Samyutta Nikaya

6. Brahma-Samyutta - Vom Brahman
Pathama vagga - Erster Abschnitt (5-10)

S.6.5. Eine andere Anschauung
S.6.6. Lässigkeit
S.6.7. Kokālika (1)
S.6.8. Tissaka
S.6.9. Der Brahman Tudu
S.6.10. Kokālika (2)

S.6.5. Eine andere Anschauung

1. Sāvatthī ist der Schauplatz.

 

2. Zu jener Zeit aber war irgend einem Brahman solche üble Anschauung entstanden: "Es gibt keinen Samana oder Brahmana, der hierher (*1) gelangen könnte."

 

3. Da nun verschwand der Erhabene, der in seinem Herzen die Herzensgedanken jenes Brahman erkannte, so schnell wie ein starker Mann den eingebogenen Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm einbiegt, im Jetahaine und erschien in der Brahmanwelt.

 

4. Da nun ließ sich der Erhabene über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung (*2) nieder, das Feuerelement verwirklichend (*3).

 

5. Da nun kam dem ehrwürdigen Mahāmoggallāna dieser Gedanke: "Wo weilt denn jetzt der Erhabene?"

 

6. Da sah der ehrwürdige Mahāmoggallāna (*4) mit seinem himmlischen Auge, dem geläuterten, übermenschlichen, den Erhabenen, wie er über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung sich niedergelassen hatte, das Feuerelement verwirklichend. Nachdem er ihn gesehen, verschwand er, so schnell wie ein starker Mann den eingebogenen Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm einbiegt, im Jetahaine und erschien in der Brahmanwelt.

 

7. Da nun ließ sich der ehrwürdige Mahāmoggallāna in der östlichen Himmelsgegend über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung nieder, das Feuerelement verwirklichend, etwas tiefer als der Erhabene.

 

8. Da nun kam dem ehrwürdigen Mahākassapa dieser Gedanke: "Wo weilt denn jetzt der Erhabene?" Da sah der ehrwürdige Mahākassapa usw. usw.... (= 6) und erschien in der Brahmanwelt. Da nun ließ sich der ehrwürdige Mahākassapa in der südlichen Himmelsgegend über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung nieder, das Feuerelement verwirklichend, etwas tiefer als der Erhabene.

 

9. Da nun kam dem ehrwürdigen Mahākappina dieser Gedanke: "Wo weilt denn jetzt der Erhabene?" Da sah der ehrwürdige Mahākappina usw. usw.... (= 6) und erschien in der Brahmanwelt. Da nun ließ sich der ehrwürdige Mahākappina in der westlichen Himmelsgegend über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung nieder, das Feuerelement verwirklichend, etwas tiefer als der Erhabene.

 

10. Da nun kam dem ehrwürdigen Anuruddha dieser Gedanke: "Wo weilt denn jetzt der Erhabene?" Da sah der ehrwürdige Anuruddha usw. usw.... (= 6) und erschien in der Brahmanwelt. Da nun ließ sich der ehrwürdige Anuruddha in der nördlichen Himmelsgegend über jenem Brahman in der Luft in sitzender Stellung nieder, das Feuerelement verwirklichend, etwas tiefer als der Erhabene.

 

11. Darauf redete der ehrwürdige Mahāmoggallāna den Brahman mit der Strophe an:

"Hast du auch heute, Lieber, die Anschauung, die du früher gehabt?
Siehst du den Glanz, der den in der Brahmanwelt übertrifft (*5)?"

 

12. (Der Brahman:)

"Nicht habe ich mehr, Verehrter, die Anschauung, die ich früher gehabt;
Ich sehe den Glanz, der den in der Brahmanwelt übertrifft.
Wie könnte ich heute noch sagen: ich bin dauernd und ewig?"

 

13. Da nun verschwand der Erhabene, nachdem er jenen Brahman angeregt hatte (*6), so schnell wie ein starker Mann den eingebogenen Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm einbiegt, in der Brahmanwelt und erschien im Jetahaine.

 

14. Da nun forderte jener Brahman einen (Gott) aus dem Brahmangefolge auf: " Geh du, Verehrter, und begib dich dorthin, wo sich der ehrwürdige Mahāmoggallāna befindet. Nachdem du dich dorthin begeben, sprich zu dem ehrwürdigen Mahāmoggallāna also: Gibt es denn, verehrter Moggallāna, auch noch andere Schüler des Erhabenen, die so wunderkräftig, so machtvoll sind wie ihr, Moggallāna, Kassapa, Kappina, Anuruddha?"

 

15. "Ja, Verehrter!" erwiderte der (Gott) aus dem Brahmangefolge aufhorchend jenem Brahman und begab sich dorthin, wo sich der ehrwürdige Mahāmoggallāna befand.

 

16. Nachdem er sich dorthin begeben, sprach er zu dem ehrwürdigen Mahāmoggallāna also: "Gibt es denn, verehrter Moggallāna, auch noch andere Schüler des Erhabenen, die so wunderkräftig, so machtvoll sind wie ihr, Moggallāna, Kassapa, Kappina, Anuruddha?"

 

17. Da nun erwiderte der ehrwürdige Mahāmoggallāna dem (Gott) aus dem Brahmangefolge mit der Strophe:

"In den drei Wissenschaften bewandert (*7), zu Wunderkraft gelangt (*8),
kundig der Herzensgedanken (der anderen),
Solche, bei denen die weltlichen Einflüsse vernichtet sind,
Vollendete sind viele Schüler des Buddha."

 

18. Da nun freute sich der (Gott) aus dem Brahmangefolge über das Wort des ehrwürdigen Mahāmoggallāna und war dankbar dafür und begab sich dorthin, wo der Große Brahman sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, sprach er zu dem Brahman also: "Der ehrwürdige Mahāmoggallāna, Verehrter, hat so gesagt:

 

In den drei Wissenschaften bewandert, zu Wunderkraft gelangt,
kundig der Herzensgedanken (der andern),
Solche, bei denen die weltlichen Einflüsse vernichtet sind,
Vollendete sind viele Schüler des Buddha."

 

19. Also sprach der (Gott) aus dem Brahmangefolge. Zufriedenen Herzens freute sich der Brahman über das Wort des (Gottes) aus dem Brahmangefolge.


(*1) Nämlich in die Brahmawelt.

(*2) pallankena (skr. paryanka), d. h. in jener hockenden Stellung mit untergeschlagenen Beinen, die wir aus zahlreichen Buddhabildnissen kennen. Die wechselnden Handstellungen (mudra) deuten die verschiedenen Situationen an, in denen der Buddha gedacht ist.

(*3) D. h. er ließ Feuerflammen von seinem Körper ausgehen. Es ist das nach dem Komm. eine Wunderkraft, die durch eine meditative Versenkung erzielt wird, wo zur Vorübung (kasina) die konzentrierte Betrachtung von Feuer gedient hat.

(*4) Über die hier genannten Schüler des Buddha und ihre Eigenart s. jetzt Mrs. Rhys Davids, Gotama the Man, S.110ff., 159, 197. Dazu Anguttara I. 23, 25.

(*5) passasi vītivattandam brahmaloke pabhassaram = passasi pabhassaram (Komm. I. 248.17 substantivisch = pabham) brahmaloke pabhassaram vītivattantam (Komm. = atikkamamānam).

(*6) Nach dem Komm. I. 249.2 hält der Buddha auch eine Predigt.

(*7) tevijja (skr. traividya "in den drei Veden bewandert") ist aus der brahmanischen Terminologie übernommen und buddhistisch umgedeutet. Nach dem Komm. I. 249.11 wären die drei Wissenschaften 1) pubbenivāsa Erinnerung an die früheren Existenzen; 2) dibbacakkhu, himmlisches Auge; 3) āsavakkhaya, Vernichtung der weltlichen Einflüsse. Das letzte wäre dann freilich in der zweiten Zeile wiederholt.

(*8) Über die iddhi, s. Bd. 2, S. 165-6.


S.6.6. Lässigkeit

1. Sāvatthī ist der Schauplatz.

 

2. Zu jener Zeit aber befand sich der Erhabene in seinem Tagesaufenthalt in einsamer Meditation.

 

3. Da nun begaben sich der Einzelbrahman Subrahman und der Einzelbrahman Suddhavāsa (*1) dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem sie sich dorthin begeben hatten, standen sie einzeln jeder (*2) an einen Torpfosten.

 

4. Da nun sprach der Einzelbrahman Subrahman zu dem Einzelbrahman Suddhāvāsa also: "Es ist jetzt noch nicht die rechte Zeit, Verehrter, dem Erhabenen unsere Aufwartung zu machen. Es befindet sich der Erhabene in seinem Tagesaufenthalt in einsamer Meditation. Da ist aber die Brahmanwelt So-und-so, reich und blühend, und der Brahman dort führt ein Leben in Lässigkeit. Wollen wir uns aufmachen, Verehrter, und uns dorthin begeben, wo die Brahmanwelt sich befindet. Wenn wir uns dorthin begeben haben, wollen wir den Brahman anregen!"

 

5. "Ja, Verehrter!" erwiderte der Einzelbrahman Suddhāvāsa aufhorchend dem Einzelbrahman Subrahman.

 

6. Da nun verschwanden der Einzelbrahman Subrahman und der Einzelbrahman Suddhāvāsa, so schnell wie ein starker Mann den eingebogenen Arm ausstreckt oder den ausgestreckten Arm einbiegt, vor dem Erhabenen und erschienen in jener Welt.

 

7. Es sah nun der Brahman die Brahmans von ferne heran kommen. Wie er sie sah, sprach er zu den Brahmans also: "Halloh, woher kommt ihr, Verehrte?"

 

8. "Wir kommen, Verehrter, von dem Erhabenen, dem Vollendeten, Vollkommen Erleuchteten. Gehe auch du, Verehrter, zur Huldigung des Erhabenen, des Vollendeten, Vollkommen Erleuchteten."

 

9. Auf dieses Wort hin bildete der Brahman, ohne auf das Gesagte einzugehen, sich selber tausend mal und sprach zu dem Einzelbrahman Subrahman also: "Siehst du da, Verehrter, was ich für eine Wundermacht besitze?"

 

10. "Ich sehe da, Verehrter, was du für eine Wundermacht besitzest."

 

11. "Da ich, Verehrter, so wunderkräftig, so machtvoll bin, zu welches anderen, Samana oder Brahmana Huldigung, sollte ich da gehen?"

 

12. Da nun bildete der Einzelbrahman Subrahman sich selbst zweitausend mal und sprach zu dem Brahman also: "Siehst du da, Verehrter, was ich für eine Wundermacht besitze?"

 

13. "Ich sehe da, Verehrter, was du für eine Wundermacht besitzest."

 

14. "Der Erhabene aber, Verehrter, der ist wunderkräftiger und machtvoller als du und als ich. Gehe du, Verehrter, zur Huldigung des Erhabenen, des Vollendeten, Vollkommen Erleuchteten".

 

15. Da nun redete der Brahman den Einzelbrahman Subrahman mit der Strophe an:  

"Drei (Reihen) Greife (*3), vier (Reihen) Gänse,
Und fünfhundert Adler (*4), davon strahlt (mir) dem geistsig Versenkten (*5)
Dieser mein Palast, o Brahnan,
Leuchtend in der nördlichen Himmelsgegend."

 

16. (Der Einzelbrahman Subrahman:)

"Wiewohl dieser dein Palast strahlt,
Leuchtend in der nördlichen Himmelsgegend:
Der Weise aber, wenn er gesehen hat, daß die Lust an der Form stets unsicher (*6) ist,
Hat darum an der Form keine Freude."

 

17. Da nun verschwanden der Einzelbraham Subrahman und der Einzelbrahman Suddhāvāsa, nachdem sie jenen Brahman angeregt hatten, auf der Stelle.

 

18. Es ging aber nun jener Brahman zu einer anderen Zeit zur Huldigung des Erhabenen, des Vollendeten, Vollkommen Erleuchteten.


(*1) paccekabrahman, Einzelbrahman, ist nach dem Muster paccekabuddha gebildet. Es scheint, daß damit Brahmans gemeint sind, die für sich außerhalb der Brahmanwelten wohnen. Der Ausdruck kommt m. W. nur hier in Sutta 6-10 und Anguttara V. 171 vor.

(*2) Lies mit dem Komm. paccekam dvārabāham upanissāya atthamsu.

(*3) tayo supannā. Es handelt sich nach dem Komm. I. 250.3 um Figurenschmuck, Wandmalereien des Palastes. Er ergänzt tayo durch satā aus Zeile 2 (tīni, supannarūpasatāni). Mit supanna werden die Garudas bezeichnet.

(*4) vyagghīnisā. Das Wort findet sich auch Jātaka VI. 538.9, wo es zweifellos einen Vogel bezeichnet und im Komm. mit sena (skr. syena) "Falke, Adler" erklärt wird. An unserer Stelle sagt der Komm. "Tiere, die dem Tiger gleichen".

(*5) jhāyino. Nach dem Komm. I. 250.8 jhāyissa mayham vimāne ayam vibhūti, nicht Nom. Pl. sondern Gen. Sg., auf den Besitzer des Palastes sich beziehend.

(*6) rūpe ranam disvā sadā pavedhitam. Über rana s. Rhys Davids und Stede, Pali Dict. u. d. W.; pavedhita wird im Komm. mit calita ghatita umschrieben. Der Sinn ist, wie Mrs. Rhys Davids richtig gesehen hat, dieser: Der Brahman ist stolz auf die Figuren, die rūpāni, die den Schmuck seiner Behausung bilden. Um ihn zu belehren, nimmt Subrahman das Wort rūpāni in der technischen Bedeutung "Formen, sichtbare Formen, weltliche Dinge womit der erste der sechs äußeren Sinnesbereiche bezeichnet wird und weist auf die Nichtigkeit der sinnlichen Genüsse im allgemeinen hin.


S.6.7. Kokālika (1)

1. Sāvatthī.

 

2. Zu jener Zeit aber befand sich der Erhabene in seinem Tagesaufenthalt in einsamer Meditation.

 

3. Da nun begaben sich der Einzelbrahman Subrahman und der Einzelbrahman Suddhāvāsa dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem sie sich dorthin begeben hatten, standen sie einzeln jeder an einem Torpfosten.

 

4. Da nun sprach der Einzelbrahman Subrahman mit Bezug auf den Bhikkhu Kokālika (*1) zu dem Erhabenen die folgende Strophe:

 

"Das Unmeßbare abmessend (*2), wer möchte da richtig bestimmen?
Den, der das Unmeßbare abmißt, halte ich für einen Toren,
einen Menschen gewöhnlicher Art (*3)."

(*1) Er heißt nach Jāt. IV. 242.21 so weil er in der Provinz Kokālī zu Hause war. Er gilt als Gefährte des Devadatta des Hauptwidersachers des Buddha. Weiteres unten in Sutta 9-10.

(*2) Nach dem Komm. I. 250.19 ist der" unmeßbare" (appameyya) der Vollendete (khīnāsava), von dem man nicht aussagen kann wie groß seine sittliche Zucht, seine Meditation, seine Erkenntnis sei.

(*3) puthujjana, im Gegensatz zu solchen die schon auf dem Heilsweg sich befinden.


S.6.8. Tissaka

1. Sāvatthī.

 

2. Zu jener Zeit aber befand sich der Erhabene in seinem Tagesaufenthalt in einsamer Meditation.

 

3. Da nun begaben sich der Einzelbrahman Subrahman und der Einzelbrahman Suddhāvāsa dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem sie sich dorthin begeben hatten, standen sie einzeln jeder an einem Torpfosten.

 

4. Da nun sprach der Einzelbrahman Suddhāvāsa mit Bezug auf den Bhikkhu Katamorakatissaka (*1) zu dem Erhabenen die folgende Strophe:

 

"Das Unmeßbare abmessend, wer möchte da richtig bestimmen?
Den, der das Unmeßbare abmißt, halte ich für einen unwissenden Toren (*2)."

(*1) Wird Cullavagga 7. 3.14 (= Vin. II.196) neben Kokālika unter den Anhängern Devadatta's genannt.

(*2) akissavam. Der Komm. I. 251.5 erklärt kissavā als Synonym zu paññā.


S.6.9. Der Brahman Tudu

1. Sāvatthī.

 

2. Zu jener Zeit aber war der Bhikkhu Kokālika krank, leidend, von schwerem Siechtum befallen.

 

3. Da nun begab sich der Einzelbrahman Tudu (*1)

in vorgeschrittener Nacht, mit seiner herrlichen Schönheit den ganzen Jetahain erhellend, dorthin, wo sich der Bhikkhu Kokālika befand .

 

4. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, sprach er in der Luft schwebend zu dem Bhikkhu Kokālika also: "Laß dein Herz, Kokālika, froh vertrauen auf Sāriputta und Mogallāna. Tüchtig sind Sāriputta und Moggallāna."

 

5. "Wer bist du, mein Lieber?"

 

6. "Ich bin der Einzelbrahman Tudu."

 

7. "Hat nicht von dir, mein Lieber, der Erhabene vorher verkündet, daß du einer von denen seiest, die nicht mehr wieder kehren (*2)? Siehe, wie sehr du da gefehlt hast."

 

8. (Der Einzelbrahman Tudu:)  

"Ist ein Mensch geboren, so entsteht ihm im Mund eine Axt,
Mit der er, wenn er üble Worte spricht, sich selber schlägt.
Wer den lobt, der Tadel verdient,
Und den, der Lob verdient, tadelt,
Der sammelt Verlust (*3) an mit seinem Munde,
Und durch diesen Verlust findet er kein Glück.
 
Von geringer Bedeutung ist der Verlust,
Die Einbuße von Geld beim Würfelspiel,
Oder auch die (Einbuße) von aller Habe samt der eigenen Person.
Das ist der größere Verlust,
Wenn man feindselige Gesinnung hegt gegen die Führer auf dem Heilspfade.
 
Auf hundert tausend und sechsunddreißig
Nirabbudas (von Jahren) und noch fünf Abbudas
Geht in die Hölle ein, wer die Edlen schmäht,
Rede und Gesinnung aufs Böse richtend."

(*1) Die Episode von Tudu wird auch Jāt. IV. 244.31 und Anguttara V. 171.3 erzählt. Er war in seiner letzten Existenz der Lehrer (upajjhāya) des Kokālika gewesen und versucht nun, den ehemāligen Schüler von seinem Haß gegen Sāriputta und Moggallāna abzubringen. Hierzu vgl. das nächste Sutta.

(*2) Er ist ein anāgāmin. Über die verschiedenen Stufen auf dem Heilswege bis zum Erlösungszustand s. Bd. 2, S. 68, Vorbem. zu 12. 31.

(*3) kali. Der Ausdruck wird besonders beim Würfelspiel gebraucht. Vgl. Lüders, Das Würfelspiel im alten Indien (Abhdl. der K. Gesellsch d. Wissensch., Göttingen, ph.-hist. Kl., N. F. IX, Nr. 2), S. 42, wo unsere Stelle besprochen wird.


S.6.10. Kokālika (2)

 

Mrs. Rhys Davids hat darauf hingewiesen, daß die populäre Geschichte von dem Bhikkhu aus Kokālī, der die beiden großen Schüler des Buddha bei diesem verleumdete und dafür furchtbar bestraft wurde, mehrfach erzählt wird. Sie findet sich mit den Versen 1) im Suttanipāta, Mahāvagga 10 (= S. 121 ff.), 2) im Anguttara V. 170ff. und ohne die Verse 3) in der einleitenden Erzählung zum Takkāriya-Jātaka (Nr. 481) Die Verse, mit Ausnahme der ersten Strophe, kehren auch Anguttara II.3 wieder.

 

1. Sāvatthī.

 

2. Da nun begab sich der Bhikkhu Kokālika dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend sprach dann der Bhikkhu Kokālika zu dem Erhabenen also: "Sündhafte Wünsche, Herr, hegen Sāriputta und Moggallāna; sie sind der Gewalt sündhafter Wünsche verfallen."

 

4. Auf dieses Wort hin sprach der Erhabene zu dem Bhikkhu Kokālika also: "Sprich nicht so, Kokālika! sprich nicht so, Kokālika! Laß dein Herz, Kokālika, froh vertrauen auf Sāriputta und Moggallāna. Tüchtig sind Sāriputta und Moggallāna."

 

5. Und zum zweiten mal sprach da der Bhikkhu Kokālika zu dem Erhabenen also: "Obgleich, Herr, der Erhabene glaubwürdig und zuverlässig ist, hegen doch sündhafte Wünsche Sāriputta und Moggallāna; sie sind der Gewalt sündhafter Wünsche verfallen."

 

6. Und zum zweiten mal sprach da der Erhabene zu dem Bhikkhu Kokālika also: "Sprich nicht so, Kokālika! Sprich nicht so, Kokālika! Laß dein Herz Kokālika, froh vertrauen auf Sāriputta und Moggallāna. Tüchtig sind Sāriputta und Moggallāna."

 

7. Und zum dritten Mal sprach da der Bhikkhu Kokālika zu dem Erhabenen also: "Obgleich, Herr, der Erhabene glaubwürdig und zuverlässig ist, hegen doch sündhafte Wünsche Sāriputta und Moggallāna; sie sind der Gewalt sündhafter Wünsche verfallen."

 

8. Und zum dritten mal sprach da der Erhabene zu dem Bhikkhu Kokālika also: "Sprich nicht so, Kokālika! sprich nicht so, Kokālika! Laß dein Herz, Kokālika, froh vertrauen auf Sāriputta und Moggallāna. Tüchtig sind Sāriputta und Moggallāna."

 

9. Da nun erhob sich der Bhikkhu Kokālika von seinem Sitze, und nachdem er den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt und unter Zukehrung der rechten Seite umwandelt hatte, ging er weg.

 

10. Noch nicht lange aber war der Bhikkhu Kokālika weggegangen, da war sein ganzer Körper mit erbsengroßen Pusteln bedeckt. Erst erbsengroß gewesen, wurden sie groß wie Mungoböhnchen; groß wie Mungoböhnchen gewesen, wurden sie groß wie Kicherbohnen; groß wie Kicherbohnen gewesen, wurden sie groß wie Brustbeerenkerne (*1); groß wie Brustbeerenkerne gewesen, wurden sie groß wie Brustbeeren (selber); groß wie Brustbeeren gewesen, wurden sie groß wie Myrobalanen (*2); groß wie Myrobalanen gewesen, wurden sie groß wie unreife Bilvafrüchte; groß wie unreife Bilvafrüchte (*3) gewesen, wurden sie groß wie reife Bilvafrüchte; nachdem sie groß wie reife Bilvafrüchte geworden, brachen sie auf und ließen Eiter und Blut ausfließen (*4).

 

11. Da nun starb der Bhikkhu Kokālika an eben dieser Krankheit, und nachdem der Bhikkhu Kokālika gestorben war, wurde er in der Padumahölle (*5) wiedergeboren, da er im Herzen feindselig gewesen war gegen Sāriputta und Moggallāna.

 

12. Da nun begab sich der Brahman Sahampati in vorgeschrittener Nacht, mit seiner herrlichen Schönheit den ganzen Jetahain erhellend, dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, trat er zur Seite.

 

13. Zur Seite stehend sprach dann der Brahman Sahampati zu dem Erhabenen also: "Der Bhikkhu Kokālika, Herr, ist gestorben, und nachdem er, Herr, gestorben, wurde der Bhikkhu Kokālika in der Padumahölle wiedergeboren, da er im Herzen feindselig gewesen war gegen Sāriputta und Moggallāna."

 

14. Also sprach der Brahman Sahampati, und nachdem er das gesagt und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt und unter Zukehrung der rechten Seite umwandelt hatte, verschwand er auf der Stelle.

 

15. Da nun sprach am Ausgang dieser Nacht der Erhabene zu den Bhikkhus "Diese Nacht, ihr Bhikkhus, begab sich der Brahman Sahampati in vorgeschrittener Nacht, mit seiner herrlichen Schönheit den ganzen Jetahain erhellend, dorthin wo ich mich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und mich ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, trat er zur Seite. Zur Seite stehend sprach dann, ihr Bllikkhus, der Brahman Sahampati zu mir also: ,Der Bhikkhu Kokālika, Herr, ist gestorben, und nachdem er, Herr, gestorben, wurde der Bhikkhu Kokālika in der Padumahölle wiedergeboren, da er im Herzen feindselig gewesen war gegen Sāriputta und Moggallāna.' Also sprach, ihr Bhikkhus, der Brahman Sahampati, und nachdem er das gesagt und mich ehrfurchltsvoll begrüßt und unter Zukehrung der rechten Seite umwandelt hatte, verschwand er auf der Stelle."

 

16. Auf dieses Wort hin sprach ein Bhikkhu zu dem Erhabenen also: "Wie lang nun, Herr, ist die Lebensdauer in der Padumahölle?"

 

17. "Lang, o Bhikkhu, ist die Lebensdauer in den Padumahölle. Es ist nicht leicht zu berechnen: (es sind) so und so viele Jahre oder so und so viele Jahrhunderte oder so und so viele Jahrtausende oder so und so viele Jahrhunderttausende."

 

18. "Ist es aber möglich, Herr, es mit einem Gleichnis auszudrücken?"

 

19. "Das ist möglich, o Bhikkhu," erwiderte der Erhabene. "Es ist gerade so, wie wenn da, o Bhikkhu, ein Wagen wäre aus dem Kosalalande mit Sesamkörnern, zwanzig Khārīs (*6) fassend. Davon nähme ein Mann immer am Ende eines Jahrhunderts je ein Sesamkorn weg. Eher würde, o Bhikkhu, der Wagen aus dem Kosalalande mit Sesamkörnern, zwanzig Khārīs fassend, aufgebraucht sein und zu Ende gehen, als eine (Aufenthaltzeit in der) Abbudahölle (*7). Da ist aber nicht bloß eine Abbudahölle. Gleich wie zwanzig Abbudahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Nirabbudahölle. Gleich wie zwanzig Nirabbudahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Ababahölle. Gleich wie zwanzig Ababahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Atatahölle. Gleich wie zwanzig Atatahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Ahahahölle. Gleich wie zwanzig Ahahahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Kumudahölle. Gleich wie zwanzig Kumudahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Sogandhikahölle. Gleich wie zwanzig Sogandhikahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Uppalahölle. Gleich wie zwanzig Uppalahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Pundarīkahölle. Gleich wie zwanzig Pundarīkahöllen, o Bhikkhu, ist eine (Aufenthaltszeit in der) Padumahölle. In der Padumahölle aber, o Bhikkhu, wurde der Bhikkhu Kokālika wiedergeboren, da er im Herzen feindselig gewesen war gegen Sāriputta und Moggallāna."

 

20. Also sprach der Erhabene, und nachdem der Führer auf dem Heilspfad also gesprochen, verkündete der Meister noch folgendes:  

"Ist ein Mensch geboren, so entsteht ihm im Mund eine Axt,
Mit der er, wenn er üble Worte spricht, sich selber schlägt.
Wer den lobt, der Tadel verdient
Und den, der Lob verdient, tadelt,
Der sammelt Verlust an mit seinem Munde,
Und durch diesen Verlust findet er kein Glück.
 
Von geringer Bedeutung ist der Verlust,
Die Einbuße von Geld beim Würfelspiel,
Oder auch die (Einbuße) von aller Habe samt der eignen Person.
Das ist der größte Verlust,
Wenn man feindselige Gesinnung hegt gegen die Führer auf dem Heilspfad.
 
Auf hundert tausend und sechunddreißig
Nirabbudas (von Jahren) und noch fünf Abbudas
Geht in die Hölle ein, wer die Edlen schmäht,
Rede und Gesinnung aufs Böse richtend."

(*1) kolatthiyo von kola (= skr. kola "Zizyphus jujuba") "Jujubfrucht" (Cordia) + atthi "Kern".

(*2) skr āmalaka "Emblica officinalis".

(*3) beluvasalātuka (skr. bailva + salātu) "unreife Früchte, die vom Bilvabaum (Aegle marmelos) stammen." Sie werden in der Heilkunde verwertet; die reifen Früchte (billa) werden gegessen und gelten als köstlich.

(*4) Der Komm. I. 255.8ff. schildert den Ekel, der selbst die Devatās beim Anblick der Krankheit befällt. Es ist dies auch der Augenblick, wo der Brahman Tudu (Sutta 9) erscheint und vergeblich versucht, den ehemaligen Schüler von seinem Haß abzubringen.

(*5) Vgl. unten, Note zu 6. 10. 19.

(*6) khārī bezeichnet ein Hohlmaß. Der Komm. I. 255.18 geht von dem pattha genannten Hohlmaß aus, und gibt an, daß vier Patthas in Magadha gleich einem Pattha bei den Kosalas seien. Vier Patthas des Kosalamaßes geben ein ālhaka, vier Ālhakas ein dona, vier Donas eine mānikā, vier Mānikās eine khārī.

(*7) Die Namen der Höllen abbuda, nirabbuda usw. sind zugleich Bezeichnungen phantastisch hoher Zahlen. Nach dem Komm. I. 255.11 sind das alles bestimmte Räume in der Avicihölle und die Zahlen geben nur die in Jahren berechnete Zeitdauer an, die der Verdammte in dem betreffenden Höllenraum zu verbringen hat. Vgl. Kirfel, Kosmographie der Inder S. 199-200.


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