Digha Nikāya - Die Längere Sammlung

30. Lakkhana Sutta, Merkmale (2. Teil)

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Die Zuversicht, die Tugend, Einsicht, Kennerschaft, 
Entsagung zeigt' er, Rechttun, und viel Gutes noch, 
Gab Geld und Gut und Grund und Boden gern dahin, 
Ließ Weib und Kind versorgen, aufziehn Mensch und Vieh. 

 

Verwandte, Freunde, Mitgenossen rings umher 
In Kraft und Stärke führt' er sie zu Wohlergehn: 
<Wie hüt' ich andre vor Verlust>, das war sein Wunsch, 
Nur vorwärts bringen, fördern mocht' er jederzeit. 

 

Und löwenstark erstand ihm nun der Vorderleib, 
Die Brust gebreitet, beide Schultern gleichgewölbt: 
Weil einst im Wandel gute Tat er so gewirkt, 
Kam unverlierbar dorther dies Gemerk ihm zu. 

 

<Im Haus nur siedelnd, wird er reich an Geld und Gut, 
Mit Weib und Kind, mit Mensch und Vieh sein vielbegabt; 
Von allem ledig pilgernd, kommt er an das Ziel, 
Gewinnt Erwachung, unverlustig angelangt.>

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, keinerlei Wesen verletzen mochte, weder mit der Hand noch mit einem Stein, weder mit Stock noch mit Messer: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann dieses Merkmal eines großen Mannes empfangen, daß die Ohrmuscheln mächtig sind, nach oben hin um Töne aufzufangen und nach dem Halse zu entwickelt, alsogleich den Schwung der Töne einzufangen. Mit diesem Merkmal begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Rüstig ist er und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Rüstig ist er und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß, den mittleren Kampf zu bestehn. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Nicht mit der Faust, mit Steinwurf nicht und Stockes Schlag, 
Nicht mit dem Schwert, um irgend hinzumorden je, 
Verschüchternd nie, bedrückend und bedrohend nicht: 
Verletzen mocht' er keinen, keinen kränken nur. 

 

Bei solchem Wandel kam er drüben selig an, 
Der Same Wohltat hatt' ihm Wohltat eingebracht; 
So huldreich hat er mächtig dann Gehör erlangt, 
Geboren neu, und nun mit großem Ohr begabt. 

 

Das merkten witzig denn die Deuter bald an ihm: 
<Zu Hochgenuß wird dieser als ein Mann gedeihn, 
Ob er im Hause bleibt, ob er als Pilger zieht, 
Es ist das Merkmal, das da solches Ziel verheißt.> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, nicht zerfahren, nicht flatterhaft wurde, und auch nicht befehlshaberisch, gerade vielmehr sich gefaßt, geraden Sinn sich bewahrt, immer geradhin geblickt hatte, gern vieles Volk im Auge behaltend: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann diese zwei Merkmale eines großen Mannes empfangen, daß die Augen tiefschwarz sind, und die Wimpern wie beim Rinde. Mit diesen Merkmalen begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Gern gesehn ist er bei vielem Volk (*49), lieb und wert ist er Priestern und Hausvätern, den städtischen sowie den ländischen, den zahlreichen Großwürdenträgern, Heerführern, Schatzmeistern, Räten und Hofleuten, den fürstlichen Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Gern gesehn ist er bei vielem Volk, lieb und wert ist er Mönchen und Nonnen, Anhängern und Anhängerinnen, Göttern und Menschen, Riesen, Schlangengeistern und Himmelboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Zerfahren war er nicht und auch nicht flatterhaft, 
Befehlerisch anherrschen andre lag ihm fern: 
Gerade blieb er, wahrte sich geraden Sinn, 
Behalten mocht' er gern im Auge vieles Volk. 

 

Auf guter Fährte war Vergeltung solcher Tat 
Ihm zugekommen, selig dort bereitet ihm; 
Neu wieder hier, empfing er Wimpern wie beim Rind, 
Und Augensterne tiefschwarz, leuchtend anzusehn. 

 

Die rechterfahrnen, witzbegabten Deuter nun, 
Die Zeichenkenner wußten hier gar wohl Bescheid, 
Die Priester, da sie Wimpern wie beim Rinde sahn: 
Als <Gerngesehn> begrüßten sie voraus ihn schon. 

 

<Im Hause wo er bleibt, wird 'Gerngesehn' er sein, 
Denn vielem Volke Huld erweisen wird er gern; 
Doch wenn er fort von Hause pilgert als Asket, 
Dann zeigt der Vielgeliebte wie man Leiden tilgt (*50).> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, vielem Volke voranzugehn pflegte bei heilsamen Dingen, vielem Volke der Führer sein mochte bei gutem Wandel in Werken, gutem Wandel in Worten, gutem Wandel in Gedanken, beim Verspenden von Gaben, beim Einhalten von Geboten, beim Feiern der Fasttage, in der Achtung vor Vater und Mutter, Achtung vor Asketen und Priestern, Achtung vor einem ehrwürdigen Haupte, bei solchen und anderen Dingen, die sich gar heilsam erweisen: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann dieses Merkmal eines großen Mannes empfangen, daß er einen Scheitelkamm hat. Mit diesem Merkmal begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Groß ist die Schar seiner Untergebenen, der Priester und Hausväter, der städtischen sowie der ländischen, der zahlreichen Großwürdenträger, Heerführer, Schatzmeister, Räte und Hofleute, der fürstlichen Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Groß ist die Schar seiner Untergebenen, der Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, der Götter und Menschen, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Voranzugehn im guten Wandel pflegt' er einst, 
Von Fall zu Fall befriedigt bei gerechtem Werk: 
So ist ihm untergeben worden vieles Volk,
Und himmlisch nahm er drüben sein Verdienst gewahr.

 

Nach solcher Wohltat Wohlgenuß von dort entlebt 
Empfing er, neu geboren, hier den Scheitelkamm; 
Das Merkmal war den Deutern sehr genau bekannt: 
<Voran da schreiten vielem Volke wird er kühn!

 

<Was Menschen zukommt, irgend dienlich, tauglich ist, 
Zuvörderst wird man ihm es immer bringen dar: 
Als Krieger auferwachsen, als der Erde Fürst 
Empfängt er Zoll und Zins der Völker rings umher. 

 

<Doch zieht der Menschentsproßne pilgernd fort von Haus, 
Die Dinge durchzudringen ist er dann bedacht: 
Entzückt von seiner Satzung, wie er dar sie legt, 
Wird untergeben vieles Volk ihm folgen nach.>

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, die Lüge verworfen, von Lügen sich ferngehalten hatte, die Wahrheit sprechend, der Wahrheit ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der Welt gewesen war: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann diese zwei Merkmale eines großen Mannes empfangen, daß das Flaumhaar je einzeln in der Pore steht, und daß ihm eine Flocke zwischen den Brauen gewachsen ist, weiß und weich wie Baumwolle. Mit diesen Merkmalen begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Groß ist die Schar derer, die ihm aufwarten, Priester und Hausväter, städtische sowie ländische, zahlreiche Großwürdenträger, Heerführer, Schatzmeister, Räte und Hofleute, fürstliche Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Groß ist die Schar derer, die ihm aufwarten, Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, Götter und Menschen, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Der Wahrheit anverlobt auf andrer Lebensbahn, 
Nicht doppelzüngig war er, sprach kein falsches Wort, 
Hat niemand auch beheuchelt und beschmeichelt je: 
Was echt und ehrlich, wirklich war, das sagt' er aus. 

 

In weißem Glanze, weich wie Baumwollfiedersaum, 
Erwuchs die Flocke zwischen seiner Brauen Bug, 
Und in der Pore stand das Haar je einzeln stets, 
Emporgerichtet: also war er dann zu schaun. 

 

Der Kreis der Kenner war alsbald um ihn geschart, 
Es wußten schon die Zeichendeuter klar Bescheid: 
<Wo so die Flocke glänzt, wo so das Haar erwächst, 
Wird vieles Volk bei Solchem aufzuwarten stehn. 

 

<Genügt das Haus ihm, aufzuwarten kommt man her 
Von weit, es ist die Folge vorgewirkter Tat; 
Doch geht er, ledig pilgernd, höchstem Ziele nach, 
So wartet man ihm als dem wachen Meister auf.> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, das Hinterbringen verworfen, vom Hinterbringen sich ferngehalten hatte, was er hier gehört dort nicht wiedererzählen mochte um jene zu entzweien, und was er dort gehört hier nicht wiedererzählen mochte um diese zu entzweien, weil er also Entzweite geeinigt, Verbundene gefestigt, weil ihn Eintracht froh gemacht, Eintracht erfreut, Eintracht beglückt hatte, und ihm Eintracht fördernde Worte geläufig waren: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann diese zwei Merkmale eines großen Mannes empfangen, daß seine Zähne vollständig sind und nicht auseinanderstehend. Mit diesen Merkmalen begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Seine Umgebung zerwirft sich nicht, ohne Zerwürfnis bleiben sie um ihn geschart, die Priester und Hausväter, städtische sowie ländische, die zahlreichen Großwürdenträger, Heerführer, Schatzmeister, Räte und Hofleute, die fürstlichen Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Seine Umgebung zerwirft sich nicht, ohne Zerwürfnis bleiben sie um ihn geschart, die Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, die Götter und Menschen, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Verkehrtes anzukünden, was Zerwürfnis schafft 
Und mehr und mehr zerstörend Zank und Streit erzeugt, 
Den Zwist und Zwiespalt aufreißt, Unglimpf aufgehn läßt: 
Zum Bruche Brüder aufzureizen lag ihm fern. 

 

Den Aufruhr abzuglätten gleich mit sanftem Wort, 
Wo sich Entzweite wieder einszuwerden freun: 
Der Leute Zwietracht löst' er, zog zusammen sie, 
Um so zu Freunden, selber fröhlich, einzugehn. 

 

Auf guter Fährte war Vergeltung solcher Tat 
Ihm zugekommen, selig dort bereitet ihm; 
Neu wieder hier, empfing er Zähne vollgezählt, 
Nicht auseinander stehend, fest und wohlgefügt. 

 

<Als Krieger auferwachsen, als der Erde Fürst, 
Wird ohne Zwist umschart er von Gefolge sein; 
Doch wenn er lauter hinzieht als Asket, verklärt, 
Dann folgt ihm unerschütterlich der Jünger Schar.> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, barsche Worte verworfen, von barschen Worten sich ferngehalten hatte, Worte wählend, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltun, liebreich klingen zum Herzen dringen, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, eine derartige Rede zu führen pflegte: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann diese zwei Merkmale eines großen Mannes empfangen, daß seine Zunge gewaltig ist, und der Klang seiner Stimme heilig, ein Ton wie Waldvogelsang. Mit diesen Merkmalen begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Ergreifend ist seine Rede, ergriffen werden von seinem Worte die Priester und Hausväter, städtische sowie ländische, die zahlreichen Großwürdenträger, Heerführer, Schatzmeister, Räte und Hofleute, die fürstlichen Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Ergreifend ist seine Rede, ergriffen werden von seinem Worte die Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, die Götter und Menschen, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Rauh anzugreifen, grimmig anzustoßen gern, 
Durch schroffe Worte viele gar erschrecken so 
Mit Heftigkeit und Barschheit, das vermocht' er nicht: 
Denn milde sprach er, wohlgemessen, freundlich zu. 

 

Den Geist erquickend sprach er, was zum Herzen dringt, 
Gespräche führend wie ein feines Ohr sie liebt; 
Oblegen solcher Rede war ihm Saat erreift, 
Und himmlisch nahm er drüben sein Verdienst gewahr. 

 

Nach solcher Wohltat Wohlgenuß von dort entlebt 
Empfing er, neu geboren, heiliger Stimme Klang, 
Und eine Zunge, mächtig, leichtbeweglich frei: 
Sein Wort, es wird ergreifend wirken, was er sagt (*51). 

 

<Im Hause bleibend, was er spricht gelingt ihm auch; 
Doch zieht der Menschentsproßne fort als Pilger einst, 
Ergriffen wird das Volk von seinem Worte sein, 
Da vielen viel zu sagen er gar wohl versteht.> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, Plappern und Plaudern verworfen, von Plappern und Plaudern sich ferngehalten hatte, und er wohl darauf achtete wann zu reden und wie zu reden sei, wahr zu reden, echt zu reden, recht zu reden, schicklich zu reden, und seine Worte reich an Inhalt waren, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen: weil er solch ein wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann dieses Merkmal eines großen Mannes empfangen, daß er ein Löwenkinn hat. Mit diesem Merkmal begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Unzerkriegbar geworden ist er für jeden menschlichen Feind oder Nebenbuhler. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht und ein Erwachter geworden ist, erlangt er dann was? Unzerkriegbar geworden ist er so inneren wie äußeren Feinden und Nebenbuhlern, so der Gier wie dem Haß und der Irre, so Asketen wie Priestern, so Gott wie Teufel oder Brahma und jedwedem in der Welt. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Nicht plappernd und nicht plaudernd, eifrig schwatzend nicht, 
Nicht Worte wechselnd miteinander kunterbunt: 
Was keinem frommt vermied er, nur was frommen kann, 
Den Leuten helfen kann zu Wohlsein, legt' er dar. 

 

Nach solchem Wirken schied er hin zur Himmelswelt, 
Ein reicher Lohn war zugereift ihm durch Verdienst; 
Hinweggeschwunden kam er neu hienieden her, 
Und doppelstark erhoben war das beste Kinn. 

 

<Als König unzerkriegbar wird er Menschenfürst, 
Wird alle rings beherrschen, hoch mit Macht begabt, 
Dem Oberherrn der Dreiunddreißig Götter gleich, 
Wie dieser leuchtend hell voran der Heldenschar. 

 

<Doch bleibt er Himmelsboten, Riesen, Schlangen auch 
Und Geistern unzerkriegbar, wenn er ein sich kehrt: 
Wenn dahin seine Wahl er einst zu lenken liebt, 
Wird unbeschränkt er hier an jeder Stätte stehn.> 

 

«Weil eben, ihr Mönche, der Vollendete in früherer Geburt, in früherem Dasein, in früherem Bestande, wie er vor Zeiten Mensch geworden war, einen unrechten Lebenserwerb abgelehnt, durch rechten Erwerb das Leben sich erhalten hatte, ohne falsches Maß und Gewicht anzuwenden, fern von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht, von Raufereien, Schlägereien, Händeln, zum Rauben, Plündern und Zwingen nicht zu verleiten war: weil er solch ein Wirken vollbracht, immer gepflegt, vermehrt und vergrößert hatte, war er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in selige Welt emporgelangt. Von dort abgeschieden, zu dieser Welt wiedergekehrt, hat er dann diese zwei Merkmale eines großen Mannes empfangen, daß er gleichmäßige Zähne hat und ein glänzend weißes Gebiß. Mit diesen Merkmalen begabt, wird er, wenn er im Hause bleibt, König werden, Kaiser. Ein König geworden erlangt er nun was? Sauber ist seine Umgebung, sauber sein Leutekreis, die Priester und Hausväter, städtische sowie ländische, die zahlreichen Großwürdenträger, Heerführer, Schatzmeister, Räte und Hofleute, die fürstlichen Vasallen und Prinzen. König geworden erlangt er nun das. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, wird er heilig werden, vollkommen auferwacht, der Welt den Schleier hinwegnehmen. Ein Erwachter geworden erlangt er nun was? Sauber ist seine Umgebung, sauber sein Leutekreis, die Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, die Götter und Menschen, Riesen, Schlangengeister und Himmelsboten. Ein Erwachter geworden erlangt er nun das.»

Diesen Ausspruch hat der Erhabene getan. Darum heißt es:

 

Unrechtes Leben tauscht' er einst mit rechtem ein, 
Gewann Erwerb durch saubre Mühe, nach Gebühr: 
Was keinem frommt vermied er, nur was frommen kann, 
Den Leuten Wohl vermitteln, das erkor er gern. 
 
In seliger Welt erwuchs ihm schöner Saaten Frucht, 
Nach seiner Tat, gar kundig, klug, von Guter Schar 
Gepriesen; wie der Dreiunddreißig Götter Fürst 
Empfand er Freude, lustig dort im lichten Kreis. 
 
Als Mensch dann wieder hergelangt, von dort entlebt, 
Aus rechter Tatenfolge reift' ihm dies noch zu, 
Daß Zahn um Zahn in gleicher Reihe war gewölbt, 
So rein, so glänzend anzuschaun, so blendend weiß. 
 
Die Schar der Zeichendeuter saß zu Rat vereint, 
Sie wußten, die gerühmten Priester, bald Bescheid: 
<Von saubrer Sippe wird er einst umgeben sein, 
Der solch Gebiß hat, gleich schon, sauber, weiß von Glanz. 
 
<Als König kommt ihm vieles zu, in saubrer Hut, 
Erobern wird er diesen weiten Erdbereich, 
Ein Feindverdränger, doch kein Volkbedrücker je: 
Rings Wohl zu schaffen schickt er seine Diener aus. 
 
<Doch läßt er hinter sich das Haus, wird ohne Harm 
Asket er sein, von Schlacken lauter, schleierlos, 
Und keine Spaltung und Beklemmung spürt er mehr: 
So diese Welt wie jene wird er klar verstehn (*52). 
 
<Befolgen wird man, auch daheim noch, sein Gebot; 
Dem Übel abhold, abzuschütteln böse Schuld, 
Wird mit ihm pilgern seiner Jünger reine Schar, 
Von Makel, Durst- und Wustgelüsten abgelöst.> 

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(*49) Back Gern gesehn oder «Gerngesehn », Piyadassano oder Piyadassi, ist ein Ausdruck, den Asoko später als Namen für sich erwählt hat, und den er, ausschließlich, auf allen seinen Edikten, wenn er sich nennt, anwendet: offenbar weil ihm solche Stellen wie eben unsere obige wohlbekannt waren, ja seinem ganzen herrlichen Wirken die Richtung gegeben hatten.

(*50) Back Wie man Leiden nicht tilgen kann, zeigt ein Gespräch aus dem Samyuttanikāyo 42.3, das Gotamo eines Tages mit einem Hauptmann der Soldaten geführt hat. Der war herangekommen und hatte also gesprochen: 

«Ich habe gehört, o Herr, daß die Meister und Altmeister der Soldaten einst gesagt haben: <Wer da als ein Soldat in die Schlacht zieht und kämpft, und er wird geschlagen, hingestreckt, der gelangt bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft der Siegreichen Götter empor>: was sagt nun der Erhabene dazu?» - «Genug, Hauptmann, lass' es gut sein, frage mich das nicht», erwidert Gotamo. Jener Hauptmann aber läßt sich nicht abweisen und stellt ein zweites und ein drittes Mal die Frage, bis ihm der Meister endlich antwortet: «Wohlan denn, Hauptmann, du gibst mir nicht nach, wenn ich sage: genug, Hauptmann, lass' es gut sein, frage mich das nicht; so will ich dir nun Rede stehn. Wer da, Hauptmann, als ein Soldat in die Schlacht zieht und kämpft, der hat eben schon eine verworrene Gesinnung, ist abseit geraten, abseit geglitten: <Diese Leute müssen geschlagen werden, müssen umgebracht werden, sie sollen zerstört und vertilgt werden, sie dürfen nicht mehr dasein!> Während er nun so loszieht und kämpft, wird er geschlagen, hingestreckt; und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, wird er der Siegreichen Hölle, wie man sagt, anheimfallen. Wenn er aber etwa die Ansicht hat: <Wer da als ein Soldat in die Schlacht zieht und kämpft, und er wird geschlagen, hingestreckt, der gelangt bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft der Siegreichen Götter empor>, so ist das seine verkehrte Ansicht. Die verkehrte Ansicht aber, sag' ich da, Hauptmann, läßt den Menschen nach einer von den zwei Fährten hin wandeln: zur Hölle oder zur Tierwelt.» Auf diese Worte ist dann der Hauptmann in Klagen und Tränen ausgebrochen: aber nicht darum, weil er solche Antwort erfahren, sondern weil er früher, wie er sagt, «von den Meistern und Altmeistern der Soldaten lange Zeit hindurch getäuscht, genarrt, geködert worden war.»

(*51) Back Der tadellose Vortrag mit der leichtbeweglichen freien Zunge. Auch die Texte des Mahāyānam sind hier der alten Spur gefolgt. Sie haben den Ausdruck «Zunge» ganz richtig als «Zungenorgan», jihvendriyam, erkannt. 

Daher sagen sie: die Vollendeten seien imstande den gesamten Bereich ihrer Wirksamkeit mit dem Zungenorgan zu überziehen und darin einzuwinden. Die daraus mitgeteilte Stelle über die Macht des Zungenorgans der Vollendeten bezieht sich zugleich auf verwandte Angaben im Pali-Kanon, wie Anguttaranikāyo III.81, wo gesagt wird, daß die Kraft des Wortes eines vollkommen Erwachten sich über tausendmillionen tausend große Weltsysteme samt all ihren Himmeln erstreckt; während nämlich ein großer Brahma «nur» tausend große Weltsysteme durchdringen kann. 

Das Mahāyānam nun also hat dort wieder einmal, wie man sieht, die altmythischen Ansichten mitbewahrt. Um so kläglicher ist was Buddhaghoso oder seinesgleichen als Kommentator ein paar Jahrhunderte später als Glosse hinzugetan hat; lehrreich insofern es zeigt, daß er da nicht die mindeste Rücksicht, keinerlei Aufmerksamkeit gehabt hat auf die Äußerungen der von ihm weitererklärten Texte, geschweige auf die vorangehende, oft dazugehörige vedische Kunde: von all dem hatte er überhaupt keine Ahnung, er war ganz auf seine eigene, ach so entsetzlich plumpe Improvisation angewiesen, und so erfindet er denn lustig drauflos, als ein Faselhans. Er sagt, die Zunge des Meisters sei so gewaltig groß gewesen, daß sie, herausgestreckt, beide Ohrmuscheln erreichen und bestreichen konnte, auch beide Nasenflügel, ja sogar den ganzen Umkreis der Stirne bedecken konnte. 

Dieses Impromptu unseres Scholiasten ist aber noch bescheiden im Vergleich zu dem, was später daraus wurde, wo es, im Laufe der Zeit auf dem Missionswege nach China gelangt, dort in der bekannten Manier der immer weiteren Übertreibung fabelhaft überboten worden ist. Denn die chinesische Übersetzung und Bearbeitung des Sukhavatīvyūhasūtram, das im ganzen fernen Osten höchstberühmte O-mi-to-king, gibt nicht mehr den bildlichen Ausdruck sondern die Versicherung, im sechsmal wiederholten Abgesang, daß in allen Weltgegenden von den Buddhas, deren Anzahl unermeßlich ist wie die Masse der Sandkörner am Gestade des Ganges, ein jeder in seiner Weltregion die rechte Lehre entwickelt und darlegt: dabei aber streckt er eine breite und lange Zunge hervor, die jene tausendmillionen tausend großen Weltsysteme, also tausendmillionen Milchstraßen, vollkommen bedeckt, nach der Übersetzung von YMAIZUMI und YAMATA in den Annales du Musée Guimet, tome II p.42.

(*52) Back Der leitende Gedanke der Darstellung will zum Verständnisse führen, warum unermeßlich viele Verkörperungen notwendig waren, bis in der letzten Geburt alle Eigenschaften eines Vollendeten reif geworden, erworben waren, ein vollkommen erwachter Meister erscheinen konnte. Dieser Gedanke ist hier nach sittlicher Gesetzmäßigkeit entwickelt, ohne Ausschmückung vorgetragen, als schlichte Tatsache gegeben, gleichsam als Kern und Keim zum nachmaligen Legendenwalde gelegt. Daraus folgt, daß die üppig aufgewucherte Geschichte von den Vorgeburten, das Jātakam, erst in späteren Zeiten erwachsen sein kann. Da nun der Bestand des Jātakam mit seinem fruchtbaren Dickicht von Sagen, Fabeln, Märchen, Schwänken und Schnurren auf den Reliefskulpturen am Kuppelmal von Barāhat für das 3.-2. Jahrhundert nach Gotamo sicher erwiesen ist, wird unser obiges Stück, einer weit früheren Überlieferung entsprechend, um mindestens hundert Jahre zurückweichen, in eine Zeit und in Kreise, denen es noch recht ferne lag die Sagen und Sprüche der ungeheuer reichhaltigen Volksdichtung dem Kanon mit als Belehrung einzuverleiben. Dies mag zu Ausgang des 2. Jahrhunderts geschehn sein, da ja eben schon in Barāhat die Massen von konkreten vorgebürtigen Schilderungen, wie OLDENBERG treffend bemerkt, sich «nicht auf unbestimmt flottierende Erzählungen bezogen, sondern auf fixierte Texte», Nachrichten der Göttinger Ges. der Wiss. 1912 Heft 2 S.202. So bedeutend, zuweilen sogar einzig herrlich dieser Legendenschatz gewiß ist, und so witzig man es auch verstanden hat das oft uralte Sagengut in passende Verbindung mit dem Meisterwort zu bringen: im Orden Gotamos war für dergleichen Dinge kein Raum übrig. Denn da heißt es: «Nicht soll der Mönch Erzähler sein», Bruchstücke der Reden v. 930. Dieser Vorwurf trifft unser Stück noch nicht. Es ist, wie man sagen könnte, das Jātakam an sich, das zugehörige, echte: die Geschichte, die Rechenschaft von der Erwerbung der Merkmale des Meisters. Der ist nun zu einem Buddho, Erwachten, geworden: überstanden ist die ungeheure Arbeit, hinter ihm, das Werk ist vollbracht.


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rkmale des Meisters. Der ist nun zu einem Buddho, Erwachten, geworden: überstanden ist die ungeheure Arbeit, hinter ihm, das Werk ist vollbracht.


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