennt er also: Das Substrat hat den Durst zur Ursache, den Durst zum Ursprung, den Durst zur Herkunft, den Durst zur Entstehung. Wenn der Durst vorhanden ist, entsteht ein Substrat; wenn kein Durst vorhanden ist, entsteht kein Substrat. Er erkennt das Substrat; er erkennt den Ursprung des Substrats; er erkennt die Aufhebung des Substrats; und er erkennt auch den geeigneten Weg, der zur Aufhebung des Substrats führt. Auf diesem Wege befindlich wird er einer, der der Lehre gemäß wandelt. Ein solcher heißt, ihr Bhikkhus, ein Bhikkhu, der auf dem Wege ist zur rechten vollständigen Vernichtung des Leidens, zur Aufhebung der Substrate.

 

11. Und weiter erwägend stellt er die innere Erwägung an: ,Der Durst (*f196) aber, wo entsteht er, wenn er entsteht; wo dringt er ein, wenn er eindringt (*f197)? Erwägend erkennt er also: Was immer in der Welt lieb und annehmlich ist, da entsteht der Durst immer wieder; da dringt er immer wieder ein. ,Was aber ist in der Welt lieb und annehmlich?' Das Sehen (*f198) ist in der Welt lieb und annehmlich hier entsteht der Durst immer wieder; hier dringt er immer wieder ein.

 

12-16. Das Hören ist in der Welt lieb und annehmlich usw.... das Riechen ist in der Welt lieb und annehmlich usw.... das Schmecken ist in der Welt lieb und annehmlich usw.... das Fühlen ist in der Welt lieb und annehmlich usw.... das Denken ist in der Welt lieb und annehmlich: hier entsteht der Durst immer wieder; hier dringt er immer wieder ein.

 

17. Alle die Samanas oder Brāhmanas aber, ihr Bhikkhus, die in der Vergangenheit das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für dauernd angesehen haben, für lustvoll an gesehen haben, für ihr Selbst angesehen haben, für Wohlfahrt angesehen haben, für den Frieden (*f199) angesehen haben: die haben den Durst vermehrt.

 

18. Die den Durst vermehrt haben, die haben das Substrat vermehrt; die das Substrat vermehrt haben, die haben das Leiden vermehrt; die das Leiden vermehrt haben, die sind nicht erlöst worden von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie sind, behaupte ich, nicht erlöst worden vom Leiden.

 

19. Alle die Samanas oder Brāhmanas auch, ihr Bhikkhus, die in Zukunft das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für dauernd ansehen werden, für lustvoll ansehen werden, für ihr Selbst ansehen werden, für Wohlfahrt ansehen werden, für den Frieden ansehen werden die werden den Durst vermehren.

 

20. Die den Durst vermehren werden, die werden das Substrat vermehren; die das Substrat vermehren werden, die werden das Leiden vermehren; die das Leiden vermehren werden, die werden nicht erlöst werden von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie werden, behaupte ich, nicht erlöst werden vom Leiden.

 

21. Alle die Samanas oder Brāhmanas auch, ihr Bhikkhus, die gegenwärtig das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für dauernd ansehen, für lustvoll ansehen, für ihr Selbst ansehen, für Wohlfahrt ansehen, für den Frieden ansehen: die vermehren den Durst.

 

22. Die den Durst vermehren, die vermehren das Substrat; die das Substrat vermehren, die vermehren das Leiden; die das Leiden vermehren, die werden nicht erlöst von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie werden, behaupte ich, nicht erlöst vom Leiden.

 

23. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da eine Trinkschale (*f200) wäre, (der Inhalt wäre) schön von Farbe, duftend und wohlschmeckend (*f201) aber mit Gift vermengt. Und es käme da ein Mann herbei, von Hitze gequält, von Hitze erschöpft, ermüdet, lechzend, durstig. Und man spräche zu ihm also: ,Hier, lieber Mann, ist eine Trinkschale, (der Inhalt ist) schön von Farbe, duftend und wohlschmeckend, aber mit Gift vermengt. Wenn du wünschest, so trinke; wenn du trinkst, wird es dir munden durch seine schöne Farbe, seinen Duft und seinen Wohlgeschmack. Hast du aber getrunken, so wirst du infolge davon den Tod erleiden oder Schmerz, der zum Tode führt.' Und es tränke der Mann von der Trinkschale ungestüm und ohne zu überlegen und wiese sie nicht zurück, und er erlitte infolge davon den Tod oder Schmerz, der zum Tode führt.

 

24-27. Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, vermehren alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der Vergangenheit - in der Zukunft - gegenwärtig (*f202) das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für dauernd ansehen, für lustvoll ansehen, für ihr Selbst ansehen, für Wohlfahrt ansehen, für den Frieden ansehen, den Durst. Die den Durst vermehren, die vermehren das Leiden, die werden nicht erlöst von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie werden, behaupte ich, nicht erlöst vom Leiden.

 

28. Alle die Samanas oder Brāhmanas aber, ihr Bhikkhus, die in der Vergangenheit das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für vergänglich angesehen haben, für leidvoll angesehen haben, für etwas, was kein Selbst ist, angesehen haben, für Krankheit angesehen haben, für Gefahr angesehen haben: die haben den Durst aufgegeben. Die den Durst aufgegeben haben, haben das Substrat aufgegeben; die das Substrat aufgegeben haben, die haben das Leiden aufgegeben; die das Leiden aufgegeben haben, die sind erlöst worden von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie sind, behaupte ich, erlöst worden vom Leiden.

 

29-30. Alle die Samanas oder Brāhmanas auch, ihr Bhikkhus, die in Zukunft das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für vergänglich ansehen werden, für leidvoll ansehen würden, für etwas, was kein Selbst ist, ansehen werden, für Krankheit ansehen werden, für Gefahr ansehen werden: die werden den Durst aufgeben. Die den Durst aufgeben werden, die werden das Substrat aufgeben; die das Substrat aufgeben werden, die werden das Leiden aufgeben; die das Leiden aufgeben werden, die werden erlöst werden von Geburt Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung; sie werden, behaupte ich, erlöst werden vom Leiden.

 

31-32. Alle die Samanas oder Brāhmanas auch, ihr Bhikkhus, die gegenwärtig das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für vergänglich ansehen, für leidvoll ansehen, für etwas, was kein Selbst ist, ansehen, für Krankheit ansehen, für Gefahr ansehen: die geben den Durst auf. Die den Durst aufgeben, die geben das Substrat auf; die das Substrat aufgeben, die geben das Leiden auf; die das Leiden aufgeben, die werden erlöst von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie werden, behaupte ich, erlöst vom Leiden.

 

33. Gerade so, ihr Bhikkhus, wie wenn da eine Trinkschale wäre, (der Inhalt wäre) schön von Farbe, duftend und wohlschmeckend, aber mit Gift vermengt. Und es käme da ein Mann herbei, von Hitze gequält, von Hitze erschöpft, ermüdet, lechzend, durstig. Und man spräche zu ihm also: ,Hier, lieber Mann, ist eine Trinkschale, (der Inhalt ist) schön von Farbe, duftend, und wohlschmeckend, aber mit Gift vermengt. Wenn du wünschest, so trinke; wenn du trinkst, wird es dir munden durch seine schöne Farbe, seinen Duft und seinen Wohlgeschmack. Hast du aber getrunken, so wirst du infolge davon den Tod erleiden oder Schmerz, der zum Tode führt.'

 

34. Und es dächte, ihr Bhikkhus, der Mann also: ,Es wäre mir ja nun möglich, meinen Durst nach Surā (*f203) mit einem (kühlen) Trunke (*f204) zu stillen oder mit saurem Rahm zu stillen oder mit gesalzener Gerstenbrühe oder mit gesalzener Kornbrühe zu stillen; aber ich möchte doch nicht trinken, was mir dann auf lange Zeit hinaus zu Schaden und Leiden gereichen würde. Und es tränke der Mann mit Überlegung nicht von der Trinkschale (*f205), sondern wiese sie zurück, und er erlitte infolge dessen nicht den Tod oder Schmerz, der zum Tode führt.

 

35-40. Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, geben alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der Vergangenheit - in der Zukunft - gegenwärtig (*f206) das, was in der Welt lieb und annehmlich ist, für vergänglich ansehen, für leidvoll ansehen, für etwas, was kein Selbst ist, ansehen, für Krankheit ansehen, für Gefahr ansehen, den Durst auf. Die den Durst aufgeben, die geben das Substrat auf; die das Substrat aufgeben, die geben das Leiden auf; die das Leiden aufgeben, die werden erlöst von Geburt, Alter und Tod, von Schmerzen, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Sie werden, behaupte ich, erlöst vom Leiden."


(*f193) P. sammasatha no tumhe antaram sammasam. Das Verb. sammas (skr. mars mrsati) bedeutet "berühren; über etwas hinstreichen" und in geistigem Sinn "prüfend erwägen, nachdenken über etwas." Ich verweise vor allem auf Jātaka I, S. 75.27, wo es von dem erwägenden Verfolgen der Nidānakette gebraucht wird. Hieran ist ja auch an unserer Stelle gedacht.

(*f194) Über Kammāsadamma s. die Vorbemerkungen zu Sutta 12. 60s12_60.

(*f195) P. upadhi "Grundlage, Unterlage, Substrat". Der Begrift umfaßt alles, worauf unser Dasein beruht, und was uns das Dasein lieb und wertvoll erscheinen läßt. Vor allem gehören die khandhā, die "Wesensbestandteile" (s. 12.2.4. Note) zu den upadhayo, und sie sind nach dem Komm. (II. 153.10) an unserer Steile gemeint. Aber auch Hab und Gut, Weib und Kind sind nach Majjh. 26 (= I, S. 162) upadhayo, weil unser Herz an ihnen hängt. Dadurch, daß der folgende § 10 upadhi aus tanhā entstanden sein läßt, rückt der Begriff nahe an upādāna "Erfassen" und āhāra "Nahrungsstoff" heran. Grimm, Lehre des Buddha 6-8, S. 533, Nr. 2 faßt upadhi - so lautet das Wort im P., nie upādhi, und hat mit upādi etymologisch natürlich nichts zu tun - im Anschluß an Deussen als "Hinzufügung, Beilegung". Ebenso Seidenstücker, Pāli Buddhism S. 381 (im Sinne von "wesensfremder Bestandteil").

(*f196) Vgl. Dīgha 22. 19 (= II. S. 308).

(*f197) P. uppaijamānā uppajjati - nivisamānā nivisati. Es sind hier die Objekte gemeint, denen der Durst sich zuwendet. Die Verbindung des Part. Praes. mit dem Verb. fin. soll wohl das regelmäßig Wiederkehrende, das Gesetzmäßige des Vorganges zum Ausdruck bringen.

(*f198) Im Text werden die Sinnesorgane Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Denksinn an Stelle ihrer Tätigkeit Sehen, Hören, usw. genannt. Man hat sich die ganze Stelle ausgeführt zu denken nach dem Muster der Parallele im Dīgha. Hier werden nach den Organen auch die Objekte der Sinneswahrnehmung (rūpā "Formen, saddā "Töne, gandhā "Gerüche, rasā "Geschmäcke, photthabbā "Tastgefühle und dhamma, "die Dinge"), ferner die Sinneswahrnehmungen selbst usw. als "lieb und annehmlich" (piyarūpa und sātarūpa) bezeichnet. Aus der "Berührung der Sinne mit den Dingen der Außenwelt, ihren "Bereichen, geht eben "Empfindung" und "Durst" hervor.

(*f199) P. niccato, sukhato, attato, ārogyato, khemato. Die Gegensätze dazu in 28 ff. sind aniccato, dukkhato, anattato, rogato, bhayato. Man beachte, daß khema Name für das Nirvana ist. Im Gegensatz dazu drückt bhaya die angstvolle Unruhe des samsāra aus.

(*f200) P. āpānīyakamsa. Das gleiche Bild in ähnlichem Zusammenhang ist auch im Majjhima Nr. 46 und 105 (= I, S. 316 und II, S. 260) verwendet.

(*f201) P. vannasampanno gandhasampanno rasasampanno. Das letzte Wort fehlt hier im Text, ist aber ohne Zweifel nach dem Parallelismus der späteren Stellen (23 und 33) einzusetzen.

(*f202) Ist wieder ausgeführt zu denken nach 17 bis 22.

(*f203) surāpipāsitā. Die surā war das von den alten Indern offenbar am meisten genossene berauschende Getränk.

(*f204) Die Ausdrücke für die verschiedenen Getränke sind der Reihe nach pānīyena (SKo. II. 155.14: sītena vārinā "mit kühlem Wasser"), dadhimandakena (skr. dadhimanda), matthalonikāya (SKo. salonena sattupānīyena), zu skr. saktu "Grütze", bes. "Gerstengrütze), lonasovīrakena (skr. sauvīra "saurer Gersten-, Reis- oder Weizenschleim").

(*f205) Es ist natürlich āpānīyakamsam patisamkhā zu lesen.

(*f206) Ausgeführt zu denken nach 28 bis 32.


S.12.67. Das Rohrbündel

 

Der Thera Mahākotthita wird Majjhima-Nikāya Nr. 118 (= III, S. 78) unter den zehn hervorragendsten Schülern des Buddha genannt. Zumeist finden wir ihn in den Nikāyas im Gespräch mit Sāriputta über irgend eine Frage der buddhistischen Dogmatik. So, außer an unserer Stelle, noch Majjhima Nr. 43 (I, S.292ff.); Samyutta 22. 122. 127ff. (III, S. 167ff., 172ff.), 35.191 (IV, S. 162 ff.), 44. 3 (IV, S. 384ff.); Anguttara, Catukkanipāta 174 (II, S. 161ff.), Navakanipāta 13 (IV, S.382ff.). Mit Savittha zusammen begegnen wir ihm bei Sāriputta Anguttara, Ekanipāta 21 (I, S. 118ff.). In Unterredung mit dem Buddha treffen wir ihn Samyutta 35. 161 (IV. 145ff.). Im Anguttara, Ekanipāta 14 (I, S. 24) wird er als der erste unter denen bezeichnet, welche die übernatürlichen Kenntnisse des Arahant erworben haben (patisambhidappattānam aggo). Merkwürdig ist die Stelle Anguttara, Chakkanipāta 60 (III, S. 392), wo Mahākotthita den Citta Hatthisāriputta zurecht weist, weil er den Abhidhamma Vortrag der Theras durch Zwischenfragen unterbricht. Von dem gleichen Bhikkhu hat er (8. ebda S. 398) vorher gesagt, daß er einmal wieder aus dem Orden austreten werde, um freilich in ihn zurückzukehren und die Stufe des Arahant zu erreichen.

 

1. Einstmals verweilten der ehrwürdige Sāriputta und der ehrwürdige Mahākotthita in Bārānasī, in Isipatana, im Antilopenhain.

 

2. Da erhob sich der ehrwürdige Mahākotthita um die Abendzeit aus einsamer Meditation und begab sich dorthin, wo der ehrwürdige Sāriputta sich befand, und nachdem er mit dem ehrwürdigen Sāriputta die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend sprach dann der ehrwürdige Mahākotthita zu dem ehrwürdigen Sāriputta also: "Ist etwa, verehrter Sāriputta, Alter und Tod selbst verursacht, ist Alter und Tod von einem anderen verursacht, ist Alter und Tod sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, oder ist Alter und Tod nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?"

 

4. "Nicht ist, verehrter Kotthita, Alter und Tod selbst verursacht, nicht ist Alter und Tod von einem anderen verursacht, nicht ist Alter und Tod sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, und es ist auch nicht A1ter und Tod nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden. Aus Geburt als Ursache vielmehr entsteht Alter und Tod."

 

5-19. "Ist nun etwa, verehrter Sāriputta, Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche (*f207) - Name und Form selbst verursacht, ist Name und Form von einem anderen verursacht, ist Name und Form sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, oder ist Name und Form nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?"

 

20. "Nicht ist, verehrter Kotthita, Name und Form selbst verursacht, nicht ist Name und Form von einem anderen verursacht, nicht ist Name und Form sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, und es ist auch nicht Name und Form nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden. Aus Bewußtsein als Ursache vielmehr entsteht Name und Form.

 

21. "Ist nun etwa, verehrter Sāriputta, das Bewußtsein selbst verursacht, ist das Bewußtsein von einem anderen verursacht, ist das Bewußtsein sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, oder ist das Bewußtsein nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?"

 

22. "Nicht ist, verehrter Kotthita, das Bewußtsein selbst verursacht, nicht ist das Bewußtsein von einem anderen verursacht, nicht ist das Bewußtsein sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, und es ist auch nicht das Bewußtsein nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden. Aus Name und Form als Ursache vielmehr entsteht das Bewußtsein (*f208)."

 

23. "Jetzt verstehen wir zunächst das Wort des ehrwürdigen Sāriputta also: ,Nicht ist, verehrter Kotthita, Name und Form selbst verursacht, nicht ist Name und Form von einem anderen verursacht, nicht ist Name und Form sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, und es ist auch nicht Name und Form nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden. Aus Bewußtsein als Ursache vielmehr entsteht Name und Form.'

 

24. Jetzt verstehen wir zunächst das Wort des ehrwürdigen Sāriputta also: ,Nicht ist, verehrter Kotthita, das Bewußtsein selbst verursacht, nicht ist das Bewußtsein von einem anderen verursacht, nicht ist das Bewußtsein sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht, und es ist auch nicht das Bewußtsein nicht selbst bewirkt noch auch von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden. Aus Name und Form als Ursache vielmehr entsteht das Bewußtsein.'

 

25. Wie aber ist, verehrter Sāriputta, der Sinn dieses Wortes aufzufassen?" - "So will ich dir denn, Verehrter, ein Gleichnis ersinnen; durch ein Gleichnis erfassen hier manche ein-sichtige Männer den Sinn eines Wortes:

 

26. Gerade so, Verehrter, wie wenn da zwei Rohrbündel an einander gelehnt stünden. Ganz ebenso, Verehrter, entsteht aus Name und Form als Ursache das Bewußtsein; aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form; aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt entsteht A1ter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. - Wenn man aber, Verehrter, von diesen Rohrbündeln das eine an sich zöge, so fiele das andere um, und wenn man das andere an sich zöge, so fiele das erste um. Ganz ebenso, Verehrter, folgt aus der Aufhebung von Name und Form die Aufhebung des Bewußtseins; aus der Aufhebung des Bewußtseins folgt Aufhebung von Name und Form; aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche; aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung; aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung; aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes, aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens; aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens; aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt; durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."

 

27. "Wunderbar, verehrter Sāriputta, unvergleichlich, verehrter Sāriputta, wie so trefflich das von dem ehrwürdigen Sāriputta gesagt ist; wir aber bezeugen für dieses Wort des ehrwürdigen Sāriputta unseren Dank mit den folgenden sechs und dreißig Sätzen (*f209):

 

28. Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, zum Widerwillen gegen Alter und Tod, zu ihrem Verschwinden und ihrer Aufhebung (vgl. oben Sutta 16s12_16) die wahre Lehre predigt, so mag man füglich sagen: ein Wahrheitskünder ist der Bhikkhu. - Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, nach dem Widerwillen gegen Alter und Tod, nach ihrem Verschwinden und ihrer Aufhebung wandelnd strebt, so mag man füglich sagen: einer, der gemäß der wahren Lehre: wandelt, ist der Bhikkhu. - Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, infolge des Widerwillens gegen Alter und Tod, infolge ihres Verschwinden und ihrer Aufhebung, durch Nichterfassen erlöst ist, dann mag man füglich sagen: einer, der bei Lebzeiten das Nirvana erreicht hat, ist der Bhikkhu.

 

29-39. Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, zum Widerwillen gegen Geburt - gegen Werden - gegen Erfassen - gegen Durst - gegen Empfindung - gegen Berührung - gegen die sechs Sinnesbereiche - gegen Name und Form - gegen Bewußtsein - gegen die Gestaltungen - wenn ein Bhikkhu, Verehrter, zum Widerwillen gegen das Nichtwissen, zu seinem Verschwinden und seiner Aufhebung die wahre Lehre predigt, dann mag man füglich sagen: ein Wahrheitskünder ist der Bhikkhu. - Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, nach dem Widerwillen gegen Geburt usw. usw.... gegen das Nichtwissen, nach seinem Verschwinden und seiner Aufhebung wandelnd strebt, so mag man füglich sagen: einer, der gemäß der wahren Lehre wandelt, ist der Bhikkhu. - Wenn ein Bhikkhu, Verehrter, infolge des Widerwillens gegen Geburt usw. usw.... gegen das Nichtwissen, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung, durch Nichterfassen erlöst ist, so mag man füglich sagen: einer, der bei Lebzeiten das Nirvana erreicht hat, ist der Bhikkhu."

 

 


(*f207) Bei jedem dieser Glieder der Nidānakette lautet die Frage des Mahākotthita wie in 3, und Sāriputta weist in seiner Antwort, entsprechend der Fassung in 4, auf das jeweils vorhergehende Glied der Reihe als auf die Ursache der Entstehung hin. Geburt beruht auf Werden, Werden auf Erfassen usw.

(*f208) Vgl. dazu Sutta 65. 7-9s12_65 mit den Vorbemerkungen zu dem Sutta.

(*f209) P. idam ca mayam . . . bhāsitam imehi chattimsāya uatthūhi anumodāma. In dem Verbum anu-mud liegt der Begriff der freudigen Zustimmung, des Beifalls. Mit den 36 Sätzen sind die zwölf Glieder der Nidānakette gemeint, von denen jedes unter dreifachem Gesichtspunkt (dhammam deseti, patipanno hoti, anupādā vimutto hoti) betrachtet wird.


S.12.68. Kosambi

 

Die Stadt Kosambi (= skr. Kausāmbī) ist am Ganges oberhalb der Vereinigung mit der Yamunā in der Gegend des heutigen Khāga gelegen. Der Ghositārāma, ein Klostergarten daselbst, wird in den Nikayas häufig als Aufenthaltsort des Buddha und seiner Schüler erwähnt. Über den Thera Savittha s. die Einleitung zum vor. Sutta. Sonst wird außer Ananda in den Nikayas meines Wissens nur noch Nārada erwähnt, nämlich Anguttara, Pañcakanipāta 50. 1ff. (III. 57ff.)

Die Klimax in 2 (P. saddhā, ruci, anussava, ākārapanvitakka, ditthinijjhānakhanti) findet sich auch im Majjhima, Nr. 95 (= II, S. 170), 101 (= II, S. 218), 102 (= II, S. 234) und Samyutta 35. 152 (= IV. 138ff.). Im Anguttara, Cattukkanipāta 193 (= II, 191) begegnen uns anussava, ākāraparivitakha und ditthinijjhānakhanti in anderer Verbindung. Es handelt sich um die Vorstufen, die auf den Heilsweg führen. Zu ditthinijjhānakhanti ist dhammanijjhānakhanti (M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 35 mit Anm. 1 und S. 50) zu vergleichen. Wie jenem ākāraparivittaka, so geht diesem atthūpaparikkhā vorher. Es ergibt sich also eine Bedeutungsverwandtschaft dieser beiden Termini. Die Klimax beginnt mit dem "Glauben", d. h. dem Vertrauen zu einem der Lehrer, in diesem Fall zum Buddha, daß er die Wahrheit spricht (Kommentar II. 156 l.Z. "er nimmt an: was dieser spricht, das ist wahr"). Es folgt dann das "Wohlgefallen" an dem Gehörten und infolge dessen das "wiederholte Hören" der Vorträge des Lehrers. Der nächste Schritt ist dann das "Erwägen der Gründe" also die kritische Prüfung des Gehörten, und der letzte die "Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung". Genauer ausgedrückt ist das der Zustand, wo sich der Gegenstand dem eindringenden Verständnis erschließt. Denn man sagt z. B. dhammā nijjhānam khamanti, wtl. "die Objekte statten die geistige Versenkung".

 

1. Einstmals verweilten der ehrwürdige Musīla und der ehrwürdige Savittha und der ehrwürdige Nārada und der ehrwürdige Ananda in Kosambi im Ghositārāma.

 

2. Da sprach der ehrwürdige Savittha zu dem ehrwürdigen Musīla also: "Außer dem Glauben, verehrter Musīla, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung - besitzt (außerdem) der ehrwürdige Musīla noch die persönliche Erkenntnis (*f211): aus der Geburt als Ursache entsteht Alter und Tod?"

 

3. "Außer dem Glauben, verehrter Savittha, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung erkenne ich dies und sehe ich dies: aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod."

 

4-13. "Außer dem Glauben, verehrter Musīla, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung - besitzt (außerdem) der ehrwürdige Musīla noch die persönliche Erkenntnis: aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt - aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden - aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen - aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst - aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung - aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung - aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche - aus dem Bewußtsein als Ursache entstehen Name und Form - aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein - aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen?"

 

14. "Außer dem Glauben, verehrter Savittha, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung erkenne ich dies und sehe ich dies: aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt usw. (= 4-13) . . . aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen."

 

15. Außer dem Glauben verehrter Musīla, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung - besitzt (außerdem) der ehrwürdige Musīla noch die persönliche Erkenntnis: aus der Aufhebung der Geburt folgt Aufhebung von Alter und Tod?"

 

16. "Außer dem Glauben, verehrter Savittha, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die wahre Anschauung erkenne ich dies und sehe ich dies: aus der Aufhebung der Geburt folgt Aufhebung von Alter und Tod."

 

17-24. "Außer dem Glauben, verehrter Musīla, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung - besitzt (außerdem) der ehrwürdige Musīla noch die persönliche Erkenntnis: aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt - aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens - aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens - aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes - aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung - aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung - aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche - aus der Aufhebung des Bewußtseins folgt Aufhebung von Name und Form - aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins - aus der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen?"

 

25. "Außer dem Glauben, verehrter Savittha, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung erkenne ich dies und sehe ich dies: aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt usw. usw. (= 17-24) . . . aus der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen."

 

26. "Außer dem Glauben, verehrter Musīla, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung - besitzt (außerdem) der ehrwürdige Musīla noch die persönliche Erkenntnis: Aufhebung des Werdens ist das Nirvana?"

 

27. "Außer dem Glauben, verehrter Savittha, außer dem Wohlgefallen, außer dem wiederholten Hören, außer dem Erwägen der Methode und außer der Fähigkeit der geistigen Versenkung in die rechte Anschauung erkenne ich dies und sehe ich dies: Aufhebung des Werdens ist das Nirvana."

 

28. "Dann ist also der ehrwürdige Musīla ein Arahant, bei dem die weltlichen Einflüsse vernichtet sind."

 

29. Auf dieses Wort hin schwieg der ehrwürdige Musīla stille.

 

30. Da nun sprach der ehrwürdige Nārada zu dem ehrwürdigen Savittha also: "Gerne möchte ich, verehrter Savittha, diese Frage gestellt bekommen. Frage mich diese Frage, ich werde dir diese Frage beantworten."

 

31. "Es soll der ehrwürdige Nārada diese Frage gestellt bekommen. Ich frage den ehrwürdigen Nārada diese Frage, und es soll mir der ehrwürdige Nārada diese Frage beantworten."

 

32-57. "Außer dem Glauben, verehrter Nārada, usw. usw. . . .

 

Es wird nun das ganze Gespräch 2 bis 27 wiederholt mit dem Unterschied, daß der Name des Nārada an Stelle des Namens des Musīla eingesetzt wird.

Aufhebung des Werdens ist das Nirvana."

 

58. "Dann ist also der ehrwürdige Nārada ein Arahant, bei dem die weltlichen Einflüsse aufgehoben sind."

 

59. "Aufhebung des Werdens ist das Nirvana: das habe ich ja, Verehrter, der Wirklichkeit gemäß in richtiger Erkenntnis wohl gesehen; aber ich bin kein Arahant, bei dem die weltlichen Einflüsse vernichtet sind.

 

60. Gerade so, Verehrter, wie wenn da am Wege durch eine Wildnis ein Brunnen (*f212) wäre. Es wäre da aber kein Wasserkrug mit einem Seil. Und es käme da ein Mann herbei, von Hitze gequält, von Hitze erschöpft, ermüdet, lechzend, durstig. Der erblickte den Brunnen, und er wüßte auch es ist Wasser drinnen; aber er vermöchte es doch nicht mit dem Körper zu berühren.

 

61. Ganz ebenso, Verehrter, habe ich, daß Aufhebung des Werdens Nirvana ist, der Wirklichkeit gemäß in richtiger Erkenntnis wohl gesehen; aber ich bin kein Arahant, bei dem die weltlichen Einflüsse vernichtet sind."

 

62. Auf dieses Wort hin sprach der ehrwürdige Ananda zu dem ehrwürdigen Savittha also: "Wenn du dieser Anschauung bist (*f213), verehrter Savittha, was sagst du dann zu dem ehrwürdigen Nārada?"

 

63. "Da ich dieser Anschauung bin, verehrter Ananda, so sage ich zu dem ehrwürdigen Nārada, nichts als nur Schönes, als nur Gutes."


(*f211) P. paccattam eva ñānam, d. h. ist ihm diese Erkenntnis zum vollen inneren Eigentum geworden, ist sie ihm, so zu sagen, in Fleisch und Blut übergegangen.

(*f212) P. udapāna. Der Kommentar (II. 157 l.Z.) erklärt das Wort mit "eine zwanzig bis dreißig Ellen tiefe Wassergrube".

(*f213) P. evamvādin, wtl. "so belehrend, so verkündigend". Savittha ist also gleichfalls der Anschauung, daß Nārada trotz seiner Erkenntnis noch nicht die Stufe der Arahant erreicht hat. Er will ihm daraus aber keinen Vorwurf machen, sondern ihm freundlich zusprechen, damit er in seinem Streben nicht erlahme.


S.12.69. Sie nehmen zu

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthi, im Jetahaine, im Parke des Anāthapindika.

 

2. Da nun redete der Erhabene die Bhikkhus an:

 

3. "Wenn der große Ozean zunimmt (*f214), macht er die großen Ströme zunehmen; wenn die großen Ströme zunehmen, machen sie die kleinen Flüsse zunehmen; wenn die kleinen Flüsse zunehmen, machen sie die großen Teiche zunehmen; wenn die großen Teiche zunehmen, machen sie die kleinen Teiche zunehmen.

 

4. Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, wenn das Nichtwissen zunimmt, macht es die Gestaltungen zunehmen; wenn die Gestaltungen zu nehmen, machen sie das Bewußtsein zunehmen; wenn das Bewußtsein zunimmt, macht es Name und Form zunehmen; wenn Name und Form zunimmt, macht es die sechs Sinnesbereiche zunehmen; wenn die sechs Sinnesbereiche zunehmen, machen sie die Berührung zunehmen; wenn die Berührung zunimmt, macht sie die Empfindung zunehmen; wenn die Empfindung zunimmt, macht sie den Durst zunehmen; wenn der Durst zunimmt, macht er das Erfassen zunehmen; wenn das Erfassen zunimmt, macht es das Werden zunehmen; wenn das Werden zunimmt, macht es die Geburt zunehmen; wenn die Geburt zunimmt, macht sie Alter und Tod zunehmen.

 

5. Wenn der große Ozean abnimmt, macht er die großen Ströme abnehmen; wenn die großen Ströme abnehmen, machen sie die kleinen Flüsse abnehmen; wenn die kleinen Flüsse abnehmen, machen sie die großen Teiche abnehmen; wenn die großen Teiche abnehmen, machen sie die kleinen Teiche abnehmen.

 

6. Ganz ebenso, ihr Bhikkhus, wenn das Nichtwissen abnimmt, macht es die Gestaltungen abnehmen; wenn die Gestaltungen abnehmen, machen sie das Bewußtsein abnehmen; wenn das Bewußtsein abnimmt, macht es Name und Form abnehmen; wenn Name und Form abnimmt, macht es die sechs Sinnesbereiche abnehmen; wenn die sechs Sinnesbereiche abnehmen, machen sie die Berührung abnehmen; wenn die Berührung abnimmt, macht sie die Empfindung abnehmen; wenn die Empfindung abnimmt, macht sie den Durst abnehmen; wenn der Durst abnimmt, macht er das Erfassen abnehmen; wenn das Erfassen abnimmt, macht es das Werden abnehmen; wenn das Werden abnimmt, macht es die Geburt abnehmen; wenn die Geburt abnimmt, macht sie Alter und Tod abnehmen."


(*f214) Wtl. "Wenn er herankommt" (upayanto), d. h. wenn er zur Flutzeit (der Komm. II.158.12 sagt: udakavaddhanasamaye "zur Zeit des Anwachsens des Wassers") weiter am Strand heraufsteigt und die Flüsse zurückdämmt. Gegensatz ist "wenn er weg geht" (apayanto), vom Rückgang des Wassers bei Ebbe.


S.12.70. Susīma

 

Wichtig ist in unserem Sutta in 17-22 und 51-56 die Aufzählung der Wunderkräfte (P. abhiññā), über die der Vollendete, der Arahant, verfügt. Nach dem Sāmaññaphala-Suttanta (Dīgha 2) sind sie die Frucht der Vierten Versenkungsstufe. Es sind das 1) die übernatürlichen Fähigkeiten (anekavihitā iddhividhā), wie sie in 17 beschrieben werden. Die sitzende Stellung beim Freischweben in der Luft ist die pallanka-Stellung, das Hocken mit untergeschlagenen Beinen, wie es bei der Meditation üblich ist. Es handelt sich bei allen jenen Fähigkeiten um mystische Erlebnisse im Zustand der Ekstase. Vgl. Heiler, Die Buddhistische Versenkung 2, S.35.-2) Das himmlische Ohr (dibbam sotam). - 3) Das Gedankenlesen (cetopariyaññānam), vermöge dessen man den sittlich-religiösen Stand der anderen Menschen erkennt. Es vergleicht sich dies der Kardiognosie der christlichen Mystik. (Heiler, S. 34.) - 4) Die Erinnerung an die früheren Existenzen (pubbenivāsaanussatiñānam) Heiler, S.30.-5) Das himmlische Auge (dibbam cakkhu), das den Einblick ermöglicht in das ganze Getriebe des samsāra, der Seelenwanderung. - 6) Die Loslösungszustände (vimokkhā). Es sind das vier oder fünf Versenkungsstufen rein abstrakter Art, die mit den ihnen vorhergehenden Yogaübungen, den sog. kasina, zu einer Sieben- oder Achtzahl zusammen gefaßt werden. Sie stellen eine fortschreitende Abstraktion dar bis zu der Stufe, wo es weder Bewußtsein noch Bewußtseinslosigkeit gibt. Gemeinsam ist diesen Versenkungszuständen, daß sie dem Gebiete des Formlosen (arūpa) angehören. Vgl. Heiler, S.26ff.

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte der Erhabene in Rājagaha, im Bambushaine, im Kalandakanivāpa.

 

2. Zu jener Zeit aber war der Erhabene willkommen (*f215), wert geschätzt, hoch geachtet, verehrt, angesehen, versorgt mit dem Notwendigen an Kleidung, Almosenspeise, Unterkunft, Krankenkost, Arzneien.

 

3. Und auch die Gemeinde der Bhikkhus war willkommen, wert geschätzt, hoch geachtet, verehrt, angesehen, versorgt mit dem Notwendigen an Kleidung, Almosenspeise, Unterkunft, Krankenkost, Arzneien.

 

4. Die ketzerischen Bettelgänger aber waren nicht willkommen, nicht wert geschätzt, nicht hoch geachtet, nicht verehrt, nicht angesehen, nicht versorgt mit dem Notwendigen an Kleidung, Almosenspeise, Unterkunft, Krankenkost, Arzneien.

 

5 Zu jener Zeit aber weilte der Bettelgänger Susīma (*f216) in Rājagaha mit einer großen Gefolgschaft von Bettelgängern.

 

6. Da nun sprach die Gefolgschaft des Bettelgängers Susīma zu dem Bettelgänger Susīma also: " Gehe du, verehrter Susīma, und führe den heiligen Wandel bei dem Samana Gotama. Wenn du die Lehre gelernt hast, sollst du sie uns mitteilen; wenn wir dann die Lehre gelernt haben, werden wir sie den Laien vortragen. Auf diese Weise werden auch wir willkommen werden, wert geschätzt, hoch geachtet, verehrt, angesehen, versorgt mit dem Notwendigen an Kleidung, Almosenspeise, Unterkunft, Krankenkost, Arzneien."

 

7. "Wohl, Verehrte!" erwiderte aufhorchend der Bettelgänger Susīma seiner Gefolgschaft und begab sich dorthin, wo der ehrwürdige Ananda sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, begrüßte er sich mit Ananda. und nachdem er mit ihm die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, setzte er sich zur Seite nieder.

 

8. Zur Seite sitzend sprach dann der Bettelgänger Susīma zu dem ehrwürdigen Ananda also: " Ich wünsche, verehrter Ananda, in eurer Lehre und Regel (*f44) den heiligen Wandel zu führen."

 

9. Da nahm der ehrwürdige Ananda den Bettelgänger Susīma mit sich und begab sich dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begehen und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

10. Zur Seite sitzend sprach dann der ehrwürdige Ananda zu dem Erhabenen also: "Der Bettelgänger Susīma hier, Erhabener, hat also gesagt ich wünsche, verehrter Ananda, in eurer Lehre und Regel den heiligen Wandel zu führen.

 

11. "So vollziehet denn, Ananda, an Susīma die Zeremonie der Weltabkehr."

 

12. Es bekam auch der Bettelgänger Susīma bei dem Erhabenen die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft gewährt.

 

13. Zu jener Zeit nun wurde von zahlreichen Bhikkhus vor dem Erhabenen die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich.

 

14. Es hörte aber der ehrwürdige Susīma: Von zahlreichen Bhikkhus also wurde vor dem Erhabenen die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich.

 

15. Und es begab sich der ehrwürdige Susīma dorthin, wo jene Bhikkhus sich befanden. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, begrüßte er sich mit jenen Bhikkhus, und nachdem er mit ihnen die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, setzte er sich zur Seite nieder.

 

16. Zur Seite sitzend sprach dann der ehrwürdige Susīma zu jenen Bhikkhus also: "Ist also wirklich von den Ehrwürdigen vor dem Erhabenen die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt worden: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich?"

"Ja, Verehrter."

 

17. "Genießt aber nun auch ihr Ehrwürdigen alle, solches wissend und solches schauend, die verschiedenen Arten der übernatürlichen Fähigkeiten? Werdet ihr aus einem viele und werdet ihr aus vielen einer? Macht ihr euch sichtbar und verschwindet ihr (*f218)? Geht ihr ungehemmt durch Wände, Mauern, Berge, wie in freiem Raum? Taucht ihr in der Erde auf und unter, wie im Wasser? Geht ihr auf dem Wasser, ohne daß es sich zerteilt, wie auf festem Erdboden? Bewegt ihr euch in sitzender Stellung in der Luft, wie ein beschwingter Vogel? Berührt und liebkost ihr mit der Hand die beiden so wunderbaren, so mächtigen (Gestirne), Mond und Sonne? Übt ihr selbst bis in die Brahmawelt hinauf körperlichen Einfluß aus (*f219)?''

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

18. "Vernehmt nun aber auch, ihr Ehrwürdigen, solches wissend und solches schauend, mit dem himmlischen Ohr (*f220), dem geläuterten, übermenschlichen, beiderlei Töne, himmlische und irdische, solche die ferne und solche die nahe sind?"

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

19. "Erkennt nun aber auch ihr Ehrwürdigen, solches wissend und solches schauend, das Herz anderer Wesen, anderer Personen, indem ihr mit dem eigenen Herzen es begreift? Erkennt ihr ein von Begierde erfülltes Denken als ein von Begierde erfülltes Denken, oder erkennt ihr ein von Begierde freies Denken als ein von Begierde freies Denken? Erkennt ihr ein von Haß erfülltes Denken als ein von Haß erfülltes Denken, oder erkennt ihr ein von Haß freies Denken als ein von Haß freies Denken? Erkennt ihr ein von Betörung erfülltes Denken als ein von Betörung erfülltes Denken, oder erkennt ihr ein von Betörung freies Denken als ein von Betörung freies Denken? Erkennt ihr ein zusammen gefaßtes Denken als ein zusammengefasstes Denken, oder erkennt ihr ein zerstreutes Denken als ein zerstreutes Denken? Erkennt ihr ein hochstrebendes Denken als ein hochstrebendes Denken, oder erkennt ihr ein nicht hochstrebendes Denken als nicht hochstrebendes Denken? Erkennt ihr ein Denken mit höheren Zielen als ein Denken mit höheren Zielen, oder erkennt ihr ein Denken ohne höhere Ziele als ein Denken ohne höhere Ziele? Erkennt ihr ein geistig gesammeltes Denken als ein geistig gesammeltes Denken, oder erkennt ihr ein geistig nicht gesammeltes Denken als ein geistig nicht gesammeltes Denken? Erkennt ihr ein erlöstes Denken als ein erlöstes Denken, oder erkennt ihr ein nicht erlöstes Denken als ein nicht erlöstes Denken?"

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

20. "Erinnert nun aber auch ihr Ehrwürdigen euch, solches wissend und solches schauend, an die verschiedenen früheren Daseinsformen? Wie etwa an eine Geburt und an zwei Geburten und an drei Geburten und an vier Geburten und an fünf Geburten und an zehn Geburten und an zwanzig Geburten und an dreißig Geburten und an vierzig Geburten und an fünfzig Geburten und an hundert Geburten und an tausend Geburten und an hunderttausend Geburten? An zahlreiche Zeitalter des Weltunterganges und an zahlreiche Zeitalter der Welterneuerung und an zahlreiche Zeitalter des Weltunterganges und der Welterneuerung? ,Damals trug ich den und den Namen, war von der und der Sippe, von der und der Kaste, nährte mich so und so, empfand dies und das an Lust und Leid wurde so und so alt. Nachdem ich von dort abgeschieden, wurde ich da und da wiedergeboren. Da trug ich dann wieder den und den Namen, war von der und der Sippe, von der und der Kaste, nährte mich so und so, empfand dies und das an Lust und Leid, wurde so und so alt. Nachdem ich wieder von dort abgeschieden, bin ich hier wiedergeboren worden.' Erinnert ihr euch so an die verschiedenen früheren Daseinsformen mit ihren besonderen Vorkommnissen und Einzelheiten?"

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

21. "Überschaut ihr Ehrwürdigen nun aber auch, solches wissend und solches schauend, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, übermenschlichen die Wesen, erkennt ihr die Wesen, wie sie abscheiden und wiedergeboren werden, niedrige und vornehme, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche, wie sie da kommen gemäß ihrem Kamma? Diese Wesen da waren begabt mit üblem Wandel im körperlichen Tun, waren begabt mit üblem Wandel im Reden, waren begabt mit üblem Wandel im Denken; sie haben die Edlen geschmäht, waren von falscher Anschauung und haben ihr Handeln nach ihrer falschen Anschauung gestaltet: diese sind nach der Auflösung des Körpers, nach dem Tode zu niedriger Daseinsform, leidvoller Existenz, Verdammnis und Hölle wiedergeboren werden. Diese Wesen da aber waren begabt mit gutem Wandel im körperlichen Tun, waren begabt mit gutem Wandel im Reden, waren begabt mit gutem Wandel im Denken; sie haben die Edlen nicht geschmäht, waren von rechter Anschauung und haben ihr Handeln nach ihrer rechten Anschauung gestaltet: diese sind nach der Auflösung des Körpers, nach dem Tode zu glücklicher Existenz, zur himmlischen Welt wiedergeboren worden. Überschaut ihr so mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, übermenschlichen die Wesen? Erkennt ihr die Wesen, wie sie abscheiden und wiedergeboren werden, niedrige und vornehme, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche, wie sie da kommen gemäß ihrem Kamma?"

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

22. "Erreicht ihr Ehrwürdigen nun aber auch, solches wissend und solches schauend, körperlich die friedvollen Loslösungszustände, die über die Formen hinauskommend dem Gebiet der Formlosigkeit angehören?"

"Nein, Verehrter, das ist nicht der Fall."

 

23. "Hier (steht) jetzt, ihr Ehrwürdigen, (in Widerspruch) einerseits diese eure Erklärung (der erreichten höchsten Erkenntnis) und andrerseits die Nichterreichung solcher Zustände (*f221)."

 

24. "Nein, Verehrter, dies (steht) nicht (im Widerspruch)."

 

25. "Wie das?"

"Wir sind durch Erkenntnis erlöst, verehrter Susīma (*f222)."

 

26. " Ich verstehe ja von diesem kurz gefaßten Ausspruch der Ehrwürdigen den Sinn nicht ausführlich; die Ehrwürdigen mögen es mir gütigst so erklären, daß ich von diesem kurz gefaßten Ausspruch der Ehrwürdigen den Sinn ausführlich verstehe."

 

27. "Ob du es nun verstehst, verehrter Susīma, oder ob du es nicht verstehst: wir sind eben durch Erkenntnis erlöst."

 

28. Darauf nun erhob sich der ehrwürdige Susīma von seinem Sitze und begab sich dahin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

29. Zur Seite sitzend berichtete nun der ehrwürdige Susīma dem Erhabenen die ganze Unterredung, die er mit der Bhikkhus gehabt hatte.

 

30. "Zuerst kommt ja, Susīma, das Wissen von der Gesetzmäßigkeit (*f223), später dann das Wissen vom Nirvana."

 

31. "Ich verstehe ja, Herr, von diesem kurz gefaßten Ausspruch des Erhabenen den Sinn nicht ausführlich; der Erhabene möge es mir gütigst so erklären, daß ich von diesem kurz gefaßten Ausspruch den Sinn ausführlich verstehe."

 

32. "Ob du es nun verstehst, Susīma, oder ob du es nicht verstehst zuerst kommt eben das Wissen von der Gesetzmäßigkeit, später dann das Wissen vom Nirvana. - Was denkst du, Susīma, ist die Form ständig oder unständig?"

"Unständig, Herr."

(Hier und im folg. die Lehre von der Unständigkeit der fünf khandhā, der "Wesensbestandteile").

 

33. "Was aber unständig ist, ist das leidvoll oder lustvoll?"

"Leidvoll, Herr. "

"Was aber unständig und leidvoll ist, dem Gesetz der Umgestaltung unterworfen, ist es richtig, das so zu betrachten: das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

34. "Ist die Empfindung ständig oder unständig?"

"Unständig, Herr." usw. usw. (= 33.)

 

35. "Ist die Wahrnehmung ständig oder unständig?"

"Unständig, Herr." usw. usw. (= 33).

 

36. "Sind die Gestaltungen ständig oder unständig?"

"Unständig, Herr." usw. usw. (= 33).

 

37. "Ist das Bewußtsein ständig oder unständig?"

"Unständig, Herr."

"Was aber unständig ist, ist das leidvoll oder lustvoll?"

"Leidvoll Herr."

"Was aber unständig und leidvoll ist, dem Gesetz der Umgestaltung unterworfen, ist es richtig, das so zu betrachten: das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

38. "Darum, Susīma, was da immer für eine Form ist, vergangen, künftig oder gegenwärtig, an der eignen Person oder außerhalb, grob oder fein, niedrig oder vornehm, fern oder nahe: alle solche Form, die gehört mir nicht, das bin nicht ich, das ist nicht mein Selbst. So muß man dies der Wirklichkeit gemäß durch rechte Erkenntnis ansehen.

 

39. Was da immer für eine Empfindung ist, vergangen, künftig oder gegenwärtig usw. usw. (= 38).

 

40. Was da immer für eine Wahrnehmung ist, vergangen, künftig oder gegenwärtig usw. usw. (= 38).

 

41. Was da immer für Gestaltungen sind, vergangen, künftig oder gegenwärtig usw. usw. (= 38).

 

42. Was da immer für ein Bewußtsein ist, vergangen, künftig oder gegenwärtig, an der eigenen Person oder außerhalb, grob oder fein, niedrig oder vornehm, fern oder nahe: alles solches Bewußtsein, das gehört nicht mir, das bin nicht ich, das ist nicht mein Selbst. So muß man dies der Wirklichkeit gemäß durch rechte Erkenntnis ansehen.

 

43. Also schauend, Susīma, empfindet ein wohlunterrichteter edler Jünger Widerwillen gegen die Form -, er empfindet Widerwillen gegen die Empfindung - gegen die Wahrnehmung - gegen die Gestaltungen - gegen das Bewußtsein. Indem er Widerwillen empfindet, wird er gleichgültig. Infolge der Gleichgültigkeit wird er erlöst. In dem Erlösten entsteht das Wissen: (das ist) Erlösung. Vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß er.

 

44. Aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

"Aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

45. "Aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

"Aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen: siehst du das ein, Susīma?''

"Ja, Herr."

 

46. ,Aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

"Aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

47. "Aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung - aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche, - aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form, - aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein, - aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

48. "Aus der Aufhebung der Geburt folgt Aufhebung von Alter und Tod: siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

49. "Aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt, siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

50. "Aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens, - aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens, - aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes, - aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung, - aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung, - aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche, - aus der Aufhebung des Bewußtseins folgt Aufhebung von Name und Form, - aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins, - aus der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen siehst du das ein, Susīma?"

"Ja, Herr."

 

51. "Genießest du nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, die verschiedenen Arten der übernatürlichen Fähigkeiten? Wirst du aus einem zu vielen und wirst du aus vielen zu einem? Machst du dich sichtbar und verschwindest du? Gehst du ungehemmt durch Wände, Mauern, Berge, wie in freiem Raum? Tauchst du in der Erde auf und unter, wie im Wasser? Gehst du auf dem Wasser, ohne daß es sich zerteilt, wie auf festem Erdboden? Bewegst du dich in sitzender Stellung in der Luft, wie ein beschwingter Vogel? Berührst und liebkosest du mit der Hand die beiden so wunderbaren, so mächtigen (Gestirne), Mond und Sonne? Übst du selbst bis in die Brahmawelt hinauf körperlichen Einfluß aus?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall. "

 

52. "Vernimmst du nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, mit dem himmlischen Ohr, dem geläuterten, übermenschlichen, beiderlei Töne, himmlische und irdische, solche, die ferne und solche die nahe sind?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

53. "Erkennst du nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, das Herz anderer Wesen, anderer Personen, indem du mit dem eigenen Herzen es begreifst? Erkennst du ein von Begierde erfülltes Denken als ein von Begierde erfülltes Denken, oder erkennst du ein von Begierde freies Denken als ein von Begierde freies Denken? usw. usw. (= 19) . . . Erkennst du ein erlöstes Denken als ein erlöstes Denken, oder erkennst du ein nicht erlöstes Denken als ein nicht erlöstes Denken?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

54. "Erinnerst du dich nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, an die verschiedenen früheren Daseinsformen? Wie etwa an eine Geburt und an zwei Geburten usw. usw. (= 20) . . . Erinnerst du dich so an die verschiedenen früheren Daseinsformen mit ihren besonderen Vorkommnissen und Einzelheiten?"

"Nein Herr, das ist nicht der Fall."

 

55. "Überschaust du nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, übermenschlichen, die Wesen, erkennst du die Wesen, wie sie abscheiden usw. usw. (= 21) . . . wie sie da kommen gemäß ihrem Kamma?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

56. "Erreichst du nun aber auch, Susīma, solches wissend und solches schauend, körperlich die friedvollen Loslösungszustände, die über die Formen hinauskommend dem Gebiet der Formlosigkeit angehören?"

"Nein, Herr, das ist nicht der Fall."

 

57. "Hier (steht) jetzt, Susīma, (in Widerspruch) einerseits deine Erklärung und andrerseits die Nichterreichung solcher Zustände (*f225)."

 

 

58. Da nun warf sich der ehrwürdige Susīma mit der Stirne zu Füßen des Erhabenen nieder und sprach zu dem Erhabenen also: "Eine Verfehlung, Herr, hat mich übermannt wie einen Toren, wie einen Verblendeten, wie einen Bösen. Da habe ich nun in der wohl verkündeten Lehre und Regel als ein Dieb an der Lehre die Zeremonie der Weltabkehr vollzogen. Möge der Erhabene dies mein Bekenntnis der Verfehlung als einer Verfehlung entgegennehmen, damit ich fürderhin davor mich hüte (*f226)."

 

59. "Wahrlich, Susīma, eine Verfehlung hat dich übermannt wie einen Toren, wie einen Verblendeten, wie einen Bösen, daß du da in der wohl verkündeten Lehre und Regel als ein Dieb an der Lehre die Zeremonie der Weltabkehr vollzogen hast.

 

60. Das ist gerade so, Susīma, wie wenn die Leute einen Räuber, einen Übeltäter gefangen hätten und brächten ihn vor den König: ,Da ist, Majestät, der Räuber, der Übeltäter; verhänge über ihn die Strafe, die dir beliebt.' Und es spräche zu ihnen der König: ,Gehet und bindet diesem Mann mit einem starken Strick die Arme fest auf den Rücken, schert ihn völlig kahl, führt ihn unter lautem Trommelschall von Straße zu Straße, von Platz zu Platz herum, laßt ihn zum Südtore hinaus gehen und schlagt ihm im Süden der Stadt den Kopf ab.' Und es bänden ihm die Leute des Königs mit einem starken Strick die Arme fest auf den Rücken, scherten ihn völlig kahl, führten ihn unter lautem Trommelschall von Straße zu Straße, von Platz zu Platz herum, ließen ihn zum Südtore hinaus gehen und schlügen ihm im Süden der Stadt den Kopf ab.

 

61. Was denkst du da, Susīma, würde der Mann infolge davon auch Leid und Betrübnis empfinden?"

"Ja, Herr."

 

62. "Was auch, Susīma, dieser Mann infolge davon an Leid und Betrübnis empfinden würde, die Zeremonie der Weltabkehr in der wohl verkündeten Lehre und Zucht hätte für einen Dieb an der Lehre noch leidvollere Folgen, noch herbere Folgen; sie gereicht sogar zur Verdammnis.

 

63. Da du nun aber, Susīma, die Verfehlung als Verfehlung ansiehst und der Vorschrift gemäß sühnst, so nehmen wir dies dein (Bekenntnis) entgegen. Eine Förderung ist das, Susīma, für den Edlen in der Zucht, wenn er seine Verfehlung als Verfehlung ansieht, der Vorschrift gemäß sie sühnt und fürderhin davor sich zu hüten bestrebt ist."


(*f215) Buddhaghosa (Komm. II. 159.3) schildert die Art, wie der Buddha von den Zeitgenossen geehrt wurde, so: "Wenn die Leute den Meister erblickten, pflegten sie vom Rücken der Elefanten usw. abzusteigen, ihm den Weg frei zu geben, den Mantel von den Schultern zu nehmen, vom Sitze aufzustehen und ihn ehrfürchtig zu begrüßen.

(*f216) Der Komm. (II.159.7) sagt von Susīma, daß er ein der Vedangas, d. h. der an dem Veda angeschlossenen Hilfswissenschaften kundiger Mann war. Ein Götterwesen (devaputta) Susīma wird Samyutta 2.29.5 (= I, S.64) erwähnt, vielleicht unser S. in einer anderen Existenz. Mrs. Rhys Davids, Book of the Kindred Sayings II, S. 91, N. 1.

(*f218) P. āvibhāvam tirobhāvam. Es ist dazu aus dem folgenden gacchatha zu ergänzen. Der Komm. (II. 162.1) sagt: "seid ihr imstande, wenn ihr den Zustand der Sichtbarkeit angenommen habt, den der Unsichtbarkeit zu bewirken, und wenn ihr den der Unsichtbarkeit angenommen habt, den der Sichtbarkeit anzunehmen?" Der Sinn ist: könnt ihr euch nach Belieben sichtbar und unsichtbar machen?

(*f219) P. yāva brahmalokāpi kāyena vasam vattetha. Parallelstellen sind Dīgha I. 78, 213; III. 112; Majjhima II. 19; III. 12. 98. An der ersten dieser Stellen schreibt die Ausgabe y. br. kāyena va samvattati. Danach übersetzt R. O. Franke, die Möglichkeit der anderen Auffassung immerhin zugebend: "und in körperlicher Gestalt vermag er bis in die Welt Brahma's zu gelangen." Unsere Lesung und Erklärung ist gesichert durch Buddhaghosa's Visuddhimagga 401-2, wo wir die deutliche Umschreibung brahmaloke kāyena attano vassam vatteti haben, und wo dann der Begriff ausführlich durch Verweis auf Patisambhidāmagga II. 209 erläutert wird.

(*f220) P. sotadhātuyā, weil es sich eben nicht um das natürliche Ohr, den natürlichen Gehörsinn, sondern um den höchsten Begriff, die Idee 'Ohr" handelt.

(*f221) P. ettha dāni, āyasmanto, idam ca veyyākaranam imesam ca dhammānam asamāpatti. Das Wort veyyākarana bedeutet hier nicht etwa bloß "Antwort, Bescheid", sondern weist, da es Subst. zu (aññam) vyākaroti, aññā vyākatā ist, zugleich zurück auf 14-16. Susīma stellt den Widerspruch fest, der darin liegt, daß die Bhikkhus behaupten Arahants zu sein und doch nach ihrem eigenen Zugeständnis nicht die übernatürlichen Fähigkeiten von solchen besitzen. Auffallend ist das Fehlen von iti hinter asamāpatti! Vgl. unten 57.

(*f222) P. paññāvimuttā kho mayam. Über die paññāvimutti s. Beckh, Buddhismus II. 133. Der Komm. (II. 162.10) erklärt das durch mayam nijjhānakā sukkhavipassakā. Der sukkhavipassaka hat die Arahantwürde erlangt durch Erkenntnis der physischen und psychischen Erscheinungen. Im Gegensatz zu dem samathayānika besitzt er noch nicht die übernatürlichen Kräfte. Aber seine Eigenschaften sind versiegt (sukkha "trocken"). S. Childers, Pāli-Dict. u. d. W. samatha.

(*f223) P. dhammatthitiñāna. Vgl. M. u. W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 12. Der Begriff ist annähernd synonym mit "Wissen von der Kausalität". Man könnte ihn vielleicht auch als "wissen von dem Bestand der empirischen Dinge" fassen, weil diese eben nur bedingt bestehen.

(*f225) Susīma hat durch die Beantwortung der von Buddha an ihn vorher (in 30 ff.) gestellten Fragen gezeigt, daß er selber die Erkenntnis der Wahrheit besitzt. Er verfügt aber trotzdem nicht über die Wunderkräfte eines Arahant, befindet sich also in gleicher Lage wie die Bhikkhus, an denen er den Widerspruch feststellen zu müssen glaubte. - Am Schluß von 57 steht im Text noch idam no Susīma katanti (? kathanti). Dies ist wohl nur aus 24-25 hierher verschleppt. Man wird mit asamāpattīti abzuschließen haben.

(*f226) Es ist natürlich āyatim samvarāya zu lesen (statt samparāya). Vgl. Dīgha I. 85.27; Majjhima I. 438.29; Vinaya II. 126.13.


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