Theragāthā - Zehner-Bruchstück

 Kāludāyī

527
IN Purpur brechen aus die Bäume prächtig,
Und Kerne schaffend schütteln ab sie Kelche,
Die Blüten funkeln, Herr, wie Fackeln blendend,
Es lacht der Lenz, o Held, in voller Wonne.
 
528
Die Knospen knistern schaukelnd an den Ästen,
Verhauchen Düfte hold nach allen Seiten,
Zerflattern blühend, frohe Frucht erhoffend:
Die Zeit ist da, o Herr, von hier zu wandern.

529
Nicht allzu kühl, nicht allzu heiß am Tage,
Erfreulich dünkt zum Pilgern, Herr, der Frühling:
Sie sollen sehen dich, die Sakyer, Kolyer
Von Westen her die Rohinī erreichen.
 
530
Aus Hoffnung wird das Feld gepflügt,
Aus Hoffnung sät man Samen aus,
Aus Hoffnung zieht der Kaufmann fort
Aufs hohe Meer, um Geldgewinn:
Die Hoffnung, die mich weilen heißt,
Die Hoffnung soll gelingen mir!

531
Und immer wieder sät man aus den Samen,
Und immer wieder gießen Wolkengötter,
Und immer wieder ackert man den Acker,
Und immer wieder kommen andre Eigner.
 
532
Und immer wieder werden Bettler bitten,
Und immer wieder werden Geber geben,
Und immer wieder neue Gabe geben,
Und immer wieder neue Himmel finden.
 
533
Ein Heldensohn erleuchtet sieben Ahnen,
Den Stamm, auf dem er selber licht erstanden:
Der höchste Herrscher, wähn' ich wohl, vermag es,
Du, Sakyer, hast gezeugt den echten Sakko!
 
534
Suddhodano, des Meisters Vater bist du ja!
Des Wachen Mutter, Māyā war das Weib genannt,
Das einst den lichten Trieb in ihrem Leibe trug,
Nun hingeschieden hold in hellen Welten weilt.

535
Die Gotamidin starb hinweg, entschwand uns fort:
Genesen neu genießt sie Götterwonnen,
In Wunschgenügen wandelnd, selig sinnbegabt,
Im Glanze gern der Göttergleise glücklich.
 
536
Bin Sohn des Meisters, der Unmögliches vermag,
Des Angirāsen ohne Gleichen, echt geklärt:
Du, Sakyer, bist der Vater meines Vaters,
Bist also mir der Ahn, o Gotamide!
 

Ekavihāriyo

537
WER nichts mehr vor sich, hinter sich,
Wer nichts mehr findet nirgendwo:
Der fühlt ein überirdisch Wohl,
Im Walde waldgewohnt, allein.
 
538
Und einsam will ich wandern hin,
Im Walde, den der Meister lobt,
Im Walde, der mich still entzückt,
Ein unverzagter, ernster Mönch.

539
Wo gern der Büßer weilt, gelabt,
Wo lustig Elefanten gehn,
Im Haine will ich emsig sein,
Allein das Heil erringen recht.

540
Im kühlen Forste voller Duft,
In kühler Höhle, felsig, fest,
Da will ich baden quellenkalt,
Und einsam wandeln auf und ab.

541
Allein zufrieden, ohne Freund,
Vom großen Walde froh begrüßt:
Wann werd' ich also selig sein,
Gewirkten Werkes, wahnversiegt?

542
Und sinn' ich sehnend solche Tat,
So will ich finden was mir taugt:
Auf mich allein sei mein Verlaß,
Nicht hilft ein andrer andern hier!

543
Den Panzer will ich binden um,
Zum Kampfe schreiten Schritt vor Schritt,
Nicht eher aus dem Forste gehn
Bis alles Wähnen ist gefällt.

544
Und wann der Wind mir wohlig weht
Und linde Düfte kühlend haucht,
Zertreff' ich was da Wähnen war,
Am Felsenhaupte thronend hehr.
 
545
Die Bucht im Felsen, schattenkühl,
Umblüht von Blumen, waldumrauscht:
Da will ich rasten, bergbeglückt,
Erlöst von allem Erdeleid.
 
546
Und was ich will, ich bin es bald,
Vollendet wie der volle Mond;
Versiegt ist aller Wahn in mir,
Und nimmer gibt es Wiedersein.
 

Kappino

547
WER kennen kann was künftig kommt, in Zukunft schaut,
Und gut wie böse, beides deutlich hat gedacht:
Nicht Feindes und nicht Freundes Augen
Erspähen ihn, erspüren Harm im Herzen.
 
548
Wer klar besonnen atmet ein,
Wer klar besonnen atmet aus,
Allmählich Reife hat erreicht,
So wie's der Wache vorgewirkt:
Der leuchtet durch die finstre Welt
Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.

549
Und unvermischt ist mein Gemüt,
Ist unermeßlich, wohl erweckt:
Geheime Tiefen, lichten Tag
Erhellt es, leuchtet überall.
 
550
Nur Weise leben wirklich hier,
Auch ohne Geld, auch ohne Gut:
Doch wer da keine Weisheit wirbt,
Der lebt nicht, wär' er noch so reich.

551
Die Weisheit sichtet Wort um Wort,
Kein Aufsehn will sie, keinen Ruhm:
Die Weisheit läßt im Leide schon
Uns Freuden finden eigensam.

552
Es ist Gesetz, nicht erst von heut,
Erstaunlich nicht, nicht unerhört,
Daß wo gezeugt gestorben wird:
Was wär' dabei auch wunderbar?
 
553
Sobald ein Keim nur irgend keimt,
Entwickelt Leben sichern Tod;
Gebornes löst sich eilig auf:
Denn was da atmet muß vergehn.
 
554
Dem Toten, wahrlich, dient es nicht zum Heile
Was hier im Leben andre Leute nutzen,
Kein Todesklaglied, keine Ruhmgesänge,
Kein Lob und Preis von Priestern und Asketen.

555
Und Jammer quillt im Auge, wühlt im Körper,
Die Sinne schwinden, Kraft- und Geistbegabung;
Die freien Lüfte sind uns liebste Freunde,
Wer trösten, lindern will, ist trübe, lästig.

556
So harre, höre denn der Hausgewohnte
Auf Weise nur und vielerfahrne Männer:
Denn ihre Wissenschaft läßt hingelangen,
Dem Kahn am Strome gleich, zum andern Ufer.
 

Panthaka der Jüngere (II)

Verse 557-566 sind dem 4. Band der Buddhistischen Handbibliothek "Sprüche und Lieder" von Kurt Schmidt entnommen. Diese Übersetzung ist besser und verständlicher. gregerw@loxinfo.co.th

 

557
Mein Leben war elend und freudlos,
Man höhnte und schalt mich aus.
Mein Bruder verstieß mich und tobte:
"Du schere dich fort aus dem Haus!"

558
Verstoßen, verlassen, ging ich
Zum Klostergarten ans Tor,
Und traurig, nach freundlichem Zuspruch
Mich sehnend, stand ich davor.
 
559
Da kam der Buddha gegangen,
Er streichelt' das Haupt mir zart,
Ergriff mich am Arme und zog mich
Ins Kloster. Nun war ich verwahrt.
 
560
Mitfühlend gab mir der Meister,
Die Füße zu waschen, ein Tuch
Und sprach: "Dies halte dir sauber!
Zuletzt noch sei's sauber genug."
 
561
Beglückt vernahm ich die Worte;
Nun ward mir Belehrung zuteil.
Ich übte die Sammlung des Geistes,
Zu finden das höchste Heil.

562
Ich erkannte mein früheres Dasein,
Meine Hellsicht war unverhüllt,
Nun besaß ich das dreifache Wissen.
Und Buddhas Wort ward erfüllt.
 
563
Ich konnte jetzt tausendfältig
Erscheinen als Panthako.
Im lieblichen Bambushain saß ich,
Erwartend den Anruf froh.
 
564
Da sandte im Geist mir der Meister
Ein Zeichen, daß er mich ruft;
Und als ich den Anruf vernommen,
Da flog ich zu ihm durch Luft.

565
Ich neigte mich zu seinen Füßen
Und neben ihn setzt' ich mich dort.
Der Meister erkannte mich wieder,
Empfing mich mit diesem Wort:
 
566
"Empfange nun Opfergaben,
Die Gaben der ganzen Welt!
Sei Opfergabenempfänger,
Für Verdienste der Menschen ein Feld!"
 

Kappo

567
DER innen voll von Unrat strotzt,
Aus Kot entstanden, kotentstammt,
Ein durch und durch verpfützter Pfuhl,
Die große Beule, das Geschwür,
 
568
Mit Blut und Eiter angefüllt,
In Dreck empfangen, aufgesäugt,
Vor Feuchte triefend, unser Leib:
Er träufelt immer faulen Saft.
 
569
Mit sechzig Sehnen fest gefügt,
Mit Muskelmasse dicht bedeckt,
Mit Haut bezogen, Haut gesäumt,
Ist faul und nutzlos dieser Leib.

570
Aus Knochen ist er aufgebaut,
Mit Flechsen, Bändern unterknüpft:
Und weil nun das zusammenhält
Bewahrt er seine Haltung hier.
 
571
Dem Sterben stetig zugewandt,
Dem Herrn des Todes untertan,
Kann doch der Mensch in dieser Welt
Die Macht zermalmen, ledig gehn.
 
572
In Irrnis ist der Leib getaucht,
Umwunden vierfach, seilverstrickt:
Im Strudel sinkt er eilig ein,
Vernestelt in der Sehnsucht Netz.
 
573
Gehemmt von Gier und Haß, bequem,
Mißmutig, zweifelnd, ungeklärt,
Beklommen tief in Lebenslust,
Von Wahneshüllen dicht umhüllt,
 
574
Geht hin der Körper seinen Gang,
Getrieben von der Taten Kraft,
Kreist auf und ab in Wohl und Weh
Im Jammer dieser Wandelwelt.
 
575
Wer diesen Leib da lieben mag,
Ein blinder Tor, ein Erdensohn,
Der schichtet Leichen scheußlich an,
Geboren neu, gestorben neu.
 
576
Wer diesen Leib da lassen mag,
Gleichwie man Würmer läßt im Kot,
Des Lebens Wurzel speit er aus,
Er wird erlöschen wahnversiegt.
 

Upaseno Vangantaputto

 

577
AN ödem Orte, ruhereich,
Wo wild im Walde Tiere gehn,
Da soll der Mönch gesiedelt sein,
Gedanken sinnen, selbstvertieft.
 
578
Was abfällt soll er sammeln auf,
Im Beinhaus, aus der Gasse Staub,
Die Fetzen stücken dann zurecht:
Denn rauhe Kleidung kleidet ihn.
 
579
In stiller Demut soll er stehn,
Von Haus zu Hause treten hin
Und warten, ob man Speise gibt,
Sich nie vergessen, ganz gefaßt.
 
580
Auch üble Kost bekomm' ihm wohl,
Er wird nicht gieren was ergetzt:
Wer gute Küche kosten mag,
Den kümmert keine Schauung mehr.
 
581
Bedürfnislos, zufrieden, froh,
Soll abgeschieden gehn der Mönch,
Sich keinen Menschen schließen an,
Der Welt entfremdet, Brüdern fremd.
 
582
Als wär' er stützig, wär' er stumm
Verstell' er weise seinen Sinn,
Kein Wort verlierend ohne Not,
Erfragen Brüder seinen Rat.
 
583
Er soll nicht rechten, rügen nicht,
Soll Kränkung meiden, meiden Gram,
Sich wohl bewahren ordensecht,
Sein Mahl bemessen kärglich, kurz.
 
584
Das Grundgerüst begreif' er recht,
Beherrsche witzig fein das Herz,
Der eignen Ebbung eingedenk
Entdeck' er bald ein klares Glück.
 
585
Und immer standhaft, immer stark,
Sei stets gewiß er in sich selbst:
Solang' er noch von Leiden weiß,
Solange kenn' er keine Rast.
 
586
Und weilt er also, innig, ernst,
Und will der Mönch entmakelt sein,
Versiegt er was da Wähnen war,
Erlöschung läßt ihn selig an.
 

Gotamo (III)

(EIN JÜNGER)
587
DAS eigne Heil, man soll es sehn,
Betrachten treu das Wort des wachen Herrn,
Und was ihm wirklich angehört,
Das halten fest als echtes Ordenswerk.
 
588
Der beste Freund, der hier erfreut,
Ist reiner Wandel, recht bereitet, reich,
Und offnes Ohr für edles Wort:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
589
Den Meister schätzen hoch und hehr,
Die Satzung ehren ehrlich, nach Gebüht,
Dem Orden dienen, untertan:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
590
Sich grenzen ab, sich grenzen ein,
Geläutert leben, ohne Fehl und Furcht,
Das Herz beherrschen ruhevoll:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.

591
In Tun und Lassen ordensecht,
So leiben, leben licht und heiter hin,
Des hohen Zieles wohl bewußt:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
592
Im Walde weilen, hausen gern,
In lärmverlorner Ruhe, weltentrückt,
So wie's den Weisen tüchtig taugt:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
593
Gefestigt, vielerfahren sein,
Den Dingen forschen nach bis auf den Grund,
Begreifen was da Wahrheit ist:
Das ist ein Zeichen das Asketen ziemt.
 
594
Zu wissen was vergänglich geht
Und wesenlos, den Ekel kennen gut.
Nur Abscheu fühlend überall:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
595
Erwirken was Erweckung will,
Auf Wunderpfaden pflegen Sinn und Kraft,
Den achtgeteilten heil'gen Weg:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt.
 
596
Den Durst nach Dasein tilgen aus,
Vernichten mit der Wurzel allen Wahn,
Entsündigt sein und abgelöst:
Das ist ein Zeichen, das Asketen ziemt. 
 


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