Vimāna Vatthu

33. (III,5): Guttilo

Auf einer Himmelsreise bei den Göttern der Dreiunddreißig sah Mahāmoggallāno 36 Göttertöchter in großem Glanz und befragte sie nacheinander über ihr früheres Wirken. Später berichtete er dem Erwachten, was er von den Göttinnen gehört hatte. Darauf erwiderte der Buddha, er selber habe einstmals als Bodhisatto ebenfalls diese Berichte gehört. Auf Bitte von Mahāmoggallāno erzählte er dann das 243. Jataka:

Der Bodhisatto war damals ein berühmter Musiker namens Guttilo. Ein Musiker namens Mūsilo wollte bei ihm Lehrling werden. Der Bodhisatto aber erkannte, daß jener einen üblen Charakter hatte und lehnte ab. Mūsilo steckte sich nun hinter die blinden Eltern Guttilos, erregte deren Mitleid, so daß sie ihren Sohn beten, doch Mūsilo als Schüler anzunehmen. Er konnte ihren Bitten nicht widerstehen und nahm ihn an, lehrte ihn auch seine gesamte Kunst. Der ehrgeizige Mūsilo schlug dann einen Wettstreit mit seinem Meister vor. Der König stimmte zu, in sieben Tagen sollte der Wettkampf mit der Laute stattfinden. Da dachte Guttilo, daß er ja alt sei, während Mūsilo den Vorteil der Jugendkraft habe. Vom eigenen Schüler besiegt zu werden, sei aber eine Schande. Er wollte daher seinem Leben ein Ende machen und ging in den Wald. Da sah ihn Sakko, der Götterkönig, und nachdem er seine Geschichte gehört hatte, sprach Guttilo zu ihm:

 

Guttilo:

Die sieben Saiten, die gar süß,
lehrt ich ihn schlagen wunderschön.
Jetzt ruft zum Wettstreit er mich auf.
Sei meine Zuflucht, Kosiyā. (323)

 

Sakko:

Ich will dir gerne Zuflucht sein,
den Lehrer, den verehre ich.
Nicht wird dein Schüler Sieger sein,
den Schüler wirst besiegen du. (324)

 

Sakko versprach ihm, zum Wettkampf zu kommen und ihm zu helfen. Nach sieben Tagen versammelte sich vor dem König eine große Menschenmenge, um den Wettstreit zu erleben. Sakko stand in der Luft, niemandem sichtbar außer Guttilo. Zu Anfang spielten die beiden gleich gut, und die Menge bewunderte beide. Da sagte Sakko, Guttilo möge eine Saite abreißen und so spielen. Das Spiel war ebenso schön. Auch Mūsilo riß eine Saite ab, aber es klang kein Ton. Darauf riß Guttilo nacheinander die zweite, dritte bis zur siebten Saite ab. Als er dann auf dem bloßen Holz spielte, durchdrang der liebliche Klang doch die ganze Stadt. Da erhob sich die Menge gegen den überheblichen Mūsilo, prügelte ihn und schlug ihn tot.

Sakko aber kehrte in seine Götterwelt zurück und erzählte den Göttinnen das Ganze. Da wollten die Göttertöchter den Meister Guttilo sehen. Sakko schickte seinen Kutscher Mātali und holte ihn. Guttilo spielte dann sieben Tage lang vor den Göttinnen. Danach befragte er die 36 Göttertöchter über ihr Wirken, das sie in die Götterwelt gebracht hatte. Und sie antworteten ihm ebenso wie später Moggallāno, daß sie ihre guten Werke zur Zeit des Buddha Kassapo vollbrachten und seitdem in der Götterwelt lebten. Der Bericht bezieht sich nun auf die Fragen Moggallānos:

 

Moggallāno:

Gar überschön bist du allhier,
wie du da stehst o Göttliche
nach zehn der Seiten strahlend hin,
so wie der Morgenstern es tut. (325)

 

Weshalb bist du geworden so,
weshalb hast dieses du erlangt
und fallen dir Genüsse zu
die lieb dem Geiste immer sind? (326)

 

Ich frage dich, o Göttin, du Vielmächt'ge,
als Mensch du warst, durch welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du also leuchtest,
daß allerwärts dein Körper herrlich strahlet? (327)

 

Sprecher:

Die Gottheit, die im Geist beglückt,
als Moggallāno sie befragt,
erklärt auf seine Frage ihm,
welch Wirken diese Frucht erzeugt. (328)

 

1. Göttin:

Ein Weib, das bestes Kleid gespendet,
ist ausgezeichnet unter Mann und Weib.
Wer so zu schönem Aussehn hat verholfen,
der kommt an diesen schönen Götterort. (329)

 

Sieh dieses Haus, in dem ich wohn,
bin Nymphe, wunscherfüllend schön,
von tausend Nymphen stets gefolgt;
sieh hier die Frucht von dem Verdienst. (330)

 

Daher bin ich geworden schön,
deshalb hab dieses ich erlangt
und fallen mir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer sind. (331)

 

So zeigt ich dir, o Mönch, du vielfach Mächt'ger,
durch welch Verdienst als Menschgewordner einst ich
bewirkt hab, daß ich also leuchte,
daß allerwärts mein Körper herrlich strahlet. (332)

 

2 - 5. Göttin:

(Im Folgenden werden nun die Verse 325 - 332 bei jeder Göttin wiederholt, meist nur mit einem Wort abweichend oder höchstens einem Vers, und zwar immer dem Vers 329 entsprechend dem, was immer einem Vers acht weiter entspricht):

337, 345, 353, 361: statt Kleid (329) hier:

Blüten, Düfte, Früchte, Süßigkeiten.

 

6. Göttin:

Fünf-Finger-Duft hab ich gegeben
dem Stupa des Herrn Kassapo.
Wer so zu schönem Aussehn hat verholfen,
der kommt an diesen schönen Götterort. (369)

 

7. Göttin:

Die Mönche sah ich, Nonnen auch,
die auf dem Wege wandelten.
Nachdem die Lehre ich gehört,
hielt ein ich einen Feiertag. (377)

 

8. Göttin:

Im Wasser stehend Wasser gab ich
an einen Mönch im Herzen heiter.
Wer so zu schönem Aussehn hat verholfen,
der kommt an diesen schönen Götterort. (385)

 

9. Göttin:

Den Schwiegereltern, die da waren
gar heftig, zornig, barsch im Reden,
ich diente ohne Mißvergnügen,
mit ernstem Sinne, tugendhaft. (393)

 

10. Göttin:

Für andre arbeitete ich,
war eine Dien'rin, träge nicht,
kannt Zorn und Uberhebung nicht,
vom eignen Anteil gab ich ab. (401)

 

11. Göttin:

Gespendet habe Milchreis ich
dem Mönch auf dem Almosengang.
Nachdem dies gute Werk ich tat,
kam froh auf gute Fährte ich. (409)

 

(Die 12. bis 36. Göttin wandeln Vers 409 nur in der ersten Zeile durch eine andere Gabe ab):

12. Göttin: gab Sirup (417)

13. Göttin: gab ein Stück Zuckerrohr (425)

14. Göttin: gab eine Timba-Frucht (433)

15. Göttin: gab eine süße Gurke (441)

16. Göttin: gab eine Gurke (449)

17. Göttin: gab eine Kletterfrucht (457)

18. Göttin: gab eine Pharusa-Blüte (465)

19. Göttin: gab eine Pfanne mit Kohlen zum Wärmen der Hände (473)

20. Göttin: gab eine Handvoll Gemüse (481)

21. Göttin: gab eine Handvoll Blüten (489)

22. Göttin: gab Wurzelknollen (497)

23. Göttin: gab eine Handvoll Nimba-Früchte (505)

24. Göttin: gab Reisgrütze mit Mangos (513)

25. Göttin: gab Ölkuchen (521)

26. Göttin: gab einen Gürtel (529)

27. Göttin: gab einen Tragriemen (537)

28. Göttin: gab Halter der Schale (545)

29. Göttin: gab einen Fächer (553)

30. Göttin: gab einen Palmblattfächer (561)

31. Göttin: gab einen Pfauenwedel (569)

32. Göttin: gab einen Sonnenschirm (577)

33. Göttin: gab Sandalen (585)

34. Göttin: gab einen Keks (593)

35. Göttin: gab Süßigkeiten (601)

36. Göttin: gab andere Süßigkeiten (609)

 

Die Verse der 36. Göttin lauten abschließend also:

 

Sieh dieses Haus, in dem ich wohn
bin Nymphe, wunscherfüllend schön
von tausend Nymphen stets gefolgt
Sieh hier die Frucht von dem Verdienst. (610)

 

Daher bin ich geworden schön
deshalb hab dieses ich erlangt
und fallen mir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer sind. (611)

 

So zeigt ich dir, o Mönch, du vielfach Mächt'ger,
durch welch Verdienst als Menschgewordne einst ich
bewirkt hab, daß ich also leuchte,
daß allerwärts mein Körner herrlich strahlet. (612)

 

Guttilo:

Willkommen dieses ist für mich,
zu meinem Wohl war dieser Tag,
die Göttinnen hab ich gesehn,
die Nymphen wunscherfüllend schön. (613)

 

Nachdem ich das Gesetz gehört,
will Heilsames ich wirken nun
durch Geben, durch Gerechtigkeit,
durch Zügelung und Zähmen sich.
So werde gehen ich dorthin,
wo's Kummer nicht für einen gibt. (614)

Bemerkungen:

Die Erzählungen von Guttilo in J 243 und in Vv Nr. 33 unterscheiden sich wie folgt:

Der Ausgangspunkt in J 243 ist Devadatto, über dessen Aufsässigkeit die Mönche sprechen. Der Buddha erzählt daher, daß dieser schon früher, nämlich als der Musiker Mūsilo durch seinen schlechten Charakter in Elend geriet. In Vv Nr. 33 ist dagegen der Anlaß Moggallānos Bericht über die Göttinnen, worauf der Buddha sein Vorleben als Guttilo erzählt.

 

Der Bericht in J 243 ist etwas ausführlicher und auch im Zusammenhang besser verständlich, während Vv Nr. 33 etwas kürzt. Vor allem wird in J 243 nur je kurz die Tat der Göttinnen berichtet, und zwar nur von 11 von 37 (in Vv Nr. 33: 36), wobei allein die erste Göttin dazu Verse spricht (Vv 325 - 332, ohne 328).

 

Die schematische Ausuferung in Vv Nr. 33 dürfte als spätere Aufblähung anzusehen sein, die für den geistigen Gehalt eher störend ist. Man wird nicht umhin können, der deutlichen Kritik von Ludwig Alsdorf zum Guttila-Vimāna zuzustimmen:

"Dieses Kapitel des Vv ist in der uns vorliegenden Form das abschreckendste Beispiel der u.a. aus den Jātaka wohlbekannten, im Vv auch sonst reichlich geübten, hier aber in einem sonst nirgends erreichten Extrem gesteigerten Multiplikationstechnik der Gātha-Dichter." (Die Aryā-Strophen des Pali-Kanons, Ak. Wiss. u.d. Lit., Geistes- u. soz. wiss. K1. <Mainz> 1964, Nr. 4.4, S. 323)

 

Die stereotype Aufzählung einer einzigen Gabe an einen Mönch (außer Vers 393 und 401, die Haltungen nennen) verleitet zu dem religionsfeindlichen Glauben, dies genüge, um in den Himmel zu kommen. Es ist ja auch so viel bequemer als der lebenslange Tugendwandel der Läuterung, von dem nur in 393, 401 und 614 noch ein blasser Nachhall übrig ist.

 

Im einzelnen gibt es über die Gaben Zweifel, worum es sich genau handelt. Bei Masefield und im Kommentar findet man Näheres. Manche Gaben erscheinen recht überflüssig für einen Mönch. In Vers 369 soll gemeint sein, daß jemand alle fünf Finger in eine Duftstofflösung (z.B. Sandel) taucht und dann diesen Duft mit der Handfläche auf den Stupa aufträgt. Das ist reiner Ritualismus, ähnlich wie die Gebetsmühlen.

 

Die Geschichte von Guttilo ist nacherzählt in "Buddhistische Schatzkiste", S. 459 der 1. und 2. Auflage.

Die beiden Schlußverse 613 - 614 stammen aus J 243. Dort äußert sie der Bodhisatto als Guttilo. In Vv Nr. 33 erscheinen sie angeflickt. Die beiden ersten Zeilen erscheinen auch in Sn 178.


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