THERAGĀTĀ

Atthanipāta

Mahākaccāyana

494.  Man sollte sich nicht körperlicher Arbeit hingeben, die Geselligkeit meiden, nicht geschäftig sein. Wer da begierig ist nach köstlichen Speisen wird das Glückbringende Ziel vermissen.

 

495.  Als Unrat nur wird Ehrerweisung bezeichnet, wie sie von Hochgestellten wird erwiesen. Wie ein Pfeil nur schwer herauszuziehen ist, ist's schwer für den Toren, auf Ehrerweisung zu verzichten. 86)

 

496.  Nicht was ein and'rer tut ist unheilsames Wirken uns; um seiner selbst willen soll man unheilsames Tun vermeiden, sind doch die Sterblichen Erben ihrer eig'nen Taten.

 

497.  Nicht wird man zum Dieb durch eines and'ren Wort (Tat?), nicht durch eines and'ren Wort wird man zum Weisen. So wie man selber sich durchschaut, so auch die Götter (die höheren Wesen) einen kennen.

 

498.  Gar viele bedenken nicht, dass sie dem Tode unterworfen sind; die es aber weise erkannt, die streiten nicht noch reizen sie. 87)

 

499.  Der Weise, wahrlich, lebt, selbst wenn sein Vermögen er verloren hat; ohne Weisheit aber gleicht selbst der Reichste einem Toten.

 

500.  Vieles hört man mit dem Ohr, vieles sieht man mit dem Auge; der Weise braucht nicht alles abzulehnen, was er hört und was er sieht.

 

501.  Der Sehende mag durch die Welt gehen als wär' er blind, der Hörende, als wär' er taub; wer weise ist, der lasse seine Weisheit nicht erkennen, der Starke verberge seine Kraft. Ist das (hohe) Ziel dereinst erreicht, dann warte man (in vollendetem Gleichmut) die Zeit (des Sterbens) ab. 88)

Sirimitta

502.  Ist der Mönch frei von Zorn und Übelwollen, von Heuchelei und übler Redeweise, dann wird er nach dem Tode wahrlich keinen Kummer erfahren.

 

503.  Ist der Mönch frei von Zorn und Übelwollen, frei von Heuchelei und übler Redeweise und sind seine Sinnen-Tore stets bewacht, dann wird er nach dem Tode wahrlich keinen Kummer erfahren.

 

504.  Ist der Mönch frei von Zorn und Übelwollen, frei von Heuchelei und übler Redeweise und ist er mit edler Sittlichkeit ausgestattet, dann wird er nach dem Tode wahrlich keinen Kummer erfahren.

 

505.  Ist der Mönch frei von Zorn und Übelwollen, frei von Heuchelei und übler Redeweise und pflegt er die Gesellschaft mit dem edlen Freund (kalyānamitta), dann wird er nach dem Tode keinen Kummer erfahren.

 

506.  Ist der Mönch frei von Zorn und Übelwollen, frei von Heuchelei und übler Redeweise und ist er im Besitze edler Weisheit, dann wird er nach dem Tode keinen Kummer erfahren.

 

507.  Wessen Vertrauen in den Tathāgata unerschütterlich und wohl begründet ist, wessen Sittlichkeit von edler Art ist, die Edlen erfreuend, von den Edlen gepriesen,

 

508.  wer voll Freude lebt im Orden und mit hohem Schauen ist begabt: „Nicht-arm" (= reich) nennt man einen solchen; sein Leben ist nicht umsonst.

 

509.  Weil es sich so verhält, mag der Kluge, der Lehre des Buddha eingedenk, Vertrauen, Sittlichkeit, Freude und das Schauen der Lehre entfalten.

Mahāpanthaka

510.  Als ich ihn zum ersten Mal sah, den Meister, der jedwede Furcht überkommen hat, den Besten unter den Menschen, überkam mich tiefe Ergriffenheit.

 

511.  Vor solchem Lehrer wer sich tief verneigt und ihm zu Füßen liegt, wie könnt' der noch sein Heil verfehlen?!

 

512.  Da verließ ich Frau und Kinder, Vermögen und Gut; mit geschorenem Haar und Bart zog ich vom Hause fort in die Heimlosigkeit.

 

513.  In rechtem Üben, den rechten Wandel lebend, die Sinne wohl bewacht, den Vollkommen Erwachten ehrend, so weilte ich, unbezwungen (durch irgendwelche Einflüsse des Dranges).

 

514. Da fasste ich einen Entschluss, mein Sehnen zu erfüllen: Nicht einen Augenblick will ich mich noch niedersetzen, solange der Pfeil des Durstes nicht herausgerissen ist.

 

515.  Sieh, wie Energie und Tatkraft ich entfaltete! Das Dreifache Wissen (tevijja) ward mir zuteil, die Botschaft des Buddha ist erfüllt.

 

516.  Meine früheren Existenzen überblicke ich, geläutert ist das göttliche Auge. Ein Heilig-Gewordener bin ich, würdig der Gaben. Vollkommen erlöst bin ich, nicht gibt es künftig noch Beilegungen (Haftens-Gruppen) (upādāna-khandhā) für mich.

 

517.  Gegen Sonnenaufgang dann, als die Nacht dem Ende zuging und jedweder Drang überwunden war, saß ich mit gekreuzten Beinen da (= Meditations-Haltung).


Anmerkungen:

86)      s. Nr. 124.

87)      s. Nr. 275.

88)      Unmissverständlich ist der im ersten Teil von Nr. 501 gegebene Rat, zu leben, als wäre man blind, taub usw.: Hier ist das Leben im Zustand des Nicht-Verhaftet-Seins gemeint. Diese Geisteshaltung hat nichts zu tun mit kalter Gleichgültigkeit gegenüber den Lebewesen; vielmehr schließt sie unermessliche Güte gegenüber allem Lebendig-Gewordenen ein, ja sie ermöglicht deren volle Entfaltung aufgrund der Abwesenheit von jedwedem Egoismus. — Die zweite Hälfte von Nr. 501 ist schwer zu deuten, wie die teils erheblich voneinander abweichenden Übersetzungen beweisen.


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