uparrow.gif (358 bytes) Digha Nikāya - Die Längere Sammlung  

16. Mahāparinibbāna Sutta, Teil 4


16.4.1 Die vier nicht verstandenen Dinge

DA hat denn der Erhabene eines Morgens sich gerüstet, Mantel und Schale genommen und den Weg nach Vesālī beschritten, um Almosenspeise. In der Stadt von Haus zu Haus tretend kehrte der Erhabene mit den erhaltenen Brocken zurück, nahm das Mahl ein, ließ einen Elefantenblick (ein Elefantenblick ist ein voller Blick, im Gegensatz zu einem nur seitlichen Hinblicken) über Vesālī hingleiten und wandte sich nun an den ehrwürdigen Anando:

«Dies wird, Anando, das letzte Gesicht des Vollendeten gegen Vesālī gewesen sein. Laß' uns, Anando, nach dem Krämerdorfe aufbrechen, dahin wollen wir gehen.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Krämerdorfe hingezogen. Bei dem Krämerdorfe hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

«Weil da, ihr Mönche, vier Dinge nicht verstanden, nicht durchdrungen waren, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch: und welche vier?

Da ist jetzt, ihr Mönche, heilige Tugend verstanden, durchdrungen, heilige Vertiefung verstanden, durchdrungen, heilige Weisheit verstanden, durchdrungen, heilige Freiheit verstanden, durchdrungen, abgeschnitten der Daseinsdurst, versiegt die Daseinsader, und nicht mehr gibt es Wiedersein.»

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte sprach fernerhin also der Meister:
 

«Die Tugend, Tiefe, Weisheit dann 
Und Freiheit, die zuhöchst besteht, 
Sie sind verstanden, Ding um Ding»: -- 
 
Vom Gotamiden, reich an Ruhm, 
Der so als Meister hat gezeigt 
Den Jüngern was zu wissen taugt, 
Der Leiden Tilger, auferwacht, 
Der Seher, selbst erloschen hin. 

 

Da hat denn noch der Erhabene, bei dem Krämerdorfe verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

«Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.»


16.4.2 Die vier wichtigen Bezeugnisse (mahā-padesā)

Nachdem nun der Erhabene bei dem Krämerdorfe nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Anando:

«Laß' uns, Anando, über Elefantendorf nach dem Mangodorfe gehen, und über Rosenapfeldorf nach der Bhoger Burg aufbrechen, dahin wollen wir gehen.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach der Bhoger Burg hingezogen. Bei der Bhoger Burg hat dann der Erhabene Rast gehalten, am Steinmal der Anandiden*. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche:

*[Anandeyacetiyam, das Denkmal dürfte auf einen vedischen Meister der Vorzeit gleichen Namens zurückweisen, nach einer Inschrift des Königs Attivarmā]

 

«Vier wichtige Bezeugnisse will ich euch Mönchen hier aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.»

«Gewiß, o Herr», sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

«Da mag wohl, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: "Von Angesicht hab' ich es, Brüder, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot." Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesem Mönche schlecht aufgefaßt worden"; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesem Mönche recht aufgefaßt worden." Das mögt ihr, Mönche, zum ersten als wichtiges Bezeugnis verwahren.

«Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: "An dem und dem Orte dort weilt eine Jüngergemeinde, mit einem Oberen, mit einem Vorstand; von dieser Jüngergemeinde hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot." Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von dieser Jüngergemeinde schlecht aufgefaßt worden"; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von dieser Jüngergemeinde recht aufgefaßt worden." Das mögt ihr, Mönche, zum zweiten als wichtiges Bezeugnis verwahren.

«Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: "An dem und dem Orte weilt eine große Anzahl oberer Mönche, die viel erfahren, gründliche Kunde erworben haben, Hüter der Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der Überlieferung (mātikā) sind; von diesen Oberen hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot." Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung, noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesen Oberen schlecht aufgefaßt worden"; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesen Oberen recht aufgefaßt worden." Das mögt ihr, Mönche, zum dritten als wichtiges Bezeugnis verwahren.»

«Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: "An dem und dem Orte weilt ein einzelner alter Mönch, der viel erfahren, gründliche Kunde erworben hat, Hüter der Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der Überlieferung ist; von diesem Alten hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot." Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesem Alten schlecht aufgefaßt worden"; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: "Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesem Alten recht aufgefaßt worden." Das mögt ihr, Mönche, zum vierten als wichtiges Bezeugnis verwahren. - Das sind, ihr Mönche, vier Bezeugnisse, die als wichtig verwahrt werden mögen (*36)

Da hat denn noch der Erhabene, bei der Bhoger Burg verweilend, am Steinmal der Anandiden, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

«Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.»


16.4.3 Letzter Besuch bei Vesālī, die letzte Speise (giftiger Pilze) bei Cundo

Nachdem nun der Erhabene bei der Bhoger Burg nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Anando:

«Laß' uns, Anando, nach Pāvā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Pāvā hingezogen. Bei Pāvā hat dann der Erhabene Rast gehalten, im Mangohaine bei Cundo, dem Goldschmied.

Es vernahm aber Cundo der Goldschmied: "Der Erhabene, heißt es, ist in Pāvā angekommen, hält bei Pāvā Rast, im Mangohaine bei mir!" Da begab sich denn Cundo der Goldschmied zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Cundo der Goldschmied, der da beiseite saß, wurde nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Cundo der Goldschmied vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert war, sprach er zum Erhabenen also:

«Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir zu speisen!»

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Nachdem nun Cundo der Goldschmied der Zustimmung des Erhabenen gewiß war, stand er vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich. Am nächsten Morgen dann ließ Cundo der Goldschmied in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und reichlich dazu noch Ebermorcheln (*37). Alsdann sandte er einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: "Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit." So begann denn der Erhabene vor Mittag sich zu rüsten, nahm Mantel und Almosenschale und ging, von der Jüngerschaft begleitet, nach dem Hause, wo Cundo der Goldschmied wohnte. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Alsbald nun wandte sich der Erhabene an Cundo den Goldschmied:

«Was du, Cundo, an Ebermorcheln vorbereitet hast, damit versorge mich: was aber an anderer fester und flüssiger Speise vorhanden ist, damit versorge die Jüngerschaft.»

«Wohl, o Herr», sagte da gehorsam Cundo der Goldschmied zum Erhabenen; und was an Ebermorcheln vorbereitet war, damit versorgte er den Erhabenen, was aber an anderer fester und flüssiger Speise vorhanden war, damit versorgte er die Jüngerschaft. Da hat denn der Erhabene sich an Cundo den Goldschmied gewandt:

«Was dir, Cundo, an Ebermorcheln übrig geblieben ist, das verscharr' in der Grube: keinen seh' ich da, Cundo, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, von dem das genossen und gänzlich verdaut werden könnte, den Vollendeten ausgenommen.»

«Gut, o Herr», sagte da gehorsam Cundo der Goldschmied zum Erhabenen; und was an Ebermorcheln noch übrig war, das verscharrte er in der Grube. Dann kehrte er zum Erhabenen zurück, verbeugte sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. Da hat denn noch der Erhabene Cundo den Goldschmied, der an der Seite saß, in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, ist sodann aufgestanden und von dannen geschritten.

Da hat nun den Erhabenen nach dem bei Cundo dem Goldschmied eingenommenen Mahle eine heftige Krankheit befallen, blutiges Erbrechen mit starken Schmerzen stellte sich ein, lebensgefährlich. Auch diese hat denn der Erhabene klar und wohlbewußt erduldet, ohne sich verstören zu lassen.

Alsbald nun wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Anando:

«Laß' uns, Anando, nach Kusinārā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen.
 

Bei Cundo nach der Mahlzeit dann, 
Beim Goldschmied, hat man mir erzählt, 
Erfuhr der Weise Krankheit bald, 
Mit starken Schmerzen, sterbesiech. 
 
Als wie bewirtet mit der Ebermorchel
Befiel ein Übel arger Qual den Meister da; 
Geplagt von Schluchzen hat der Herr gesprochen: 
«Nach Kusinārā weiter will ich wandern hin.» 

16.4.4 Das Wunder des klaren Wassers

Da ist denn der Erhabene vom Wege abgebogen, an den Fuß eines Baumes in der Nähe herangetreten und hat dann dem ehrwürdigen Anando gesagt:

«Sei so lieb, Anando, und breite mir den Mantel vierfach gefaltet auf: ich bin erschöpft, Anando, und werde mich niedersetzen.»

«Wohl, o Herr», sagte da gehorsam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen; und er breitete den Mantel vierfach gefaltet auf.

Es setzte sich der Erhabene auf den vorbereiteten Sitz. Dann wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Anando:

«Sei so lieb, Anando, und hole mir Wasser: ich bin durstig, Anando, und möchte trinken.»

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Anando zum Erhabenen also:

«Es sind jetzt, o Herr, etwa fünfhundert Karren da hinübergefahren: von den Rädern durchschnitten läuft nun das Wasser seicht durcheinander, trübe geworden. Aber ganz in der Nähe, o Herr, fließt die Kakudhā, mit klarem Wasser, frischem Wasser, kühlem Wasser, reinem Wasser, leicht zugänglich, schön gelegen: dort wird der Erhabene Wasser trinken und auch die Glieder erquicken können.»

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal hat der Erhabene sich also an den ehrwürdigen Anando gewandt:

«Sei so lieb, Anando, und hole mir Wasser ich bin durstig, Anando, und möchte trinken.»

«Wohl, o Herr», sagte da beim dritten Mal gehorsam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen; und mit der Schale versehn stieg er zum Bache herab. Da war nun der Bach, dessen Wellen von den Rädern durchschnitten seicht durcheinander geflossen, trübe geworden waren, beim Herankommen des ehrwürdigen Anando klar, durchsichtig, hell anzuschauen. Da gedachte nun der ehrwürdige Anando alsbald: "Ach wie erstaunlich, wie doch so wunderbar ist des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt! Dieser Bach da vor mir, dessen Gewässer, von den Rädern durchschnitten, seicht durcheinander geflossen, trübe geworden waren, der strömt nun bei meinem Herankommen klar, durchsichtig, hell dahin." Dann schöpfte er Wasser in die Schale, kehrte zum Erhabenen zurück und sprach also:

«Staunen und Wunder, o Herr, über des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt: eben zuvor, o Herr, war dieser Bach, von den Rädern durchschnitten, seicht durcheinander geflossen, trübe geworden, und ist bei meinem Herankommen klar, durchsichtig, hell anzuschauen! Trinken möge der Erhabene das Wasser, trinken möge der Willkommene das Wasser.»

Da hat denn der Erhabene das Wasser getrunken.


16.4.5 Der tiefe Frieden des Erhabenen

Um diese Zeit aber war Pukkuso der Mallerprinz, ein Jünger des Alāro Kālāmo, von Kusinārā nach Pāvā unterwegs und reiste die Landstraße entlang. Es sah nun Pukkuso der junge Maller den Erhabenen unter einem Baume sitzen. Als er den Erhabenen gesehen hatte, kam er heran, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Beiseite sitzend sprach nun Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen also:

«Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie tief da, o Herr, der Frieden ist, in dem Pilger zu beharren vermögen. - Eines Tages einmal, o Herr, war Alāro Kālāmo die Landstraße entlang gewandert, war dann vom Wege abgebogen und hatte sich in der Nähe unter einem Baume niedergesetzt, bis gegen Abend zu verweilen. Da sind nun, o Herr, an fünfhundert Karren gerade Alaro Kālāmo gegenüber vorbeigefahren. Nun ist dann, o Herr, einer der Männer, den Spuren dieser Karrenkarawane immer nachfolgend, zu Alāro Kālāmo herangekommen und hat also gefragt: "Du hast wohl, o Herr, an fünfhundert Karren vorbeifahren sehn." - "Nichts hab' ich, Bruder, gesehen." - "Aber du hast doch, o Herr, den Lärm gehört?" - "Nichts, Bruder, hab' ich von Lärm gehört." - "So hast du, o Herr, geschlafen?" Nicht hab' ich, Bruder, geschlafen." - "Wie denn, o Herr: und du warst bewußt?" - "Gewiß, Bruder." - "So hast du, o Herr, bewußt und mit wachen Sinnen die fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeigefahren sind, weder gesehen noch auch den Lärm gehört: aber dein Mantel, o Herr, ist ja ganz mit Staub überdeckt!" - "Freilich, Bruder." Da wurde nun, o Herr, jenem Manne also zumute: "Großartig ist es, unglaublich, in der Tat, wie tief da, fürwahr, der Frieden ist, in dem Pilger zu beharren vermögen: wo ja eben einer bewußt und mit wachen Sinnen fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeifahren, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören braucht!" Und nachdem er so für Alāro Kālāmo hohe Begeisterung erkennen hatte lassen, ging er weiter.»

«Wie denkst du darüber, Pukkuso, was mag da wohl etwa schwieriger auszuführen, etwa schwieriger zu erwirken sein: daß einer bewußt und mit wachen Sinnen fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeifahren, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte; oder daß einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzücken und der Donner krachend dreinschlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte?»

«Was gälten da freilich, o Herr, fünfhundert Karren oder sechshundert, siebenhundert Karren oder achthundert, neunhundert Karren oder tausend oder hunderttausend Karren: vielmehr wäre das eben gar schwieriger auszuführen und schwieriger zu erwirken, daß einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzücken und der Donner krachend dreinschlagt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte!»

«Es war einmal, Pukkuso, da bin ich bei Atumā geweilt, in einer Scheune. Um diese Zeit aber, bei einem Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzückten und der Donner krachend dreinschlug, wurden unweit der Scheune zwei Landbauern, Brüder, getroffen, und vier Zugochsen. Da ist denn, Pukkuso, aus Atumā eine große Menschenmenge herangekommen und um die beiden Landbauern, die erschlagenen Brüder, und die vier Zugochsen herumgestanden. Doch war ich, Pukkuso, schon aus der Scheune hervorgetreten und ging vor der Tenne unter freiem Himmel auf und ab. Alsbald kam nun, Pukkuso, einer der Männer aus jener großen Menschenmenge auf mich zu, verbeugte sich vor mir und stand beiseite. Den Mann aber, Pukkuso, der da beiseite stand, sprach ich also an: "Was ist denn da, Bruder, für eine große Menschenmenge zusammengekommen?" -

"Es sind jetzt, o Herr, im Wettersturm, im prasselnden Wolkengusse, unter flammenden Blitzen und krachendem Donnergetöse, zwei Landleute erschlagen worden, Brüder, und vier Pflugochsen: da ist denn nun diese große Menschenmenge zusammengelaufen; du aber, o Herr, bist wo gewesen?" - "Hier eben, Bruder, bin ich gewesen." - "Und hast es, o Herr, wohl gesehen?" - "Nichts hab' ich, Bruder, gesehen." - "Aber du hast doch, o Herr, den Lärm gehört?" - " Nichts, Bruder, hab' ich von Lärm gehört." - " Dann hast du, o Herr, gar geschlafen?" - "Nicht hab' ich, Bruder, geschlafen." - "Wie denn, o Herr: und du warst bewußt?" - "Gewiß, Bruder." - "So hast du, o Herr, bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm und wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herab schossen und der Donner krachend dreinschlug, weder gesehen noch auch den Lärm gehört?" -

"Freilich, Bruder." Da wurde nun, Pukkuso, jenem Manne also zumute: "O wie seltsam ist es, wie so wunderbar doch, wie tief da wirklich der Frieden sein muß, in dem Pilger verharren können: wo ja eben einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzücken und der Donner krachend dareinschlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören braucht!" Und nachdem er so hohe Begeisterung für mich gezeigt hatte, ging er rechts herum und entfernte sich.»

Nach diesen Worten sprach Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen also: «Da will ich nur, o Herr, die Begeisterung für Alāro Kālāmo in den Sturmwind aussäen oder den hurtigen Wellen des Flusses überlassen. - Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsternis brächte: "Wer Augen hat wird die Dinge sehn": ebenso auch, o Herr, ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach dargelegt worden. Und so nehme ich', o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.»


16.4.6 Das zweimalige Leuchten des Körpers des Erhabenen

Dann hat Pukkuso der Mallerprinz einem seiner Leute gewunken:

«Ach bringe mir doch mal den goldfarbenen doppelt gewebten Schleier her.» «Sehr wohl, Herr», sagte da gehorsam jener Mann zu Pukkuso dem Mallerprinzen; und er brachte den goldfarbenen doppelt gewebten Schleier herbei. Da hat denn Pukkuso der Mallerprinz den goldfarbenen doppelt gewebten Schleier dem Erhabenen dargereicht:

«Das ist, o Herr, ein goldfarbener doppelt gewebter Schleier: den möge, o Herr, der Erhabene von mir entgegennehmen, um Erbarmens willen!»

«Wohlan denn, Pukkuso: in den einen magst du mich hüllen, in den anderen Anando.»

«Gern, o Herr!», sagte da gehorsam Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen; und in den einen hüllte er den Erhabenen, in den anderen den ehrwürdigen Anando.

Da hat denn noch der Erhabene Pukkuso den Mallerprinzen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Pukkuso der Mallerprinz vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert worden war, stand er auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und zog weiter.

Als nun der ehrwürdige Anando, nicht lange nachdem Pukkuso der Mallerprinz gegangen war, den goldfarbenen doppelt gewebten Schleier dem Körper des Erhabenen gemäß richtete, hat es, dem Körper des Erhabenen gemäß gerichtet, gänzlich wie glanzlos geschienen. Da hat nun der ehrwürdige Anando zum Erhabenen also gesprochen:

«Erstaunlich, o Herr, wundersam ist es, o Herr, in welcher Klarheit, o Herr, des Vollendeten Hautfarbe rings erschimmert! Da ist, o Herr, der goldfarbene doppelt gewebte Schleier, dem Körper des Erhabenen gemäß gerichtet, gänzlich wie glanzlos geworden.»

«Also ist es, Anando; zweimal, Anando, kommt es vor, daß der Körper des Vollendeten wie überklar wird und die Hautfarbe rings erschimmert: welche zweimal? Die Nacht, Anando, wann der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht, und die Nacht, wann der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt: diese zweimal, Anando, kommt es vor, daß der Körper des Vollendeten wie überklar wird und die Hautfarbe rings erschimmert. Heute aber, Anando, in den letzten Stunden der Nacht, auf Kusinārer Landgebiet, im Kronbaumwalde der Maller, inmitten von ein paar Bäumen, wird der Vollendete zur Erlöschung eingehen. - Laß' uns, Anando, zum Wasser der Kakudhā hinabsteigen, dahin wollen wir schreiten.»

«Wohl, o Herr», sagte da aufmerksam der ehrwürdige Anando zum Erhabenen.
 

Goldschimmerseide, doppelt fein, 
Pukkuso reichte gern sie dar: 
Der Meister, damit angetan, 
Erschien wie Mondesschimmer hell. 

16.4.7 Die letzte Nachtruhe

Alsbald ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Bette der Kakudhā herabgestiegen und, dort angelangt, in die rauschenden Gewässer eingetaucht, hat gebadet und getrunken, ist dann wieder ans Ufer zurückgekehrt und nach einem Mangowäldchen hingegangen. Dort eingetreten hat der Erhabene sich an den ehrwürdigen Cundako gewandt:

«Sei so lieb, Cundako, und spreite mir den Mantel vierfach gefaltet auf: ich bin müde, Cundako, und möchte mich hinlegen.»

«Wohl, o Herr», sagte da gehorsam der ehrwürdige Cundako zum Erhabenen; und er spreitete den Mantel vierfach gefaltet auf. Da hat denn der Erhabene sich auf die rechte Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß über dem anderen, klar bewußt, der Zeit des Aufstehns gewärtig. Der ehrwürdige Cundako aber setzte sich ebenda vor den Erhabenen hin.
 

Es kam der Wache zur Kakudher Wellenflut, 
Wo frisch die Wasser blinken, bis zum Grunde klar: 
Hinab da stieg der Meister, schien ermüdet nicht, 
Vollendet in der Welt und ohnegleichen. 
 
Nach Bad und Trunk von dannen schritt der Meister, 
Voran den Jüngerscharen rings im Zuge, 
Der Künder und Verkünder, Herr der Satzung hier, 
Den Mangohain betrat der hohe Seher: 
 
Cundako, sagt' er zu dem Mönche, der so hieß, 
Vierfach gefaltet spreite mir das Lager. 
Da hat der Mönch dem Selbstgewalt'gen gern gedient 
Und alsogleich den Mantel vierfach glatt gestreift: 
Hin legte sich der Meister, schien ermüdet nicht, 
Cundako aber saß zuhäupten nieder. 

16.4.8 Der hohe Verdienst der letzten Almosengabe

Da hat nun der Erhabene sich an den ehrwürdigen Anando gewandt:

«Es könnte wohl sein, Anando, daß da jemand Cundo dem Goldschmied einen Vorwurf machen wollte: "Das ist dir, Bruder Cundo, übel geraten, das hast du schlecht getroffen, daß bei dir der Vollendete den letzten Almosenbissen zu genießen bekam und dann erloschen ist." Einem Vorwurfe nun, Anando, gegen Cundo den Goldschmied muß also vorgebeugt werden:

"Das ist dir, Bruder Cundo, geraten, das hast du recht getroffen, daß bei dir der Vollendete den letzten Almosenbissen zu genießen bekam und dann erloschen ist. Von Angesicht hab' ich es, Bruder Cundo, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: "Zwei gibt es der Almosenbissen, beide gleich an Lohn, beide gleich an Entgelt, die gleichsam mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, hohe Förderung verleihen: und welche zwei?

Der Almosenbissen, nach dessen Empfangnahme der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht, und der Almosenbissen, nach dessen Empfangnahme der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt: das sind die zwei Almosenbissen, beide gleich an Lohn, gleich beide an Entgelt, die gleichsam mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, hohe Förderung verleihen.

Ein lebenverlängerndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Gesundheit förderndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Wohlsein bewirkendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Ruhm verschaffendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein himmelgewinnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein allversöhnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied." Einem Vorwurf, Anando, gegen Cundo den Goldschmied muß also vorgebeugt werden.»

Da hat nun der Erhabene, in solcher Hinsicht eben dazumal tief aufatmend, dies verlauten lassen:
 

«Der Gabenspender spart sich Verdienst, 
Der Insichgegangne greift keinen Grimm, 
Der Kundige kehrt sich vom Bösen ab -
Wer Gier, Haß und Irre vertan, dem ist wohl.» 

 

ENDE DES VIERTEN BERICHTES


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(*36) BackAus der Darstellung dieser vier Bezeugnisse geht hervor wie trefflich es eingerichtet wurde, das Meisterwort rein zu überliefern, in tief bedachter Vorsorge, daß jedem einzelnen Jünger die Freiheit zustehen könne und solle zu prüfen und nach erfolgter und bestandener Prüfung als echt überliefert weiterzugeben was eben gerade er selbst auf seiner mehr oder minder längeren Wanderschaft mit dem Meister oder mit wohlvertrauten Nachfolgern von Angesicht vernommen hatte. Nur auf solcher weitherzig dargebotenen Grundlage konnte jene sichere Übereinstimmung erreicht werden, die uns über die Jahrtausende hin noch heute als Kennzeichen der alten Texte gelten darf. Daher hat denn jeder Jünger seinen Bericht mit dem von ihm persönlich verbürgten Worte eröffnet: «Das hab' ich gehört.» Den vielen und mancherlei Jüngern war vieles und mancherlei gesagt worden, mitgeteilt worden, zu Ohren gekommen: die einen hatten Das gehört, die anderen Das. Jeder sagt nun was er selbst erfahren hat. Und die stets untersuchte Übereinstimmung aller mit allen, bei den einzelnen - nach Art und Anlaß unterschieden, doch im allgemeinen die eine und selbe; das ist die umfassende Lehre, die reiche gotamidische Satzung.

(*37) BackDie Ebermorchel, sūkaramaddavam, ist ein wohlschmeckender Pilz, der an den Vorbergen des Himalayo, wo Pāvā gelegen war (wohl zu unterscheiden von der gleichnamigen Stadt in Bihār), auch heute noch, zusammen mit schwer unterscheidbaren giftigen Abarten, üppig gedeiht und von Keiler und Sau mit Vorliebe aufgesucht und ausgespürt wird, eben den Wildschweinen die Benennung verdanken. Maddavam ist also Morchel oder Maurache und keineswegs Sülze oder Pastete, da wir für letzteres Gericht die an sich recht genaue Bezeichnung sūkaramamsam haben. In das reichliche Morchelgericht, das er als besonders erlesen noch hinzugetan hatte, waren eben nur leider schwer erkennbare giftige Maurachen mit hineingeraten. Gotamo hat die Gefährlichkeit der dargebotenen Schüssel, vielleicht durch feinen Geruch, sogleich gemerkt, die Gabe als solche aber nicht zurückgewiesen, nur entsprechende Anordnung getroffen.


sūkaramamsam haben. In das reichliche Morchelgericht, das er als besonders erlesen noch hinzugetan hatte, waren eben nur leider schwer erkennbare giftige Maurachen mit hineingeraten. Gotamo hat die Gefährlichkeit der dargebotenen Schüssel, vielleicht durch feinen Geruch, sogleich gemerkt, die Gabe als solche aber nicht zurückgewiesen, nur entsprechende Anordnung getroffen.