Vimāna Vatthu

29. ( III ' 1): Prächtig

In Rājagaham lebte eine Familie, die regelmäßig den ehrwurdigen Mahāmoggallāno unterstützte. Die Tochter des Hausee war besonders am Geben erfreut und zur Freigebigkeit geneigt. Was immer sie zu essen bekam, davon aß sie selber nur die Hälfte und legte das übrige zur Seite für würdige Gabenempfänger. Wenn keine Mönche kamen, dann gab sie die Sachen an Bettler. Ihre Mutter war sehr erfreut über die Gebebereitschaft ihrer Tochter und gab ihr oft doppelte Portionen, damit sie mehr spenden konnte.

 

Als sie herangewachsen war, verheirateten ihre Eltern sie mit einem Jüngling in Rājagaham. Aber dessen Familie war ungläubig und ohne Verehrung für Asketen und Mönche des Erwachten. Eines Tages ging der ehrwürdige Mahāmoggallāno der auf Almosengang in die Stadt und stand vor der Tür der Schwiegereltern der jungen Frau. Als diese ihn sah, bat sie ihn einzutreten. Sie grüßte ihn ehrfürchtig und gab ihn einen Keks, den ihre Schwiegermutter zur Seite gelegt hatte, überzeugt, daß diese die Gabe billigen würde. Mahāmoggallāno nahm den Keks und aß ihn. Als er wieder gegangen war erzählte sie ihrer Schwiegermutter von ihrer Spende. Anstatt erfreut über die gute Tat zu sein, schrie sie wütend: "Welche Unverschämtheit! Einem Asketen etwas zu geben, was mir gehört, ohne auch nur zu fragen!" Und vor Zorn berstend, blindwütig, ohne nachzudenken, ergriff sie eine Mörserkeule und warf sie auf ihre Schwiegertochter. Der Stößel traf diese an der Schulter. Weil sie sehr zart war und weil ihre Lebenszeit sich dem Ende zuneigte, litt sie große Schmerzen und starb daran nach wenigen Tagen.

 

Sie wurde bei den Göttern der Dreiunddreißig wiedergeboren. Obwohl sie viele gute Werke getan hatte, war jene Gabe an den ehrwürdigen Mahāmoggallāno doch am gewichtigsten. Dieser sah sie bei einer Himmelsreise und wandte sich an sie:

 

Moggallāno:

Gar prächtig allerwärts hier scheint

dein Ruhm und deine Schönheit auch.

Es tanzen, singen Göttinnen

und Göttersöhne, reich geschmückt. (278)

 

Sie machen, Göttin, froh dich hier,

sie dienen mit Verehrung dir.

Die goldenen Vimānas hier

gehören dir, schön anzuschaun. (279)

 

Du bist der Herrscher über sie,

und jeder Wunsch wird dir erfüllt,

hochwohlgeboren bist du groß,

im Götterkreise freust du dich.

 

Ich frage also, Göttin, dich:

Von welchem Wirken ist's die Frucht? (280)

Woher bist du geworden so,

weshalb hast dieses du erlangt

und fallen dir Genüsse zu

die lieb dem Geiste immer sind? (281)

 

Ich frage dich, o Göttin, du Vielmächtge,

als Mensch du warst, durch welch Verdienst wohl

hast du bewirkt denn, daß du also leuchtest,

daß allerwärts dein Körper herrlich strahlet? (282)

 

Sprecher:

Die Göttin die im Geist beglückt,

als Moggāllāno sie befragt,

erklärt auf seine Frage ihm,

welch Wirken diese Frucht erzeugt. (283)

 

Göttin:

Als unter Menschen einst ich Mensch geworden,

zuletzt geboren in der Menschenwelt,

war Schwiegertochter, wo man tugendlos,

ich unter Glaubenslosen, Knickrigen. (284)

 

In Tugend, in Vertraun bewährt,

an Gaben immer hoch erfreut,

dem Pilger auf Almosengang

dem spendete ich einen Keks. (285)

 

Als Schwiegermutter ich erzählt:

"Es kam hier ein Asket herein,

dem gab ich eigenhändig froh

mit heitrem Herzen einen Keks", (286)

 

da machte sie Vorwürfe mir:

"Du ungezognes Schwiegerkind

nicht einmal hast gefragt du mich:

'Asketen möcht ich geben was'." (287)

 

Die Schwiegermutter dann in Wut

schlug mit der Mörserkeule mich,

verwundet an der Schulter mich.

Nicht länger leben konnt ich mehr. (288)

 

Nachdem den Leib ich abgelegt

befreit von ihm schied ich da ab.

Bei Dreiunddreißig Göttern dann

gesellt bin ich erschienen gleich. (289)

 

Daher kommt mir solch Schönheit zu,

das ist's, was mir nach hier gedieh,

daher erlangt die Fülle ich,

an dem, was meinem Geiste lieb. (290)

 

So zeigt ich dir, o Mönch, der du gar mächtig,

was ich als Mensch mir an Verdienst erwirkt hab

daher kommt es, daß ich so mächtig strahle,

daß meine Schönheit jede Richtung überhellt. (291)

 

Bemerkungen:

Verse 281 - 283 werden von den meisten Ausgaben als schmückende Wiederholung mit Recht fortgelassen. Da Jayawickrama sie aber in seine Nummernfolge aufgenommen hat seien sie hier wiedergegeben. Der Titel "Prächtig" (ulāra = breit großmächtig) bezieht sich auf das Strahlen des Vimāna, des prächtigen Goldpalastes.

Wie selbstverständlich wird die Verbindung ungläubig-tugendlos gezogen. Wer keinen religiösen Sinn für die Fortexistenz und das Karmagesetz hat, der muß notwendig früher oder später tugendlos werden, weil er nur das eine Leben im Auge hat und daher dieses so überschätzt, daß er zur Triebbefriedigung auch die Tugend bricht. Siehe hier die "böse Schwiegermutter", die um eines Kekses willen einen Totschlag begeht. Daß die gläubigen Eltern, die den Mönchen des Buddha zugetan waren, ihre Tochter in eine ungläubige Familie zur Ehe gegeben haben, ist nicht gerade ein Zeichen von Weitblick und Fürsorge. Daran zeigt sich, daß Geben allein noch nicht Tugend bedeuten muß.

Was aus der bösen Schwiegermutter wurde, wird nicht berichtet. Ihr Geschick gehört ins Peta-vatthu. Hier im Vimāna-vatthu werden keine Schicksale, die nach unten führen, geschildert. Vielleicht aber war sie durch das, was sie angerichtet hatte, so erschüttert, daß sie sich wandelte gut wirkte und so die karmische Wirkung verbesserte.


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