PETA-VATTHU
DAS BUDDHISTISCHE TOTENBUCH
EIN TEXT AUS DER KÜRZEREN SAMMLUNG DES PĀLIKANONS
Aus dem Pāli übersetzt
von
HELLMUTH HECKER
©
2001 VERLAG BEYERLEIN UND STEINSCHULTE 95236 Stammbach - Herrnschrot Tel.:
09256/460 email:
verlag.beyerlein@T-online.de
Alle
Rechte vorbehalten
ISBN
3-931095-31-2
[Die
Veröffentlichung auf dieser Webseite erfolgt mit freundlicher Genehmigung des
Herausgebers.]
Inhaltsverzeichnis
Seite [im
Original]
Vorbemerkung.......................................... 1
Buch I
1. Das Gleichnis vom Acker........................................ ..
5
2. Das Schweinemaul................................................. 10
3. Der Stinkmund.................................................... 11
4. Die Teig-Puppe................................................... 12
5. Außerhalb der Mauern............................................. 14
6. Die Menschenfresserin der fünf Kinder............................ 18
7. Die Menschenfresserin von sieben Kindern......................... 20
8.
Der Ochse........................................................ 21
9. Der Webermeister................................................. 23
10. Die Kahlköpfige.................................................. 24
11. Der Elefant...................................................... 27
12. Die Schlange..................................................... 31
Buch II
1. Selbsterlösung aus dem Samsāro................................... 33
2. Die Mutter des Thera Sāriputto................................... 36
3. Mattā............................................................ 39
4. Nandā............................................................ 43
5. Glänzende Ohrringe = Vv 83....................................... 44
6.
Kanha............................................................ 45
7.
Dhanapāla........................................................ 47
8. Cūlasetthi....................................................... 50
9.
Ankura........................................................... 51
10. Uttaras
Mutter................................................... 60
11. Das Fadenknäuel.................................................. 62
12. Der ohrenlose Höllenhund......................................... 65
13. Ubbarī........................................................... 71
Buch III
1. Der im Wasser nicht untersank.................................... 73
2. Auf dem Berge Sānuvāsin.......................................... 76
3. Beim See Rathakāra............................................... 80
4. Die Spreu........................................................ 82
5. Der Knabe........................................................ 84
6. Serinī:.......................................................... 86
7. Der Wildsteller I................................................ 88
8. Der Wildsteller II............................................... 89
9. Der betrügerisch Entscheidende................................... 91
10. Der Reliquienverächter........................................... 94
Buch IV
1. Ambasakkhara..................................................... 96
2. Serissaka = Vv
84............................................... 108
3.
Nandaka......................................................... 108
4. Revatī = Vv
52.................................................. 114
5. Das Zuckerrohr.................................................. 115
6. Die Prinzen..................................................... 116
7. Der Königssohn.................................................. 118
8. Die Dung-Esser I................................................ 120
9. Die Dung-Esser II............................................... 121
10. Die Peta-Schar.................................................. 121
11. Patna........................................................... 123
12. Die Mangos...................................................... 125
13. Die Achse und der Baum.......................................... 127
14. Reichtum raffen................................................. 128
15. Die Söhne des Gildemeisters..................................... 128
16. Die 60.000 Hämmer............................................... 132
Nachwort
1. Das Petareich................................................... 135
2. Normalgespenster................................................ 137
3. Höllennahe Gespenster........................................... 138
4. Teilzeit-Gespenster............................................. 139
5. Glückliche Gespenster........................................... 140
6. Sonstige Arten.................................................. 142
7. Lakkhana-Samyutta............................................... 144
8. Die Kulisse der Petawelt........................................ 146
9. Lebensende der Petas............................................ 148
10. Was führt zur Peta-Welt?........................................ 149
11. Das schlechte Wirken
(Untugend) im einzelnen.................... 152
12. Wie kann man den
Gespenstern helfen?............................ 155
13. Arme Seelen im
Katholizismus................................... .159
Quellen-Nachweis......................................... 163
Vorbemerkung
Das indische Wort Peta (Pāli Peto; Skr.
Preta) heißt wörtlich Voran(pra)-Gegangene(ita) und bedeutet an sich: Vorgänger,
Ahnen, Verstorbene, Manen, im Sinne des Ausdrucks "Er hat sich zu seinen
Vätern versammelt". Verstorbene und Gespenster sind allerdings dem Wort
nach im Pāli und Sanskrit identisch. Wie kommt das?
Die meisten Menschen, heute mehr denn je,
werden mit zunehmendem Alter verbittert und unleidlich und fallen ihrer Umwelt
auf die Nerven und zur Last. Sie werden derart unzufrieden, weil sie nicht
mehr so genießen können wie früher und weil sie wegen ihrer Schwäche sich nicht
mehr mit Gewalt durchsetzen können. Sie merken, daß sie immer abhängiger von
anderen werden, und das versuchen sie dadurch zu kompensieren, daß sie die
anderen tyrannisieren - womit sie sich nur immer noch einsamer und ausgestoßener
fühlen.
Dieses verbitterte und unfreundliche
Mißvergnügen der letzten Lebensjahre, das ist genau diejenige Stimmung, die
schon im Vorhof des Gespensterreichs weilt. Aus diesem Mißmut heraus ist man
bei sich selber trüb und der Umwelt unleidlich. Das ist die
Durchschnittsstimmung des durchschnittlichen alten Menschen. Und deshalb ist
Verstorbener und Gespenst im Pāli identisch.
Unser Wort "Gespenst" gibt das
gespenstische, ruhelose Herumgeistern wieder, jedoch sind andere Assoziationen
hier abzuknüpfen. Gespenster, die auf Friedhöfen und in alten Schlössern
umgehen, die spuken und Menschen erschrecken, kommen in diesem Buch überhaupt
nicht vor. "Gespenst" (Peta) gilt hier als Name für unerfüllte und
unerfüllbare Sinnengier, ein ödes Leben, grau in grau.
Der Name Peta-vatthu bedeutet wörtlich
"Grundlage (vatthu)der Gespenster (Peta)". Dabei ist die Grundlage
das Wirken, die Saat, das Erdreich im Gleichnis in M 12. Und das Gespensterdasein
ist die Ernte, die Frucht, das Blattwerk im Gleichnis des Baumes.
Von den 51 Erzählungen des Peta-vatthu
behandeln aber durchaus nicht alle diesen Saat-Ernte-Zusammenhang, wodurch ein
Mensch als Gespenst wiedergeboren wird. Es sind folgende drei Gruppen
auszusondern:
1. Drei
Erzählungen sind aus dem Vimāna-vatthu hierher versprengt
und sind eine identische Wiederholung: Pv II,5 = Vv
Nr. 83; Pv IV,2 = Vv Nr. 84; Pv IV,4 = Vv Nr. 52. Darin ist von Petas nicht die
Rede.
2. Drei
Erzählungen berichten, wie ein Mensch nach dem Tode in die Götterwelt kommt: Pv
I,1; III,5; IV,13.
3. Fünf
Erzählungen haben den Trost bei Trauer um Verstorbene zum Inhalt. Hier ist
Peta = Verstorbener, ohne daß irgend etwas über die Art der Wiedergeburt des Betreffenden
gesagt ist. Der Inhalt ist rein diesseitig auf den Hinterbliebenen
zugeschnitten: I,4, 8, 12; II,6, 13.
Damit fallen von den 51
Erzählungen 11 aus, es bleiben also nur 40 Geschichten über Saat-Ernte
hinsichtlich der Gespensterwelt. Dagegen sind die 21 Berichte aus dem 19.
Samyutta, die ebenfalls diesen Saat-Ernte-Zusammenhang zeigen, mit Recht nicht
noch einmal in das Peta-vatthu aufgenommen worden. Sie sind im Anhang kurz
inhaltlich wiedergegeben, weil sie genau das gleiche Thema behandeln,
allerdings ohne die ausführliche Begründung wie im Pv.
Einige Erzählungen kommen auch in den Jātakas
vor, nämlich I,8 in J 352; I,12 in J 354; II,6 in J
454; III,9 in J 511. In einem späteren Sanskritwerk von
Wiedergeburtsgeschichten (Avadāna-śataka)
erscheinen in den 10 Geschichten seines fünften Teils zwei der Pv-Titel: I,6 in Nr. 49 und II,10 in Nr. 46.
Der Übersetzung zugrunde gelegt ist der revidierte Text der PTS
von Jayawickrama von 1977 für die Verse und die englische Ausgabe des Kommentars
von Masefield von 1980 für die Rahmenerzählungen. Zitiert wird nach den vier
Abteilungen und innerhalb derer nach den Nummern der Erzählungen, also z.8.
IV,12. Als sehr zweckmäßig erwies sich die fortlaufende Durchnumerierung aller
Verse von 1 - 814, die unten stets angegeben ist. Danach wird aber nur
zitiert, wenn es sich um einen einzelnen Vers handelt und nicht um die
Geschichte im ganzen. Dagegen numerieren die älteren Ausgaben, das PED und
auch der Kommentar die Verse nur innerhalb einer Erzählung durch, was aber
umständlich ist, z.B. III,75 (Teil III, Erzählung 7, Vers 5 = Vers
481). Die Ausgabe von 1977 weicht in der Zählung der Verse manchmal um eins
von den früheren Ausgaben ab: Das jedesmal zu vermerken, erschien entbehrlich.
Die Versform ist meist der
Sloka von 32 Silben, geschrieben in den Ausgaben in zwei Zeilen zu je 16. Im
Deutschen wird dies aber zu Recht immer in vier Zeilen zu je 8 Silben geschrieben.
Von den 814 Versen haben nur etwa 270 eine andere Silbenzahl, meist 11 pro Zeile
statt 8. Die Übersetzung folgt dem jeweiligen Versmaß. Selten hat ein Vers
statt 4 aber 6 Zeilen: Von daher kommt die unterschiedliche Numerierung, je
nachdem, ob man diese Zeilen zum vorigen oder zum folgenden Vers zählt.
Der Text besteht aus drei Teilen.
Der Hauptteil, der allein als kanonisch gilt und daher bei Jayawickrama allein
abgedruckt, ist ohne die Rahmenerzählungen oft nicht verständlich. Diese
wurden etwa 500 Jahre länger als die Verse nur mündlich überliefert, gelten
auch nicht als kanonisch, weshalb sie hier nicht wörtlich übersetzt sind,
sondern nacherzählt. Oft wiederholt die Rahmenerzählung den Inhalt der Verse,
was überflüssig ist, und oft sind sonstige Kürzungen oder Erläuterungen zum
Verständnis sinnvoll. Alle Kommentare aber werden am Ende als
"Bemerkungen" gegeben, wobei der alte Wortkommentar nur selten
Erwähnung verdient.
Das Werk erfreut sich bei der
Wissenschaft keiner Beliebtheit. So spricht 1920 Moritz Winternitz von Pv und
Vv als "höchst unerfreulichen, glücklicherweise wenig umfangreichen
Werken" (Gesch. d. ind. Lit., Bd. 11, S. 77). Ins Deutsche übersetzt wurde
bisher auch nur ein kleiner Teil, auch davon meist nur die Verse (Stede, 1914).
Im englischen Sprachraum haben dagegen drei Indologen es für wert befunden, das
Werk herauszugeben, wie unten aus dem Literaturverzeichnis zu ersehen ist.
Buch
I
I,1: Das
Gleichnis vom Acker
In Rājagaha lebte ein unermeßlich reicher
Mann, der nur unter dem Namen Mahā-dhana-setthi
("viel reicher Gildemeister") bekannt war. Er hatte einen einzigen
Sohn, den er abgöttisch liebte. Seine Eltern überlegten sich: "Wenn unser
Sohn auch tausend Taler pro Tag ausgibt, so wird sein Vermögen selbst in
hundert Jahren nicht aufgebraucht sein." Daher ließen sie ihn keinen Beruf
und keine Kunst lernen, weil sie dachten: "Da das Erlernen einer Kunst
eine ermüdende Anstrengung bedeutet, so mag er eben bei gesundem Körper und
Geist bequem seinen Reichtum genießen." Als er dann 16 Jahre alt geworden
war, führten sie ihm eine entzückende Braut zu, die er nur zu gern heiratete.
Daß sie auch nicht den leisesten Sinn für das Religiöse hatte, bemerkte er nicht
einmal. Mit ihr verbrachte er seine Zeit, nur dem Vergnügen, der Lust, der
Zerstreuung hingegeben. Gaben gab er keine und behandelte Asketen und Brahmanen
verächtlich.
Als seine Eltern gestorben und er der
Alleinerbe des riesigen Vermögens geworden war, fielen die letzten Schranken, die
ihn noch zurückgehalten hatten. Er gab nun mit vollen Händen sein Geld an
Tänzer, Sänger, Trinker, Schauspieler, Spieler, die sich, wie Motten zum Licht,
um ihn drängten und ihn ausbeuteten. Die Sucht zur Übersteigerung ließ ihn
immer neue und kostspieligere Ideen finden. Und bei diesem Prassen begann
selbst der riesige Reichtum spürbar abzunehmen. Da verfiel er auf das
Glücksspiel, und nun verschlang der Moloch um so schneller sein Vermögen. Eines
Tages war das Vermögen durchgebracht, und er stand vor dem Ruin. Da begann er,
um sein Leben des gewohnten Leichtsinns und der verspielten Leichtigkeit noch
fortsetzen zu können, sich Geld zu pumpen. Er erhielt es zunächst auch, da er
ja eine stadtbekannte Persönlichkeit war. Er verpfändete dafür all seinen
Besitz, Haus und Hof, Feld und Flur. Eines Tages waren auch die Pfänder und
sein Kredit zu Ende. Die Gläubiger nahmen ihm alles ab, und er stand vor dem
Nichts. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zum Bettler zu werden. So lebte
er denn im Armenhaus der Stadt kläglich dahin, immer in Sehnsucht nach seinen
glücklichen Zeiten.
Er starb nun aber nicht an Kummer, machte
auch keinen Selbstmord aus Verzweiflung, sondern - er traf eines Tages den
Führer einer Einbrecherbande. Dieser Gangsterchef sagte zu ihm: "Was hast
du denn von deinem armseligen, mühsamen Bettelleben? Du bist jung und stark.
Komm doch zu uns und verschaffe dir wieder ein besseres Leben." Er bot ihm
an, ihn zum Einbrecher auszubilden. Da stimmte er freudig zu. Was seine Eltern
ihm hatten ersparen wollen, die Berufsausbildung, das mußte er nun doch
nachholen, denn auch das Diebeshandwerk will gelernt sein. So mußte er zum erstenmal
in seinem Leben arbeiten und lernen und sich aktiv bemühen. Als er die
Anfangsgründe des Räuberwesens einigermaßen beherrschte, nahm ihn die Bande
eines Tages mit auf ihre Tour. Sie postierten ihn an der Tür des Hauses, in das
sie einbrechen wollten, gaben ihm eine große Keule in die Hand und sagten, er
müsse jeden erschlagen, der sie an der Arbeit stören würde. Er hatte nicht das
geringste Gefühl, daß dies böse sein könne. In seiner lebensfremden Unerfahrenheit
versagte er kläglich. Als die Bewohner des Hauses erwachten, sahen sie ihn,
nahmen ihn fest, während die anderen davonliefen. Er wurde zum König gebracht,
der den auf frischer Tat Ertappten, nach dessen Bande man schon lange
gefahndet hatte, zum Tode durch Enthaupten verurteilte. Unter schrillem
Trommelwirbel und mit Peitschenschlägen angetrieben wurde der mit den Händen
auf dem Rücken Gefesselte zur Richtstätte geführt, die vor den Toren lag. Die
Bevölkerung freute sich und klatschte Beifall, da nun endlich der Übeltäter
gefaßt war, vor dem kein Haus sicher zu sein schien.
Während er so durch die Straßen geführt
wurde, sah ihn Sulasā, die Stadtschöne, die
stadtbekannte, reizende Hetäre, als sie vom Fenster auf den Straßenlärm
blickte. In seinen glücklichen Zeiten hatte er Umgang mit ihr gehabt. Nun fühlte
sie Mitleid mit ihm, der von den Höhen göttergleichen Genusses so tief
herabgestürzt war. Aus Erbarmen sandte sie ihm rasch einige Süßigkeiten und
einen frischen Trunk mit der Bitte an die Wächter, ihm diesen Genuß vor seiner
Hinrichtung als "Henkersmahlzeit" noch zu gestatten. Sie überlegte
nicht lange, was ihm denn dies noch nützen könne, sondern sie handelte
impulsiv aus spontanem Mitleid.
Um diese Zeit weilte der ehrwürdige Mahāmoggallāno in Rājagaha. Er pflegte am Morgen mit dem
himmlischen Auge über die Welt zu schauen, um zu sehen, wo Hilfe und Förderung
angebracht war. Da sah er nun diesen Jüngling. Auch er hatte großes Mitleid
mit ihm, denn er sah klar, daß dieser noch heute zur Hölle gelangen würde, wenn
der Scharfrichter sein Haupt von seinem Rumpf trennen würde. Mahāmoggallāno überlegte: "Da dieser Mann auch nicht
das winzigste Verdienst gewirkt, sondern nur leichtsinnige und schlechte Taten
getan hat, ist er der Hölle verfallen. Wie wäre er zu retten? Wenn er mir die
Süßigkeiten und den Trunk geben würde, dann wäre das genug Verdienst für ihn,
statt in der Hölle im Himmel wiedergeboren zu werden." So ging er zu den
Wächtern und kam gerade in dem Augenblick, als die Geschenke Sulasās ihm gebracht wurden. Als der Delinquent den
ehrwürdigen und von Liebe erfüllten Mönch herantreten sah, da schoß es ihm
durch den Kopf: "Was habe ich denn davon, wenn ich diese Süßigkeiten esse?
Bevor ich sie verdauen kann, ist mir der Kopf abgeschlagen, und die Würmer
werden sie fressen. Wenn ich sie aber diesem ehrwürdigen Mönch spende, dann
könnten sie mir zur Wegzehrung für die andere Welt dienen." Plötzlich,
angesichts des sicheren Todes, fiel ihm die andere Welt ein, um die er sich
sein ganzes bisheriges Leben nicht gekümmert hatte, und auch das Gesetz von
Saat und Ernte tauchte ihm aus den Tiefen seines Bewußtseins auf. Was aber
hatte er für gute Saat aufzuweisen? Nichts, absolut gar nichts, außer der
Möglichkeit, jene Süßigkeiten zu spenden. So gab er freudig die Gabe der
Hetäre an den Mönch weiter. Dieser aß alles auf, trank den Trunk und ging des
Weges. Der Jüngling aber fühlte sich trotz seiner Lage zum ersten Mal seit
langem wieder froh und heiter.
Sein Schicksal aber nahm seinen Lauf. Das
Hinrichtungskommando setzte nach jener Episode den Weg fort und gelangte zur
Richtstätte. Dort wurde ihm der Kopf abgeschlagen. Wegen der Spende an einen
Heiligen, an einen der größten Jünger des Erwachten, hatte er sich solches
Verdienst erwirkt, daß ihm der Weg zu einer hohen Himmelswelt offenstand. Aber
im Augenblick seines Todes hatte sich sein Sinn Sulasā
zugewandt. Er dachte, daß er ihr jene Gabe verdanke, die ihn so erhoben hatte,
als er sie weitergab. Aber er dachte auch sehnsüchtig an die Sinnenlust, die er
mit ihr erlebt hatte. So war sein Herz im Todesmoment nicht nur auf Geben,
Dankbarkeit und Himmelswelt ausgerichtet, sondern auf Habenwollen,
Genießenwollen mit dem Fleischleib. Durch dieses vorwiegende Bewußtsein
gelangte er dann nicht zu den Göttern der Dreiunddreißig oder noch höher,
sondern nur zu den erdnahen Göttern der Vier Großkönige. Er wurde eine
Baumgottheit, die an einen mächtigen Banyan-Baum mit dichtem Schatten im
Dschungel nahe Rājagaha gebunden war.
Als eines Tages Sulasā
vor die Stadt fuhr, erschien er ihr, und er konnte sie kraft seiner Fähigkeiten
in sein "Himmelsschlößchen" entführen. Zuerst war sie glücklich mit
ihm, dann aber merkte sie, wie ihre alte Mutter sich verlassen fühlte und um
ihre Tochter jammerte und klagte. So bat sie ihn nach einer Woche, sie wieder
nach Hause zu lassen. Da er ihr sehr zugetan war und in ihr seine Retterin vor
der Hölle verehrte, zögerte er keinen Augenblick, ihren Wunsch zu erfüllen. Die
Leute hatten sie schon überall gesucht und wunderten sich nun, wo sie die ganze
Woche gewesen sei. Als sie die Wahrheit erzählte, wollte man es zuerst nicht
glauben, sie konnte aber die Menschen überzeugen. Diese staunten und riefen:
"Wahrlich, die Heiligen sind der beste Boden in der Welt für Verdienst.
Selbst eine so kleine Gabe läßt einen Menschen unter den Göttern wiedergeboren
werden." Die Kunde von dieser Geschichte drang bis zu den Mönchen, die sie
dem Erwachten erzählten. Er gab daraufhin den Mönchen dazu folgende Merkverse:
Die Heil'gen sind dem Acker gleich,
der Spender gleicht dem
Ackersmann,
dem Saatgut sind die Gaben
gleich,
daraus entwickelt sich die
Frucht. (1)
Das ist die Saat, das ist das Feld
für Petas und für Spender
auch.
Die Saat von Petas wird
verzehrt,
aus dem Gegeb'nen wächst
Verdienst. (2)
Wer schon hienieden heilsam wirkt
und Rücksicht auf die Petas
nimmt,
der gehet zu den Himmeln ein,
weil er ein gutes Werk
gewirkt. (3)
Bemerkungen:
Der Anfang dieser Geschichte bis zum
Schuldenmachen wird ähnlich aus lange zurückliegenden Zeiten von einem
Großkaufmann aus Benares erzählt, der 800 Millionen besaß und dessen Sohn Mahā-dhanako (Großes Vermögen Habender) genannt wurde. Dort
nimmt die Erzählung aber einen anderen Verlauf: Der Jüngling will sich
ertränken usw. (J 482).
Im 419. Jātaka wird von einer Hetäre Sulasā aus Benares erzählt, die sich in einen erfolgreichen
Einbrecher verliebte, als der zur Richtstätte geführt wurde. Dort aber will
sie ihn befreien, was ihr auch gelingt.
Der Playboy oder Sonnyboy scheint auf den
ersten Blick außer der Verachtung von Asketen nichts Böses getan zu haben.
Allerdings war er bereit, zu rauben und zu töten. Außerdem hatte er offenbar
durch seine Verschwendung auch seine Frau ins Unglück gestürzt, hatte in seiner
Ausschweifung Ehebruch betrieben und kräftig dem Alkohol gefrönt. So hatte er
alle Sīlas der Taten verletzt: Töten und Stehlen als
Berufsausbildung, Ausschweifung als Ehebruch, Rauschmittel als Gewohnheit. Und
dann hatte er, als er verarmte, nicht irgendeine Tätigkeit als Diener oder
ungelernter Arbeiter angenommen, sondern lag der Gemeinschaft auf der Tasche,
indem er ganz selbstverständlich das Armenhaus ausnutzte und von den milden
Gaben der Menschen lebte. Arbeitsscheu und asozial hatte er gelebt. Keine Spur
von Höherem war in ihm. Dies alles zusammen und vielleicht noch eine
Disposition von früher bestimmten ihn zur Hölle, wenigstens zu der mildest
möglichen. Die Gabe an einen Heiligen dagegen konnte ihn etwa bis zu den
Stillzufriedenen Göttern bringen, wenn er nicht allzu menschliche Gelüste gepflegt
hätte. Aber nachdem der Buddha die Lehre dargelegt hatte, gelangten er und Sulasā zum Verständnis der Lehre.
I,2: Das Schweinemaul
Zu Lebzeiten des früheren Buddha Kassapo
lebte unter ihm ein Mönch, der seinen Körper asketisch gezügelt hatte und in
Taten nicht das Geringste tat, was einem Mönch nicht ziemt. Darin war er
anderen überlegen. Aber er konnte seine Rede nicht bezähmen und kritisierte
und schalt seine Mitmönche bei jeder Gelegenheit.
Nach dem Tode wurde er in der
Hölle wiedergeboren. Dort mußte er lange Qualen erleiden. Erst als unser Buddha
auf Erden erschien, war seine böse Ernte zu Ende. Seine Erleichterung bestand
darin, daß er nun als Peta wiedergeboren wurde, als ein normales
Hungergespenst, das Speise und Trank entbehrte. Dabei war sein Astralleib von
goldener Schönheit, aber sein Mund war wie beim Schwein. Er lebte nahe dem
Geierkulm an dessen Fuß. Als nun der ehrwürdige Narada morgens in die Stadt Rājagaha
um Almosenspeise ging, sah er den Peta traurig an der Straße stehen und sprach
ihn an:
Narada: Wie gülden glänzt dein Körper dir,
in jede Richtung leuchtet er,
dein Mund jedoch ist wie
beim Schwein.
Welch Werk hast früher du
gewirkt? (4)
Peta: Im Tun, da hab ich mich bezähmt,
im Reden aber tat ich's
nicht,
deshalb seh ich nun also aus,
wie du es, Narada hier
siehst. (5)
So sag ich dir nun, Narada,
was du hier selber also
siehst:
Tu nimmer Böses mit dem Mund,
damit kein Schweinemaul du
wirst. (6)
Bemerkungen:
Der Mönch Narada
kommt außer hier noch in I,3, III,7 - 9 und öfter in Vv
vor. In den Lehrreden erscheint er nur in S 12,68, während der Mönch Narada in
A V/50 ein anderer sein muß, da diese Rede lange nach dem Buddha unter König
Mundo, dem Urenkel Ajatasattus, spielt.
I,3: Der Stinkmund
Ebenfalls zur Zeit des Buddha Kassapo lebten
zwei gute Freunde als Mönche. Sie übten sich in Tugend und Herzensläuterung
und lebten in Frieden und Harmonie bei einem Dorfe. Eines Tages erschien bei
ihnen auf seiner Wanderschaft ein Ordensbruder, den sie freundlich aufnahmen.
Er ging dann mit ihnen auf Almosengang ins Dorf. Dort sah er, wie die
Dorfbewohner die beiden Mönche aufs höchste verehrten und ihnen die besten Dinge
spendeten. Da überlegte er sich: "Entzückend ist dieses Dorf, es gibt
reichlich Almosen, die Menschen sind von Glauben erfüllt. Hier kann man gut
leben, aber nicht, solange die beiden anderen hier sind."
Und er begann, einen bei dem anderen zu
verleumden, zu verdächtigen und schlecht zu machen. Zuerst wollten sie es
nicht glauben, aber schließlich fraß sich das Gift doch ein, und sie wurden
mißtrauisch. Und weil sie mißtrauisch waren, deuteten sie alle Indizien
falsch. Schließlich verließen sie, ohne dem anderen etwas zu sagen, den Platz,
und jeder ging anderswo hin.
Als die Leute nach den beiden fragten,
sagte der Verleumder, sie hätten dauernd miteinander gestritten, und er hätte
vergebens versucht, sie zu versöhnen. Die Leute aber waren froh, daß sie
jedenfalls noch ihn hatten.
Nach einigen Tagen aber überfiel ihn immer
stärker das schlechte Gewissen. Vorwürfe und Reue plagten ihn und verdüsterten
sein Gemüt. Binnen kurzem starb er - und wurde in der Erzhölle wiedergeboren.
Zur Zeit unseres Buddha war seine Höllenqual abgelaufen, und er wurde von der
Hölle befreit. Nun war er ein Peta, der nahe Rājagaha lebte. Vom Geierkulm
herabkommend, sah ihn Narada und sprach ihn an:
Narada: Gar himmlisch lieblich bist du anzusehn und
schön,
du stehst und schwebst im
Raume in der Luft,
doch deinen übelriechend Mund
zerfressen Würmer.
Was ist es für ein Werk, das
einstmals du gewirkt? (7)
Peta: Ich war Asket, war böse, Schlechtes
redend,
Im Wandel Büßer, unbezähmt in
Worten.
Erlangt hab ich durch Buße
schöne Artung,
doch stinkt mein Mund, weil
ich hab hintertragen. (8)
Dies hast du, Narada, nun also selbst
gesehn,
was mitleidsvoll die Guten
würden sagen:
"Sprich niemals
hintertragend, niemals lügend,
dann wirst gewiß ein
wunschgenießend Yakkha du." (9)
Die beiden Mönche aber trafen
sich nach einiger Zeit wieder. Da erzählten sie sich gegenseitig, was der
Verleumder gesagt hatte. So wurden sie wieder Freunde, und die alte Harmonie
kam wieder auf. Sie begaben sich zu ihrem Dorf, und als die Leute sie
erblickten, waren sie überglücklich und versorgten sie mit allem. Die beiden
aber übten sich in der Lehre und entwickelten immer tiefere Einsicht.
Schließlich erreichten sie beide die Heiligkeit.
Bemerkungen:
Der böse Mönch war ein reiner Verleumder,
er hetzte mit Lügen die anderen gegeneinander auf und verbreitete Unwahrheiten
über sie. Hintertragen im eigentlichen Sinne hatte er wohl nicht, denn von
Hintertragen spricht man nur bei wahren Dingen. Aber vielleicht hatte er auch
einmal ein leichtes Vergehen des einen weitergetragen oder etwas aus der
Vergangenheit und es dann aufgebauscht und zur Spaltung benutzt. Jedenfalls
gelangte er in die schlimmste aller Höllen, in die Erzhölle, was der Mönch in I,2 noch nicht erlebte. Sein Sinn ist nun nur auf die
nächsthöhere Götterwelt gerichtet. Wer nicht lügt und hinterträgt, der komme zu
den Vier Großkönigen, zu denen die Yakkhas gehören (Vers 9).
I,4: Die Teig-Puppe
Anāthapindiko hatte eine Enkelin, die noch ein kleines
Kind war. Ihre Amme gab ihr eines Tages eine Puppe aus Teig, aus Mehl gebacken,
zum Spielen. Das Kind freute sich sehr darüber und sprach von dieser Puppe nur
als von ihrer Tochter. Als sie aber einmal nicht aufpaßte, da fiel die Puppe
auf die Erde, und der Keksteig, der ganz hart geworden war, zerbrach. Das Kind
aber war untröstlich und jammerte immer: "Meine Tochter ist
gestorben." Niemand vermochte sie zu trösten.
Damals hatte Anāthapindiko gerade den
Buddha zum Mahle geladen, und beide saßen zusammen. Da kam die Amme mit dem
Kind zu Anāthapindiko. Er fragte, warum sie denn
weine. Die Amme erzählte den Grund. Da nahm er das Kind auf den Schoß und sagte
tröstend: "Ich werde für deine Tochter Almosen spenden." Dann wandte
er sich an den Buddha und sprach: "Ich möchte gern für die Puppe, meine
Urenkelin, Almosen spenden. Gut wäre es, wenn der Erhabene mit 500 Mönchen
morgen zum Mahle zu mir käme." Der Erwachte stimmte schweigend zu. Am
nächsten Tage fand das Essen statt. Am Ende wandte sich der Buddha mit
folgenden Versen an Anāthapindiko:
Auf wen bezogen man auch ist,
wenn ohne Geiz man Gabe gibt,
sei's für die
Vorverstorbenen,
sei's für des Hauses Götter
hier, (10)
für die Vier Großen Könige,
die Weltenhüter, ruhmesreich,
Kuvero, Dhatarattho auch,
Virūpakkho, Virūlhako,
die werden alle so verehrt,
und Geber sind nicht ohne
Frucht. (11)
Was aber Weinen, Kummer ist,
Wehklagen oder was es sei,
nicht nützen die Verwandten
so
dem Peta im geringsten nur.
(12)
Doch wer hier jene Gabe gibt,
verwendend für den Orden sie,
dem wird für lange Zeiten
dies
zum Vorteil dienen ganz
gewiß. (13)
Bemerkungen:
Vers 10: Vorverstorbene (pubba-peta). Hier
steht Peta im allgemeinen Sinne als Tote, aber durch die Konfrontation mit den
dann genannten Göttern doch auf die Welt der Gespenster (Peta) bezogen. (Ebenso
siehe Pv A p. 92 (Ü: S. 100 für Pv II,5)
Die Hausgötter (vatthu-deva)
sind die Erdgötter von Grund und Boden (vatthu), den römischen Laren vergleichbar.
Sie gehören zu den Untergebenen der Vier Großkönige, deren Namen in Vers 11
genannt sind. Jeder steht einer Gruppe Jenseitiger vor.
Vers 12/3 = Vers 23/4
I,5: Außerhalb der Mauern
In jenem Weltzeitalter, das dem 91. Äon mit
dem Buddha Vipassi unmittelbar voranging, lebte in einer Stadt namens Kāsipurī König Jayasena. Seine Frau, Königin Sīrimā, gebar einen Sohn, Phussa. Dieser war ein Bodhisatta
und ging bald in die Hauslosigkeit und erreichte die Erwachung. Der König war
sehr stolz auf seinen Sohn und nahm in Anspruch, daß er allein für ihn und den
Orden sorgte. Der König hatte aber noch drei Söhne, von einer anderen Frau, die
dachten, daß ein Buddha für die ganze Welt erscheint, nicht nur für einen Menschen,
wie ihren Vater. So veranlaßten sie, daß an der Grenze Unruhe auszubrechen
schien. Als der König davon hörte, sandte er seine drei Söhne zur Beschwichtigung.
Sie waren erfolgreich. Der König war hocherfreut und stellte ihnen die
Erfüllung eines Wunsches in Aussicht. Da wünschten sie, auch dem Buddha Phussa
aufwarten zu dürfen. Der König aber schüttelte den Kopf: "Alles könnt ihr
wünschen, nur das nicht." Sie baten, wenigstens für eine Zeit den Orden
versorgen zu dürfen. Für sieben Jahre? Sie gingen immer weiter herunter, aber
jedesmal verweigerte der König es. Als sie schließlich bei drei Monaten
angekommen waren, gab er nach. So versorgten die drei den Buddha, ihren
Halbbruder, für die drei Monate der Regenzeit mit allem Notwendigen. Sie hatten
dafür ihren Gouverneur in der Gegend, wo der Buddha weilen würde, instruiert,
ein Kloster zu bauen und alles heranzuschaffen, was nötig war. Als alles bereit
war und die Regenzeit begann, begaben sie sich mit zahlreichen Helfern zu dem
neuen Kloster und versorgten den Buddha und den Orden die drei Monate. Alles
wurde gut organisiert, und die Bevölkerung half eifrig mit. Es gab aber ein
paar Chaoten, die versuchten, die Spenden zu verhindern. Sie unterschlugen sie
und aßen selber davon. Dann steckten sie den Eßsaal in Brand. Das Spenden aber
konnten sie nicht verhindern. Nach Ablauf der Regenzeit kehrten die Prinzen und
ihre Helfer nach Kāsipurī zurück. Der Buddha Phussa
aber wanderte mit ihnen und ging dann ins Nirvāna
ein.
Nachdem die drei Königssöhne und ihr
Gouverneur und andere Helfer gestorben waren, wurden sie in den Himmeln
wiedergeboren. Die Chaoten aber in den Höllen. Und wenn diese beiden Gruppen
in ihrem Bereich gestorben waren, erschienen sie jeweils dort wieder, die
einen in Himmeln, die anderen in Höllen. So ging das 92 Weltzeitalter lang. In
unserem glücklichen Weltzeitalter, das fünf Buddhas trägt, geschah es, dass
die Chaoten unter dem Buddha Kassapo erstmals wieder die Hölle verlassen
konnten und ins Petareich aufstiegen. Als Petas sahen sie, wie Menschen
spendeten und damit ihren Peta-Verwandten nützten. Da fragten sie den Buddha
Kassapo, wodurch sie dies auch erreichen könnten. Er sagte, das sei noch nicht
möglich. Erst wenn später ein Buddha namens Gotamo erscheinen werde, dann werde
auch ein König namens Bimbisāro erscheinen, der sei
ihr Verwandter vor 92 Äonen gewesen, und was er dem Buddha spende, das könne
ihnen zugute kommen. Da freuten sie sich so, daß ihnen war, als ob dies schon
am nächsten Tag eintreten würde.
Als dann der Buddha Gotamo in der Welt erschien, kamen die drei
Königssöhne und viele Begleiter aus der Götterwelt erstmals wieder als
Menschen zu irdischer Geburt. Sie wurden bald Asketen, und zwar die drei Brüder
der Flechtenträger von Gāya, die der Buddha Gotamo
bald belehrte, bekehrte und die bald Heilige wurden. Ihr Gouverneur aber wurde
König Bimbisāro. Als der König bald den Buddha
einlud, da freuten sich die Petas und hofften, er würde ihnen die Gabe widmen.
Der König aber dachte allein daran, wie er dem Buddha ein Kloster stiften
könne. Da heulten und jammerten die Petas, und zwar nachts so laut, daß der
König es hörte. Er bekam einen Schreck und fragte am Morgen den Buddha, was das
nächtliche Geistergejammer wohl zu bedeuten habe, ob ein Unglück bevorstehe.
Der Buddha aber beruhigte ihn und erklärte ihm, daß frühere Verwandte aus dem
92. Weltzeitalter um Hilfe bäten. Da spendete der König dem Buddha und dem
Orden, und mittels der Kraft des Buddha wurden die Petas ihm dabei sichtbar,
wie sie außerhalb der Mauern standen.
Wenn der König Trinkwasser spendete und sagte, es möge seinen
Verwandten zugute kommen, da erschienen schon in der Petawelt reiche
Lotusteiche mit entzückenden Blumen. Sie tranken davon, badeten dort und labten
sich. Durst und Schwäche vergingen ihnen, und ihre Haut wurde gülden. Als Bimbisāro Reisgrütze spendete und andere Nahrungsmittel, da
bekamen sie ebenso zu essen. Sie genossen es und wurden gekräftigt. Der König
gab Kleidung und Unterkunft, da entstanden Paläste mit bestem Mobiliar und
viele Kleider. Danach sprach der Buddha zur Erklärung zum König folgende
Verse:
Buddha: Sie stehen vor den Mauern da,
an Kreuzungen, an Plätzen
auch,
sie stehn an Pfosten vor der
Tür,
zum eignen Haus gekommen her.
(14)
Zum Essen, Trinken, Fülle
gibt's
an Nahrung, die vorhanden
ist,
doch niemand an die Wesen
denkt,
die einst sich so ihr Los
gewirkt. (15)
Nur wenn von Mitleid sind
erfüllt
Verwandte, solche geben dann
rechtzeitig, was erlesen,
rein,
an passend Essen, Trinken
ist:
"Für unsere Verwandten
sei's,
Verwandte sollen glücklich
sein." (16)
Und diese dann versammeln
sich,
Verwandte aus der Petawelt.
Was ist an Essen, Trinken,
da,
des freuen sie aufrichtig
sich: (17)
Petas: "Lang mögen leben Unsrige,
von denen dieses wir erlangt,
die uns gewürdigt und
verehrt,
denn Geben bleibt nicht ohne
Frucht." (18)
Buddha: Nicht gibt's im Jenseits Ackerland,
nicht findet man auch
Viehzucht dort,
nicht gibt es Handel, so wie
hier,
nicht gibt es Geld, Kauf und
Verkauf.
Nur das, was hier gegeben
ward,
den Petas drüben kommt zugut.
(19)
Wie Regen, der auf Bergen
fiel,
nun stets bergabwärts
weiterfließt,
so kommt, was hier gegeben
ist,
den Petas drüben wohl zugut.
(20)
Wie große Ströme, übervoll,
den Ozean erfüllen stets,
so kommt, was hier gegeben
ist,
den Petas drüben wohl zugut.
(21)
Peta: "Sie gaben, taten wohl für mich,
Genossen, Freunde, wer
verwandt,
uns Petas möge geben man,
gedenkend, was man sich
erwirkt." (22)
Buddha: Was aber Weinen, Kummer ist,
Wehklagen
oder was es sei,
nicht nützen die Verwandten
so
dem Peta im geringsten nur.
(23)
Doch wer hier jene Gabe gibt,
verwendend für den Orden sie,
dem wird für lange Zeiten
dies
zum Vorteil dienen ganz
gewiß. (24)
Dies ist die Pflicht Verwandter, hier
beschrieben:
Den Petas ist Verehrung
reichlich worden,
den Mönchen aber hat man
Kraft gegeben,
nicht wenig also ist
Verdienst, was ihr gewirkt. (25)
Bemerkungen:
Diese 12 Verse kehren wörtlich als 7. Stück
des Khuddakapātha wieder.
Vers 23 - 24 = Vers 12 - 13.
Die Geschichte klingt phantastisch und
scheint dem Gesetz des Wandelseins zu widersprechen. Wie können Wesen 92 Äonen
lang in der Hölle oder im Himmel bleiben? Wie ist solche Beständigkeit
innerhalb der allgemeinen Unbeständigkeit des Daseins möglich?
Was das himmlische, übermenschliche Dasein
angeht, so hat dies ja viele Ebenen. Es heißt hier nur, daß die Wesen nicht
unterhalb davon sanken, also nicht Menschen oder gar untermenschliche Wesen
wurden. Die Himmel selber sind sehr unterschiedlich, auch die Brahmas gehören
dazu. Und die leben äonenlang. Angesichts dessen wird die Zeitangabe schon
relativer. Dann ist ein Leben, das eines höheren Brahma, mehrere Äonen lang.
Schwieriger ist indes das gleichbleibende
Höllendasein zu verstehen. Wenn Devadatto für viel schlimmere Taten, als die
hier beschriebenen Chaoten sie begangen haben, "nur" ein halbes Äon
in die Hölle kam, wieso sollen dann jene 92 Äonen leiden. Wo ist da die
Gerechtigkeit und die Saat-ErnteVerhältnismäßigkeit? Dazu wäre zu sagen:
Erstens heißt es von Devadatto, daß er in die Erzhölle kam, in die schlimmste
Leidensform. Davon ist hier, im Gegensatz zu Pv I,3, nie die Rede. Es könnte
doch sein, daß ein halbes Äon Erzhölle schlimmer ist als 92 Äonen
"normale" Hölle.
Zweitens sind die Höllen ebenso
unterschiedlich gestaffelt wie das Petareich. Die
"mildesten" Formen sind von den höllennahen Gespenstern kaum zu
unterscheiden. Die Chaoten könnten dann immer nur an dieser Grenze erschienen
sein.
Drittens gehören zur Hölle auch die
Höllenwächter, die Quälgeister, die sozusagen "glückliche Höllische"
sind, weil sie während dieser Zeit selber nicht leiden, sondern andere leiden
lassen. Das mag die Leidenszeit schon erheblich verkürzen.
Viertens, und vor allem aber, gibt es
Höllen nur, solange es die Sinnenwelt gibt. Und die Sinnenwelt gibt es nur
während der Weltausbreitung, nicht während der Weltzusammenballung. Dann
bestehen die Wesen nur aus Brahmas. Also steht das Höllendasein der Chaoten
unter der stillschweigenden Voraussetzung einer Wenn-dann-Klausel. Wenn es
Höllen gibt, dann sind sie dort. Wenn es diese nicht gibt, dann sind sie
Brahmas wie die anderen Wesen.
Trotzdem mag der Eindruck des
Phantastischen bleiben. Aber noch viel phantastischer ist es, daß im
geschlossenen Leidenskreislauf des Samsāro ein
Buddha erscheinen kann. Das ist ein ungleich größeres Wunder, als 92 Äonen in
Himmel oder Hölle zu weilen. Und das Spenden oder Verweigern gegenüber einem
Buddha hat ebenfalls wunderbare und phantastisch klingende Auswirkungen. Wer
in den Anziehungsbereich eines Buddha kommt - im
Guten oder Bösen -, der erlebt einen Abglanz von Beständigkeit.
Die Rahmenerzählung zeigt auch die große
Bedeutung dieses 92. Äons. Im 91. Äon lebte der Buddha Vipassi, von dem noch
heute Jünger als Nichtwiederkehrer im Himmel der Reinhausigen existieren, wie
es in D 14 beschrieben ist. Und die Laien, die seit dem 92. Äon in Himmeln
lebten, stellten zu Lebzeiten des Buddha die größte Schar von Indern, die geschlossen
dem Orden beitraten und binnen kurzem samt und sonders Heilige wurden. Das
waren die drei Kassapos, die Führer jeweils von Hunderten von Asketen. So wie
sie vor 92 Äonen mit ihren Freunden dem Buddha Phussa aufgewartet hatten, so
dienten sie nun als Mönche geistig dem Buddha Gotamo. Das 92. Äon scheint
dasjenige zu sein, das noch Ausstrahlungen bis in die Zeit des Buddha hatte. So
weit zurück lagen die karmischen Ursachen für die drei Kassapos und für Bimbisāro.
I,6: Die Menschenfresserin der fünf Kinder
In einem Dorf bei Sāvatthī
lebte ein vermögender Mann. Seine Ehefrau war unfruchtbar. Seine Verwandten
drängten ihn, eine andere Frau zu nehmen, aber da er sie liebte, wollte er es
nicht. Da sagte sie zu ihm: "Ich bin unfruchtbar, o Herr. Eine andere
Braut muß her, laß die Linie der Familie nicht aussterben." Als sie ihn so
drängte, willigte er schließlich ein und nahm sich eine zweite Frau hinzu. Diese
wurde dann bald schwanger. Da wurde die erste Frau plötzlich neidisch und
fürchtete, daß die zweite Frau nun Herrin im Haus sein würde, während man sie
zurücksetzen würde. Übermannt von dieser Eifersucht suchte sie eine Pilgerin
auf, die ihr ein Abtreibungsmittel verschaffte, das sie der zweiten Frau
beibrachte. Das Folgende schildern die Verse.
Bald nach dem Meineid starb die erste Frau
und wurde nahe ihrem Dorf als Petī wiedergeboren.
Eines Tages kamen acht Ordensältere nach verbrachter Regenzeit auf dem Wege
nach Sāvatthī dort vorbei. Dort zeigte sich die Petī ihnen, und der Führer der Mönche befragte sie. Danach
- und das steht nicht mehr in den Versen - bat sie die Mönche, zu ihrem
einstigen Mann zu gehen und diesen zu bitten, dem Orden zu spenden und das Verdienst
daran ihr zu widmen. So geschah es auch. Dadurch wurde die Petī
von ihrem Elend erlöst und erlangte göttergleiche Erleichterung. In der folgenden
Nacht konnte sie ihrem Mann erscheinen und ihm danken.
Mönch: Nackt bist du, unschön anzuschaun,
riechst übel, hauchst
Verwesung aus,
von Fliegen bist du übersät:
Wer bist du, der du also
weilst? (26)
Petī: Bin eine Petī
ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(27)
Fünf Kinder morgens ich
gebär,
fünf weitere am Abend dann.
Geboren kaum, da freß ich
sie,
doch nimmer werde ich da
satt. (28)
Mein Herz von Hunger wird
verzehrt,
es brennet und es raucht
davon,
zu trinken ich bekomme
nichts.
Sieh, welches Unglück mir
beschert! (29)
Mönch: Was hast du Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist?
Für welches Wirken reift es
dir,
daß du das Fleisch der Kinder
frißt? (30)
Petī: Die Mitfrau, die war schwanger einst,
und ich war böse ihr gesinnt,
verderbt im Geiste brachte
ich
die Leibesfrucht zur
Abtreibung. (31)
Der Embryo nach Monden zwei
ist blutig da hinweggeströmt,
und seine Mutter,
aufgebracht,
rief die Verwandten schnell
herbei.
Sie hieß mich schwören einen
Schwur,
nachdem sie mich gescholten
hat. (32)
Ich leistet einen furchtbarn
Schwur,
ich log und wurde meineidig:
"Will essen eigner
Kinder Fleisch,
wenn ich so etwas hätt
verübt." (33)
Als Reife dieses Wirkens dann
und für die Lüge ebenfalls
freß ich hier meiner Kinder
Fleisch,
von Eiter und mit Blut
beschmiert. (34)
Bemerkungen:
Die Geschichte kehrt in Avadāna-śataka Nr. 49 wieder. Die Verse 27 bzw. 30
kehren sehr häufig in Pv wieder. Die Petī erschien
unterhalb des Durchschnitts der Petas wieder, unschön anzusehen und häßlich
riechend, dazu nackt und von Fliegen umgeben oder Blut beschmiert (makkhika =
mit Fliegen; makkhita = beschmiert. Beides mag verwechselt sein). Das ist der
Zusatz außer dem Hungerleiden. Ferner ist die Hauptstrafe für Mord und Meineid,
daß sie ihre zehn Kinder täglich fressen muß, außer den Geburtswehen täglich.
I,7: Die Menschenfresserin von sieben
Kindern
Mönch: Nackt bist du, unschön anzuschaun,
riechst übel, hauchst
Verwesung aus,
von Fliegen bist du übersät:
Wer bist du, der du also
weilst? (35)
Petī: Bin eine Petī
ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Nachdem ich böses Werk gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(36)
Früh sieben Kinder ich gebär,
am Abend sieben weitre dann.
Geboren kaum, da freß ich
sie,
doch nimmer werde ich da
satt. (37)
Mein Herz von Hunger wird
verzehrt,
es brennet und es raucht
davon,
ich finde Branderlöschung
nicht,
von innrer Feuersglut
gequält. (38)
Mönch: Was hast du Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist?
Für welches Wirken reift es
dir,
daß du das Fleisch der Kinder
frißt? (39)
Petī: Ich hatte einst der Söhne zwei,
mit Jugendschönheit reich begabt,
ich, durch die Fruchtbarkeit
betört,
verachtete den Gatten mein.
(4D)
Da wurde böse mein Gemahl
und nahm sich eine andre
Frau,
und als sie von ihm schwanger
ward,
da wurde ich ihr bös gesinnt.
(41)
Verderbt im Geiste brachte
ich
die Leibesfrucht zur Abtreibung,
der Embryo nach Monden drei
in faulem Blute ging dahin.
(42)
Und seine Mutter,
aufgebracht,
rief die Verwandten schnell
herbei.
Sie hieß mich schwören einen
Schwur,
nachdem sie mich gescholten
hat. (43)
Ich leistet einen furchtbarn Schwur,
ich log und wurde meineidig:
"Will essen eigner
Kinder Fleisch,
wenn ich so etwas hätt
verübt." (44)
Als Reife dieses Wirkens dann
und für die Lüge ebenfalls
freß ich hier meiner Kinder
Fleisch,
von Eiter und von Blut
beschmiert. (45)
Bemerkungen:
Die Vorgeschichte ähnelt 1,6. Nur ist hier
nicht Unfruchtbarkeit, sondern gerade Fruchtbarkeit Anlaß des Neides. Die
erste Frau besaß eine der fünf Kräfte der Frauen, die S 37,25 ff nennt, nämlich
putta-bala (die Kraft, Kinder zu haben oder Söhne zu haben). Hier ist wohl die
Kraft, Stammhalter zu gebären, gemeint. Die Frau war nicht, wie Gehmann
übersetzt, stolz auf die Kraft und Stärke ihrer Söhne (Vers 40), sondern
eingebildet auf ihre Mutterschaft (so richtig Masefield, S. 42 FN 6). Dann
wurde sie eifersüchtig auf die zweite Frau, die sich ihr Mann nur genommen
hatte, weil sie so überheblich war und ihren Mann verachtet hatte. Sie wollte
Alleinherrscherin bleiben und mißgönnte der Mitfrau die Mutterschaft.
I,8: Der Ochse
Einem reichen Mann in Sāvatthī
war sein Vater gestorben. Er war untröstlich und rannte wie ein Irrer herum,
jeden fragend, ob er seinen Vater gesehen habe. Als der Buddha morgens über
die Welt blickte, sah er, daß in diesem Mann die Bereitschaft zum Verständnis
des Leidens und seiner Überwindung reif geworden war. So ging er um Almosen zu
seinem Haus. Der Mann lud ihn zum Essen ein und fragte den Buddha, ob er wisse,
wohin sein Vater gegangen sei. Der Buddha stellte sofort die Gegenfrage, welchen
Vater er wohl meine, den dieses Lebens oder einen der früheren Väter? Da war
der Mann plötzlich angerührt. Er sah: Ich habe ja schon viele Väter gehabt,
und alle sind gestorben. So legte sich sein Kummer, und er gewann wieder etwas
Fassung. Der Buddha sprach dann so zu ihm, daß sein Kummer noch weiter aufgelöst
wurde, und dann gab er ihm die stufenweise Lehrdarlegung: vom Geben, Tugend, Jenseits,
Herzensfrieden. Und als der Hausvater dadurch bereitet war, legte er ihm die
vier Wahrheiten dar. Dadurch gelangte dieser sofort zur Frucht des
Stromeintritts und nach dem Tode zum Himmel. Dann kehrte der Buddha ins Kloster
zurück. Die Mönche sprachen gerade darüber, wie erstaunlich es sei, daß der
Buddha in einem kurzen Gespräch den verzweifelten Hausvater zum Stromeintritt
geführt habe. Darauf erzählte er ihnen, wie er schon früher selber als Sohn
eines trauernden Hausvaters diesen vom Kummer befreit habe, aber nur für jene Existenz.
Er habe damals am Beispiel eines toten Ochsen den Vater vom Kummer abgebracht:
Vater: Was tust du wie ein Irrer denn
und reißest ab das grüne Gras
und redest immer: "Iß
doch, iß!"
zu diesem toten alten Ochs?
(46)
Denn nicht durch Speise und
durch Trank
kann aufstehn der gestorbne
Ochs,
und zwecklos redest du daher,
wie wenn du den Verstand
verlorn. (47)
Sohn: Der Ochs hat Füße noch und Kopf,
er hat den Körper mit dem
Schwanz,
die Augensterne sind noch da.
Warum sollt er nicht stehen
auf? (48)
Großvaters Hand und Fuß und
Leib
und Kopf sieht man nicht
mehr.
Wenn du bei seinem Grabmal
weinst,
hast du nicht den Verstand
verlorn? (49)
Vater: Wie Feuer brannte Kummer mir,
in das man flüss'ge Butter gibt;
gleichwie man Wasser gießt
hinein,
hast alles Weh du mir
gelöscht. (50)
Des Kummers Stachel zog er
raus,
der mir in meinem Herz
gesteckt.
Den Kummer, der mich ganz
erfüllt,
den Vaterkummer nahm er mir.
(51)
Der Kummerstachel, der ist
fort,
bin kühl geworden,
brandgelöscht,
ich trau're nicht, ich wein
nicht mehr,
nachdem, mein Sohn, ich dich
gehört. (52)
Sprecher: Die weise sind, die handeln so,
sie nehmen anderer sich an,
sie machen sie vom Kummer
frei,
wie seinen Vater Sujāta. (53)
Bemerkungen:
Die Vorgeschichte erscheint kürzer auch in
J 352 E. Dort aber erzählt dann der Buddha das Jātaka dem Hausvater und nicht
den Mönchen. Die Verse 50 - 52 kommen noch sehr oft im Kanon vor: Vv 83, Pv II,6 + 13; J 352, 372, 410, 449, 454. In J steht in Vers 52
anavila statt sitibhuta. J 352 ist in der "Schatzkiste" von Fritz
Schäfer nacherzählt (1. Aufl. S. 418; 2. Aufl. S. 386).
I,9: Der Webermeister
Einstmals hatte eine Gruppe von 12 Mönchen
den Buddha um einen Meditationsgegenstand gebeten, um in der Regenzeit sich danach
zu üben. Als sie ihr Thema erhalten hatten, suchten sie einen geeigneten Ort.
Dabei kamen sie zu einem Weberdorf in einem Wald. Dort wohnten 11 Weber, die
rasch Hütten errichteten und sie mit allem versorgten. Der Webermeister versorgte
zwei Mönche, die übrigen zehn Weber je einen Mönch. Die Ehefrau des Webermeisters
aber war eine ungläubige Materialistin, geizig und kleinlich. Als der Webermeister
sah, daß sie sich weigerte, den Mönchen etwas zu geben, nahm er sich eine
zweite Frau, und zwar deren Schwester. Die war hochsinnig und versorgte die
Mönche ehrfürchtig mit allem Nötigen. Am Ende der Regenzeit gab jeder der
Weber den Mönchen ein Gewand. Die erste Frau aber verfluchte ihn, wie im Vers
gesagt.
Als der Webermeister gestorben war, wurde
er eine mächtige Baumgottheit mit einem schönen Vimāna. Die geizige Frau
überlebte ihn. Als sie starb, wurde sie eine leidende Petī,
nicht weit von ihm. Sie bat ihn um Hilfe. Er verschaffte ihr bestes Essen und
schönste Kleidung, aber sowie sie es berührte, wurde es zu Kot und Urin, Blut
und Eiter, und das Kleid wurde glühendes Kupfer. So ging sie heulend davon.
Zu jener Zeit hatte sich ein Mönch einer
Karawane angeschlossen, die nach Sāvatthī zog, wo er
den Buddha aufsuchen wollte. Er verirrte sich aber in einem Wald. Da sah in
die Baumgottheit und erschien ihm in menschlicher Form und zeigte ihm sein Vimāna
und versorgte ihn. Da kam die Petī wieder und bat
erneut um Nahrung und Kleidung. Doch wieder konnte sie nichts annehmen wie
vorher. Darauf entspann sich der folgende Dialog:
Mönch: Urin und Kot und Eiter, Blut
verzehret
sie. Was reifte da?
Was für
ein Wirken tat die Frau,
daß sie
stets Blut und Eiter ißt? (54)
Gewänder neu und schön und weich,
gar rein und wollig, sie
empfängt,
doch glühend Kupfer werden
sie.
Was für ein Wirken tat die
Frau? (55)
Yakkha: Sie war mein Eheweib, o Herr,
nichts gebend, geizig,
knickerig,
und wenn ich den Asketen gab,
dann schalt sie mich und
schimpfte laut: (56)
"Urin und Kot und Eiter,
Blut,
Unreines sollst verzehren du
für alle Zeit in jener
Welt,
und Kleider soll'n dir Kupfer
sein."
Weil schlechten Wandel sie
geführt,
muß sie so essen lange Zeit.
(57)
Danach fragte die Gottheit den Mönch, ob es
ein Mittel gäbe, ihr zu helfen. Der Mönch erklärte ihm, wie es möglich sei.
Darauf gab die Baumgottheit ihm Speise und Kleidung und widmete diese Gabe der Petī. Sofort war ihr Leiden beendet, und sie wurde eine
himmlische Nymphe.
Bemerkungen:
Die vier Verse sind kein
Sloka, es erschien hier aber ausnahmsweise sinnvoller, den Dialog im
Sloka-Metrum zu übersetzen.
I,10: Die Kahlköpfige
In längst vergangenen Zeiten lebte in
Benares eine Hetäre, die von ungewöhnlicher Schönheit war. Besonders hatte sie
herrliches schwarzes Haar, fein und weich und gelockt. Wenn sie es lose trug,
reichte es ihr bis zu den Hüften. Die jungen Männer der Stadt verliebten sich
bei ihrem bloßen Anblick schon in sie. Überall wurde sie als die schönste Frau
gepriesen. Einige Frauen wurden nun neidisch auf sie, besonders mißgönnten sie
ihr das schöne Haar. Sie berieten sich, wie sie ihr wohl schaden könnten. Sie bestachen
dann ihre Dienerin. Diese gab ihrer Herrin einen Trank, der Haarausfall
verursachte. Während die Hetäre im Ganges badete, verabreichte die Dienerin
ihr den Trank. Daraufhin fielen ihr die Haare mit der Wurzel aus, und sie war
plötzlich kahl wie ein Kürbis. Sie schämte sich ungemein und wollte nicht
wieder in die Stadt gehen. Sie schlang ein Tuch um ihren Kopf und ließ sich vor
den Stadttoren nieder. Nach einigen Tagen verließ sie das Schamgefühl wegen
ihrer Kahlheit. Sie preßte Sesam aus und erwarb ihren Lebensunterhalt durch
Verkauf von Öl und Alkohol. Eines Tages hatten zwei oder drei Männer bei ihr
zuviel getrunken und fielen in tiefen Schlaf. Da stahl sie ihnen die Mäntel
aus Geldgier.
Etwas später sah sie eines Tages einen Mönch auf dem Almosengang.
Der war ein Heiliger. Sie fühlte tiefen Respekt vor ihm, ohne zu wissen warum,
lud ihn zu sich ein und bot ihm Ölkuchen an. Von Mitleid bewogen aß er ihn, und
nachdem er ihr gedankt, ging er fort. Sie aber fühlte große Freude über ihre
Gabe. Und sie wünschte, daß ihr das Verdienst dafür reifen würde, indem sie
ihr schönes Haar wieder erhielt.
Als sie starb, wurde sie eine glückliche Petī mit einem schönen Vimāna im Ozean. Ihr Haar war wie
zuvor, doch wegen der gestohlenen Kleider war sie nackt und konnte sich nur mit
den Haaren bedecken. Außerdem war sie allein, einsam, ohne Gesellschaft. So
vergingen lange Zeiten. Wenn sie starb, wurde sie immer wieder als glückliche Petī in denselben Umständen wiedergeboren.
Als unser Buddha in der Welt erschienen
war, fuhren etwa hundert Kaufleute aus Sāvatthī zum
Goldland. Ihr Schiff wurde in jene Gegend des Ozeans verschlagen, an dem die Petī lebte. Dort zeigte sich die Petī
ihnen, und der Führer der Kaufleute wandte sich an sie:
Kaufmann: Wer bist du, die nicht kommt heraus
aus dem Vimāna, wo du wohnst?
Komm doch heraus, du
Glückliche,
wir woll'n dich gerne draußen
sehn. (58)
Petī: Ich schäme mich, ich ekle mich,
als Nackte hier herauszugehn.
Bedeckt bin ich mit Haaren
nur,
hab wenig an Verdienst
gewirkt. (59)
Kaufmann: Hier geb ich was zum Anziehn dir,
nimm dieses Kleid und leg es
an,
und wenn du's angezogen hast,
dann komm, o Schöne, doch
heraus.
Nun komme doch, du
Glückliche,
wir woll'n dich gerne draußen
sehn. (60)
Petī: Was du mir ausgehändigt hast,
das kommt zugute mir noch
nicht.
Ein gläubiger Anhänger hier,
ein Jünger des erwachten
Herrn, (61)
wenn diesen du bekleidest
jetzt
und mir die Gabe widmest,
dann
werd ich ganz glücklich sein
davon,
und aller Wunsch ist mir
erfüllt. (62)
Sprecher: Den badeten die Kaufleute,
den salbten sie mit
Wohlgeruch,
dem legten sie Gewänder an
und widmeten die Gabe ihr.
(63)
Sofort nach dieser Zuweisung,
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an
Trank.
Das war hier dieser Gabe
Frucht. (64)
So ward sie rein, und ihr
Gewand
war schöner als ein Kāsi-Kleid.
Aus dem Vimāna lächelt sie:
"So also ist des Gebens
Frucht." (65)
Kaufmann: Gar wohlgeschmückt, gefällig auch
erglänzet dein Vimāna jetzt.
Laß fragen, Göttin, dich,
erzähl,
von welchem Wirken dies die
Frucht. (66)
Petī: Da war ein Mönch auf Wanderschaft,
ein grader Mensch, dem
spendete
ich eine Schüssel Sesambrei,
dabei gar heiter im Gemüt.
(67)
Für dieses heilsam Wirken ich
die Ernte lange dann genoß
in dem Vimāna, das mir ward.
Doch wenig nur ist übrig
noch. (68)
Nach Ablauf von vier Monaten
wird meine Zeit erfüllet
sein,
und ich werd in die Hölle
gehn,
die einzig stinkend,
fürchterlich. (69)
Vier Ecken hat, vier Tore
sie,
ist regelmäßig eingeteilt,
mit einem Eisenwall herum,
mit Eisen oben auch bedeckt.
(70)
Ihr Boden auch von Eisen ist,
gar feurig glüht und brennet
er,
wohl hundert Meilen im
Quadrat
erstrahlt sie und bleibt
immerdar. (71)
Dort werde lange Zeiten ich
viel Wehgefühl erfahren dann
als Frucht von bösem Wirken
einst.
Darum bin ich bekümmert sehr.
(72)
Der gläubige Anhänger hatte großes Mitleid
mit ihr und fragte sich, ob man den Höllensturz nicht verhindern könne. Er kam
zu dem Schluß, daß sie durch die Gabe an ihn schon solchen Nutzen gehabt
hätte. Wieviel mehr müßte ihr eine Gabe an den Buddha und den Orden nützen.
Nachdem er ihr dies mitgeteilt hatte, spendete sie den Kaufleuten himmlische
Nahrung, Kleidung und Juwelen für den Orden, vor allem einen himmlischen
Mantel für den Buddha. Die Kaufleute kehrten dann nach Sāvatthī
zurück und übergaben dem Buddha den Mantel. Am nächsten Tag luden sie den
Buddha und den Orden zum Essen ein und widmeten die Gabe ihr. Die Wirkung war,
daß die Hölle für sie verschwand und daß sie bei den Göttern der Dreiunddreißig
wiedergeboren wurde, geschmückt mit vielen Juwelen und mit einem Gefolge von
tausend himmlischen Nymphen.
Bemerkungen:
Was aus den neidischen Frauen
und der bestechlichen Dienerin wurde ist nicht überliefert.
Die negativen Taten von ihr
waren: Diebstahl der Kleider der Betrunkenen; Verführung anderer zum Alkohol
durch ihren Ausschank; Beruf als Hetäre. Demgegenüber wirkte die eine gute Tat
an einen Heiligen so, daß sie viele Wiedergeburten eine glückliche Petī war, nur nackt und einsam. Aber dann war ihr Verdienst
aufgezehrt, und es stand ihr die Hölle bevor.
Vers
58: draußen (bahitthita), v.l. mah'iddhika (große Magie). In diesem Falle
wünschte er, ihre Magie zu sehen.
Vers 64: kommt noch sehr häufig später vor.
Vers 70 - 71: ebenso in M 129 und 130, J 530 p. 266, ebenso in
Pv 692 - 693.
Vers 69 - 72 = Pv 239 - 242.
I,11: Der Elefant
Eine Frau war schwanger und
starb noch vor der Geburt des Kindes. Sie wurde verbrannt, aber das Kind wurde
auf wunderbare Weise gerettet. Es war ein Knabe, der Sankicca genannt wurde.
Als er sieben Jahre alt war, hörte er, daß seine Mutter so tragisch gestorben
war. Das ergriff ihn derart, daß er zu Sāriputto ging
und als Novize aufgenommen zu werden wünschte. Während ihm die Haare geschoren
wurden, schnitt er sich selber die letzten Triebe ab und war ein Heiliger. Er
lebte dann mit dreißig Mönchen im Walde. Als eine große Räuberschar die Mönche
überfiel, gelang es ihm durch seine Geisteskraft, die Räuber zu zähmen. Sie
waren so gepackt, daß sie ihr Handwerk aufgaben und Mönche wurden.
Als er volljährig war und die Mönchsweihe
erhalten hatte, wanderte er nach Benares und ließ sich mit anderen Mönchen am
Seherstein nieder. Dort wurden sie von den Hausleuten gut versorgt. Ein
Laienanhänger des Buddha riet ihnen, eine ständige Versorgung einzurichten, was
auch geschah.
Damals lebte in Benares ein Brahmane mit
zwei Söhnen und einer Tochter. Er war aber ungläubig. Der älteste Sohn war nun
ein Freund jenes Laien. Dieser nahm ihn mit zu Sankicca, der beide durch ein
Lehrgespräch erfreute. Dann sagte der Laie zu seinem Freund, er möchte doch
auch eine ständige Versorgung für einen Mönch übernehmen. Der Jüngling
erwiderte aber, es sei für sie als Brahmanen nicht üblich, solche Asketen des
Sakyersohns zu versorgen. Der Laie fragte: "Würdest du denn mir etwas an
Nahrung spenden?" Der Jüngling sagte ja. Da sagte der Laie: "So gib
das, was du mir geben würdest, dem Mönch." Das tat jener und versorgte
nun täglich in der Frühe einen Mönch am Seherstein. Sein jüngerer Bruder und
seine Schwester sahen den guten Wandel der Mönche. Daher hörten sie ihnen zu,
nahmen die Lehre auf und bekamen Lust an guten Werken. So spendeten die drei
Kinder nun den Mönchen, verehrten sie und würdigten überhaupt Asketen und
Pilger. Ihre Eltern aber hatten keinen Sinn dafür und verachteten die
Kahlköpfe. Ihre Verwandten rieten ihnen, die Tochter an einen Vetter zu verheiraten.
Aber dieser hörte zu jener Zeit die Lehre von Sankicca und war so gepackt, daß
er in den Orden eintrat.
Er ging aber um Almosen täglich zu seinem
Elternhaus. Seine Mutter aber wollte ihn unbedingt mit seiner Kusine verheiraten
und erreichte durch ihr Reden von deren Vorzügen, daß er im Orden unzufrieden wurde.
So ging er zu Sankicca und sagte, er wolle die Robe ablegen und wieder Laie
werden. Sankicca aber erkannte, welche spirituellen Fähigkeiten in jenem
schlummerten und erwiderte: "Warte noch einen Monat, Novize." Nach
einem Monat kam er wieder. Sankicca bat ihn, noch 14 Tage zu warten. Als er
nach zwei Wochen wiederkam, bat er ihn, noch eine Woche zu warten. Innerhalb
dieser Woche aber stürzte das Haus seiner Verwandten vom Sturm zusammen und
tötete alle fünf Familienmitglieder.
Der geizige Brahmane und seine ebenso
weltgläubige Frau wurden als Petas wiedergeboren, ihre drei Kinder aber als
Erdgötter.
Als die letzte Woche herum war, erschien
der Novize wieder bei seinem Lehrer Sankicca und sprach: "Ich habe die
vereinbarte Anzahl von Tagen gewartet, o Herr. Ich möchte nach Hause gehen, o
Herr. Bitte gebt mir eure Erlaubnis." Sankicca antwortete: "Komm
hierher bei Sonnenuntergang am Tage des Neumonds."
An diesem Uposatha-Tag gingen die drei Kinder zu einer Versammlung
der Yakkhos, gefolgt von ihren Eltern, wie unten in den Versen näher beschrieben.
Da ließ nun Sankicca kraft seiner magischen Macht den Novizen diese fünf
Personen aus der geistigen Welt sichtbar werden, wie sie dahinzogen, und er
fragte ihn: "Siehst du sie da hinziehen, Novize?" Dieser bejahte es.
Sankicca sagte: "Dann frage sie über die Taten, die sie früher getan haben
und deren Ernte sie nun im Jenseits erleben." Darauf wandte sich der
Novize der Reihe nach an die Geistwesen:
Novize: Voran auf weißem Elefanten reitet einer,
auf Maultierwagen einer in
der Mitte,
dahinter eine Jungfrau in der
Sänfte,
die Glanz
ausstrahlt nach jeder Himmelsrichtung. (73)
Ihr aber da, mit Hammern in den Händen,
im Antlitz Tränen, Körper
aufgerissen,
als Mensch ihr wart, was
wirktet ihr an Bösem,
daß gegenseitig euer Blut ihr
trinket? (74)
Vater: Der, welcher vorn sitzt auf dem Ilf, dem
weißen,
auf dem vierfüß'gen Elefanten
reitet,
war unser Sohn einst, unser
Ält'ster.
Weil Gaben er gegeben, freut
ihn Glück nun. (75)
Der, welcher in der Mitte folgt im Maultierwagen,
vierspännig und gar schnelle
fahrend,
war unser Sohn, der mittlere
gewesen,
gar frei von Geiz, als
Gabenspender leuchtet er. (76)
Die, die da hinten auf der Sänfte folgt,
die Jungfrau, weise, mit
gazellenhaftem Auge,
war unsre Tochter, war die
Jüngste früher.
Auch halbes Glück genießend,
freut sie sich nun. (77)
Im früh'ren Leben
spendeten sie Gaben,
gar heit'ren Herzens an
Brahmanen und Asketen,
wir aber
waren leider geizig nur gewesen
und schimpften auf Brahmanen
und Asketen.
Wir dörren aus wie Gras, das
abgeschnitten,
sie aber, die gegeben,
wandeln glücklich. (78)
Novize: Was ist denn eure Speise, was ist euer Lager,
wie lebt ihr, die ihr tatet
böse Dinge,
die ihr bei großem,
grenzenlosem Reichtum
das Glück verscherzend Leiden
nun erfahret? (79)
Vater: Wir schlagen uns einander hier
und trinken Blut und Eiter
wohl,
doch soviel wir auch trinken
dann,
wir werden nie befriedigt,
satt. (80)
Weil nicht gegeben wir, wir müssen klagen,
nachdem, gestorben, wir in
Yamas Reich gekommen.
Wir sehen den Genuß und sind
doch davon ferne.
Genießen könn'
wir nicht und auch Verdienst nicht wirken. (81)
Von Hunger, Durst in anderer Welt
gepeinigt,
wir Petas lange brennen dann
gequälet.
Weil Werke wir gewirkt, die Leiden
züchten,
erfahren wir des Leidens
bittre Früchte. (82)
Sprecher: Vorüber geht Besitz und Gut,
vorüber rauscht die Lebenszeit.
Erkennend wie es also ist,
der Weise schaff ein Eiland
sich. (83)
Die Menschen, die's erkennen so,
die des Gesetzes kundig sind,
versäumen hier das Geben
nicht,
sie hören auf der Heil'gen
Wort. (84)
Nachdem der brahmanische Vater derart die
Fragen des Novizen beantwortet hatte, schloß er mit den Worten: "Ich bin
dein Onkel, dies da ist deine Tante, und die drei Glücklichen da sind deine
Vettern und deine Base." Da wurde der Novize plötzlich ernüchtert und
ergriffen, als er das Karmagesetz leibhaftig vor sich sah, und seine
Unbefriedigung am Läuterungsleben der Mönche verschwand. Er fiel seinem Lehrer
zu Füßen und sprach: "Was immer ihr von Mitleid bewogen für mich an Fürsorge
hättet zeigen können, das habt ihr getan. Dadurch habt ihr verhindert, daß ich
in großes Unheil fiel. Ich habe jetzt kein Interesse mehr am Hausleben und
werde meine Freude am Brahmawandel finden." Darauf gab ihm Sankicca einen
für ihn passenden Meditationsgegenstand. Er zog sich in die Einsamkeit zurück,
und in gar nicht langer Zeit war auch er einer der Heiligen geworden.
Bemerkungen:
Sankiccas Verse in den Liedern der Mönche:
Thag 597 - 604.
Stedes Übersetzung obiger Verse 73 - 84 auch in WW 1970, S. 284 f.
I,12: Die Schlange
Bei Sāvatthī war
einem Gutsbesitzer ein Sohn gestorben, und von Kummer überwältigt ging er in
seiner Trauer unter, ging nicht aus dem Haus und war unfähig zu jeder Arbeit.
Als der Buddha über die Welt hin blickte, sah er jenen trauernden Vater, der
ein Laienanhänger war. Er ging um Almosen zu seinem Haus. Da eilte der Vater
ihm entgegen und lud ihn ein. Als er ihm sein Leid geklagt hatte, erklärte der
Buddha ihm das Gesetz der Allvergänglichkeit, dem alle gewordenen Dinge unterliegen,
alle Wesen und alle Erscheinungen. Zur Verdeutlichung der rechten Haltung erzählte
er ihm das 354. Jātaka, um ihm allen Kummer zu nehmen:
Einst lebte ein Brahmane mit
Frau, Sohn, Tochter, Schwiegertochter und einer Magd einträchtig zusammen auf
einem Bauernhof. Er lehrte alle die Betrachtung der Allvergänglichkeit auf der
Grundlage der Tugend. Als er eines Tages mit seinem Sohn zum Pflügen ging, biß
diesen eine Giftschlange, so daß er starb. Die ganze Familie aber bewahrte ihre
Seelenruhe eingedenk der Vergänglichkeitsbetrachtung, auch als Sakko in
Gestalt eines Brahmanen allen nahelegte, daß sie doch trauern müßten: der Vater
um seinen tugendhaften Sohn und Erben, die Mutter um ihr großgezogenes Kind,
die Schwester aus Bruderliebe, die Gattin aus Verlassenheit und die Magd, weil
sie nun nicht mehr von ihm angetrieben werden könne. Alle erklärten dann, warum
sie nicht weinten. Und so verschwand auch dem Gutsbesitzer sein Kummer.
Vater: Wie Schlange ihre alte Haut
nur abstreift und dann
weitergeht,
so, wenn der Leib nicht mehr
genießt,
weil tot, weil er zu Petas
ging. (85)
Da er verbrannt ist, weiß
er nichts
von der Verwandten Klag um
ihn.
Deshalb ich weine nicht um
ihn,
gegangen ist er seinen Gang.
(86)
Mutter: Unaufgefordert kam er her,
ohn Abschied ging er wieder
fort.
So wie er kam, so ging er
auch,
warum sollt klagen ich dazu?
(87)
Da er verbrannt ist, weiß
er nichts
von der Verwandten Klage um
ihn.
Deshalb ich weine nicht um
ihn,
gegangen ist er seinen Gang.
(88)
Schwester: Abmagern würd ich, wenn ich wein,
welch
Früchte brächt mir solches ein?
Verwandten,
Freund, Genossen auch
würd
Unlust ich nur mehren noch. (89)
Da er verbrannt ist, weiß er
nichts
von der Verwandten Klag um
ihn.
Deshalb ich weine nicht um
ihn,
gegangen ist er seinen Gang.
(90)
Gattin: So wie ein kleines Kind dem Mond,
wenn er verschwindet, weinet
nach,
so würde sich verhalten wohl,
wer Abgeschiednem trauert
nach. (91)
Da er verbrannt ist, weiß er
nichts
von der Verwandten Klag um
ihn.
Deshalb ich weine nicht um
ihn,
gegangen ist er seinen Gang.
(92)
Magd: So wie ein Wassertopf, wenn er
zerbrochen, nie wird wieder
ganz,
so würde sich verhalten wohl,
wer Abgeschiednem trauert
nach. (93)
Da er verbrannt ist, weiß er
nichts
von der Verwandten Klag um
ihn.
Deshalb ich weine nicht um
ihn,
gegangen ist er seinen Gang.
(94)
Bemerkungen:
Die Rahmenerzählung und der Jātaka-Bericht sind nahezu identisch. Im Jātaka ist der
Vater der Bodhisatta, in der Rahmenerzählung dagegen ist der gestorbene Sohn
der Bodhisatta, der als Sakko wiedergeboren war und nun seiner Familie
erscheint. Im Jātaka dagegen hat Sakko keine Verbindung mit der Familie, was
überzeugender ist.
In dem ganzen Bericht kommt von Petas
nichts vor. Hier wird Peta aber im weiteren Sinne als "Vorangegangene,
Abgeschiedene" gebraucht (so in Vers 85 und 93) und kann daher nicht mit
Peta im engeren Sinne wiedergegeben werden, zumal hier der Sohn als Sakko
vorgestellt wird. Und Sakko ist kein Peta (Gespenst).
Buch II
II,1: Selbsterlösung aus dem Samsāro
Im Reiche Magadha lebten in zwei Dörfern
Menschen, die an die Selbsterlösung aus dem Samsāro
glaubten, d.h. daß nach sehr langen Zeiten alle Wesen von selbst von der
Wiedergeburt erlöst würden. In dem einen Dorf war vor 500 Jahren ein Mädchen
geboren worden. Entsprechend der dort herrschenden Irrlehre, daß man keine
Tugend zu üben brauche, weil alle von selbst erlöst würden, brachte sie viele
Insekten und Grashüpfer um und fand nichts dabei. Infolgedessen wurde sie als Petī wiedergeboren und litt 500 Jahre Hunger und Durst. Zur
Zeit des Buddha wurde sie wieder als Mensch inkarniert, und zwar im selben
Dorf in einer Familie, wo immer noch die Irrlehre herrschte. Eines Tages
spielte das siebenjährige Mädchen mit anderen Kindern auf der Straße. Da kam Sāriputto vorbei. Als die anderen Kinder den Mönch sahen,
erwiesen sie ihm den ehrfurchtsvollen Handgruß und warfen sich vor ihm zu
Boden, wie sie es bei ihren Eltern gesehen hatten. Das Mädchen aus der ungläubigen
Familie blieb trotzig stehen, weil es von ihren Eltern keine Verehrung der
Mönche kannte. Sāriputto richtete seinen Geist auf
ihr Vorleben, und er sah, daß ihr als Folge ihrer einstigen Tierquälerei bald
die Hölle bevorstünde, da sie keinerlei Verdienst aufzuweisen hatte. Er sah
aber auch, daß sie, wenn sie ihn grüßen würde, noch einmal mit dem Peta-Dasein
davonkommen und dann von ihm erhoben werden könnte. So sagte er zu den Kindern,
von Mitleid bewogen: "Ihr grüßt die Mönche, aber dieses Mädchen bleibt
ungezogen stehen." Da faßten die anderen sie bei der Hand und veranlaßten
sie mit Gewalt, Sāriputto zu grüßen. Als die
erwachsen war, wurde sie mit einem Jüngling im Nachbardorf verheiratet. Bald
wurde sie schwanger und starb im Kindbett. Sie wurde als Petī
wiedergeboren. Eines Nachts zeigt sie sich Sāriputto.
Als er sie sah, redete er sie an:
Sāriputto: Nackt bist du, unschön
anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
o du, von der man Rippen
sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl? (95)
Petā: Bin eine Petī
ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Nachdem ich böses Werk gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(96)
Sāriputto: Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und dem
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
zur Petawelt hinab gelangt?
(97)
Petī: Es nahm sich meiner keiner an, o Herr,
der Vater nicht, die Mutter
nicht und kein Verwandter,
der mich zum Gabenspenden
hätt veranlaßt,
mit heitrem Herzen, an
Asketen und Brahmanen. (98)
Seitdem ich wandere herum fünfhundert Jahre
in dieser Mißgestalt, in
dieser Nacktheit,
verzehrt von Hunger und
verzehrt von Dürsten.
Das ist die Frucht von meinem
bösen Wirken. (99)
Ich fleh: Nimm an dich meiner, o Verehrter,
o Kluger, heitren Herzens, du
Vielmächt'ger.
Gib bitte etwas, das auf mich
bezogen,
erlöse mich, o Herr, von
schlechter Fährte. (100)
Sprecher: "Gut", sagte Sāriputto
drauf
und nahm sich also ihrer an:
Er gab den Mönchen Bissen ab
und eine Handbreit
Kleiderstoff
und einen Becher Wasser auch
und widmete dies alles ihr.
(101)
Sofort nach dieser Zuweisung,
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an
Trank.
Das war hier dieser Gabe
Frucht. (102)
Darauf in glänzend reinem
Kleid
- Benares' Bestes trug sie
wohl -,
geschmückt mit allerschönstem
Stoff
kam sie zu Sāriputto gleich. (103)
Sāriputto: Gar überschön bist nunmehr du,
wie du da
stehst, o Göttliche,
nach zehn der Seiten
strahlend hin,
so wie der Morgenstern es
tut. (104)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du
erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer
sind? (105)
Ich frage dich, o Göttin, du
Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch
welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du
also leuchtest,
daß allerwärts dein Körper
herrlich strahlet? (106)
Petī: Die Rippen sichtbar, mager sehr,
ganz
nackt, die Haut verwelkt, zerfall'n,
sahst mich
auf schlechter Fährte du,
du Seher voll Barmherzigkeit.
(107)
Den Mönchen gabst du Bissen
ab
und eine Handbreit
Kleiderstoff
und einen Becher Wasser auch,
und alles widmetest du mir.
(108)
Die Frucht des Bissens, sieh
sie an:
zehntausend Jahre Nahrung ich
genieße, Wünsche sind
erfüllt,
Gerichte vielerlei
Geschmacks. (109)
Die Handbreit Kleidung, sieh
sie an,
die Reife, welche das
gebracht:
Soviel Gewänder hab ich
jetzt,
wie sie der König Nanda hat.
(110)
Noch viel mehr, als da diese
zähl'n,
hab ich, o Herr, an Kleidern
jetzt
aus Seidenstoff, aus Wolle
auch,
aus Leinen und aus
Baumwollstoff. (111)
Gar viele sind es, kostbare,
sie hängen mir im Raume hier,
ich kleide immer mich mit
dem,
was meinem Geist am liebsten
ist. (112)
Der Becher Wasser, sieh ihn an,
von welcher Art die Frucht da
ist:
Hab Lotosteiche, die gar tief,
viereckig, ausgemessen schön.
(113)
Gewässer hell, zugänglich leicht,
kühl und von schönem Duft
erfüllt,
an blauem, rotem Lotos reich,
von Wasserlilien übersät.
(114)
So bin ich froh, ergötze mich,
ich freue mich, bin frei von
Furcht.
Zu dir, dem Seher
mitleidsvoll,
o Herr, dich ehrend kam ich
her. (115)
Bemerkungen:
Verse 95 - 97 kommen noch öfter vor, so 463
- 465 usw.
Verse 102 - 103 = 124 - 125
Verse 104 - 106 = Pv
126 - 128 = 162 - 164 = Vv 9
Vers 110: Zu den Gewändern von König Nanda
erzählt der Kommentar eine lange Geschichte (S. 78 - 80), wie dieser unzählige
göttliche Kleider besaß und in seinem Reich niemand mehr zu spinnen brauchte.
Das Dogma von der automatischen Erlösung
aus dem Wandelsein (samsāramocana; in D 2 samsāra-suddhi als Lehre Makkhali Gosalas) führt dazu, daß
man sich alles erlauben kann und keinerlei Hemmungen der Triebe kennt. Egal,
was man tut, man wird ja doch erlöst.
Daß die erzwungene Ehrerweisung und Verbeugung solche Wirkung haben
soll, erscheint seltsam. Aber es war wohl so, daß das Mädchen noch einen Rest
von Peta-Dasein statt Hölle erwirkt hatte und daß jene Tat den Weg dahin ebnete.
Es war aber nur eine Verschiebung der Ernte um eine kleine Zeit. Ein paar Jahre
später starb sie im Kindbett, eine Ernte ihres früheren Tötens. Kaum war sie
als Petī erschienen, da verschaffte ihr Sāriputto ein göttliches Dasein. Sie hatte ja nun ihre
Irrlehre aufgegeben und hatte das Saat-Ernte-Gesetz eingesehen.
II,2: Die Mutter des Thera Sāriputto
In Benares lebte ein reicher Brahmane. Er
besaß einen ungeheuren Reichtum, aber ebenso groß war auch sein Geben. Er
unterstützte Asketen und Priester, Pilger, Wanderer und Bettler. Keiner, der
zu ihm kam, ging mit leeren Händen wieder fort. Besonders versorgte er die
Mönche des Buddha mit allem Nötigen. Wenn er verreiste, so bat er seine Frau,
die gewohnten Spenden weiter zu verteilen. Sie sagte zu, tat es aber nicht.
Sie verweigerte allen die Gaben. Niemand, der zu ihrem Haus kam, erhielt etwas.
Ja, sie sagte zu denen, die um eine Gabe baten: "Eßt Kot, trinkt Urin,
trinkt Blut, freßt eurer Mutter Gehirn!" Und sie verfluchte sie mit den
gemeinsten Worten. Das einzige, was sie gab, war der Hinweis an die, die um
ein Nachtlager baten, sie könnten in einem verfallenen, schmutzigen Schuppen
wohnen.
Nach ihrem Tode wurde sie als Petī, als unglückliches Gespenst wiedergeboren. Sie
erinnerte sich aber, daß sie vor vier Leben die Mutter Sāriputtos
gewesen war. Dieser weilte mit Moggallāno, Anuruddho und Kappino damals in einer Waldhütte bei Rājagaha.
Als sie das kleine Kloster erreichte, verweigerten die Schutzgeister des Ortes
ihr den Zutritt. Erst als sie sagte, sie sei einst Sāriputtos
Mutter gewesen, ließen sie sie herein. Dort sah Sāriputto
sie und redete sie an, und es entspann sich das in den Versen überliefert
Gespräch.
Als die Petī
um Gaben gebeten hatte, gingen die vier Heiligen nach Rājagaha zu König Bimbisāro und berichteten ihm, daß sie gerne durch Spenden
einer Petī helfen würden. Der König war sofort
bereit. Er ließ vier Hütten bauen und reichlich Nahrung bereiten. Dann spendete
er alles an Sāriputto. Dieser gab alles dem Orden
mit dem Buddha an der Spitze und widmete das Verdienst an dieser Gabe der Petī. Sofort kam sie aus dem PetaReich in die nächstliegende
Götterwelt.
Sāriputto: Nackt bist du, unschön
anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
o du, von der man Rippen
sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl? (116)
Petī: In früheren Geburten war
gewesen deine Mutter ich.
Im Reich der Peta bin ich
nun,
von Hunger und von Durst
gequält. (117)
Was ausgespien, Speichel, Schleim,
was aus der Nase ausgerotzt,
was Rückstand von verbranntem
Öl,
Blut, das verlier'n
Gebärende, (118)
das Blut Verwundeter und der,
der'n Kopf und Nase abgehaun
genieße ich, vor Hunger wild,
ob es vom Weib ist oder Mann.
(119)
Ich nähre mich von Eiter,
Blut
der Tiere und der Menschen
ja,
bin heimatlos, bin ohne Haus,
seitdem vom Totenbett ich
schied. (120)
In meinem Namen gib, o Sohn,
und rechne das Verdienst mir
zu.
Dadurch könnt werden ich
erlöst
Vom Eiter- und vom
Blutverzehrn. (121)
Sprecher: Als er der Mutter Wort gehört,
voll Mitleid Upatisso dann
besprach mit Moggallāno sich,
mit Anuruddho, Kappino. (122)
Vier Hütten baute er dann auf
und widmete dem Orden sie.
Die Hütten, Essen, Trinken er
als Gabe ihr dann überließ.
(123)
Sofort nach dieser Zuweisung,
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an
Trank:
Das war hier dieser Gabe
Frucht. (124)
Darauf in glänzend reinem
Kleid
- Benares Bestes trug sie
wohl -,
geschmückt mit allerschönstem
Stoff
kam sie zu Kolito sodann.
(125)
Moggallāno:Gar
überschön bist nunmehr du,
wie du da stehst, o
Göttliche,
nach zehn der Seiten
strahlend hin,
so wie der Morgenstern es
tut. (126)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du
erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer
sind? (127)
Ich frage dich, o Göttin, du
Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch
welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du
also leuchtest,
daß allerwärts dein Körper
herrlich strahlet? (128)
Petī: Des Sāriputto
Mutter war
in anderen Geburten ich,
im Reich der Petas war ich
dann,
von Hunger und von Durst
gequält. (129)
Was ausgespien, Speichel,
Schleim,
was aus der Nase ausgerotzt,
was Rückstand von verbranntem
Öl,
Blut, das verlier'n
Gebärende, (130)
das Blut Verwundeter und der,
der'n Kopf und Nase abgehaun
genieße ich, vor Hunger wild,
ob es vom Weib ist oder Mann.
(131)
Ich nährte mich von Eiter,
Blut
der Tiere und der Menschen
ja,
war heimatlos, war ohne Haus,
seitdem vom Totenbett ich
schied. (132)
Der Gabe Sāriputtos
jetzt
erfreu ich mich, bin ohne
Furcht.
Zu dir, dem Lehrer,
mitleidsvoll,
o Herr, dich ehrend kam ich
her. (133)
Bemerkungen:
Upatisso
(122) ist der bürgerliche Name Sāriputtos, wie Kolito (125) der Moggallānos.
Die
Verse 129 - 132 fehlen in manchen Ausgaben. Sie müssen in der Vergangenheit
stehen.
Was
aus dem reichen Brahmanen wurde, ist nicht überliefert.
II,3: Mattā
In Sāvatthi lebte ein reicher Hausvater,
der der Lehre ergeben war. Seine Ehefrau Mattā aber
war ungläubig, jähzornig und unfruchtbar. Um die Familienlinie zu erhalten,
nahm er sich eine zweite Frau namens Tissā, die ebenfalls
der Lehre ergeben und von liebreichem Wesen war. Sie gebar ihm bald einen Sohn,
der Bhūta genannt wurde. Mattā
aber wurde immer neidischer und eifersüchtiger auf sie, tat Böses, kam zur
Peta-Welt und zeigte sich eines Abends der Tissā. Die fragte sie, wer sie sei:
Tissā: Nackt bist du,
unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
o du, von der man Rippen
sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl? (134)
Mattā: Mattā bin ich, Tissā bist du,
einst war ich deine
Nebenfrau.
Da böses Wirken ich gewirkt,
gelangte ich zur Peta-Welt.
(135)
Tissā: Was hast du Böses
denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
zur Peta-Welt hinabgelangt?
(136)
Mattā: Gar heftig war ich einst und barsch,
voll Neid und Geiz und
Heimlichkeit;
dafür, daß Schlechtes ich
gesagt,
gelangte ich zur Peta-Welt.
(137)
Tissā: Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du so heftig immer warst.
Doch etwas andres frag ich
dich:
Warum strotzt du denn so vor
Schmutz? (138)
Mattā: Du wuschest dir den Kopf einmal,
ein reines Kleid hat dich
geschmückt,
ich aber war es dann noch
mehr,
ich war noch mehr geschmückt
als du. (139)
Der Herr Gemahl erblickte
mich,
doch angesprochen hat er
dich.
Da überkam mich Eifersucht
und großer Zorn stieg in mir
auf. (140)
Ich griff da nach dem
Kehricht und
überschüttete dich damit.
Als Ernte dieses Wirkens bin
mit Schmutz ich überschüttet
nun. (141)
Tissā: Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du den Kehricht auf mich
warfst.
Doch etwas andres frag ich
dich:
Warum verzehrt die Krätze
dich? (142)
Mattā: Heilmittel nahmen beide wir
und gingen dafür in den Wald.
Du aber nahmst das Heilkraut
ein,
ich nahm die rauhen Früchte
mit. (143)
Nichtsahnend, wie du also
warst,
bestreute ich dein Bett
damit.
Als Ernte dieses Wirkens bin
von Krätze ich hier jetzt
verzehrt. (144)
Tissā: Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du das Bett mir hast
bestreut.
Doch etwas andres frag ich
dich:
Warum erblicke ich dich
nackt? (145)
Mattā: Mit Freundinnen zusammen warst
auf 'nem Familienfeste du.
Geladen warst mit dem Gemahl,
doch ich war eingeladen
nicht. (146)
Nichtsahnend, wie du also
warst,
nahm ich das Kleid dir
schnell hinweg.
Als Ernte dieses Wirkens bin
ich unbekleidet also hier.
(147)
Tissā: Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie du das Kleid mir nahmest
weg.
Doch etwas andres fragt ich
dich:
Weshalb riechst du so sehr
nach Kot? (148)
Mattā: Die Salbe dein, die Kränze dein
und auch das wertvolle
Parfüm,
ich warf es in den Abtritt
wohl.
Dies Böse war von mir getan.
Als Ernte dieses Wirkens ich
bin eine, die da riecht nach
Kot. (149)
Tissā: Das alles weiß ich noch sehr gut,
wie jenes Böse du getan.
Doch etwas andres frag ich
dich:
Wie kamst auf schlechte
Fährte du? (150)
Mattā: Wir beide hatten Anteil gleich
am Reichtum, das das Haus uns
bot.
Obwohl's genug zum Spenden
gab,
schuf ich kein Eiland doch
für mich.
Als Ernte dieses Wirkens ich
kam auf die schlechte Fährte
dann. (151)
Schon damals hast du mich gewarnt:
"Du pflegst ein Wirken,
das ist bös.
Nicht wirst mit bösem Wirken
du
erlangen gute Fährte
je." (152)
Tissā: Genau das Gegenteil tat'st du,
und auch beneidet hast du
mich.
Sieh, was die reife Ernte ist
dafür, daß Böses man gewirkt.
(153)
Im Hause hatt'st du Dienerinn',
du hattest Schmuck gar
vielerlei.
Das alles andren dienet nun,
Genüsse sind nicht dauerhaft.
(154)
Des Bhūta Vater,
der wird jetzt
vom Markte kehren heim nach
Haus.
Vielleicht wird er dir geben
was,
darum geh noch nicht fort von
hier. (155)
Mattā: Nackt bin ich, unschön anzusehn,
bin abgezehrt, die Adern
frei.
Mit unbedeckter Scham darf
mich
der Vater Bhūtas
sehen nicht. (156)
Tissā: Wohlan, was soll ich geben dir,
was kann ich denn hier tun
für dich,
wodurch du glücklich werden
kannst,
das alle Wünsche dir erfüllt?
(157)
Mattā: Vier Mönche als die Ordensschar
und noch vier andre Männer
dann,
acht Mönche mögest speisen du
und mir die Gabe rechnen zu.
Dann werd ich wieder
glücklich sein,
und alle Wünsche sind
erfüllt. (158)
Sprecher: "Nun gut", versprach sie es ihr
dann
und speiste acht der Mönche
gut,
gab ihnen auch Gewänder mit
und rechnet' ihr die Gabe zu.
(159)
Sofort nach dieser Zuweisung
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an
Trank:
Das war hier dieser Gabe
Frucht. (160)
Darauf in glänzend reinem
Kleid
- Benares Bestes trug sie
wohl -,
geschmückt mit allerschönstem
Stoff,
so kam sie auf die Mitfrau
zu. (161)
Tissā: Gar überschön bist nunmehr du,
wie du da stehst, o
Göttliche,
nach zehn der Seiten
strahlend hin,
so wie der Morgenstern es
tut. (162)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du
erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb
dem Geiste immer sind? (163)
Ich frage dich, o Göttin, du
Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch
welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du
also leuchtest,
daß allerwärts dein Körper
herrlich strahlet? (164)
Mattā: Mattā bin ich,
du bist Tissā,
einst war ich deine
Nebenfrau.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Peta-Welt.
(165)
Durch deine Spende, die du
gabst,
erfreue ich mich ohne Furcht.
lang leben, mögest,
Schwester, du
mit allen den Verwandten
dein.
Wo's Kummer nicht, nicht
Trübung gibt,
zu Selbstgewalt'gen mögst du
gehn. (166)
Der Lehre folgend nach allein
und Gaben gebend, Schöne du,
des Geizes Übel tilgend aus
mit seiner Wurzel, tadelfrei,
wirst du in Himmel gehen ein.
(167)
Bemerkungen:
Die
Verse nach der Übersetzung von Stede, abgedruckt in WW 1965, S. 368 - 372. Die
ganze Geschichte nacherzählt von Fritz Schäfer in Schatzkiste S. 490 - 493 der
1. und 2. Auflage.
II,4: Nandā
Nandasena: Schwarz und auch mißgefärbt bist du,
rauh und gar schmerzlich
anzusehn,
die Augen rötlich, Zähne
gelb.
Ich glaub nicht, daß du bist
ein Mensch. (168)
Petī: Ich, Nandasena,
Nandā bin,
die früher deine Gattin war.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Petawe1t.
(169)
Nandasena: Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
zur Petawe1t hinabgelangst?
(170)
Petī: Gar heftig war ich einst und barsch,
zeigt keine Achtung gegen dich.
Weil böse Worte ich gesagt,
gelangt ich in die Petawe1t.
(171)
Nandasena: Hier gebe ich dir ein Gewand,
und dieses Kleidungsstück
zieh an,
und wenn du's angezogen hast,
dann will ich dich nach Hause
führn. (172)
Gewänder, Essen, Trinken auch
wirst haben du in meinem
Haus,
und deine Söhne wirst du sehn
und deine Schwiegertöchter
auch. (173)
Petī: Was deine Hand in meine gibt,
kommt mir zugute aber nicht.
Die Mönche, die in Tugend
reif,
befreit vom Reiz, erfahren
viel, (174)
erquicke die mit Speis und Trank
und widme diese Gabe mir.
Dann werde wieder glücklich
ich,
und alle Wünsche sind
erfüllt. (175)
Sprecher: "Sehr wohl", sagt er darauf zu ihr,
und reichlich Gaben er
verteilt
zum Essen, Trinken, Kuchen
auch
und Kleidung, Sitz und Lager
noch,
Schirm, Salben, Blumenschmuck
dabei
und außerdem Sandalen viel.
(176)
So Mönche, die in Tugend reif,
die ohne Reiz, gar viel
erfahrn,
erfrischte er mit Speis und
Trank
und übertrug die Gabe ihr.
(177)
Sofort nach dieser Zuweisung,
da zeigte sich die Ernte
schon
an Speise, Kleidung und an
Trank:
Das war hier dieser Gabe
Frucht. (178)
Darauf in glänzend reinem Kleid
- Benaresseide trug sie wohl
-
geschmückt mit allerschönstem
Stoff,
so kam sie auf den Gatten zu.
(179)
Nandasena: Gar überschön bist nunmehr du,
wie du da stehst, o
Göttliche,
nach zehn der Seiten
strahlend hin,
so wie der Morgenstern es
tut. (180)
Woher bist du geworden so,
weshalb hast dieses du
erlangt
und fallen dir Genüsse zu,
die lieb dem Geiste immer
sind? (181)
Ich frage dich, o Göttin, du Vielmächt'ge,
du menschennaher Geist, durch
welch Verdienst wohl
hast du bewirkt denn, daß du
also leuchtest,
daß allerwärts dein Körper
herrlich strahlet? (182)
Petī: Ich, Nandasena, Nandā
bin,
die früher deine Gattin war.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(183)
Durch deine Spende, die du gabst,
erfreue ich mich ohne Furcht.
lang leben mögest, Hausherr,
du
mit allen den Verwandten
dein.
Wo's Kummer nicht, nicht
Trübung gibt,
zu Selbstgewalt'gen mögst du gehn. (184)
Der Lehre folgend nach allein
und Gaben gebend, Hausherr
du,
des Geizes Übel tilgend aus
mit seiner Wurzel, tadelfrei
wirst du zum Himmel gehen
ein. (185)
II,5: Glänzende Ohrringe
Verse 186 - 206: identisch
mit Vv 83
II,6: Kanha
Identisch mit Vorgeschichte und Text von J
454, wo nur Verse 217 - 221 und 226 fehlen. Inhalt: In Dvāraka
lebten zehn Königssöhne. Einem, Kanha (= Kesavā = Vāsudeva), war der Sohn gestorben. Kanha (der Dunkle) ist
der Familienname des Königs Vāsudeva, während Kesavā (der Haarreiche) ein Beiname ist. Kanhas Bruder
Ghata gebrauchte eine List, um seinen untröstlichen Bruder vom Kummer zu
befreien und rief immer: "Gebt mir den Hasen!" (In Indien der
"Mann im Mond", s. 212)
Rohinneyya: Erhebe, Kanha, dich, warum
liegst du, was nützt dir
Schlaf?
Dein eigner Bruder, der dir
lieb
so wie dein Herz, dein
rechtes Aug,
dem ward ja irre der
Verstand:
Unsinn spricht Ghata, Kesavā. (207)
Buddha: Als Kesavā das
Wort gehört,
das Rohinneyya ihm gesagt,
erhob er voller Eile sich,
bekümmert um den Bruder sehr.
(208)
Kesavā: Was läufst du wie verrückt umher
hier in dem Städtchen Dvāraka,
lallst vor dich hin:
"Ein Has, ein Has!"
Was für 'nen Hasen willst du
denn? (209)
Aus Gold, aus Edelsteinen
auch,
aus Eisen und aus Silber
noch,
aus Muschelstein, Korallen
ich
laß machen einen Hasen dir.
(210)
Es gibt auch andre Hasen
noch,
die laufen frei in Wald und
Hain,
auch die ich lasse bringen
dir.
Was für 'nen Hasen willst du
denn? (211)
Ghata: Fürwahr, nicht diese meine ich,
die Hasen, die auf Erden
sind.
Vom Mond den Hasen wünsche
ich,
den hol herab mir, Kesavā. (212)
Kesavā: Da wirst du, lieber Bruder mein,
dein süßes Leben lassen wohl,
weil Unerreichbares du
wünscht,
wenn du vom Mond den Hasen
willst. (213)
Ghata: Wenn du dies, Kanha, selbst erkennst,
wie du es einen andern
lehrst,
warum betrauerst du den Sohn,
der längst gestorben, immer
noch? (214)
Was man von einem Menschen nicht
und auch von Geistern nicht
erlangt:
"Nicht sterb der Sohn,
der mir geborn",
Unmögliches man nie erlangt.
(215)
Mit Sprüchen, heilend Wurzeln nicht,
mit Medizin, mit Schätzen
nicht,
kann, Kanha, man beleben dir
den Toten, dem du trauerst
nach. (216)
Wer viel besitzt, wer ist sehr reich,
wie Adlige mit ihrem Land,
auch wer hat noch so viel an
Geld,
er wird nicht frei von Alter,
Tod. (217)
Brahmanen, Adel, Bürgervolk,
die Diener, Kastenlosen auch,
wer immer auch geboren ist,
er wird nicht frei von Alter,
Tod. (218)
Die da mit Sprüchen gehen um,
mit den sechs Vedas, Brahmas
Werk,
wer immer wissensreich auch
ist,
er wird nicht frei von Alter,
Tod. (219)
Und auch die Seher, stillgemut,
die Büßer, die gezügelt sehr,
auch sie verlassen diesen
Leib,
wenn ihre Zeit sich hat
erfüllt. (220)
Doch Heil'ge, die
sich selbst besiegt,
gewirkt das Werk, von Trieben
frei,
wenn sie die Puppe legen ab,
gibt's nicht Verdienst noch Böses
mehr. (221)
Kesavā: Wir Feuer brannte Kummer mir,
in das man flüss'ge Butter gibt;
gleichwie man Wasser gießt
hinein,
hast alles Weh du mir
gelöscht. (222)
Des Kummers Stachel zog er raus,
der mir in meinem Herz
gesteckt.
Den Kummer, der mich ganz erfüllt,
den Sohneskummer nahm er mir.
(223)
Der Kummerstachel, der ist fort,
bin kühl geworden,
brandgelöscht,
ich traure nicht, ich wein
nicht mehr,
nachdem dein Wort ich hab
gehört. (224)
Buddha: Die weise sind, die handeln so,
sie nehmen anderer sich an,
sie machen sie von Kummer
frei,
wie's Ghata seinem Bruder
tat. (225)
Wer da Verwandte also hat,
die ihm mit gutem Rat
gedient,
der Wohlgesprochenes
vernimmt,
wie Bruder es von Ghata hört.
(226)
Bemerkungen:
Ein
weiterer der zehn Königssöhne war Ankura (s. Pv II,9). Rohinneyya war ein
Minister von König Kanha.
Vers
209: Über "Mann im Mond" als Hase s. J 316
Verse
217 - 220 = Vv 63 (Verse 987, 989 - 991)
Vers
221: Ich folge der Lesart Jayawickramas (arahanto) statt der von Stede und
Gehmann (viharantā).
Verse
222 - 225 = 50 – 53
Vergl. E. Hardy,
"Eine buddhistische Bearbeitung der Krshna-Sage" in: ZDMG 1899, S. 25
- 30: Er vergleicht Pv II,6 und J 454 mit der KrishnaSage.
II,7: Dhanapāla
Ehe der Buddha in der Welt erschien, lebte
in der Stadt Erakaccha im Königreich Dasanna ein reicher Gildemeister namens Dhanapāla. Er war ein Ungläubiger und glaubte an nichts als
an sinnlichen Genuß in dieser Welt. Daher war er geizig und gab keinem Asketen
etwas. Als er starb, wurde er ein Peta in einer Wüste. Er hatte einen großen
Körper, breit wie eine Palmyrapalme. Seine Haut war aufgedunsen und rauh und
sein Körper deformiert. Er war nackt und abgezehrt. Seine Zunge hing ihm heraus
vor Durst in der ausgedörrten Kehle. Er irrte 55 Jahre herum, ohne auch nur
einen Tropfen Wasser oder einen Bissen Reis zu finden.
Als der Buddha in der Welt erschien,
kehrten einige Kaufleute aus Sāvatthī von einer
Handelsreise in ihre Heimat zurück. Eines Abends kamen sie an ein
ausgetrocknetes Flußbett. Sie entjochten ihre Ochsen und schlugen dort ihr
Nachtlager auf. Da nahte sich der Peta auf der Suche nach Wasser. Als er wieder,
wie immer, nichts fand, fiel er vor Erschöpfung der Länge nach hin und gab
alle Hoffnung auf Wasser auf. Einer der Kaufleute sah ihn und sprach ihn an:
Kaufmann: Nackt bist du, unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
die Rippen sichtbar, mager
sehr:
Wer bist du denn, Verehrter,
wohl? (227)
Peta: Ich bin ein Peta ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(228)
Kaufmann: Was hast du Böses denn getan
in Taten, Werken und dem
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
zur Petawelt hinabgelangt?
(229)
Peta: Im Reiche Dasanna die Stadt
Erakaccha ist vielberühmt,
dort war ein Gildemeister
ich,
als Dhanapāla
wohlbekannt. (230)
Ich hatte achtzig Wagen voll
vom Golde, das mir da gehört,
gar unermeßlich viel an Gold
und Perlen, Edelsteinen auch.
(231)
Obwohl ich solchen Reichtum hatt',
war mir das Geben doch nicht
lieb,
verschließend meine Tür genoß
ich, daß kein Bittender mich
sah. (232)
Ungläubig war ich, geizig sehr,
war knickerig, schalt andre
viel.
Die da zum Geben war'n
geneigt,
die hielt von solchem Werk
ich ab: (233)
"Für Geben gibt es keinen Lohn,
für Selbstbezwingung keine
Frucht."
Die Teiche, Wälder,
Brunnen viel,
die Parkanlagen, die ich
pflanzt,
die Wasserhäuser, Brückenbau:
das alles hab verloren ich.
(234)
Nachdem ich Treffliches versäumt,
nach bösem Wirken schied ich
ab
und kam in das
Gespensterreich,
von Hunger und von Durst
gequält. (235)
Sind fünfundfünfzig Jahre her,
seit ich die Zeit erfüllte
einst.
Ich kenne nichts zu essen
hier,
für mich gibt's auch zu
trinken nichts. (236)
Aus dem Verweigern folgt Entbehrn,
Entbehren kehrt Verweigern
um.
Die Petas wissen das genau,
aus dem Verweigern folgt
Entbehrn. (237)
Ich habe einst verweigert nur,
trotz vielem Reichtum gab ich
nichts,
obgleich Gelegenheit war da,
schuf ich kein Eiland doch
für mich. (238)
Daher bin ich jetzt voller Reu,
von Frucht des eignen Werks
verfolgt.
Nach Ablauf von vier Monaten
wird meine Zeit erfüllt sein
hier,
und ich werd in die Hölle
gehn,
die einzig stechend,
fürchterlich. (239)
Vier Ecken hat, vier Tore
sie,
ist regelmäßig eingeteilt,
mit einem Eisenwall herum,
mit Eisen oben auch bedeckt.
(240)
Ihr Boden auch von Eisen ist,
gar feurig glüht und brennet
er,
wohl hundert Meilen im
Quadrat
erstrahlt sie und bleibt
immerdar. (241)
Dort werde lange Zeiten ich
viel Wehgefühl erfahren dann,
als Frucht von bösem Wirken
einst.
Darum bin ich bekümmert sehr.
(242)
Deshalb zu eurem Heil ich
rat,
so viel ihr hier versammelt
seid:
Wirkt keine bösen Werke mehr,
nicht offen und nicht
insgeheim. (243)
Wenn üble, böse Werke ihr
tut oder werdet tun, dann ihr
von Leiden werdet nimmer
frei,
selbst wenn ihr wollt im Flug
entfliehn. (244)
Zu Vater und zu Mutter auch,
zu Ält'ren habet Achtung
stets,
Asketen und Brahmanen ehrt,
so werdet ihr zum Himmel
gehn. (245)
Als die Kaufleute diese Rede vernommen
hatten, wurden sie von Mitleid erfüllt. Sie nahmen eine Schale Wasser, baten
ihn, sich hinzulegen und füllten ihm das Wasser in den Mund. Aber er konnte es
nicht schlucken, es lief immer wieder aus seinem Mund heraus. Er erklärte
ihnen, daß dies eine Folge seines früheren Verweigerns sei, jetzt verweigere
sich das Wasser ihm. Die mitleidigen Kaufleute fragten dann, ob es kein Mittel
gäbe, ihn von diesem Durst zu befreien. Er erwiderte: "Wenn meine bösen
Taten ihre Ernte erschöpft haben und wenn an den Buddha oder die Jünger Gaben
gegeben werden und das Verdienst mir gewidmet wird, dann kann mein Petadasein
enden." Die Kaufleute gingen nun nach Sāvatthī,
suchten den Buddha auf, wurden von ihm belehrt, nahmen Zuflucht und gaben
sieben Tage lang ein großes Almosen für den Orden mit dem Buddha an der Spitze
und widmeten es dem Peta.
Bemerkungen:
Hier wird fein gezeigt, wie
die Verdienstübertragung allein noch nicht genügt. Erst wenn das böse Karma
erschöpft ist und die betreffende Peta-Existenz sich dem Ende zuneigt, dann
kann durch Verdienstübertragung ein göttliches Dasein erlangt werden anstatt
eines weiteren, weniger üblen Peta-Daseins. Hier schildert nun der Kommentar
die Verdienstübertragung, sagt aber nichts, wie sie gewirkt hat. Nach dem Kontext
wurde dadurch wohl das drohende Höllendasein in vier Monaten verhindert. Dem
Peta stand ja nicht nur ein weiteres Peta-Dasein bevor, sondern die Hölle.
Vers 237: san-yamo
(Zurückhaltung) ist meist etwas Heilsames, wenn es Ansichhalten in den Trieben
ist. Hier aber ist es negativ gebraucht als Zurückhaltung im Geben, als
Festhalten, daher übersetzt "Verweigern". Genau im Maße des
Verweigerns als Mensch ist das Entbehren als Peta.
Vers 239: ebenso in Pv I,10 die in vier Monaten drohende Hölle
(Vers 69)
Verse 240 - 242 = 70 - 72 = M 129 u. 130 =
J 530
II,8: Cūlasetthi
Ajatasattu: Ein nackter, magrer Pilger bist du, Herr
warum gehst du bei Nacht
herum, wohin?
Sag an mir doch, ob's möglich
wär für mich,
daß Reichtum ich verschaffen
könnte dir. (246)
Peta: Benares heißt die Stadt, die
vielgerühmte,
Hausvater war ich dort, sehr
reich, sehr arm an Gutem,
ich gab nichts, hatt' nur Gier nach Sinnendingen.
so bin ich, tugendlos, in
Yamas Reich hinabgelangt. (247)
Vom Nadelstich des Hungers
bin erschöpft ich,
bitt die Verwandten um
geringe Gabe.
Sie aber, nicht gewohnt zu
geben, glauben nicht,
daß Frucht der Gabe sich im
Jenseits zeigt. (248)
Doch meine Tochter, die
spricht immer wieder:
"Will Gabe geben Vätern
und Großvätern."
Brahmanen kommen zum bereiten
Opfer.
Andhakavinda will ich nahen,
um zu essen. (249)
Ajatasattu: Der König
sprach: "Wenn du genossen Gabe,
komm wieder schnell, ich will
dich ehren,
sag an es mir, wenn du ein
Mittel weißt,
ich glaube dir, wenn du die
Mittel teilst mir mit." (250)
Sprecher: Er sagte zu und ging zu den Brahmanen.
Die aßen dort, doch waren sie
nicht gabenwürdig.
Darauf kehrt er zurück nach Rājagaham
und stellte wieder sich beim
Herrscher ein. (251)
Ajatasattu: Als er den Peta sah, wie er zurückgekommen,
der König sprach: "Was
soll ich geben,
sag an mir doch, ob es ein
Mittel gibt,
wodurch auf lange Zeit du
wirst befriedigt?" (252)
Peta: Erwachten samt dem Orden mögst bewirten,
König,
mit Speise und mit Trank und
Kleidung,
und diese Gabe widme mir zu
meinem Heile,
so würde ich auf lange Zeit
befriedigt sein. (253)
Sprecher: Nachdem der König vom Palast herabgestiegen,
gab eigenhändig er die Gabe,
ohn' zu wägen,
dem Orden und berichtete dies
dem Vollendeten.
Die Gabe aber widmet er dem
Peta. (254)
Sprecher: Nachdem er so geehrt, erschien er herrlich
glänzend
erneut dann vor dem
Herrscher, sagend:
"Bin jetzt ein Yakkha,
magisch machtbegabt.
Nicht gibt es Menschen, die
mir gleich an Wunder. (255)
Sieh diese Fülle,
unermeßlich, von dir angewiesen.
Nachdem, gewidmet mir, dem
Orden du gegeben, ohne Wägen,
gesättigt bin beständig ich
für immer durch das Viele.
Beglückt ich wandel weiter,
Menschenkönig." (256)
II,9: Ankura
Vor langen Zeiten lebten im Norden Indiens
zehn Königssöhne, die sehr wild waren. Sie eroberten ganz Indien. Dann teilten
sie Indien in zehn Teile, wo jeder von ihnen regieren sollte. Sie hatten aber
ihre einzige Schwester vergessen. Als sie das merkten, wollte sie alles neu
verteilen, um einen elften Teil herauszubekommen. Aber da sagte der jüngste
Bruder, Ankura, er habe keine Lust, König zu sein, sondern wolle Handel treiben.
Die Brüder könnten daher seinen Anteil an ihre Schwester geben. Zum Ausgleich
könnten sie ihm von den Steuern ihrer Reiche etwas abgeben. Alle stimmten zu.
Ankura aber begann, Handel zu treiben, und er gab gerne reichlich Almosen.
Ankura hatte einen Sklaven, der ihm ein
treuer Lagerverwalter war. Er gab ihm eine Frau aus guter Familie, aber als
beiden ein Sohn geboren wurde, starb der Vater. Ankura setzte den Sohn später
in die Stellung des Vaters ein. Als er erwachsen war, erhob sich die Frage, ob
er ein Sklave sei oder nicht. Die Schwester der zehn Brüder entschied, daß der
Sohn einer freien Frau ebenfalls frei sei. Damit war der Sohn als freier Mann
anerkannt. Er schämte sich aber seiner Abkunft von einem Sklaven und zog daher
von der Stadt Dvaraka, wo Ankura lebte, fort in die Stadt Bheruva. Dort heiratete
er die Tochter eines Schneiders und übte selbst den Schneiderberuf aus. In
Bheruva lebte damals ein reicher Gildemeister namens Asayha-mahā-setthi,
der für seine Freigebigkeit an Asketen und Bettler usw. berühmt war. Der Schneider
zeigte allen, die nach jenem fragten, freudig den Weg zu dessen Haus, wie in
den Versen berichtet wird. Als er gestorben war, wurde er als eine Baumgottheit
wiedergeboren, und zwar in einer Wüste. Dort stand ein mächtiger Banyanbaum,
in dem er wohnte. Nicht weit von ihm lebte ein Peta, der auf Erden der Aufseher
über die Spenden Asayhas gewesen war, selber aber ungläubig gewesen war. Er erschien
Ankura später. Als Asayha starb, gelangte er in den Kreis des Götterkönigs
Sakko bei den Göttern der Dreiunddreißig.
Ankura bereitete eines Tages zusammen mit
einem Brahmanen eine Wagenkarawane vor. Sie luden ihre Waren auf viele Wagen
und wollten in der Ferne Handel treiben. In einer Wüste verirrten sie sich.
Nachdem sie mehrere Tage umhergeirrt waren, ging Gras, Wasser und Essen auf die
Neige. Als die Baumgottheit dies sah, dachte sie an das Gute, das Ankura ihr
früher getan hatte, und sie wies der Karawane den Weg zu dem Banyanbaum. Dort
schlugen sie im dichten Schatten ihr Lager auf, und die Gottheit zeigte ihnen
Wasser und verschaffte ihnen dank ihrer magischen Macht auch reichlich Nahrung.
Der Geschäftsfreund Ankuras aber dachte: Wenn wir diesen mächtigen Baum fällen,
dann haben wir genug zum Verdienen und brauchen nicht in die Ferne zu ziehen,
sondern können heimkehren. So sprach er:
I.
Kaufmann: Wenn wir jetzt nach Kamboja ziehn,
um Reichtum zu erwerben dort,
den Yakkha, der uns Wünsch
erfüllt,
den Yakkha woll'n wir nehmen
mit. (257)
Den Yakkha woll'n ergreifen
wir
im Guten oder mit Gewalt,
ihn auf den Wagen legen dann
und schnell nach Dvāraka so fahrn. (258)
Ankura: Vom Baum, in dessen Schatten man
hier sitzen oder liegen kann,
soll keinen Zweig man brechen
ab,
ein Freundverräter wäre man,
bös. (259)
Kaufmann: Der Baum, in dessen Schatten man
hier sitzen oder liegen kann,
dürft fällen man an seinem
Stamm,
falls dies von einem Nutzen
wär. (260)
Ankura: Vom Baum, in dessen Schatten man
hier sitzen oder liegen kann,
soll man kein Blatt selbst
reißen ab,
ein Freundverräter wär man,
bös. (261)
Kaufmann: Den Baum, in dessen Schatten man
hier sitzen oder liegen kann,
dürft man mit Wurzel reißen
aus,
falls dies von einem Nutzen
wär. (262)
Ankura: Bei wem man eine Nacht auch nur im Hause
wohnt,
beim Manne, dessen Speis und
Trank man dort er hält,
dem darf nicht mal im Geist
man Übel wünschen.
Von rechten Menschen
Dankbarkeit wird stets gelobt. (263)
Bei wem man eine Nacht auch nur im Hause
wohnt,
von wem man wird mit Speis
und Trank geehrt,
dem darf nicht mal im Geist
man Übel wünschen.
Die Hand, die nie verrät,
verbrennt den Freundverräter. (264)
Wer den, der früher trefflich
wirkt,
mit Bösem später schädiget,
solch Mensch schlägt sich mit
eigner Hand,
wird Gutes nicht erblicken
mehr. (265)
II.
Yakkha: Nicht bin ich leicht von Göttern, nicht von
Menschen,
auch nicht von Herrschermacht
wohl zu besiegen.
Ein Yakkha bin ich, bin
magiegewaltig,
mit Windeseile geh ich, bin
gar schön und kräftig. (266)
Ankura: Ganz gülden glänzet deine Hand,
fünf Finger triefen honigsüß
und tropfen von verschiednem
Saft.
Bist du wohl der, der Mauern
stürzt? (267)
Yakkha: Ich bin kein Gott, kein Elfengeist,
auch Sakko nicht, der Mauern
stürzt.
Als Peta kenn mich, Ankura,
der von Bheruva hierher kam.
(268)
Ankura: Wie hast gelebt, gewandelt wie
du früher in Bheruva denn,
aus welchem Brahmawandel
sprießt
wohl das Verdienst an deiner
Hand? (269)
Yakkha: Ein Schneider bin gewesen ich,
in Bheruva hab ich gelebt,
ich lebte ärmlich,
kümmerlich,
zum Geben hatte gar nichts
ich. (270)
Doch meine Werkstatt hatte
ich
ganz nahe bei Asayha dort,
des Gläub'gan, Gabenmeisters,
der
verdienstlich wirkte und war
fromm. (271)
Als Bettler von verschiedner
Art
ich auf den Straßen ziehen
sah,
da fragten diese mich
alsbald,
wo des Asayha Wohnung sei:
(272)
"Wie soll'n wir gehen,
Heil mit dir,
wo können Gaben kriegen
wir?"
Also gefragt, zeigt ihnen ich
die Wohnung des Asayha dann,
(273)
streckt meinen rechten Arm da
aus:
"Dort müßt ihr gehen,
Heil mit euch,
dort ist's, wo Gaben man
erlangt
im Haus, in dem Asayha
wohnt." (274)
Deshalb hab ich die Hand
erlangt,
die Wünsch erfüllt, von Honig
trieft,
daher durch Bahmawandel mir
Verdienst an meiner Hand
entstand. (275)
Ankura: Du gabst doch selber keinem da
an Gaben eigenhändig je,
nur Geben andrer freute dich,
als deine Hand den Weg
gezeigt. (276)
Deshalb hast du die Hand erlangt,
die Wünsch erfüllt, von Honig
trieft,
daher durch Brahmawandel dir
Verdienst an eigner Hand
entstand. (277)
Der aber, Herr, der spendete,
mit heitrem Herz, mit eigner
Hand,
wohin ist der gegangen wohl,
nachdem den Leib er legte ab?
(278)
Yakkha: Der, welcher Unvollbringbares vollbrachte,
des Angīrasen
Fährte kenn ich nimmer,
doch hab ich von Vessavana
gehört,
daß Asayha zu Sakko sei
gegangen. (279)
Ankura: Es ziemt sich, Treffliches zu tun,
zu geben Gaben, wie man kann.
Wer wunscherfüll'nde Hand
gesehn,
wer würd Verdienst da wirken
nicht? (280)
Wenn ich nun gehe fort von hier
und kehr zurück nach Dvāraka,
dann will ich spenden Gaben
reich,
die mich zum Wohle führen
hin. (281)
Ich werde geben Speis und Trank,
Gewänder, Lager und auch
Sitz,
Trinkstätten, Brunnen will ich
baun,
und Brücken, wo es unwegsam.
(282)
III.
Ankura: Warum sind deine Finger krumm,
warum verzogen dein Gesicht,
warum die Augen triefen dir,
was hast du Böses denn getan?
(283)
Peta: Angīraso der
Hausner hieß,
der gläubig einst im Hause
wohnt,
von dem war ich da
angestellt,
um Gaben für ihn zu
verteil'n. (284)
Wenn ich die Bettler nahen sah,
die kamen um Almosen her,
dann trat beiseit ich und
verzog
gar höhnisch dazu mein
Gesicht. (285)
Deshalb sind meine Finger krumm,
deshalb verzogen mein
Gesicht,
deshalb die Augen triefen
mir,
solch böses Werk hab ich
gewirkt. (286)
Ankura: Mit Recht, du schlechter Mensch, ist dir
verzogen nunmehr das Gesicht
und triefen deine Augen dir,
weil über Gaben anderer
du einen schiefen Mund
gemacht. (287)
Wie kann auch, wer da Gaben gibt,
bedienen eines andern sich
bei Speise, Trank und Kuchen
auch,
Gewändern, Lager und dem
Sitz? (288)
Wenn ich nun gehe fort von
hier
und kehr zurück nach Dvāraka,
dann will ich spenden Gaben
reich,
die mich zum Wohle führen
hin. (289)
Ich werde geben Speis und
Trank,
Gewänder, Lager und auch
Sitz,
Trinkstätten, Brunnen will
ich baun
und Brücken, wo es unwegsam.
(290)
IV.
Sprecher: Von seiner Reise heimgekehrt,
wieder in Dvāraka
zurück,
da richtet' er die Gabe ein,
die ihm zum Wohl gereichen
sollt. (291)
Und er gab Speise und auch
Trank,
Gewänder, Lager und auch
Sitz,
Trinkstätten, Brunnen baute
er,
dabei gar heiter im Gemüt.
(292)
"Wer hungrig und wer
durstig ist,
wer ein Gewand zur Kleidung
braucht,
wes' Zugtiere ermüdet sind,
der möge sie hier spannen
aus. (293)
Wer Schirm sich wünscht und
Wohlgeruch,
Sandalen und auch
Blumenschmuck,
der komme her!" - so
rufen jetzt
Barbiere, Köche, Parfümiers,
beständig von der Früh bis
spät
im Hause des Ankura jetzt.
(294)
Ankura: "Der Schlaf von Ankura ist gut",
so meint die Menge wohl von
mir,
doch schlafe schlecht ich,
Sindaka,
weil ich
hier keine Bettler seh. (295)
"Der
Schlaf von Ankura ist gut",
so meint die Menge wohl von
mir,
doch schlafe schlecht ich,
Sindaka,
weil hier so wenig Bettler
sind. (296)
Sindaka: Wenn Sakko einen Wunsch gewährt,
der Dreiunddreißig
Götterherr,
was würdest von der ganzen
Welt
du wählen wohl als deinen
Wunsch? (297)
Ankura: Wenn Sakko einen Wunsch gewährt,
der Dreiunddreißig
Götterherr,
daß wenn ich aufsteh in der
Früh,
beim Sonnenaufgang, zu der
Zeit,
dann soll'n hier
Götterspeisen sein
und tugendhafte Bettler auch,
(298)
daß Gaben mögen schwinden
nicht
und daß Gegebnes mich nicht
reut,
beim Geben heiter sei mein
Herz,
das wünsche ich von Sakko
mir. (299)
Sonaka: Nicht alle Habe gib hinweg an andre,
gib Gabe zwar, doch hüt auch
Reichtum;
Reichtum ist darum besser als
das Geben,
bei zuviel Geben gibt es
nicht Familien. (300)
Nichtgeben, auch zuviel
davon,
das beides preisen Weise
nicht.
Reichtum ist darum besser als
das Geben,
ans Mittelmaß sich halte wohl
der Kluge. (301)
Ankura: Ich möchte aber gerne vielen geben,
's gibt rechte Menschen noch,
und denen gönn ich's.
So wie die Regenwolke Täler
füllet,
so möchte alle Bettler ich
erquicken. (302)
Wenn das Gesicht bei dem
Anblick
Bittender sich erheitert
gleich
und man beglückt vom Geben
ist,
das ist für Hausbewohner
Wohl. (303)
Wenn das Gesicht bei dem
Anblick
Bittender sich erheitert
gleich
und man beglückt vom Geben
ist,
das ist Bewährung in
Verdienst. (304)
Bevor man gibt, der Geist sei
froh,
beim Geben heiter sei das
Herz,
danach beglückt sein stets
zutief,
das ist Bewährung in
Verdienst. (305)
Sprecher: Stets sechzigtausend Wagen Speis
im Haus des Ankura da sind
gespendet worden täglich nun
den Leuten, auf Verdienst
bedacht. (306)
Dreitausend Köche sind es
hier,
Juwelen, Ohrring tragen sie,
wohnend im Haus des Ankura,
beim Gebeopfer tätig gern.
(307)
Stets sechzehntausend
Jünglinge,
Juwelen, Ohrring tragen sie,
zerkleinern wohl das
Feuerholz
für große Gabe Ankuras. (308)
Stets sechzehntausend Frauen
noch,
gar schön mit allem Schmuck
geschmückt,
verschiedne Speisen rühren
sie
für große Gabe Ankuras. (309)
Stets sechzehntausend Frauen
noch,
gar schön mit allem Schmuck
geschmückt,
mit Löffeln stehen sie bereit
für große Gabe Ankuras. (310)
Gar vielen gab er vieles gern
für lange Zeit, der Adlige,
bedachtsam und mit eigner
Hand,
im Herz beteiligt immerdar.
(311)
Zur dunklen, hellen Monatshälft,
zu jeder Jahreszeit, wie's
sei,
die große Gabe gab er stets
für lange Zeit, der Ankura.
(312)
V.
Sprecher: So spendete und opferte
gar lange Zeiten Ankura,
und als den Menschenleib er
ließ,
kam zu den Dreiunddreißig er.
(313)
Ein Löffel-Bettelessen gab
jetzt Anuruddho Indaka.
Nachdem den Menschenleib er
ließ,
kam auch zu Dreiunddreißig
er. (314)
Doch Indaka, der übertrifft
ja zehnfach dort den Ankura
an Form, an Ton, an Saft und
Duft,
an Tastung, die dem Geiste
lieb, (315)
an Lebensdauer und an Ruhm,
an Schönheit und an
Glücklichsein,
an Oberherrschaft übertrifft
der Indaka den Ankura. (316)
Als bei den Dreiunddreißig einst
Erwachter bei dem Grauen
Stein
am Fuße des Korallenbaums,
der Höchste aller Menschen
weilt, (317)
und als im ganzen Weltsystem
die Götter sich versammelten,
umgaben den Erwachten sie,
verweilend auf dem höchsten
Berg. (31B)
An Schönheit keiner übertraf
den Buddha von der
Götterschar,
die Götter übertreffend all
erstrahlt der Vollerwachte
da. (319)
Zwölf Meilen weit von ihm entfernt
verweilte Ankura auch dort,
dem Buddha näher Indaka,
er überstrahlte Ankura. (320)
Der Vollerwachte blickte hin
auf Indaka und Ankura,
das Gabenspenden preisend er
hub an zu sprechen
alsogleich: (321)
Buddha: Gar lange Zeit hast, Ankura,
gegeben große Gabe du,
doch sitzt du weit entfernt
von mir,
komm jetzt in meine Nähe
doch. (322)
Sprecher: Ermahnt von dem, der innen weit,
erwiderte dann Ankura:
Ankura: Was ist schon jene Gabe wert,
leer war an Gabenwürd'gen
sie. (323)
Der Indaka, der Yakkha hier,
er gab geringe Gabe nur,
doch überstrahlen tut er uns,
gleichwie der Mond der Sterne
Schar. (324)
Buddha: Wenn man auf harten Acker sät,
dann nützt noch soviel Samen
nichts,
er bringt nicht reiche
Früchte, und
der Ackersmann ist nicht
beglückt. (325)
So wird auch reiche Gabe, die
an Tugendlose wird verwandt,
nicht reiche Früchte bringen,
und
der Geber wird so nicht
beglückt. (326)
Wenn man auf guten Boden sät,
dann nützt auch wenig Samen
schon,
wenn Regen kommt zur rechten
Zeit:
Da wird der Ackersmann
beglückt. (327)
So wird auch, wenn man wenig
gibt
an Tugendhafte, die bewährt,
Verdienst man ernten,
reichliches,
mit großer Frucht für solche
Tat. (328)
Sprecher: Wer Gaben gibt, der überleg,
wo große Frucht sein Geben
bringt.
Wer überlegend also gibt,
solch Geber in den Himmel
kommt. (329)
Wer überlegend, wie's
Willkommner lobte,
an Gabenwürd'ge Gaben spendet
hier,
solch Gaben bringen große
Früchte ihm,
wie Samen, der auf gutes Feld
gesät. (330)
Bemerkungen:
Mit
74 Versen ist dies der zweitlängste Bericht des Petavatthu, nach Pv IV,1 mit 87
Versen. Die Geschichte ist von Fritz Schäfer nacherzählt in Schatzkiste S. 71
- 77 der 1. und 2. Auflage. Nur Verse 301 304 sind dort als Vers
wiedergegeben (S. 76).
Zur
Vorgeschichte s. auch J 454 und Pv II,6. Zur Zeit Ankuras wurden die Menschen
20.000 Jahre alt.
Vers 257: Kamboja ist n i
c h t das heutige Kambodscha, sondern eine Gegend im heutigen Kaschmir.
Der
gierige Brahmane verwechselt den Baum und die Baumgottheit, die hier Yakkha
genannt wird.
Vers 279: Angīrasa ist ein Beiname des Asayha. Unvollbringbares vollbrachte
(a-sayha-sāhino), ein Wortspiel. A-sayha heißt: nicht
ertragen; sahati = ertragen. Dies sonst ein Beiname des Buddha: Thag 536.
Vessavana ist einer der Vier Großen Könige.
Vers 288: Ankura macht
Asayha hier den Vorwurf, daß er nicht eigenhändig gegeben hat, sondern sich
auf einen Angestellten verließ, der dann schlecht handelte.
Vers 295: Sindaka war ein
Angestellter Ankuras, der ihm beim Geben half. Weil Ankura soviel gegeben
hatte, waren alle satt, und es kamen weniger Bettler.
Vers 300: Sonaka ist ein
Weltkluger, der das Geben einschränken will.
Vers 313: Indaka war ein
Spender des Heiligen Anuruddho. Einem Heiligen zu spenden, hat ungleich mehr
Verdienst, als Andersfährtigen zu spenden.
Vers 324: Indaka war
gerade k e i n Yakkha, er gehörte nicht zu den Göttern der Großen Könige,
sondern zu dem höheren Himmel der Dreiunddreißig. Yakkha wird aber unspezifisch
oft für "Jenseitiger" gebraucht. So auch C = devaputta.
Vers 317: Der Buddha
besuchte einmal den Himmel der Dreiunddreißig und soll dort abhidhamma
gepredigt haben.
II,10: Uttaras Mutter
Nach dem Tode des Buddha
und nach dem Ersten Konzil weilte der ehrwürdige Mahākaccāno
mit zwölf Mönchen bei Kosambi im Walde. Damals war ein Minister König Udenas
von Kosambi gestorben. Der König setzte dessen Sohn an dieselbe Stelle.
Dieser, namens Uttara, ging eines Tages mit Zimmerleuten in den Wald, um
Bauholz zu holen. Da sah er Mahākaccāno allein
sitzen, im Fetzenkleid. Der Mönch beeindruckte ihn, und er begann ein Gespräch.
Der Mönch legte ihm die Lehre dar, und Uttara nahm Zuflucht zu den drei
Juwelen. Er lud ihn am nächsten Tag zum Essen ein, zusammen mit den zwölf
Mönchen. Das Essen fand auch statt. Uttara war so erfreut, daß er die Mönche
einlud, regelmäßig zu kommen. So kamen sie jeden Tag, und Uttara hörte viel von
der Lehre. Er erreichte schließlich den Stromeintritt. Er baute ein Kloster
und bestärkte alle seine Verwandten im Guten und in der Lehre.
Seine Mutter jedoch war ungläubig,
hartherzig, und sie kritisierte sein Geben und verfluchte ihn dafür. Aber am
Gründungstag des Klosters, der jährlich gefeiert wurde, stimmte sie einmal zu,
daß ein Bündel von Pfauenfedern gespendet wurde.
Nach ihrem Tode wurde sie eine Petī. Wegen der einen Spende hatte sie schöne, lange,
schwarze Haare, an den Enden gelockt. Sonst aber war sie nackt und häßlich anzuschauen.
Ihre langen Haare dienten ihr als Bekleidung. 45 Jahre lang litt sie Hunger
und Durst. Wenn sie am Fluß trinken wollte, verwandelte sich das Wasser sofort
in Blut. Eines Tages sah sie den ehrwürdigen Kankharevata am Ganges sitzen. Sie
bedeckte sich mit ihren Haaren und bat ihn um Wasser.
Sprecher: Es weilte einst zur Mittagszeit
am Gangesufer still ein
Mönch.
Da nähert eine Petī sich,
gar häßlich, schrecklich
anzusehn. (331)
Die Haare waren überlang,
bis auf die Erde hingen sie,
die dienten ihr als ihr
Gewand.
sie sprach zu dem Askten da:
(332)
Petī: Vor fünfundfünfzig
Jahren hab
das Zeitliche gesegnet ich.
Seitdem kenn weder Essen ich,
noch hab ich meinen Durst
gestillt.
Gib bitte mir zu trinken,
Herr,
es dürstet mich nach
Wassertrank. (333)
Kankha- Der Ganges hier mit Wasser kühl
revata: fließt vom Himālaya herab.
Nimm doch daraus und lösch
den Durst,
was bittest du um Wasser
mich? (334)
Petī: Wenn selber ich mir
Wasser hol
aus diesen Gangesfluten hier,
dann wird es alsogleich zu
Blut,
drum bitte ich um Wasser
dich. (335)
Kankha- Was hast du Böses denn getan
revata: in Worten, Werken und im Geist,
wofür als dieses Wirkens
Frucht
dir Gangeswasser wird zu
Blut? (336)
Petī: Mein Sohn, der
Uttara genannt,
war gläub'ger
Laienjünger einst.
Er, gegen meinen Willen, gab
Asketen Kleidung, Essen und
Arzneien, Lager und auch
Sitz. (337)
Doch ich beschimpfte ihn
dafür,
von Geiz im Herzen
heimgesucht:
"Das, was du an Asketen
gabst
entgegen meinem
Willenswunsch,
an Kleidung und an Essen
auch,
Arzneien, Lager und auch
Sitz, (338)
das soll in andrer Welt für
dich
zu Blut dir werden,
Uttara."
Für dieses Wirkens Frucht
wird mir
das Gangeswasser nun zu Blut.
(339)
Der Mönch gab dann Wasser, erbettelte
Almosenspeise, gab diese und aufgelesene und gesäuberte Kleiderfetzen an die
Mönche und widmete sie der Petī. Dadurch kam sie zu
göttlicher Existenz.
Bemerkungen:
Die Geschichte auch in Avadāna-Śataka
Nr. 46, variiert.
Der Kommentar bemerkt (S.
151), daß der Text erst auf dem 2. Konzil in das Petavatthu eingefügt wurde.
II,11: Das Fadenknäuel
Siebenhundert Jahre vor dem Erscheinen des Buddha lebte in einem Dorf bei Sāvatthī
ein junger Mann, der einen Einzelerwachten unterstützte. Seine Mutter suchte
ihm ein Mädchen aus guter Familie. An seinem Hochzeitstag ging er mit Freunden
zum Baden. Da wurde er von einer Schlange gebissen und starb. Weil er einen
Einzelerwachten unterstützt hatte, war ihm ein großes Verdienst gewiß. Weil er
aber im Todesaugenblick sehnsüchtig an seine Braut gedacht hatte, gelangte er
nur zu einem glücklichen Gespensterdasein. Dort besaß er große magische Macht.
Er wollte gern seine Braut zu sich holen und überlegte, durch welche Tat sie
wohl soviel Verdienst erwerben könnte, daß dies möglich war. Da sah er einen
Einzelerwachten, der seine Robe flickte. Flugs nahm er kraft seiner magischen
Macht menschliche Form an, grüßte ihn und fragte, ob er wohl Garn brauche.
Jener antwortete nur: "Wir bereiten Roben, Laienanhänger." Da zeigte
er zum Hause seines Mädchens und sagte, dort möge er um etwas Garn bitten. Der
Einzelerwachte ging zu jenem Haus und stand stumm an der Tür. Das Mädchen aber
erkannte, daß er Garn benötigte. Voll Verehrung für den Ehrwürdigen gab sie ihm
ein ganzes Fadenknäuel. Der Peta aber ging als Mensch auch zum Haus des
Mädchens und blieb dort einige Tage. Um ihrer Mutter zu helfen, füllte er
kraft seiner Magie alle Gefäße im Haus mit Gold und Juwelen, worauf er überall
eine Inschrift anbrachte: "Dieser Reichtum ist von den Göttern gegeben und
darf von niemandem genommen werden." Darauf nahm er sein Mädchen und
entführte es zu seinem Vimāna. Ihre Mutter spendete von dem Reichtum an alle
Bedürftigen und erfüllte auch ihre Bedürfnisse. Als sie starb, sagte sie zu
ihren Verwandten: "Wenn meine Tochter wiederkommt, zeigt ihr das Vermögen."
Nachdem das Mädchen siebenhundert Jahre
lang mit dem Peta in dessen Vimāna verbracht hatte, wurde sie es leid. Sie bat
ihn, sie zu ihrem Haus zurückzubringen, und sprach zu ihm:
Mädchen: Einst gab ich einem Pilger, einem Mönche,
ein Fadenknäuel, um das er
mich gebeten.
Als Ernte dafür hab ich
reinste Frucht erlangt:
Viel Kleider sind, Millionen,
mir erstanden. (340)
An Stätte, die mit Blumen übersät,
entzückend,
vielfach geschmückt, bedient
von Männern, Frauen,
so leb ich im Genuß und
kleide schön mich,
der große Reichtum, der
versiegt mir nimmer. (341)
Als Ernte jener Tat ist dies gefolgt mir,
Glück und auch Wonne hab ich
hier erlangt.
Und geh ich wieder in die
Welt der Menschen,
Verdienst will wirken ich,
führ mich, Verehrter. (342)
Yakkha: Vor siebenhundert Jahren bist du
hergekommen,
alt und verfallen würd'st du
dort erscheinen,
Verwandte alle sind auf Erden
längst gestorben,
was willst du denn zurück zu
Menschen kehren? (343)
Mädchen: Vor siebenhundert Jahren bin zu dir ich kommen,
viel himmlisch Glück hab ich
bei dir genossen,
und geh ich wieder in die
Welt der Menschen,
Verdienst will wirken ich,
führ mich, Verehrter. (344)
Sprecher: Er nahm sie, faßte fest am Arm sie,
führt sie zurück als Alte,
Schwache:
Yakkha: "Sag andern auch, die zu dir werden kommen:
'Erwirkt Verdienst, dann wird
euch Wohlsein folgen.'" (345)
Mädchen: Gesehen hab ich: Wer versäumet Gutes,
muß leiden, sei ein Peta, sei
ein Mensch er.
Doch so er wirket, daß er
Wohlsein aufzieht,
als Gott, als Mensch, wird er
im Glück ein Wesen. (346)
Das Mädchen belehrte dann die Menschen an
ihrem Ort über Saat und Ernte. Dann nahm sie den Reichtum, der noch vorhanden
war, nachdem sie sich den Nachkommen ihrer Familie offenbart hatte, und
spendete sieben Tage lang an Asketen und Brahmanen. Dann starb sie und erschien
bei den Dreiunddreißig wieder.
Bemerkungen:
Diese Entführung ähnelt I,1, II,12
und IV,11. Hier in II,11 wird aber berichtet, daß der
Mensch eine gute Tat tun muß, die es ihm ermöglicht, zu einem Vemānika Peta zu kommen. Außerdem muß der Peta genug magische
Macht besitzen, um den Menschen dorthin holen zu können. Hier kamen beide Bedingungen
zusammen, und so konnte die Frau siebenhundert Menschenjahre bei ihrem
Bräutigam bleiben, die ihr wie sieben Jahre vorkamen (344). Ihre menschliche
Lebenskraft alterte dort viel langsamer. Aber nach den siebenhundert Jahren
näherte sie sich dem Ende. Daher wurde sie unzufrieden und wollte auf Erden
zurück, um noch gute Werke zu tun und für das nächste Leben zu sorgen. Der Peta
warnte sie indes: Auf Erden werde sie eine alte, gebrechliche Greisin sein und
nur noch sieben Tage zu leben haben. Sie bestand aber aus gutem Grund darauf,
zurückzukehren. Da brachte er sie zurück.
Daß das Haus siebenhundert
Jahre stehengeblieben ist und daß noch Nachkommen leben, das wäre bei uns von
Burgen und Schlössern denkbar, die jahrhundertelang im Besitz derselben Familie
sind und wo noch Besitz der Vorfahren aufbewahrt wird. Jedenfalls tat sie zwei
gute Werke: Sie belehrte die Menschen über das Karma, und sie unterstützte Asketen.
Dadurch kam sie zwei Himmel über das Menschentum.
Was aus dem Peta wurde
(Yakkha in 343 genannt) und was aus seiner Mutter wurde, ist nicht berichtet.
Auch ist nicht gesagt, ob der Einzelerwachte, den er unterstützt hatte und
der, dem seine Braut das Fadenknäuel schenkte, derselbe ist.
II,12: Der ohrenlose Höllenhund
Zu jener Zeit, als der Buddha Kassapo auf
Erden weilte, lebte in der Stadt Kimbilā ein
Laienanhänger jenes Erwachten, der ein Stromeingetretener war. Er hatte eine
große Freundesschar, die auch dem Buddha ergeben war. Er vollbrachte viele gute
Werke, legte Parks an, baute Brücken, und vor allem errichtete er dem Orden
ein schönes Kloster. Zusammen mit seinen Freunden besuchte er dieses Kloster
oft, um den Mönchen zu lauschen. Die Ehefrauen dieser Jüngergemeinde waren samt
und sonders auch Anhängerinnen des Buddha. Auch sie besuchten gern und oft das
Kloster. Einträchtig gingen sie hin und nahmen viele Gaben für die Mönche mit.
Unterwegs pflegten sie sich in Rasthäusern auszuruhen.
Als die Frauen eines Tages wieder in einem
Rasthaus eine Pause machten, wurde eine Gruppe Halbstarker dort auf sie
aufmerksam, denn die Frauen waren alle ausnehmend schön und anmutig. So
fühlten sie sich von ihnen angezogen. Die Frauen beachteten aber ihre
Annäherungsversuche nicht, da sie tugendhaft waren. Da beratschlagten die
Jugendlichen, was zu tun sei. Einer stellte die Frage: "Wer von uns kann
wohl die Tugend einer von diesen zerstören?" Ein anderer erwiderte:
"Ich kann das." Da machten sie eine Wette: "Wir wetten tausend Kahāpana. Wenn du das fertigbringst, müssen wir dir die
tausend Kahāpana geben; wenn nicht, dann mußt du uns
tausend geben." Aus Gier nach dem Geld und aus Furcht, die Wette zu
verlieren, nahm der Jüngling seine Vina und schlug süße Töne an. Er sang mit
einschmeichelnder Stimme verführerische Lieder, und durch diese Sexualmusik bestrickte
er das Herz einer der Frauen. Sie pflegte mit ihm der Lust und brach die Ehe.
Er aber gewann stolz die tausend Kahāpana von seinen
Genossen. Diese waren aber wütend über ihren Verlust und hinterbrachten die
Sache dem Ehemann. Dieser wollte den Halbstarken nicht glauben, fragte seine
Frau aber, ob etwas daran sei. Sie erwiderte: "Ich weiß nichts von dergleichen."
Auf diese vage Antwort erwachte sein Mißtrauen. Als sie das merkte, zeigte sie
auf einen in der Nähe stehenden Hund und schwor: "Wenn ich eine solche
böse Tat getan hätte, dann soll mich dieser ohrenlose Hund fressen, wo immer
ich wiedergeboren werde." Da war der Mann halb beruhigt. Um ganz sicher zu
gehen, fragte er aber die anderen Frauen. Diese aber logen, daß sie davon
nichts wüßten. Als er näher nachbohrte, schworen sie: "Wenn wir davon wissen
sollten, dann wollen wir in allen künftigen Existenzen als Sklavinnen
wiedergeboren werden."
Die Ehebrecherin aber hatte ein schlechtes
Gewissen, das sie immer mehr quälte. Sie siechte dahin und starb bald darauf.
Als glückliche Petī erschien sie am See Kanna-munda
(= "Ohrenlos"), einem der sieben großen Seen des Himālaya. Ihr Vimāna
war an allen Seiten von schönen Lotusteichen umgeben. Als die anderen Frauen
nacheinander gestorben waren, fanden sie sich samt und sonders als Sklavinnen
der Petī wieder.
Angesichts der Frucht ihrer guten früheren
Werke genoß die Petī am Tage himmlisches Wohl. Jede
Nacht um Mitternacht aber zwang eine unsichtbare Macht sie, aufzustehen und an
den Lotusteich zu gehen. Dort wartete ein schwarzer Hund in der Größe eines
jungen Elefanten, schrecklich anzuschauen, mit gestutzten Ohren, glühenden
Riesenaugen, scharfen Krallen, zottigem Haar und einer Zunge, die wie der
Blitz herauskam. Er warf sie zu Boden und verschlang wie ausgehungert in
wilder Gier ihr Fleisch, bis nur noch das Gerippe übrig war. Dann ergriff er
mit den Zähnen das Gerippe, schleifte es zum Teich und warf es hinein. Dann
verschwand er. Die Petī aber erlangte sofort ihre
göttliche Gestalt zurück. Sie kletterte am Ufer empor und ging zu ihrem Lager
zurück.
So lebte sie 550 Jahre. Da wurden sie alle
unzufrieden mit der Pracht und sehnten sich nach Männern. Nun floß aus dem See
Kannamunda ein Fluß in den Ganges. Am See gab es viele herrliche Obstbäume,
besonders Mangos. Da dachten die Frauen: Wenn wir einen dieser göttlichen
Mangos in diesen Fluß werfen, mag ein Mann sie finden und aus Gier nach dem
herrlichen Geschmack hierherkommen. Dann können wir uns mit ihm amüsieren. Sie
taten so. Einige der Mangos wurden von Asketen herausgefischt und verzehrt,
andere von Förstern, andere strandeten auf Sandbänken. Aber ein Mango erreichte
Benares. Dort badete eines Tages der König von Benares im Ganges an einem extra
Badeplatz, der von einem Kupfernetz abgeteilt war. Da verfing sich der Mango.
Als die Leute des Königs den übergroßen Mango sahen, der prächtig erschien,
brachten sie ihn dem König. Der war indes mißtrauisch. Er ließ aus dem Gefängnis
einen zum Tode verurteilten Räuber holen und gab ihm zum Test eine Scheibe
Mango. Der Mann strahlte. Nie zuvor hätte er etwas Herrlicheres gegessen. Der
König gab ihm eine weitere Scheibe. Da verschwanden sein graues Haar und seine
Falten, und er war wieder ein schöner Jüngling. Als der König das sah, war er
verwundert und erstaunt, aß selber eine Scheibe und erfuhr auch eine
Verschönerung seines Körpers. Er fragte seine Männer, wo es solche Mangos gäbe.
Sie erwiderten, die gäbe es nur im Himālaya. Wie könne man sie bekommen, wollte
er weiter wissen. Da verwiesen die Höflinge ihn an die Förster. Der König gab
einem Förster, der in Not war, tausend Kahāpanas und
schickte ihn zur Suche nach dem Mango. Nach vielen Beschwernissen gelangte der
Mann schließlich an den Herkunftsort. Als die Frauen ihn sahen, wollte ihn jede
für sich haben. Als er sie erblickte, wurde er aber erschreckt. Da er keine
guten Werke getan hatte, die es ihm ermöglichen würden, mit Geistwesen der
Lust zu pflegen, rannte er vor Schreck über die Geister davon, kehrte nach
Benares zurück und berichtete alles.
Der König aber hatte keine Furcht vor
Geistern, sondern war begierig, jene schönen Frauen und den schönen Mango zu
sehen. Er übergab die Regierung seinen Ministern und machte, wie er sagte,
einen Jagdausflug, mit Pfeil, Bogen und Schwert bewaffnet. Schließlich kam er
zu den Mangos. Als die Frauen ihn sahen, erschien er ihnen wie ein junger
Gott. Als sie aber hörten, daß er ein Königs sei, hielten sie sich
achtungsvoll zurück. Sie führten ihn zu ihrer Herrin und dienten nun auch ihm.
Der König aber genoß himmlische Lust mit der Petī.
Nach 150 Jahren wachte er zum erstenmal um Mitternacht auf und sah das Drama,
als er ihr verstohlen zum See gefolgt war. Drei Tage lang sah er es mit an und
dachte über den Sinn nach. Schließlich kam er zu dem Ergebnis, daß es ein Feind
seiner Geliebten sein müsse. Er schlich ihr wieder nach und erschoß den
Höllenhund mit seinem Pfeil. Dann tauchte er das Frauengerippe in den Teich,
und als sie ihre göttliche Form wieder angenommen hatte, begann er sie über
den Unterschied zwischen ihrem herrlichen Tagesleben und dem grausigen
Nachtleben zu fragen, indem er folgende Verse sprach:
König: Die Treppenfluchten sind aus Gold,
erheben sich vom Goldsand
aus,
darin blühn herrlich Lilien
auf,
schön duftend, die den Geist
erfreun. (347)
Viel Bäume überschatten sie,
die Teiche, die von
Wohlgeruch
umweht sind und von Lotus
voll,
von rotem, weißem übersät.
(348)
Gar lieblich strömen Duft sie
aus,
sind herrlich, sanft vom Wind
bewegt,
die Schwäne, Reiher hört man
da,
und Enten wimmeln überall.
(349)
Von Scharen vieler Vögel
voll,
die singen mancherlei Gesang,
die Bäume geben Früchte
reich,
viel Blumen in den Wäldern
blühn. (350)
Nicht gibt es unter
Menschenvolk
so reiche Stadt wie diese
hier,
darin sehr zahlreich
Schlösser sind,
aus Silber und aus Gold
gebaut.
Es strahlen glänzend rings
umher
die Himmelsgegenden, die
vier. (351)
Hast Dienerinnen hundertfach,
die alle Wünsche dir erfülln,
Armreifen, Muscheln tragen
sie
und golddurchwirkte
Kleiderpracht. (352)
Auch Lagerstätten hast du
viel,
die alle rein aus Gold
bestehn,
mit schönem Ziegenfell
belegt,
mit wollnen Decken
ausstaffiert. (353)
Dort kannst du niederlassen
dich,
und all dein Wünschen ist
erfüllt,
doch wenn die Mitternacht
sich naht,
dann stehst du auf und gehest
fort. (354)
Im Park zur Lichtung
schreitest du,
nah an den Lotosteich heran,
und stehst an seinem Ufer
dann,
du Schöne, in dem grünen
Gras. (355)
Ein Hund mit abgeschnittnen
Ohr'n,
der frißt dich auf dann Glied
für Glied,
und wenn du aufgefressen
bist,
so daß nur dein Gerippe
bleibt,
dann tauchst du unter in den
Teich,
und flugs dein Körper ist wie
einst. (356)
Mit allen Gliedern voll begabt,
gar schön und lieblich
anzusehn,
in feine Kleider eingehüllt
kommst wieder du zu mir
sodann. (357)
Was hast du Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist,
daß als die Ernte für dies
Werk
der ohrenlose Hund dir frißt
die Glieder eins um andre ab?
(358)
Petī: Zu Kimbila als
Hausner lebt
ein gläub'ger
Buddhajünger einst,
und dessen Gattin war ich da,
ohn' Tugend, Ehebrecherin. (359)
Weil ich ausschweifend hab gelebt,
sprach einstmals mein Gemahl
zu mir:
"Es paßt nicht, und es
ziemt sich nicht,
daß du mich weiter hintergehst."
(360)
Da tat ich schrecklich einen Schwur
und sprach die freche Lüge
aus:
"Nicht hab ich
hintergangen dich,
in Werken nicht, nicht im
Gemüt. (361)
Wenn ich dich hintergangen hätt',
in Werken oder im Gemüt,
dann soll ein ohrenloser Hund
mir Glied um Glied wohl
fressen ab." (362)
Als Ernte dieses Wirkens und
für's Lügen, für dies beides
sind
nun siebenhundert Jahre um,
die mir der ohrenlose Hund
die Glieder eins ums andre
frißt. (363)
Du Majestät, die viel vermag,
um meinetwillen kamst du her.
Vom Ohrenlosen bin ich frei,
ohn Kummer bin ich, ohne
Furcht. (364)
Ich bitte, Majestät, dich nun,
ich fleh dich an, die Hand
zum Gruß:
Genieße übermenschlich' Lust,
ergötze, König, dich mit mir.
(365)
König: Genossen hab ich volle Lust,
ergötzt hab ich genug mich
hier.
Ich bitt dich einzig,
Glückliche,
bring schnell mich nach
Benares heim. (366)
Die Petī versuchte mit allen Mitteln,
den König zum Bleiben zu überreden, aber vergeblich. Voll Trauer und Trübsal
brachte sie ihn dann nach Benares zurück, ließ ihm als Andenken Juwelen und
kehrte weinend in ihre Einsamkeit zurück. Der König aber tat viele gute Werke
und gelangte in den Himmel.
Bemerkungen:
Der Anfang der Erzählung
mutet ungemein modern an. Eine Gruppe von Rockern, die antiautoritär verzogen
sind, weiß mit ihrem Leben nichts anzufangen und sieht keine sinnvolle Aufgabe
für die eigenen Kräfte. So kommen die Jünglinge auf dumme Gedanken. Da Tugend
für sie ein inhaltloser Begriff ist, und da sexuelle Lust ihnen als höchster
Wert geschildert wurde, wollen sie die Frauen verführen
("anmachen"). Angesichts der Überlegenheit der Frauen an Zahl und
der Nähe des Rasthauses wagen sie es nicht mit Gewalt und Vergewaltigung. Der
Rädelsführer der Bande will angeben, und aus Großmannssucht prahlt er, daß er
eine Frau gefügig machen werde. Mit einlullender und niederziehender Musik
findet er bei einer der Frauen, wohl der schwächsten an Tugend Eingang. Von der
üblen Sexualmusik umgarnt, gibt sie sich dem Rocker hin.
Der Unterschied zu heute ist
nur, daß dergleichen damals eine große Ausnahme war, ganz besonders zu Zeiten
des Buddha Kassapo, als die Menschen noch ungleich höher in der Tugend standen.
Was bei uns heute an der Tagesordnung ist, war damals ein ungewöhnlicher
Sonderfall. Was aus den Rowdies geworden ist, wird nun nicht berichtet, es kann
nichts Gutes sein.
Die Ehebrecherin aber hatte
früher so viele gute Werke getan, daß sie trotz Ehebruch und Meineid eine Vemānika Petī wurde. Auch daß sie
ein solch schlechtes Gewissen hatte, zeigt, wie sehr sie im Inneren der Untugend
abgeneigt war. Trotzdem hat die Untat ihre Folgen, jede Nacht. So mischt sich
das Karma, süß (Vimāna) und salzig (Hund).
Der König hatte offenbar so
viele tugendhafte Früchte gesät, daß er 150 Jahre in dem übermenschlichen Vimāna
paradiesische Himmelslust erleben konnte, wie ein junger Gott. Es spricht auch
für ihn, daß er nach dieser Zeit wieder ein Leben mit aktiver Tugend leben
will, statt nur die Ernte aufzuzehren, und so handelt er ja dann auch. Daß er
die Petī von dem Höllenhund befreien konnte, ist einmal sein gutes Karma und zweitens auch das ihre.
Irdische Reue und 700 Jahre Hundequal, das war die Ernte ihres bösen Wirkens,
die nun zu Ende war. Danach war sie eine glückliche Petī,
der als einziger Unterschied zum Götterdasein nur die Gesellschaft von Männern
fehlte.
Da die Menschen zur Zeit des
Buddha Kassapo 20.000 Jahre alt wurden, fiel die Abwesenheit des Königs von 150
Jahren nicht so auf. Es lebten wohl noch alle seine Zeitgenossen, er war nur
"verreist".
II,13: Ubbarī
Sprecher: Einst Brahmadatta König war
als Herrscher über Pañcala.
Als Tage, Nächte gingen hin,
erfüllt der König seine Zeit.
(367)
Als seine Leiche ward
verbrannt,
da weinte Kön'gin Ubbarī,
nicht sehend Brahmadatta
mehr,
rief klagend
"Brahmadatta" sie. (368)
Ein Seher naht, ein Denker,
der
im Wandel wohl bewähret war.
Er fragte die, die dort er
traf,
die dort versammelt hatten
sich: (369)
Seher: Für wen ist der Verbrennungsplatz,
von Düften mannigfach umweht,
und wessen Gattin hier
beweint
den, der da weiterwanderte,
nicht sehend Brahmadatta
mehr,
ruf klagend
"Brahmadatta" sie. (370)
Sprecher: Dort antworteten jene ihm,
die dort versammelt hatten
sich:
Der Brahmadatta ist's, o
Herr,
heil dir und Brahmadatta
auch, (371)
es ist dies sein
Verbrennungsplatz,
von Düften mannigfach umweht,
und dessen Gattin hier
beweint
den, der da weiterwanderte,
nicht sehend Brahmadatta
mehr,
ruft klagend
"Brahmadatta" sie. (372)
Seher: Der Tausend sechsundreißig sind
an Brahmadattas hier
verbrannt,
wer dieses Namens ist es
dann,
dem du hier trauerst nach,
sag an! (373)
Ubbarī: Der König, Sohn der Cūlani,
der Herrscher über Pañcala,
dem meine Trauer gilt, o
Herr,
dem Gatten, der mir alles
war. (374)
Seher: Sie alle waren Könige,
die hießen Brahmadatta einst,
sie alle Söhne Cūlanis,
des Herrschers über Pañcala.
(375)
Den allen bist der Reihe nach
gewesen erste Königin.
Weshalb läßt du die früheren
und trauerst um den letzten
nur? (376)
Ubbarī: Wenn ich als Frau hab da gelebt
so lange Zeiten nun, o Herr,
ist's deshalb wohl, daß du
gesagt,
ich kreiste oft im
Wandelsein? (377)
Seher: Du warst schon Frau, du warst ein Mann,
auch in den Tierschoß gingst
du ein,
was da vergangne Zeiten sind,
da findet man kein Ende je.
(378)
Ubbarī: Wie Feuer brannte Kummer mir,
in das man flüss'ge Butter gibt;
gleichwie man Wasser gießt
hinein,
hast alles Weh du mir
gelöscht. (379)
Des Kummers Stachel zogst du
raus,
der mir in meinem Herz
gesteckt.
Den Kummer, der mich ganz
erfüllt,
den Gattenkummer nahmst du
mir. (380)
Der Kummerstachel, der ist
fort,
bin kühl geworden,
brandgelöscht,
ich trau're nicht, ich wein
nicht mehr,
nachdem ich, Großer, dich
gehört. (381)
Sprecher: Nachdem sein Wort vernommen sie,
das wohlgesprochen der Asket,
ergriff sie Mantel, Schale
und
ward hauslos eine Pilgerin.
(382)
Nachdem sie fortgezogen war
vom Haus in die
Hauslosigkeit,
entfaltet sie ein liebend
Herz,
um einzugehn in
Brahmawelt. (383)
Sie wanderte von Dorf zu Dorf
durch Städte und durch
Königsland,
und Uruvela hieß das Dorf,
wo ihre Zeit erfüllte sich.
(384)
Nachdem ein liebend Herz
gepflegt,
erschien sie in der
Brahmawelt,
das Frauensein war ihr
entreizt,
so kam sie in die Brahmawelt.
(385)
Bemerkungen:
Der
Kommentar sagt, daß der Buddha einer Witwe, die um ihren Mann trauerte, diese
Geschichte vom König Cūlani-Brahmadatta erzählte und
sie dadurch vom Kummer befreite.
Ein
König Cūlani-Brahmadatta, Herr über die Pañcala, ist
der Held des 546. Jātaka, und zwar ist Sāriputto
damals der König gewesen. Dort wird aber über seinen Tod und seine Witwe nichts
gesagt.
In
Thig 51 - 53 trauert eine Frau namens Ubbiri (nicht Ubbarī wie hier) um ihr Kind und wird dann Nonne und
Heilige.
In
J 207 trauert umgekehrt wie hier ein König um seine Frau Ubbari. Die war aber
eitel und in ihre Schönheit verliebt. So wurde sie als Mistkäfer wiedergeboren.
Verse
379 - 381 = 50 - 52 = 222 – 224
Vers
385: das Frauensein (itthi-citta, eig. Frauen-Herz) war ihr entreizt (vi-rāga), aber ebenso muß Männern das Männerdasein entreizt
sein, wenn sie zu Brahma kommen wollen. Da Ubbarī
hier die Lehre nicht kannte, kam sie über Brahma nicht hinaus.
Buch III
III,1: Der im
Wasser nicht untersank
Westlich Benares, jenseits des Ganges,
lebte im Dorfe Cundatthilā ein Jäger. Er tötete
Tiere im Walde, kochte sich das beste Fleisch über dem Feuer, aß davon und nahm
den Rest in einem Korb zum Dorf mit. Am Dorfeingang liefen ihm die Kinder nach
und riefen: "Gib mir Fleisch, gib mir Fleisch!" So gab er denn ein
kleines Stück. Eines Tages hatte er keine Jagdbeute gemacht und brachte nur
Blumen aus dem Walde mit. Da gab er jedem ein Büschel ab.
Als er gestorben war, wurde
er ein Peta. Hungrig und durstig wanderte er auf dem Ganges stromaufwärts ohne
einzusinken, um sein Dorf und seine Verwandten aufzusuchen. Nicht einmal im
Traum bekam er Essen und Trinken. König Bimbisāros
Hauptminister, Koliya, sah ihn so, als er im Boot stromabwärts fuhr. Da kam es
zu dem unten geschilderten Gespräch. Dann fuhr Koliya weiter stromabwärts und
kam nach Benares. Dort lud er den Erwachten zum Mahle ein und erzählte ihm von
dem Vorfall. Darauf ließ der Erwachte durch magische Macht einige Petas der
Menge sichtbar werden und bat sie, von Mitleid bewogen, den Menschen zu
erzählen, warum sie in die Petawelt gekommen seien, damit die Zuhörer
rechtzeitig Gutes wirken könnten.
Koliya: Ohn' daß du ein im Wasser sinkst,
da wandelst auf dem Ganges
du;
nackt bist du, doch wie kommt
dir wohl
als Peta zu ein
Blumenschmuck? (386)
Peta: (Es sprach der Peta alsogleich:)
Nach Cundatthila will ich
gehn,
in Richtung Vāsabhagāma,
das nahe bei Benares liegt.
(387)
Sprecher: Als der Minister, der bekannt
ist unterm Namen Koliya,
ihn hat gesehn, da gab er ihm
Reisgrütze und ein gelb
Gewand. (388)
Dann hielt mit seinem Boot er
an
und zahlte einen Bader aus.
Der nahm des Peta sich dann
an,
wie man sogleich es sehen
konnt. (389)
In feine Kleider dann
gehüllt,
geschmückt mit seinem
Blumenschmuck,
so stand der Peta danach da.
Die Gabe an ihm man erblickt.
Drum gebe immer wieder man
aus Mitleid an die Petas was.
(390)
In Fetzenkleidern einige,
andre bedeckt mit ihrem Haar,
so Petas, die auf Essen aus,
man konnte sehen überall.
(391)
Nach fernen Landen ein'ge ziehn,
bekommen nichts und kehren
um,
vor Hunger schwach und
schwindelig
zur Erde sinken nieder sie.
(392)
Und ein'ge fallen davon um,
zur Erde sinken nieder sie.
Weil Treffliches sie nicht
getan,
sind sie von Sonnenglut
verzehrt. (393)
Petas: Einst haben Böses wir getan,
als Mütter wir im Hause war'n.
Weil wir gegeben haben
nichts,
da schufen wir kein Eiland
uns. (394)
Gar viel an Essen und an
Trank,
das schütteten wir lieber
weg,
als daß wir gaben Pilgern
was,
die da erreichten höchstes
Ziel. (395)
Das Nichtstun, Faulsein
liebten wir,
gefräßig, hatten Süßes gern.
Wir gaben Lumpen, Abfall nur
und schimpften die
Bedürft'gen aus. (396)
Was Häuser, Dienerinnen und
was unser Schmuck gewesen
ist,
das alles dienet andern nun,
und Leiden nur ist unser los.
(397)
Sprecher: Korbmacher sind nicht angesehn,
und Wagenbauer sind dubios,
und immer wieder kastenlos,
in Armut oder als Barbier.
(398)
Bei solch Familien,
niedrigen,
die elend, dürftig leben
stets,
da werden sie geboren dann.
Das ist das Los der Geizigen.
(399)
Die aber Treffliches gewirkt
als Geber, die da frei von
Geiz,
die gehen in den Himmel ein,
im Wonnehain, da leuchten
sie. (400)
Paläste, Schlösser haben sie,
der Wunscherfüllung freun sie
sich,
hochwohlgeboren werden sie
und bleiben bis zum Tode
reich. (401)
In Giebelhäusern, Schlössern mit
Wolldeckenbetten,
Pfauenfächern,
in solch Familien,
ruhmesreich
sind die geborn, die sich
besiegt. (402)
Von einem Platz zum anderen
gehn sie mit Blumen reich
geschmückt,
und Diener warten ihrer auf,
von früh bis spät auf Wohl
bedacht. (403)
Nicht wer da kein Verdienst erwarb,
nur wer Verdienst erworben
hat,
gelangt wohl in den
Wonnehain,
wo Kummer nicht, nur Lust
regiert. (404)
Wer kein Verdienst erworben hat,
hat hier kein Wohl und auch
nicht dort.
Doch wer Verdienst erworben
hat,
hat hier schon Wohl und
drüben auch. (405)
Wer da Gesellschaft sich ersehnt,
muß vieles tun, was heilsam
ist,
und hat er sich Verdienst
erwirkt,
dann freut im Himmel Fülle
ihn. (406)
Bemerkungen:
Dieser Text illustriert sehr deutlich, wie
Karma sich mischt. Hätte der Mann nur getötet und nicht auch gegeben, dann wäre
er ein elendes Gespenst geworden, ein Peta mit höllennaher Qual. Hätte er nur
gegeben und sonst nichts Böses getan, so hätte ihn das Geben, gepflegt und oft
geübt, in den untersten Himmel bringen können, vorausgesetzt, er hätte das, was
er gab, nicht durch Untugend (Töten usw.) erworben.
Hätte der Mann weder getötet noch gegeben,
sondern wie ein Durchschnittsmensch dahingelebt und nur sein Verdienst
aufgezehrt, dann wäre er ein normales Gespenst geworden: nackt und hungrig,
aber ohne zusätzliche Qual.
Im vorliegenden Fall scheinen sich das Böse
(Töten) und Gute (Geben) die Waage zu halten, so daß keins sich auswirkte und
er so solche Ernte hätte wie ein Durchschnitts-Peta. Nur die Gabe der Blumen,
die ohne Untugend erworben waren, zeigte sich noch als ein Plus. Er war zwar
nackt und hungrig, aber er trug einen Blumenschmuck, also wenigstens etwas Schönes.
Außerdem ist hier der im Pv seltene Fall,
daß die Gabe eines Laien dem Peta direkt zugute kommt. Es bedurfte hier nicht,
wie sonst meist, erst der Gabe an den Orden, um dem Peta etwas zu verschaffen.
Auch das dürfte ein Plus aus seinem Geben sein. Ein gewisser Überschuß von
Verdienst, der das Töten überwog, machte es ihm möglich, von der Gabe des Ministers
direkt zu profitieren.
III,2: Auf dem Berge Sānuvāsin
Vor langen, langen Zeiten regierte in
Benares König Kitava. Nachdem sein Sohn einmal von einem Spaziergang im
Schloßpark zurückkehrte, sah er einen Mönch vom Almosengang kommen. Der Prinz
sah, wie die Menschen den kahlköpfigen Pfaffen verehrten und wurde
eifersüchtig. Mit rohen Worten beschimpfte er ihn. Der Mönch aber ging still
weiter. Es war ein Einzelerwachter namens Sunetta. Der Prinz aber fühlte
plötzlich ein höllisches Brennen im ganzen Körper. Davon starb er und wurde in
der Erzhölle wiedergeboren. Nach langer Höllenqual wurde er in der darauffolgenden
Existenz ein Gespenst. Nachdem er seine Zeit als Peta abgelitten hatte, wurde
er wieder Mensch, sogar zu Lebzeiten unseres Erwachten Gotamo. In dem
Fischerstädtchen Kundinagara wurde er bei Fischern geboren. Er erinnerte sich
aber seiner drei vorangegangenen Leben und hatte daher eine Höllenangst vor
der Untugend. Daher ging er nicht mit seinen Eltern und Verwandten auf
Fischfang, und brachten sie Fische lebend heim, so setzte er sie mitleidig
wieder ins Wasser. Darauf wurde seine Sippe erbost und jagte ihn aus dem Hause.
Nur sein Bruder bedauerte dies etwas. Hauslos, wie er unfreiwillig geworden
war, begegnete er eines Tages wieder einem Mönch, und zwar Anando. Dieser riet
ihm, nun doch auch wirklich ein Hausloser zu werden. Das tat er und trat in den
Orden ein. Nach gar nicht langer Zeit aber hatte er das Ziel der Askese, das
höchste Heil erlangt. Auch einer der Heiligen, war er, Potthapada, geworden.
Die Eltern und sein Bruder
aber waren inzwischen gestorben und als Petas wiedergeboren worden. Die Eltern
schämten sich nun, daß sie ihren Sohn einst aus dem Haus gejagt hatten. Sie
wandten sich an seinen Bruder, der ihn liebgehabt hatte, und sagten ihm, er
möge um Hilfe bitten.
Sprecher: In Kundinagara ein
Mönch
am Berge Sānuvāsi
lebt.
Potthapadā hieß der Asket,
die Sinne hat gemeistert er.
(407)
Die Eltern und der Bruder
sein
gingen hinab in Yamas Welt.
Weil böse Werke sie gewirkt,
gelangten sie zur Petawelt.
(408)
Auf übler Fährte, nadeldürr,
erschöpft und nackt und
abgezehrt,
in Schrecken stets, von
Furcht gejagt,
sie schämten sich, mit Blut
befleckt. (409)
Sein Bruder eilig naht sich
ihm,
auch nackt, allein auf einsam
Weg,
auf allen Vieren ging er so
und zeigt dem Ordensältren
sich. (410)
Als dieser aber weiterging,
stillschweigend weiter ging
fürbaß,
da machte er bemerkbar sich:
"Ein Peta bin ich,
Bruder dein." (411)
Bruder: Die Eltern sind, o Herr, gelangt
auf üble Fährte, Yamas Welt.
Weil böse Werke sie gewirkt,
gelangten sie zur Petawelt.
(412)
Auf übler Fährte, nadeldürr,
erschöpft und nackt und
abgezehrt,
in Schrecken stets und großer
Furcht,
erschienen sie mit Blut
befleckt. (413)
Nimm unsrer an dich, voll
Erbarm,
gib etwas und weis es uns zu.
Von solcher Gabe, die du
gabst,
erhalten sich die Blutigen.
(414)
Sprecher: Nachdem der Ältre und die zwölf
zurück von dem Almosengang,
da trafen an dem gleichen Ort
sie sich zur Mahlzeit alle
dann. (415)
Der Ältre wandte sich an sie:
"Gebt alles mir, was ihr
empfingt,
dem Orden stifte ich ein Mahl
aus Mitleid mit Verwandten
mein." (416)
Sie übertrugen alles ihm,
der Ältre an den Orden gab's,
und Vater, Mutter, Bruder er
hat es gewidmet dann also:
"Dies sei für die
Verwandten mein,
Verwandten soll es wohl
ergehn." (417)
Unmittelbar nach diesem Akt
kam ihnen auch schon Nahrung
zu,
gar saubre und erlesene,
gut angerichtet und gewürzt.
(418)
Der Bruder, der jetzt schön
und stark
und glücklich, dieser
äußerte:
Bruder: Gar reichlich Speise gibt's, o Herr,
doch sieh uns an, wir sind
noch nackt.
Bewirke doch für uns, o Herr,
daß Kleidung auch erlangen
wir. (419)
Sprecher: Es hob der Ältere sodann
vom Kehrichthaufen Fetzen
auf,
drapierte sie als Mantel dann
und widmete dem Orden dies.
(420)
Verdienst daraus er widmete
den Eltern und dem Bruder
gleich:
"Dies sei für die
Verwandten mein,
Verwandte sollen glücklich
sein." (421)
Unmittelbar nach diesem Akt
kam ihnen auch schon Kleidung
zu.
Gekleidet schön der Bruder
gleich,
er wandte sich dem Ältren zu:
(422)
Bruder: Soviel der König Nanda wohl
an Garderobe er besitzt,
noch mehr an Kleidern,
Mänteln wir,
o Herr, besitzen also jetzt.
(423)
Aus Seide und aus wollnem
Stoff,
aus Leinen und aus Flachs sie
sind,
gar reichlich sind und
kostbar sie,
im Raume um uns hängen sie.
(424)
Wir ziehen davon immer an,
was grade unserm Geiste lieb.
Bewirke doch für uns, o Herr,
daß wir besitzen auch ein
Haus. (425)
Sprecher: Aus Blättern baut der Ältre gleich
'ne Hütte, gab dem Orden sie
und widmete dann das
Verdienst
den Eltern und dem Bruder
auch:
"Dies sei für die
Verwandten mein,
Verwandte sollen glücklich
sein." (426)
Unmittelbar nach diesem Akt,
da standen auch schon Häuser
da,
es waren Giebelhäuser schön,
geräumig, vielfach
unterteilt. (427)
Bruder: Es gibt wohl unter Menschen nichts
an Häusern, das da diesen
gleicht,
ja, unter Göttern selbst es
gibt
an Häusern nichts, das diesen
gleicht. (428)
In heitrem Glanze leuchten sie
nach allen vier der
Richtungen.
Bewirke doch für uns, o Herr,
daß auch Getränk bekommen
wir. (429)
Sprecher: Der Ältre einen Wassertopf
füllt voll, gab ihn dem Orden
hin
und widmete dann das
Verdienst
den Eltern und dem Bruder
auch:
"Dies sei für die
Verwandten mein,
Verwandte sollen glücklich
sein." (430)
Unmittelbar nach diesem Akt
Trinkwasser war schon
reichlich da,
vier große Lotosteiche voll,
gar tief und ausgemessen gut.
(431)
Das Wasser klar, der Zugang
leicht,
gar kühl und köstlich an
Geruch,
von weißem, rotem Lotos voll,
mit Wasserlilien reich
bedeckt. (432)
Sie badeten und tranken, dann
erschienen vor dem Ältren
sie:
Petas: Gar reichlich Wasser haben wir,
doch unsre Füße sind noch
wund. (433)
Wenn wir da laufen, treten
wir
auf Kieselstein und
Schneidegras.
Bewirke doch für uns, o Herr,
daß einen Wagen kriegen wir.
(434)
Sprecher: Der Ältere nahm einen Schuh,
gab ihn dem Orden in der Welt
und widmete dann das
Verdienst
den Eltern und dem Bruder
auch:
"Dies sei für die
Verwandten mein,
Verwandte sollen glücklich
sein." (435)
Unmittelbar nach diesem Akt
die Petas kamen angefahrn:
Petas: Aus Mitleid gabst du uns, o Herr,
zu essen und was anzuziehn,
(436)
gabst uns ein Haus, zu
trinken auch,
gabst uns ein Fahrzeug noch
dazu.
Der voll Erbarmen du, o Herr,
bist in der Welt, dich
preisen wir. (437)
Bemerkungen:
Im Kommentar zu J 220 wird von einem König Kitavasa von Benares
berichtet. Sein Sohn war Prinz Bösewicht, der Vizekönig. Als dieser eines Tages
nach dem Park ging, sah er einen Einzelerwachten. Die Menge verehrte diesen
mit gefalteten Händen und pries ihn als Asketen. Aus Eifersucht stieg er vom
Elefanten, entriß dem Mönch seine Almosenschale, warf sie zu Boden und zertrat
sie mit dem Fuß. Der Prinz aber brannte innerlich und wurde in der Hölle
wiedergeboren.
Diese Kommentargeschichte ist wohl nach der Rahmenerzählung von
Pv III,2 gestaltet worden.
Vers 407: Dieser Potthapādo ist nicht
zu verwechseln mit dem Pilger Potthapādo in D 9.
Vers 432 a: PTS hat sīt'odika (kühles
Wasser), aber sita kommt in b nochmal vor. Daher scheint die Lesart seta (weiß,
hell) in Anm. 57 besser. So auch PED unter Hinweis auf Pv III,2 hier:
"clear (transparent) water".
In Pv IV,7
wird die Rahmenerzählung in Versen erzählt, jedoch nur bis zum Peta-Dasein,
auch ist dort nicht gesagt, daß der Seher Sunetta ein Einzelerwachter war.
III,3: Beim See Rathakāra
Zur Zeit des Buddha Kassapo, der unserem
Buddha in diesem Äon voranging, lebte eine Frau, die viele gute Werke tat. Sie
schenkte vor allem dem Orden des damaligen Buddha ein schönes Anwesen. Sie
hatte andererseits aber auch etwas Ungutes getan. So gelangte sie nach dem Tode
nicht in den Himmel, sondern wurde nur ein glückliches Gespenst (vemānika petī). Sie lebte bei
einem der sieben Seen des Himālaya, beim See Rathakāra ("Wagenmacher"). Wegen ihrer guten
Werke eignete ihr dort ein prächtiges Schloß, und sie war sehr schön. Als Folge
früheren unguten Wirkens war sie aber stets allein und hatte niemand, der sie
und ihre Pracht bewunderte. Sie sehnte sich besonders nach einem Mann. Sie warf
daher einige Mangos von göttlichem Geschmack in den Ganges und hoffte, daß ein
Mann sie kosten und auf der Suche nach deren Herkunft zu ihr gelangen würde.
Diese Hoffnung erfüllte sich auch. Ein Jüngling in Benares sah die Mangos auf
dem Ganges und gelangte dadurch zu ihr in den Himālaya. Freudestrahlend empfing
sie ihn in ihrem Schloß.
Er: Du wohnst in einem Schloß, erbaut aus
Edelsteinen,
es leuchtet, strahlt in
mannigfacher Weise.
Da bleibst du, und du bist
von großer Macht auch,
so wie der volle Mond in
seinem Laufe. (438)
Wie gülden scheint die Haut
dir ja zu glänzen,
gleich wie geschmolznes Gold
bist du gar prächtig.
Du sitzt auf einem Ruhelager
ohnegleichen,
doch bist allein du. Hast du
keinen Gatten? (439)
Auf allen Seiten hast ringsum du
Lotosteiche,
die übersät mit vielen
Blumen, weißem Lotos,
am Grunde und am Ufer voller
Goldsand,
und nicht gibt es Morast dort
oder Sumpfgewächse. (440)
Viel Schwäne ich erblicke
hier, den Geist erfreuend,
sie ziehen übers Wasser hin,
gar majestätisch,
sie geben angenehme Töne von
sich,
volltönig wie die Trommel
klingt es da. (441)
Du strahlst und leuchtest
ruhmreich, überrühmlich,
in einem Boot fährst auf dem
Wasser du dahin
mit schönen Wimpern,
lächelnd, lieblich redend,
und alle Glieder schimmern
trefflich, prächtig dir. (442)
Dies Schloß ist frei von Fehl
und steht auf ebenem Boden,
Lustgärten hat's, wo Lust,
Genuß nur zunimmt.
Ich wünsche mir, o Frau,
schön anzublicken,
im Wonnehain mit dir mich zu
erfreun. (443)
Sie: Ein Werk mußt wirken du, das hier
empfindbar,
und richte stark dein Herz
auf diesen Ort hier.
Nachdem gewirkt du Werke, die
hier fühlbar,
kannst du erlangen mich,
Erfüllung deiner Wünsche. (444)
Sprecher: "Gut", sagte er, nachdem er sie
vernommen.
Er wirkte Werke, die dort
fühlbar wurden.
Nachdem er Werke wirkt, die
dort empfindbar,
der Jüngling ward geboren
dort, wo sie da lebte. (445)
Bemerkungen:
Das Motiv "Männer durch
Mangos" findet sich auch in Pv II,12. Ferner wird
in J 186 erzählt, wie Mangos von einem anderen der sieben Seen des Himālaya von selber den Ganges herabfließen und von
Menschen als Götterspeise geschätzt werden.
Mit unseren Vorstellungen von
Gespenstern und Schattenreich ist der vorliegende Bericht unvereinbar. Hier
zeigt sich, welche Bandbreite die Petawelt hat. Die günstigste Möglichkeit wird
hier geschildert. Von einer Götterwelt unterscheidet sich diese Existenz nur
durch die Einsamkeit. "Paradies in Einzelhaft" könnte man dies
nennen. Nicht Mangel an Speis und Trank, an Kleidung und Wohnung, wie bei den
durchschnittlichen Gespenstern, zeichnet diesen Bereich aus, sondern allein
der Mangel an Gesellschaft. Insofern ist die Petī
auch hier eine "arme Seele". Wenn die Zeit der strafweisen Einsamkeit
abgelaufen ist, dann kann der Jüngling durch gute Werke bei ihr wiedergeboren
werden. Für beide ist dann ihr Dasein göttlich. Der Jüngling erlebt gar nicht
erst Mangel, weil er keine mangelhaften Taten tat. Nach dem Kommentar starb der
Jüngling, nachdem er lange dort glücklich mit ihr gelebt hatte, als seine guten
Werke erschöpft waren. Sie aber lebte viel länger, weil ihre guten Werke gegenüber
einem Buddha viel mehr Gewicht hatten. Sie lebte dort nämlich die ganze Zeit
bis zum Erscheinen unseres Buddha.
III,4: Die Spreu
In einem Dorf bei Sāvatthī
lebte ein Händler, der seinen Lebensunterhalt durch Betrug verdiente. Mit
falschem Maß und Gewicht verfälschte er den Reis, den er verkaufte, indem er
das Gewicht durch Beimischung von Erde und Spreu erhöhte. Sein Sohn war darüber
aufgebracht und dachte: "Er handelt nicht ehrlich gegenüber meinen
Freunden und Gönnern, die in unser Haus kommen." Erbost über das Unrecht
des Vaters gab er seiner Mutter eines Tages einen heftigen Schlag mit einem
ledernen Joch auf den Kopf. Seine Frau, also die Schwiegertochter des Händlers,
stahl sich öfter Fleisch, das Gemeinbesitz des Dorfes war, und aß es selber.
Zur Rede gestellt von den Dörflern, schwor sie einen Meineid: "Wenn ich
jenes Fleisch gegessen haben sollte, dann will ich im nächsten Leben das
Fleisch meines eigenen Rückens verzehren." Die Frau des Händlers leugnete
gegenüber Bettlern, daß etwas zu essen im Hause sei usw. Wenn jene aber nicht
nachließen, dann schwor sie ebenfalls einen Meineid: "Wenn etwas von dem
da sein sollte, von dem ich gesagt habe, es sei nicht da, dann will ich mich im
nächsten Leben von Exkrementen nähren."
Nachdem diese vier Personen gestorben
waren, fanden sie sich als Petas wiedervereint, und zwar in den VindhyaBergen.
Der Vater nahm immer brennendes Stroh (Spreu) und streute es über seinen Kopf
und erlitt so großen Schmerz. Der Sohn zersplitterte seinen Kopf mit eisernen
Hämmern und erlebte dadurch unermeßlichen Schmerz. Die Schwiegertochter
kratzte sich mit langen, scharfen Nägeln Fleisch vom Rücken und verschlang es
gierig. Die Frau des Händlers erlebte immer wieder, daß ihr ein köstliches Mahl
von gesichtetem Reis gereicht wurde. Wenn sie aber zugriff, dann verwandelte
es sich in faulen, stinkenden Kot, in dem vielfältige Würmer wimmelten. Sie
aber griff gierig mit beiden Händen danach und schluckte alles, wobei sie
großen Schmerz empfand.
Auf einer Wanderung sah Mahāmoggallāno
diese Petas:
Moggallāno: Die Spreu vom Reis der
eine, andrer andres,
und diese Frau ihr eigen
Fleisch verzehrt,
du aber stinkend widerlichen
Dung.
Wofür ist dieses alles denn
die Reife? (446)
Ehefrau: Der da, der einst verletzte mich, die
Mutter,
mein Mann, der war als
Kaufmann ein Betrüger,
und die vom eigenen Fleische
lebt, die Schwiegertochter,
die war ein böses Lügenmaul
gewesen. (447)
Ich aber, als ich einstmals
Mensch gewesen,
war eine Hausfrau, Oberhaupt
der Sippe.
Vor Reinen ich verbarg mein
Gut,
damit ich nichts zu geben
braucht. (448)
Mit Lügenworten täuschte ich:
"In diesem Hause gibt es
nichts,
doch wenn ich was verborgen
hätt,
dann möchte Dung ernähren
mich." (449)
Als Reife dieser Wirkensart
und dieser Lügenworte auch,
verwandelte in Dung sich hier
mein Reis, der so
wohlschmeckend war. (450)
Die Werke sind nicht
wirkungslos,
die Taten werden nicht zu
nichts.
Ich esse und ich trinke nun,
was übelriecht, mit Würmern,
Kot. (451)
Bemerkungen:
Für diese "Viererbande" ist die
Ernte ein genaues Spiegelbild der Saat. Diese "saubere" Familie
mißbrauchte genau die vier Kräfte: Vertrauen, Tatkraft, Achtsamkeit, Ruhe. Die
Mutter glaubte nur ans Geld, traute nur dem Sichtbaren und hatte kein Vertrauen
in Saat und Ernte über den Tod hinaus und kein Vertrauen in Asketen, die zum
Heil strebten. Der Sohn mißbrauchte seine Tatkraft, um seine Mutter
gewaltsam zu behandeln. Der Vater mißbrauchte seine Achtsamkeit, um mit
schlauen Tricks zu betrügen. Die Schwiegertochter verschaffte sich Ruhe
durch falsche Angaben.
III,5: Der Knabe
Eine Schar von Laienanhängern des Erwachten
gründete in Sāvatthī einen Dhamma-Klub. Man baute
einen großen Pavillon in der Stadt und versorgte dort den Erwachten und die
Mönche. Nur ein Mann protestierte dagegen, daß man die Kahlköpfe so ehre. Er
äußerte: "Besser wäre es, all dieses auf den Abfallhaufen zu werfen, als
es jenen zu geben." Als die anderen diese Worte vernahmen, dachten sie,
daß er mit diesen beleidigenden Worten sich schwer gegen den Buddha vergangen
hätte. Sie berichteten es seiner Mutter und empfahlen ihr, sich beim Buddha und
dem Orden zu entschuldigen. Sie machte ihrem Sohn Vorwürfe und veranlaßte ihn,
widerwillig mit zum Buddha zu kommen. Beide entschuldigten sich dann. Danach
versorgten sie eine Woche lang den Orden mit Reis und Grütze.
Der Sohn starb bald darauf und wurde gleich
im Schoß einer Hure wieder inkarniert. Als er zur Welt kam und sie sah, daß es
kein Mädchen, sondern ein Junge war, setzte sie ihn auf dem Leichenfeld aus.
Wegen seiner Verdienste blieb er dort aber unbelästigt. Götter wachten über
ihn.
Als der Erwachte am Morgen
voll Erbarmen über die Welt blickte, sah er den Knaben auf dem Leichenfeld und
ging dorthin. Viele Leute folgten ihm, denn sie meinten, er müsse einen
besonderen Grund haben, dorthin zu gehen. Als sie das Kind gesehen hatten,
fragten sie ihn nach Saat und Ernte. Er erzählte, daß der Protest den Täter in
die elende Lage gebracht habe, seine Reue und seine reiche Spende aber hätten
ihn beschützt. Da adoptierte ihn ein reicher Hausvater. Nach dessen Tod erbte
der Junge dessen riesigen Reichtum und verrichtete viele gute Werke. Nach
seinem Tode kam er zu den Dreiunddreißig Göttern.
Sprecher: Wie wunderbar ist des Willkommnen Kenntnis,
wie gut erklärt der Meister
die Personen.
Verdienst kommt manchem zu in
Menge,
und wieder andre haben davon
kaum was. (452)
Der Knabe hier, auf Leichenfelde
ausgesetzt,
verbracht die Nacht an seinem
Daumen lutschend.
Nicht Yakkhas, plagend
Kriechtier auch nicht,
dem Knaben, der Verdienst
gewirket, konnten schaden. (453)
Die Füße leckten ihm hier wilde Hunde,
Schakale, Krähen ließen
unberührt ihn.
Geburtsunreinheit nahmen
Vogelscharen,
und Dohlen wischten sauber
ihm die Augen. (454)
Es war da niemand, um ihm aufzuwarten,
auch keiner ihm Senfsamen und
Arzneien gab,
nicht ward das Horoskop ihm
hier gestellt,
nicht warf das Glückslos man
hier über ihn. (455)
Ihn, der in solches Elend war gefallen,
in dunkler Nacht auf Leichenfelde
ausgesetzt,
wie Klumpen frischer Butter
schwankend,
gar zweifelhaft, ob er noch Leben
barg, (456)
ihn sah der, den da Götter, Menschen ehren,
und mit gewaltger Weisheit
sagte er voraus:
Der Knabe hier in dieser
Stadt wird
in höchste Sippe kommen, Reichtum
haben. (457)
Anhänger: Wem gilt das Werk und wem der Brahmawandel,
warum hat gute Tat hier diese
Reife,
nachdem solch Elend hatte ihn
befallen,
und wie kommt künftig er zu
solcher Macht? (458)
Sprecher: Der Ordensschaar, Erwachter an der Spitze,
erwies die Menge einst die
höchste Ehre.
Nur einer dacht im Herzen
anders,
und harte, ungeziemend Worte
äußert er. (459)
Doch solch Gedanken hat er bald vertrieben,
und später fand er
Heiterkeit, Entzücken,
Erwachten, der im Siegerwalde
weilte,
versorgte sieben Tage er mit
Reis und Grütze. (460)
Das war das Werk, das war der Brahmawandel,
von dieser guten Tat ist dies
die Reife,
nachdem erst solches Elend
hatte ihn befallen,
und so kommt künftig er zu
solcher Macht. (461)
Nachdem in unsrer Welt er hundert Jahre
lebte,
mit allen Wunschgenüssen
reich versehn,
da beim Zerfall des Leibs, im
Jenseits
gelangte zur Gesellschaft
Sakkos er. (462)
III,6: Serinī
Im Kurulande, der Gegend des heutigen
Delhi, lebte in Hatthinipura eine Hure namens Serinī.
Wenn Mönche des Buddha in die Stadt kamen und die Bewohner sie freudig und
ehrfürchtig begrüßten, dann baten sie auch Serinī: "Komm,
beteilige dich am Geben!" Sie aber weigerte sich: "Wozu soll ich
diesen kahlköpfigen Asketen etwas geben? Warum soll ich etwas aufgeben für nichts
und wieder nichts?"
Und so hielt sie, was sie besaß, bis zu
ihrem Tode fest. Als sie starb, erschien sie als Petī.
Sie lebte im morastigen Burggraben einer Grenzfestung im Norden. Ein Anhänger
des Buddha, ein Kaufmann, erblickte sie nachts auf einer Geschäftsreise zu
jener Grenzstadt bei deren Graben und sprach sie an:
Anhänger: Nackt bist du, unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern
frei,
o du, von der man Rippen
sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl? (463)
Petī: Bin eine Petī
ja, Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Reich.
Nachdem ich böses Werk
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(464)
Anhänger: Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
zur Petawelt hinab gelangt?
(465)
Petī: Am öffentlichen Badeplatz
ich heimste halbe Groschen
ein.
Genug zum Geben hatt' ich
zwar,
doch schafft damit kein
Eiland mir. (466)
Jetzt geh ich durstig an den Fluß,
doch komm ich näher, ist er
leer.
Am heißen Tag ich Schatten
such,
doch komm ich näher, glüht er
heiß. (467)
Es bläst ein Wind da über mich,
der feurig ist und brennend
heiß.
Das habe ich, o Herr,
verdient
und auch manch andres Böse
noch. (468)
Nach Hatthinipura geh hin
und richte meiner Mutter aus:
"Die Tochter dein hab
ich gesehn
auf schlechtem Gang, in Yamas
Welt.
Weil übles
Wirken sie gewirkt,
gelangt sie in die Petawelt.
(469)
Vierhunderttausend ich besaß,
- und niemand gibt's, der
davon weiß
versteckte alles dies gar
fein
wohl unter meinem Ruhebett.
(470)
Davon mög geben Gabe sie,
- ein langes Leben ich ihr
wünsch
und wenn sie dann gegeben
hat,
mög widmen sie mir das
Verdienst.
Dann werd ich dadurch
glücklich sein,
die Wünsche all sind mir
erfüllt." (471)
Sprecher: "Gut", sagt er, als er das gehört
und ging nach Hatthinipura.
Zu ihrer Mutter sprach er da:
Anhänger: "Die Tochter dein hab ich gesehn,
auf schlechter Bahn in Yamas
Welt,
nachdem sie böses Werk
gewirkt,
gelangt sie in die Petawelt.
(472)
Sie damals hat gebeten mich,
nach Hatthinipura zu gehn
und sage meiner Mutter dort:
'Die Tochter dein hab ich
gesehn,
auf schlechter Bahn in Yamas
Welt,
nachdem sie böses Werk
gewirkt,
gelangt sie in die Petawelt.
(473)
Vierhunderttausend ich besaß,
- und niemand gibt's, der
davon weiß
versteckte alles dies gar
fein
wohl unter meinem Ruhebett.
(474)
Davon mög geben Gabe sie,
- ein langes Leben ich ihr
wünsch
und wenn sie dann gegeben
hat,
mög widmen sie mir das
Verdienst.
Dann werd ich dadurch
glücklich sein,
die Wünsche all sind mir
erfüllt.'" (475)
Sprecher: Sie gab die Gabe also dann
und widmete ihr das Verdienst.
Da ward die Petī glücklich gleich,
ihr Leib war lieblich
anzuschaun. (476)
Bemerkungen:
Serinī hatte, wie Vers 466 (v.l.) kurz andeutet, ihr
"Arbeitsfeld" an den öffentlichen Badeplätzen der Stadt. Dort
verdiente sie ihr Geld, ihre "halben Groschen", wie sie es
verächtlich als Petī ausdrückt, so wie wir sagen
würden "ihre Kröten". Das Wort addha-māsaka
(halbe Groschen) hat Gehmann (richtig aber Masefield) übersetzt mit "half
a month". Zwar heißt addha-māsa halber Monat,
aber māsaka heißt nur "Groschen"
(die kleinste Münze damals). Sie verdiente so reichlich, daß sie 400.000
hinterließ. Und obwohl sie in Geld schwamm, wies sie milde Gaben an die
Buddha-Mönche schroff ab und bezeichnete sie mit verächtlichen Worten.
Die Größe ihrer Möglichkeiten
zum Geben und das Minus, das sie durch ihre geizige Haltung in die Welt setzte,
bewirkten ihr Los im Jenseits. Das Nichtgeben an die Gabenwürdigsten, die
Asketen des Sakyersohns, bei großem Reichtum und dann noch die Verachtung,
diese drei Tatsachen führten zu ihrer elenden Existenz, während ein normales
Nichtgeben nur zu mittelnormaler Petawelt führt, ohne die besonderen Leiden der
Serinī, der sich alles verweigerte: das Wasser, der
Schatten, der Wind.
Im Menschenleben hatte sie
als Hure an den Badeplätzen herumgelungert und ihr schamloses Gewerbe
betrieben. Als Petī war sie an den Morast des Burggrabens
gebannt. Den tiefen Festungsgraben aber bezeichnet der Buddha als Gleichnis für
Mangel an Scham (A VII/63).
Wie der Kommentar als
selbstverständlich hinzufügt, spendete die Mutter von dem versteckten Hort dem Orden und holte nach, was Serinī
im Leben versäumt hatte. Die Ernte stellte sich sofort ein (Vers 476).
III,7: Der Wildsteller I
In Rājagaham
lebte ein Wildsteller. Von Beruf Jäger schoß und mordete er Tiere tags und
nachts. Er hatte jedoch einen guten Freund, der war ein überzeugter Anhänger
des Buddha. Dieser ließ nicht ab, ihn von seinem bösen Wirken abzubringen,
fand aber nur zum Teil Gehör. So wurde der Jäger als Vimāna-Peta
wiedergeboren. Als solchen erblickte ihn der Ordensältere Narada:
Narada: Gar jung bist du, von Fraun und Männern
nachts umgeben,
du glänzt in der Erfüllung
deiner Sinneswünsche.
Aus irgendeinem Grund am Tage
mußt du leiden.
Was hast in früherer Geburt
du denn getan? (477)
Peta: Im schönen Rājagaham
einst,
am Geierkulm, der lieblich
ist,
da habe Tiere ich gejagt,
mit Blut befleckt war grausam
ich. (478)
Ich wandelt unter Wesen, die ganz harmlos,
doch ich, verderbten Geist's,
war äußerst grausam.
Stets war erfreut ich,
anderen zu schaden,
Zurückhaltung, die kannt ich
überhaupt nicht. (479)
Doch hatt' ich einen lieben Freund,
ein gläub'ger
Anhänger er war.
Er nahm sich meiner
freundlich an
und bremste immer wieder
mich: (480)
Anhänger: "Tu fürder keine böse Tat,
sonst gehst auf üble Fährte
du.
Wenn später du dir wünschest
Wohl,
dann töte nicht, dann zügle
dich." (481)
Peta: Obwohl ich diese Worte hört,
wohlwollend auf mein Heil
bedacht,
nicht folgte gänzlich ich dem
Rat,
erfreut am Üblen, lange,
stur. (482)
Doch jener Mann, der wirklich weise, immer
wieder
nahm an sich meiner, riet
mir, mich zu zügeln:
"Wenn du's nicht lassen
kannst, am Tag zu töten,
dann zügle wenigstens dich in
der Nacht." (483)
So tötete ich Tiere nur am Tage,
und nachts enthielt ich mich,
gezügelt.
Nun kann ich nachts
lustwandeln nach Belieben,
doch tags, da werd vom Elend
ich gefressen. (484)
Für's Wirken, das da heilsam ist gewesen,
da leb ich außermenschlich
nächtens,
doch tags, da wollen wilde
Hunde mich verschlingen,
von allen Seiten stürmen sie
auf mich da ein. (485)
Die, welche ständig sind verbunden
der Weisung des Willkommnen
und ihr folgen,
die, meine ich, erreichen das
Todlose,
die Stätte jenseits des
Gestaltens. (486)
Bemerkungen:
s. III,8
III,8: Der Wildsteller II
In Rājagaham
lebte ein junger Mann aus reichem Hause. Er hatte übergenug für seinen
Lebensunterhalt, aber es genügte ihm nicht, seinen Reichtum zu genießen. Er
frönte vielmehr der Jagdleidenschaft. Vom Jagdfieber gepackt, ging er tags und
nachts auf die Jagd. Auch dieser Jägersmann hatte einen guten Freund, der ein
Anhänger des Buddha war. Bei ihm lernte er einen Mönch kennen, auf dessen
wiederholte Vorhaltungen er schließlich nachts das Jagen aufgab, nachdem der
Mönch ihm gesagt hatte: "Wenn du nicht in der
Lage bist, das Jagen ganz aufzugeben, dann
enthalte dich doch wenigstens nachts." Auch er wurde als Vimāna-Peta wiedergeboren, und auch ihn erblickte der
Ordensältere.
Narada: Im Giebelhaus, dort im Palast,
auf Ruhebett mit Wollbezug
und bei Musik im Fünferspiel
erfreuet dich, was du da hörtst.
(487)
Doch wenn die Nacht am
Schwinden ist,
wenn morgens geht die Sonne
auf,
geworfen auf das Leichenfeld
mußt vieles Leid erfahren du.
(488)
Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
so vieles Leid erfahren mußt?
(489)
Peta: Im schönen Rājagaham
einst,
am Geierkulm, der lieblich
ist,
da habe Tiere ich gejagt,
ein Jäger war ich, unbezähmt.
(490)
Doch hatt ich einen lieben
Freund,
ein gläub'ger
Anhänger er war:
In der Familie oft ein Mönch,
ein Jünger Gotamos, war Gast.
Er nahm sich meiner liebreich
an,
und immer wieder mahnte er:
(491)
(492 - 497 identisch mit 481
- 486)
Bemerkungen:
Die beiden Texte vom
Wildsteller werfen die Frage auf, wieso das bloße Abstehen vom Morden bei Nacht
schon zu einem Vimāna-Peta führt. Daß die beiden tags
von Höllenhunden gejagt und vielleicht gefressen werden, ist als Vergeltung für
das blutrünstige Jagen von Tieren einsehbar. Aber daß die nächtliche Enthaltung
gleich zu einem glücklichen götterähnlichen Vimāna bei Nacht führt, ist es
weniger. Es verbirgt sich wohl hinter dem bloßen Zurückhalten, Sichzügeln (saññato,
von sam-yama = sich zügeln, sich zusammennehmen) noch mehr. Irgendwie haben
beide wohl in der Nachtzeit etwas Positives gewirkt. Darüber schweigt der
Kommentar jedoch. Nicht unmöglich ist es, daß beide nachts meditiert haben,
sich um Milde bemüht haben, daß sie aber tags von der alten Leidenschaft doch
getrieben wurden, die sie aber nicht mehr hundertprozentig gutheißen konnten,
wie es früher der Fall gewesen war. Der Schwung der alten Gewohnheit riß sie
immer wieder hin, aber die Gegengedanken nahmen auch zu. So etwa könnte man
sich Saat und Ernte vorstellen.
III,9: Der betrügerisch Entscheidende
König Seniyo Bimbisāro
von Magadha, ein Stromeingetretener, sah im buddhistischen Feiertag (Uposatha)
solchen Segen, daß er außer den vier normalen Feiertagen des Monats (Voll-,
Neu-, Halbmond) noch zusätzlich zwei weitere einhielt, also sechs. Viele seiner
Untertanen folgten seinem Vorbild. Da er allen den Segen des Feiertags gönnte,
pflegte er diejenigen, die zu ihm kamen, manchmal teilnahmsvoll zu fragen, ob
sie wohl den Feiertag einhielten.
Diese Frage wurde eines Tages auch einem
Richter gestellt. Der war unehrlich, korrupt, bestechlich, betrügerisch. Er
nahm Geschenke an und entschied dann zugunsten des Schenkenden. Auf die Frage
des Königs schämte er sich nun aber einzugestehen, daß er nichts vom Feiertag
hielt und ihn daher nicht einhielt. So belog er den König und sagte: "Ich
halte ihn ein." Auf dem Rückweg vom Königspalast fragte ihn ein Bekannter,
wie er denn den heutigen Feiertag begangen habe. Da gestand der Richter, daß er
in Gegenwart des Königs Furcht gehabt habe, die Wahrheit zu gestehen, daß er
nie den Feiertag einhielte. Der andere meinte: "Und wenn du heute auch
nur noch den halben Feiertag einhältst, dann ist das besser als nichts."
Der Beamte stimmte zu, ging nach Hause,
wusch sein Angesicht, verzichtete auf das Abendessen und sonstige weltlichen
Dinge, sondern widmete sich feiertäglichen Betrachtungen. Als er kurz vor
Mitternacht zu Bett gehen wollte, war seine karmische Lebenszeit abgelaufen. In
seinem leeren Magen erhoben sich stechende Blähungen und in den Gedärmen
heftige Koliken. Daran starb er dann.
Er erschien wieder als ein Vemānika-Peta in einer Bergeshöhle hausend. Obwohl er nur
einen halben Feiertag eingehalten hatte, erlebte er göttliches Glück. Wegen
seiner Bestechlichkeit und seiner Lüge vor dem König riß er sich zu anderer
Zeit sein eigenes Fleisch vom Rücken und verzehrte es. Als der ehrwürdige
Narada vom Geierkulm kam, sah er das Gespenst:
Narada: Du trägst ja Blumen,
Krone, Schmuck,
und deine Glieder strömen
Sandelduft,
gar heiter ist dein
Angesicht,
und wie die Sonne strahlest
du. (498)
Das übermenschliche Gefolg,
so scheint's, ist deine
Dienerschar.
Zehntausend Mädchen da
umgeben dich,
Armbänder ziern aus Muscheln
sie
und goldne Bänder in den
Haarn. (499)
Von großer Macht scheinst du
zu sein,
Haarsträubendes ich aber seh:
Vom eignen Rücken reißt dein
Fleisch
du ab, und das verzehrst du
dann. (500)
Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
vom eignen Rücken reißt dein
Fleisch
und daß du es verzehrst
sodann? (501)
Peta: Zu eignem Schaden handelt ich,
als ich noch in der Welt
gelebt,
ich hintertrug, und ich belog
mit Täuschung und mit
Krummheiten. (502)
Als ich in die Versammlung
ging
und ich die Wahrheit sagen
sollt,
verachtete das Rechte ich
und wandte mich dem Unrecht
zu. (503)
So frißt der Mensch sich
selber auf,
der hinterrücks was
hinterträgt,
so wie ich heute essen muß
vom eignen Rücken hier mein
Fleisch. (504)
Du, Narada, hast dieses also
jetzt gesehen.
Die anderer sich nehmen an,
die sollten sagen:
"Nicht hintertragen und
nicht lügen mögest du,
damit dein eigen Fleisch du
mußt nicht fressen." (505)
Bemerkungen:
Diese Erzählung ist im Grunde
dieselbe wie im Jātaka 511. Dort ist der Hauspriester des Königs der
bestechliche Richter. Zur Rede gestellt, sagt er dort:
"Ich habe schon frühe
gegessen; ich will aber nach Hause gehen, meinen Mund ausspülen, das Uposatha
betätigen und am Abend nichts mehr verzehren. Auch bei Nacht will ich die
Tugend bewahren; so werde ich zur Hälfte das Uposatha gehalten haben."
(Dutoit, Jataka Bd. V, S. 2)
Nur über den Tod des Täters
wird in J 511 nichts berichtet. Er wurde im Himālaya ein Vemānika-Peta,
der nachts göttliches Glück genaß, aber am Tage mußte
er mit langen Fingernägeln sein Rückenfleisch abreißen und es verzehren, wobei
er vor Schmerzen brüllte.
"Wenn aber die Sonne unterging, so
verschwand dieser sein Körper, und ein göttlicher Körper ward ihm wieder
zuteil. Reich geschmückte göttliche Tänzerinnen umringten ihn mit mannigfachen
Instrumenten in der Hand; indem er so göttliches Glück genaß, stieg er in
einen göttlichen Palast in dem entzückenden Mangowalde hinauf." (S. 3 f.)
Der Pāliausdruck
für "hinterrücks reden" (pitthi-mamsiko) heißt "Rückenfleischer",
d.h. sich ins eigene Fleisch schneiden (ebenso Sn 244 und J 220). Die
Überschrift "Der betrügerisch Entscheidende" (kuta-vinicchayiko)
kommt auch in J 511 vor.
Nicht so leicht verständlich ist, wieso das
einmalige Einhalten eines halben Feiertages so viel Glück bringt und die
Hälfte des sonstigen gewohnheitsmäßigen üblen Wandels als korrupter Richter
aufzuzehren vermag. Es könnte sein, daß die gute Haltung in der Sterbestunde
hier den Ausschlag gibt und, zusammen mit anderen guten Wirkensarten von
früher, für einige Zeit zu halber Göttlichkeit führt, während das überwiegende
Böse sich erst später voll auswirkt.
Ebenso fragwürdig ist, daß hier soviel von
Hintertragen die Rede ist, während der Richter vor dem König doch nichts
hintertrug, sondern nur einfach log. Aber die Verbindung von Lügen und
Hintertragen läßt sich aus der Existenz her leicht einsehen. Nehmen wir einmal
einen Beispielsfall aus der Gegenwart:
Ein Baumeister hat einem Reichen ein
schönes Haus gebaut. Der Reiche aber zahlt ihm keinen Lohn, sondern behauptet
wahrheitswidrig, er hätte schon gezahlt. Der Baumeister verklagt ihn bei
Gericht. Der Reiche geht im Dunkeln durch die Hintertür zum Richter, gibt ihm
Geld und erzählt ihm einiges Ungünstige von dem Baumeister. Der Richter läßt
sich bestechen und sagt bei der Gerichtsverhandlung das Ungünstige: "Sie
verkehren häufig in Homosexuellen-Lokalen." Oder: "Sie haben Ihre Alimente
nicht gezahlt." Oder: "Sie waren Informant der Stasi." Oder:
"Sie haben im Fragebogen der Militärregierung 1946 unterschlagen, daß sie
im Krieg bei der Partisanenbekämpfung eingesetzt waren." usw. - alles
tatsächliche Fälle. Dadurch wird der Kläger öffentlich ins Unrecht gesetzt,
obwohl diese Dinge gar nicht das geringste mit dem zu entscheidenden Fall zu
tun haben. Sie sollen nur den Kläger schlecht machen und suggerieren: Wer so
etwas tut, der lügt auch vor Gericht. Und so wird die Klage abgewiesen. Der
Richter hat hier hinterhältig Wahrheiten aufgetischt und dann ein lügnerisches
Urteil wahrheitswidrig gesprochen.
Die Ernte im Jenseits für Hintertragen ist
verständlich: Er frißt sich selber auf. Er schadet sich selber. Er
widerspricht sich selber. Er quält den Körper, dessen Qual er stillen will.
Diese Mischung aus Hintertragen und Lügen nennen wir Verleumden.
Die Todesursache wird von Gehmann übersetzt: "His span of life was cut short by a stake
blown down from his poor abode through a high wind." (S. 220) Richtig aber
die neue Übersetzung von 1980: "Sharp, acute pains that were caused by the
strong wind arising tram his empty condition cut short his span of life." (S. 219) Gemeint ist hier der innere Wind und die Leerheit der
Eingeweide, nicht ein äußerer Wind und ein ärmliches Haus.
III,10: Der Reliquienverächter
Nach dem Tode des Buddha wurden die Asche
und Knochenreste an die Abgesandten verschiedener Stämme verteilt, und diese
errichteten dafür auf ihrem Gebiet insgesamt zehn "Schreine" (Stupa:
Kuppelmal). Auch König Ajatasattu von Magadha errichtete ein solches
Kuppelmal, und zwar auf der Felsenburg bei seiner Hauptstadt Rājagaham. Diesem Kuppelmal
erwies er sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage Verehrung, d.h. solange
er noch lebte. Er wurde, so wie er seinen Vater ermordet hatte, von seinem
Sohn ermordet.
Die meisten seiner Untertanen
eiferten ihm nach und erwiesen dem Kuppelmal des Buddha ebenfalls ihre
Verehrung, doch gab es auch einige tausend Ungläubiger, die vom Buddha nichts
wissen wollten und über den Reliquienkult lachten. Unter ihnen war auch ein
steinreicher Hausvater in Rājagaham. Eines Tages sah
er, wie seine Frau, seine Tochter und Schwiegertochter, die alle Anhänger des
Buddha waren, gläubigen Herzens mit Blumen, Duftstoffen und anderen Gaben zum
Schrein ziehen wollten. Er aber äußerte verächtlich: "Was soll's, diese
Knochen zu verehren?", und er wollte sie davon abhalten. Sie aber ließen
sich nicht hindern und gingen zum Kuppelmal, diesmal und weiterhin. Diese drei
Frauen erkrankten bald und wurden dann in der Götterwelt wiedergeboren, der
Hausvater aber später als ein höllennahes Gespenst. Eines Tages ließe der
ehrwürdige Mahākassapo, der den Buddha überlebte, aus
Mitleid dieses Gespenst bei dem Kuppelmal und die drei Göttinnen sichtbar werden
und redete den Peta an:
Mahākassapo:Ich seh im Luftraum stehen dich,
dein Atem übelriechend
stinkt.
Aus deinem Munde, dem da
fauler Duft entströmt,
da kriecht Gewürm. Was hast
gewirkt du früher? (506)
Warum erheben Schwerter sich
und sausen auf dich da herab?
Warum folgt ätzend Lauge nach
und träufelt auf dich stets
herab? (507)
Was hast du Böses denn getan
in Taten, Worten und im
Geist,
daß du als Ernte für dies
Werk
hast solches Leiden jetzt
erlangt? (508)
Peta: Im schönen Rājagaham
einst,
am Geierkulm, der lieblich
ist,
da hatte großen Reichtum ich
und herrschte über Geld und
Gut. (509)
Mein Eheweib, die Tochter
mein
und meine Schwiegertochter
auch,
die nahmen Lotosblüten und
auch neues Öl sie packten
ein.
So wollten sie zum Schreine
gehn,
doch ich verbot es ihnen da.
Dies böse Werk hab ich
gewirkt. (510)
Gar viele Tausend sind wir
hier,
und jeder leidet Wehgefühl.
Weil Schrein-Verehrung
tadelt' ich,
werd in der Hölle ich
gequält. (511)
Wer, wenn von großen Heiligen
ein Schrein von ihnen wird
verehrt,
abhalten jemand will davon,
der erntet dafür Elend nur.
(512)
Sieh aber diese Frauen da,
mit Blumen sind sie schön
geschmückt,
sie ernten ihrer Blumen
Frucht,
Erfüllung ernten sie und
Ruhm. (513)
Wer weise ist, der wird verehrn,
was da erstaunlich,
wunderbar,
und was die Haare sträuben
läßt,
und loben, großer Denker,
dich. (514)
Wenn diesen Zustand ich
verlaß
und wieder geh in
Menschenschoß,
dann werd verehren ich den
Schrein,
gar unermüdlich, immerzu.
(515)
Bemerkungen:
Diese Erzählung wird auf
Widerspruch stoßen. Hat nicht der Buddha immer wieder betont, daß Ritualismus
nutzlos ist und daß es allein auf die innere Läuterung ankommt? Und ist nicht
der Reliquienkult des Christentums ein abschreckendes Beispiel für primitiven
Aberglauben und eine blühende Devotionalien-Industrie? Nägel vom Kreuz Christi
gibt es tonnenweise, und die Stücke vom Kreuz Christi machen einen Wald aus.
Daher ist das vorliegende Stück als spätere Zutat aus der Zeit des Verfallsbuddhismus
zu werten, so wird mancher denken.
Darauf wäre zu erwidern: Es
gibt eine Geisteshaltung, die den Ritualismus verachtet, aber selber noch
unterhalb von dessen Niveau steht. Und es gibt eine Haltung zum Ritualismus,
die ihn nur als Anlaß für innere Erhebung und Zuwendung zu Höherem benutzt.
Die Frauen, die hier die
Reliquien des Buddha verehrten, taten es, wie es
heißt, mit heiterem Herzen. Und der Buddha selber sagt von den Kuppelmalen:
Wenn die Gläubigen dort Blumen niederlegen und das Herz heiter zuwenden,
gelangen sie nach dem Tode in himmlische Welt (D 16 V).
Und genau das wird hier von
den drei Frauen geschildert.
Der Reiche aber stand noch unterhalb des
Niveaus des ersten Grades religiöser Zuwendung, er war ein
Vollblut-Materialist, der nur sein Geld und dieses eine Leben kannte. Aus
dieser seichten und egoistischen Haltung, die alles Religiöse ablehnte, lebte
und webte er. Der Versuch, die Frauen an dem Gang zum Kuppelmal zu hindern, war
nur ein Ausfluß dieser Haltung. Und deswegen ging es ihm im Jenseits schlecht.
Er wurde ein höllennahes Gespenst. "Hölle" steht im Text, das Wort
Peta kommt gar nicht vor, aber in der Rahmenerzählung.
Im Buddhismus ist der uferlose
Reliquienkult schon dadurch eingeschränkt, daß nur zehn Kuppelmale mit Resten
des Körpers des Buddha errichtet wurden. Trotzdem hat
es auch im Buddhismus eine Ausweitung gegeben, die zu oberflächlichem
Ritualismus ohne tieferen Gehalt führte. Davor ist keine Religion geschützt.
Buch IV
IV,1: Ambasakkhara
In der Adelsrepublik der Licchavier zu Vesāli
lebte, als einer von ihnen und als der Mächtigste, der Fürst Ambasakkhara. Er
glaubte nicht an Saat und Ernte, war ein Nihilist. Er verhängte daher
drakonische Strafen gegen Rechtsbrecher, weil er nicht ans Karma glaubte.
In der Stadt lebte gleichzeitig ein frommer
Kaufmann, der gute Werke tat, wie eine Brücke bauen. Er war von Natur her
tugendhaft, ohne Ärger, sprach freundlich und lobte die Tugenden anderer. Nur
einmal versteckte er beim Baden einem Begleiter zum Scherz dessen Kleidung und
gab sie ihm erst wieder, als der andere sich gesorgt hatte.
Sein Neffe war tugendlos. Er war ein
Einbrecher und brachte das gestohlene Gut im Laden seines Onkels ohne dessen
Wissen unter. Die Eigentümer brachten das heraus und zeigten die beiden bei
Ambasakkhara an. Das Diebesgut wurde im Laden entdeckt, und der Fürst
verurteilte beide, ohne auf die Unschuldsbeteuerungen des Onkels zu achten, zum
Tode. So wurde diesem sofort der Kopf abgeschlagen. Der Neffe aber wurde zum
schmerzhaften, langsamen Tod am Marterpfahl verurteilt.
Als der Onkel gestorben war, wurde er ein
Erdgottheits-Peta und besaß ein edles weißes Pferd, das gedankenschnell lief,
als Ernte für seinen Brückenbau. Und himmlische Wohlgerüche entströmten seinem
Körper, als Ernte dafür, daß er die Tugenden anderer gepriesen hatte. Wegen
der versteckten Kleider aber war er nackt. Als ihm beim Rückblick auf sein
letztes Leben so das Gesetz von Saat und Ernte konkret sichtbar geworden war,
da sah er seinen Neffen am Pfahl. Sein Herz war von Mitleid bewegt, und jede
Mitternacht kam er auf seinem Roß mit Windeseile zu der Richtstätte und sagte
jedesmal: "Bleibe leben, mein Freund, denn leben bleiben ist besser."
Ambasakkhara ritt zu jener Zeit einmal auf
seinem Staatselefanten um die Stadt. Da sah er, wie eine Frau in einem Haus
das Fenster öffnete und auf seine fürstliche Pracht blickte. Augenblicklich
verliebte er sich in sie. Als er zu seinem Palast zurückgekommen war, befahl er
einem Diener herauszufinden, ob jene Frau verheiratet sei oder nicht. Als der
Diener dem Fürsten mitteilte, daß sie einen Ehemann habe, begann der Fürst,
Überlegungen anzustellen, wie er den Ehemann beseitigen und sie gewinnen
könne. Er lud den Ehemann vor und bot ihm an, er möge in seine fürstlichen
Dienste treten. Aus Furcht stimmte der Mann zögernd zu. So begab er sich
täglich in den Palast. Der Fürst ließ ihm Nahrung und Lohn zuteilen. Nach
einigen Tagen aber, als der Mann in der Frühe zu ihm kam, sagte er zu ihm:
"Geh zu einem bestimmten Lotosteich außerhalb Vesalis und bringe von dort
etwas roten Ton und rote Wasserlilien. Wenn du aber nicht am selben Tag zurückkommst,
ist dein Leben verwirkt." Nachdem der Mann losgegangen war, instruierte
der Fürst den Torwart, er möge die Stadttore etwas vor Sonnenuntergang, nicht
bei Sonnenuntergang, schließen. Der bestimmte Teich aber war über drei Meilen
von Vesali entfernt. Von Angst beflügelt aber erreichte der Mann das Gewässer
noch vor Mittag. Da er gehört hatte, daß außermenschliche Wesen an jenem Teich
hausten, umschritt er ihn ängstlich, ob Gefahr drohe. Der Schutzgeist des Teiches,
der Außermenschliche, hatte Mitleid mit ihm, nahm eine sichtbare, menschliche
Form an und fragte, zu welchem Zweck er gekommen sei. Nachdem der Mann seine
Geschichte erzählt hatte, ermunterte er ihn, zu nehmen, was er wolle. Dann
verschwand er. Der Mann nahm Ton und Lilien und machte sich auf den Rückweg.
Gerade vor Sonnenuntergang kam er ans Stadttor, der Torwart aber schloß gerade
das Tor. Da sah er vor dem Tor den Mann am Pfahl - dort war die Richtstätte
-und rief ihn als Zeugen an, daß er noch vor Sonnenuntergang angelangt sei.
Der Delinquent aber erwiderte: "Ich erwarte den Tod, wie kann ich dein
Zeuge sein? Es ist da aber ein Verstorbener von großer magischer Macht, der
sich mir nähert, ihn rufe als Zeugen an." Der Mann wollte aber wissen,
wie er denn einen Toten sehen könne. Der Delinquent sagte, er werde ihn sehen,
wenn er um Mitternacht komme. So geschah es, und er rief ihn als Zeugen an.
Bei Tagesanbruch sagte der Fürst zu dem Manne, daß er die Todesstrafe verdient
habe, weil er nicht rechtzeitig wieder zurückgekommen sei. Der Mann aber
verteidigte sich, er sei vor Sonnenuntergang zurück gewesen. Ob er einen Zeugen
habe, wollte der Fürst wissen. Der Mann erwiderte, das sei ein nackter Peta,
der zu jenem Delinquenten käme. Der Fürst meinte, das könne jeder sagen, wie
könne er das beweisen? Der Mann antwortete: "Laß einen vertrauenswürdigen
Mann um Mitternacht hier anwesend sein." Da wurde der Fürst neugierig und
kam selber um Mitternacht. Als der Peta auf seinem Roß erschien und wie üblich
seinen Spruch sagte: "Bleib leben, mein Freund, denn leben ist
besser", da begann der Fürst mit dem Peta ein Gespräch, beginnend mit
einer Schilderung des Zustands des Delinquenten:
Sprecher: Im Vajjilande eine Stadt, die hieß Vesāli,
wo der Licchavier
Ambasakkhara gelebt.
Der eines Tages vor der Stadt
sah einen Peta
und fragte sich, was dessen
Lage wohl bedeute. (516)
Fürst (zu dem Delinquenten):
Der Mann hat weder Sitz noch Lagerstätte,
er geht nicht vorwärts, und
er geht nicht rückwärts,
zu essen, trinken und sich
kleiden hat er nichts,
und Dienerinnen erblick ich
bei ihm auch nicht. (517)
Genossen, Freunde, einst erblickt,
vernommen,
die liebreich seiner an sich
nahmen früher,
die kann er nunmehr nimmer
mehr erblicken,
und auch sie können ihn ja
nicht mehr treffen. (518)
Wer abgesunken, der hat keine Freunde,
im Unglück, da verlassen sie
den Menschen.
Solang sie Vorteil sehn, da
sind sie um uns,
wer oben ist, der hat gar
viele Freunde. (519)
Sein Gut verlor'n, sein Reichtum führt zu
Elend,
beschmiert mit Blut, die
Glieder da gebrochen.
So wie ein Tropfen Tau
vergeht geschwinde,
neigt seine Lebenskraft sich
jetzt zum Ende. (520)
Dies schlimmste Elend muß er nun erdulden,
wenn zitternd er am
Marterpfahle steckt.
zum Peta: Was sagst du,
Yakkha, denn zum Lob des Lebens?
Ist es nicht besser doch,
wenn man hat Leben? (521)
Peta: Ein Blutsverwandter jener war von mir,
sein früh'res Leben, das kenn
ich genau.
Nachdem ich ihn gesehn, ich
fühl Erbarmen,
daß er für böses Sein nicht
in die Hölle stürzt. (522)
Denn wenn, Licchavier, er von hinnen
scheidet,
wird für sein schlechtes Werk
erscheinen er
in Schwerterschneiden-Hölle
fürchterlich,
wo er geglüht, wo's bitter
ist und schrecklich gar. (523)
Selbst jener Pfahl mit seinen Einzelheiten
ist besser immer noch als
solche Hölle.
Mög er doch nicht in jene
Schreckenshölle fallen,
die einzig leidvoll,
stechend, brennend. (524)
Würd dieser Mann, was ich jetzt sage,
hören,
von Leiden überwältigt würd
sein Leben enden.
Daher sag ich es nicht in
seiner Nähe,
damit da nicht durch mich
sein Leben endet. (525)
Fürst: Erfahren hab ich dieses Mannes Sache.
Jetzt möcht ich dich noch
etwas andres fragen.
Doch nur, wenn du's
gestattest, will ich fragen,
damit du mir darob nicht
mögest zürnen. (526)
Peta: Dafür geb ich dir gerne mein Versprechen.
Wer nicht bereit, dem dränge
ich mich auf nicht.
Da du selbst ohne Wunsch
würd'st meinem Worte glauben,
so frag nur, ich werd, wie ich kann, antworten. (527)
Fürst: Was ich mit eignen Augen sehen werde,
das alles werde ich sofort
gern glauben,
und selbst, wenn ich Gesehnes
nicht sollt glauben,
laß Yakkha, meine Sache sein
dann solches. (528)
Peta: Gut, dies mög sein für mich versprochne
Wahrheit.
Hast du gehört die Lehre,
mögst du heiter werden,
Verstehn gewinnen,
unverderbten Herzens.
Was von gehörter Lehre du
noch nicht gehört,
das werd ich dir erklärn nach
meiner Kenntnis. (529)
Fürst: Auf einem weißen Pferde, wohlgeschmückt,
nahst du dich dem, der an dem
Pfahle seufzt.
Das ist etwas, das wunderbar
ist anzuschaun.
Für welches Wirken dieses ist
die Ernte? (530)
Peta: Inmitten unsrer Stadt Vesāli war zu
finden
ein Pfad, der sehr morastig,
höllisch Sumpf war.
Dort eines Tages, heitren
Herzens, ich erbaute
aus weißem Sandelholz dort
einen Übergang. (531)
So konnten ich und andre
trocknen Fußes
hinüberkommen, kreuzen diesen
Ort.
Dies ist gewißlich wunderbar
zu sehen,
dies hier als jenes Wirkens
Ernte jetzt. (532)
Fürst: Die Schönheit dein, die strahlt in jede
Richtung,
und überallhin weht dein
Wohlgeruch.
Du bist ein Yakkho, und du
bist gar mächtig,
doch bist du nackt, wovon die
Folge ist's? (533)
Peta: Von Zürnen frei und allzeit heitren
Herzens,
zu allen Leuten sprach ich
sanfte Worte.
So solchen Wirkens Frucht ist
dieses:
In Schönheit strahl ich
göttlich immer. (534)
Erblickt ich Ruhm und Ansehn
derer, die gefestigt,
so hab gepriesen ich's, im
Herzen heiter.
So solchen Wirkens Frucht ist
dieses:
Ein göttlich Duft, der weht
in jede Richtung. (535)
Als aber Freunde an der Furt
gebadet,
nahm ihre Kleider ich,
versteckte sie am Ufer.
Ich tat's im Scherz, nicht
aus verderbtem Herzen,
doch bin ich nackt und
insofern im Mangel. (536)
Fürst: Wer also Böses wirket nur aus Spaß,
der erntet solche Frucht wie
diese hier.
Doch wer dasselbe wirket
nicht zum Spaß,
welch eine Frucht wohl erntet
solcher? (537)
Peta: Ein Mensch, der in Gesinnung ist
verdorben,
in Worten und in Taten ist
besudelt,
wenn dessen Leib zerfällt,
und er geht weiter,
so ist die Hölle zweifellos
sein Lohn. (538)
Doch andre, die da guten Gang
erhoffen,
die gebefroh, im Guten gern
gesammelt,
wenn deren Leib zerfällt, und
es geht weiter,
so ist ein guter Ausgang
zweifellos ihr Lohn. (539)
Fürst: Daß solches sei die Frucht von Gut und
Böse,
warum soll ich's für sicher
wirklich glauben?
Was hätt ich denn gesehn, daß
ich's könnt glauben?
Und was könnt machen, daß
ich's wirklich glaube? (540)
Peta: Was du gesehn, gehört, das kannst du
glauben.
Das nämlich ist die Frucht
von Gut und Böse.
Wär'n Gut und Böse beide
nicht vorhanden,
wieso gäb's guten Ausgang
dann und schlechten? (541)
Wenn hier nicht würden Sterbliche
die guten und die bösen Werke
wirken,
so gäb es in der Menschenwelt
für Hoch und Niedrig
nicht guten Ausgang oder
schlechten. (542)
Weil Sterbliche in dieser
Menschenwelt
die guten und die bösen Werke
wirken,
deshalb gibt's in der
Menschenwelt für Hoch und Niedrig
schon guten Ausgang und auch
schlechten. (543)
Zwiefach, so sagt man, ist
des Wirkens Ernte,
als Wohl, als Wehe zu
empfinden.
Die Götter sind von Wohl
ringsum umgeben,
die Toren, die an Weh nicht
denken, leiden. (544)
Für mich gibt's hier kein
selbstgewirktes Wirken
und niemand, der mir eine
Gabe widmet
an Kleid, an Sitz, an Essen
und an Trinken.
Darum bin nackt ich, und ich
leide Mangel. (545)
Fürst: Es muß doch, Yakkha, hier ein Mittel geben,
das dir da Kleidung könnte
wohl verschaffen!
Sag bitte mir, was ist die
Ursache dafür?
Ich hör gern ein verläßlich
Wort darüber. (546)
Peta: Kappitaka, so heißt ein Mönch des
Auferwachten,
geeinigt,
tugendhaft, erlöst, ein Heil'ger,
gezügelt in den Sinnen, treu
der Satzung,
ist kühl geworden er, hat
höchste Ansicht, (547)
ist freundlich, ansprechbar,
zugänglich leicht,
willkommen stets, gefestigt
in der Satzung,
Feld für Verdienst, so weilt
er streitlos,
der Gaben wert von
Göttern und von Menschen. (548)
Still, anspruchslos, ohn
Fehler, ohne Hoffen,
erlöst, ohn Dorn, ohn Mein,
ohn Wanken,
frei von Bezug, versiegt ist
Sonderheit ihm,
drei Wissen hat erreicht er,
eine Leuchte. (549)
Man kann ihn sehn, doch wird
erkannt er selten,
als stiller Denker gilt er bei
Vajjinern.
Die Yakkhos kennen ihn als
ohne Regung,
voll guter Dinge er die Welt
durchwandelt. (550)
Gibst du ein Kleid ihm oder
zweie
und widmest mir dabei die
Gabe,
und nimmt er sie entgegen
also,
dann wirst alsbald du sehen
mich bekleidet. (551)
Fürst: In welcher Gegend weilet der Asket wohl,
daß wir da, ihn zu sehen,
könnten gehen?
Er könnte alle Zweifel und
Bedenken
der Meinungs-Zuckung sicher
mir vertreiben. (552)
Peta: Sein Wohnsitz, der ist jetzt Kappinaccanā,
von vielen Göttern ist er
dort umgeben,
spricht von der Lehre dort,
getreu der Wahrheit,
im Innern ohne Feindschaft,
ernsten Sinnes. (553)
Fürst: Ich geh sofort und werde jenes tuen,
ich werde dem Asketen Kleider
schaffen.
Wenn er von mir sie also
nimmt entgegen,
so wirst auch du versehn sein
mit Gewändern. (554)
Peta: Nicht geh zur Unzeit ich zu einem Pilger,
auch ist's für dich,
Licchavier, jetzt nicht recht.
Zur rechten Zeit du mögest
dich ihm nahen,
das ist, wenn du ihn siehst
alleine sitzen. (555)
Sprecher: Nach dieser Rede ging der Fürst sogleich nun
von seiner Diener Schar
ringsum umgeben
nach Hause hin in seiner
eignen Stadt,
und er begab sich in die
eigne Wohnung. (556)
Nachdem die Hausnerpflichten er erfüllte,
nachdem er hatt' gebadet und
getrunken,
aus einer Truhe wählte aus er
acht Gewänder
und ging dann fort, von
seiner Dienerschar gefolgt. (557)
Nachdem an jenem Ort er angekommen,
erblickt den Mönch, der - still
im Herzen
von seinem Bettelgange grad
zurück,
wie kühl geworden unter einem
Baum saß. (558)
Er ging zu ihm und hat ihn angesprochen,
fragt nach Gesundheit ihn,
nach Wohlergehen:
Fürst: Bin ein Licchavier, Herr, bin von Vesāli,
als Ambasakkhara
bin ich bekannt. (559)
Die acht Gewänder hier, o Herr, die feinen,
die mögst du nehmen an, von
mir gegeben.
Allein zu diesem Zwecke bin
ich hergekommen,
damit ich dadurch glücklich
werden kann. (560)
Asket: Von weitem schon Asketen und Brahmanen
umgehn dein Haus und meiden
deine Wohnung,
in deinem Haus zerbrochen
sind die Schalen,
und auch die Mönchsgewänder
da verkommen. (561)
Da gibt es Leute, die das Bein Asketen
stellen,
daß diese dann, kopfüber,
fallen hin so.
In dieser Weise werden Pilger
da mißhandelt,
und das Asketen müssen dort
erleben. (562)
Nicht einmal einen Grashalm Sesamöl gibst
du,
und auch Verirrten zeigst du
niemals rechte Wege,
den Blinden raubst du gar den
Stock.
So bist du: knickerig und
ungezügelt.
Zu welchem Zweck, in welcher
Form auch
willst du bei uns verteilen
etwas? (563)
Fürst: Ich gebe zu, o Herr, was du gesagt hast,
verfolgt hab ich Asketen und Brahmanen.
Doch tat ich's nur aus Spaß
und unverderbten Herzens,
doch war es eine Untat, Herr,
gewißlich. (564)
Der Yakkho hatt' aus Spaß gehandelt böse,
drum fühlt er Weh, und sein
Genuß ist mangelhaft.
Jung ist und schön er, aber
nackend auch.
Was wäre schlimmer noch für
ihn? (565)
Ergriffen ward ich, als ich sah den Mangel,
aus diesem Grund will ich
jetzt Gabe geben.
Nimm an, o Herr, hier diese
acht Gewänder
und laß dem Yakkho zukommen
die Gabe. (566)
Asket: Gar vielfach diese Gabe ist zu preisen,
mög sie dir unversiegbar
Rechtes bringen.
Ich nehme an von dir die acht
Gewänder,
zum Yakkho möge diese Gabe
gehen. (567)
Sprecher: Dann der
Licchavier spülte aus den Mund sich
und gab dem Ordensälteren die
acht Gewänder.
Er sprach: "0 möchten
diese angenommen werden,
so daß den Yakkho wir
bekleidet sehen!" (568)
Dann sah er ihn besprengt mit Duft vom
Sandel
auf edlem Pferde sitzend - prächtger Anblick
bedient, im Schmucke
allerschönster Kleider,
und alle Yakkhomacht hat er
erlangt nun. (569)
So sah er ihn, befriedigt, aufgerichtet,
erfreuten Herzens,
allerschönsten Anblicks.
Des Wirkens mächt'ge Reife
hat er nun gesehn,
mit eignen Augen es
verwirklicht also. (570)
Er ging zu ihm und wandt' sich also an ihn:
Fürst: Asketen und Brahmanen will ich geben.
Es gibt jetzt nichts, was ich
nicht könnte geben.
Du warst mir, Yakkha, eine
große Hilfe. (571)
Peta: Und du, Licchavier, du hast mir gegeben
hier eine Gabe, die nicht ist
vergebens.
Ich nehme dich dafür als
meinen Zeugen,
als Außermenschlicher doch
Menschen nahe. (572)
Fürst: Du warst mir Glück, Genosse, Zuflucht,
du warst mir Freund auch,
meine liebe Gottheit.
Ich grüße dich mit
ehrfurchtsvollem Handgruß
und würde, Yakkha, gerne
wiedersehn dich. (573)
Peta: Falls weiter du ungläubig bleiben würdest,
von knickeriger Art, im Herzen
falsch gerichtet,
in solch Verfassung kannst du
mich nicht sehen,
und wenn, dann würde ich mit
dir nicht reden. (574)
Hältst aber du das Rechte wert und wichtig,
bist gebefroh, im Guten gern
gesammelt
und für Asketen und Brahmanen
eine Quelle,
dann kannst erlangen du, zu
sehn mich wieder. (575)
Und hast du mich gesehen nun, o Herr,
befreie jenen Mann vom Pfahl
geschwinde.
Durch unsern Bund sind wir
geworden Zeugen.
Ich denke wohl an seine Qual
am Pfahle. (576)
Nachdem wir Freundschaft
schlossen miteinander,
befreie diesen Mann geschwind
vom Pfahle.
Dann wird er Dingen widmen
sich, die würdig,
und wird dadurch der Hölle
ganz entgehen. (577
So wird das Wirken sein
Gefühl verändern.
Danach mögst zu Kappitaka du
gehn
und mögst zur rechten Zeit
ihm etwas spenden.
Wenn du dann bei ihm bist, so
frag ihn selber. (578)
Er wird dir diesen Fall
alsbald erzählen.
Hast aufgesucht du diesen
Mönch da,
frag ihn aus Wißbegier, nicht
aus verderbtem Herzen,
was er gehört, was nicht
gehört an Rechtem.
Das alles wird er dir erklär'n
nach seinem Wissen.
Die Lehre, vom Willkommenen
gehört, erklärt er. (579)
Sprecher: Nachdem der Fürst mit ihm allein gesprochen
und ihn zum Zeugen nahm, den
Außermenschen,
da kehrte er zurück zu den Licchaviern
und wandte an die Menge sich,
die dort versammelt: (580)
Fürst: Ein Wort von mir, ihr Lieben, mögt ihr
hören:
Das Bess're wählend werd ich
Heil erlangen.
Wer wegen übler Tat ist an
den Pfahl gebunden,
der ist gestraft so mehr
schon als genug, (581)
wenn zwanzig Nächte er da
mußt verbringen,
wo
angebunden er ist weder tot noch lebend.
Ich werde ihn daher von
seinen Banden lösen.
Mög die Versammlung dieses
mir erlauben! (582)
Räte: Befrei schnell diesen und auch einen
andern.
Wer gab den Rat dir denn,
also zu handeln?
Wie du's für richtig hältst,
so mögst du handeln.
Wir, die Versammlung, werden
dir's gestatten. (583)
Sprecher: Der Fürst wandt' seine Schritte zu der Stätte
und löste unverzüglich ihn
von seinem Pfahle.
Dann sagte er: "Hab
keine Furcht mehr, Guter",
und übergab zur Heilung ihn
den Ärzten. (584)
Kappitaka sie alle dann
besuchten.
Nachdem zur rechten Zeit sie
ihm gespendet,
da saßen alle vor ihm, die Licchavier.
Aufklärung suchend fragte ihn
der Fürst dann: (585)
Fürst: Wer wegen übler Tat ist an den Pfahl
gebunden,
der ist gestraft wohl mehr
schon als genug,
wenn zwanzig Nächte er so
mußt verbringen,
wo angebunden er ist weder
tot noch lebend. (586)
Da hab ich selber ihn dann
losgebunden,
entsprechend ja, o Herr, dem
Wort des Yakkho.
Wie ist es nun, gibt es da
trift'ge Gründe,
daß jener könnt der Hölle
ganz entgehen? (587)
Sag an mir, Herr, ist solches wirklich
möglich?
Wir werden gläubig der
Erklärung lauschen:
Ist also ein Entrinnen gar
nicht möglich,
kann man vielleicht die Tat
unfühlbar machen? (588)
Asket: Wenn Tag und Nacht er wandelt nur im
Rechten
und würdigt dies mit ernstem
Sinne unermüdlich,
dann kann sehr wohl der Hölle
er entgehen,
die Tat ist anderswo dann zu
empfinden. (589)
Fürst: Das Heil für diesen Mann hab ich
vernommen.
Jetzt mögst du, Herr, auch
meiner dich annehmen.
Belehre mich und leit mich
an, du Weiser,
daß in die Hölle ich nicht
möge kommen. (590)
Asket: Zum Buddha nehme deine Zuflucht,
zur Lehre und zum Orden,
heitren Herzens,
nimm auf dich dann die fünf
der Übungsschritte,
ganz ungebrochen,
ungestückelt also: (591)
Lebend'ges umzubringen hüte schnell dich,
und Nichtgegeb'nes in der
Welt zu nehmen, meide,
trink keinen Rauschetrank,
sprich keine Lüge
und bleib zufrieden mit der
eignen Frau.
Den achtfach besten Pfad
erfülle gerne,
der da gar heilsam ist und
Wohl aufzieht. (592)
Gewand und in der Schale Speis,
Sitz, Lager und was sonst
gebraucht,
zu essen, trinken und zu
kaun,
zum Anziehn und zur
Unterkunft:
das alles gib den Aufrechten,
und heiter sei in dem Gemüt.
(593)
Wer Mönch da ist und tugendhaft,
wer ohne Reiz, wer viel
erfuhr:
erfrische die mit Speis und
Trank,
dann wachset immer dein
Verdienst. (594)
Wenn du mit solchen Eigenschaften wandelst,
sie würdigest bei Tag und
Nacht und unermüdlich,
so mögst du von der Hölle
dich befreien,
dein Wirken anderwärts wird
fühlbar. (595)
Fürst: Jetzt nehme ich zum Buddha meine Zuflucht,
zur Lehre und zum Orden,
heitren Herzens,
und die fünf Übungsschritte
nehm ich auf mich,
ganz ungebrochen,
ungestückelt also: (596)
Lebend'ges umzubringen hüt ich schnell
mich,
und Nichtgegeb'nes in der
Welt zu nehmen, meid ich,
trink keinen Rauschetrank
mehr, spreche keine Lüge
und bleib zufrieden mit der
eignen Frau.
Den achtfach besten Pfad
erfüll ich gerne,
der da gar heilsam ist und
Wohl aufzieht. (597)
Gewand und in der Schale Speis,
Sitz, Lager, und was sonst
gebraucht
zu essen, trinken und zu
kaun,
zum Anziehn und zur
Unterkunft (598)
geb tugendhaften Mönchen ich,
die frei von Reiz, die viel
erfuhrn,
und nicht mehr werd ich
ändern dies,
an der Belehrung des
Erwachten froh. (599)
Sprecher: Ambasakkhara, der Licchavier, ward nun
ein weitrer Anhänger dort in
Vesāli,
vertrauend, milde,
pflichtgetreulich,
der Mönchsgemeinde würdig
aufzuwarten. (600)
Als der vom Pfahle war
gesundet,
aus eignem Willen glücklich
ward er Pilger,
beim heiligen Kappitaka ward
Mönch er,
Asketenfrüchte sie erlangten
beide. (601)
So ist es, wenn man rechten
Menschen dienet,
groß ist die Frucht für Gute
und für Weise:
dem Mann vom Pfahl fiel zu
die höchste Frucht,
doch Ambasakkaras Frucht, die
war minder. (602)
Bemerkungen:
Mit 87 Versen ist dieses
Stück das längste der ganzen Sammlung und stellt eine geschlossene Erzählung
dar, die meist im mehr als achtsilbigen epischen Versmaß überliefert ist. Die
vier Personen, die hier auftreten, sind wie folgt, näher zu charakterisieren:
Der Licchavier Ambasakkhara
wird hier als König (rāja) bezeichnet, ist aber kein
absoluter Herrscher, sondern nur einer der Licchavier-Fürsten in deren
oligarchischem Staatswesen. Er war zwar sehr mächtig, aber doch abhängig von
der Zustimmung des Rates (582/3). Er war ungläubig, weltgläubig, materiegläubig,
ein ungläubiger Thomas. Zum Unterschied zu Payāsi,
einem ähnlichen Fürsten, war er aber den Asketen feindlich gesonnen und
verfolgte sie. Andererseits war es ihm selbstverständlich, daß es ein
Totenreich gibt und daß der Mensch nach dem Tode dorthin gelangt, denn die
Erscheinung des Peta nimmt er als selbstverständlich und problemlos hin. Was er
ablehnte, war das Gesetz von Saat und Ernte, die karmische Vergeltung. Er
glaubte, daß jeder Peta würde, ganz unabhängig von seinem guten oder bösen
Wirken - genauso wie die alten Juden dachten, daß jeder unterschiedslos ins
Schattenreich (Schehol) käme. Als Fürst wollte er aber auf Erden Ordnung halten
und strafte daher drakonisch, weil er eben an eine jenseitige Vergeltung nicht
glaubte. So verurteilte er den Dieb zum Marterpfahl. Dort wurde dieser offenbar
angefesselt und sollte an Hunger und Durst sterben. Die Erzählung beginnt dann
damit, daß Ambasakkhara ziemlich hämisch und schadenfroh das Leiden des
Delinquenten schildert. Seine Bekehrung zu einem gläubigen Laienanhänger ist
dann der Inhalt der Erzählung. Er ist dann, wie der Kommentar sagt,
Stromeingetretener geworden, weil er die vier Glieder dazu besaß und weil
diese mindere Frucht am Ende mit der höchsten Frucht der Heiligkeit verglichen
wird.
Kappitaka ist ein Heiliger, der dem Fürsten sehr deutlich seine Untaten
gegen Asketen vorhält. Über die fadenscheinige Ausrede des Fürsten, er habe das
nur zum Spaß getan, geht er stillschweigend hinweg. Bei ihm wird der Dieb dann
Mönch und erlangt, ebenso wie Kappitaka, die Heiligkeit.
Der Dieb war ein Bürger von Vesāli, Neffe eines angesehenen Kaufmanns.
Nachdem er als Strafe zwanzig Tage am Marterpfahl gehangen hatte, befreite der
Fürst ihn. Die Ärzte pflegten ihn wieder gesund, und er war vom Leiden so
ergriffen, daß er nun, wie Angulimālo, Mönch und
Heiliger wird. Die Strafe hatte ihm den Schrecken des Wandelseins deutlich
genug gezeigt, so daß er genug vom Durst hatte.
Der Onkel des Neffen, der Kaufmann, wird ebensowenig wie der Neffe mit Namen
genannt. Daß er ungerecht hingerichtet wurde, ist noch altes Karma. Er war ein
guter Bürger, der viel Gutes gewirkt hatte. Dies hätte ihn normalerweise in den
Himmel geführt, etwa zu den Vier Großkönigen, wie den Yakkho. Er hatte aber
eine einzige ungute Tat getan, auch die ohne Böswilligkeit, nämlich seinem
Freund beim Baden die Kleider versteckt. Diese eine Tat führte dazu, daß er
nur ein "Halbgott" wurde, d.h. ein Yakkho, der als glückliches
Gespenst wiedergeboren wurde. Das einzige Leiden, das er da noch erlebte, war,
daß er ohne Kleider war. Nackt zu gehen ist im tropischen Klima etwas anderes
als bei uns. Die dortigen nackten Büßer und bei uns am Strand die Nudisten
gehen freiwillig nackt und fühlen sich nicht als leidende Gespenster. So ist
nur die subjektive Einstellung hier das Leiden. Weil es sich nach der Vorstellung
des Kaufmanns gehört, daß man Kleider hat, deshalb leidet er unter dem Mangel.
So relativ unbedeutend sein einziger Fehltritt war, ebenso unbedeutend ist eigentlich
sein Mangel als Peta. Im übrigen lebt er wie ein Gott und wird daher auch als
Yakkho angeredet. Nachdem er dann durch Verdienstübertragung Kleider erhalten
hat, ist aus dem Peta ein vollständiger Yakkh geworden.
Im übrigen
ist beachtlich, daß der Kaufmann weder seinem Neffen, der ihn doch ins Unglück
gestürzt hatte, noch dem Fürsten, der ihn ungerecht zum Tode verurteilte,
Vorwürfe macht oder ihnen grollt. Er zeigt vielmehr gegenüber beiden Wohlwollen
und Erbarmen. So erweist er sich innerlich immer schon als Gott (hier als
Yakkho) und ist nur kurze Zeit, ein paar Tage, noch Peta.
Vers 520: Ich lese nihīn'attho
als v.l. statt nihīn'attho, wie die PTS: "Sein
Gut (aatho) verlor'n (nihīno)."
Vers 531: Mit PED p. 255 verstehe ich seta-go-sisa als
"an excellent kind of sandal wood", ebenso Gehmann "white sandal
wood". Masefield dagegen (FN 4) nimmt es wörtlich als "Weißer Ochsenkopf",
aber wieso ein Ochsen-Schädel als Brücke über einen Sumpf dienen soll, ist
unverständlich.
Vers 545: Wenn hier auch von Sitz, Essen, Trinken
gesprochen wird, dann ist das irreführend. Daran leidet der Peta keinen Mangel.
Da aber sonst die Petas gerade darunter leiden, scheint das hier stereotyp
übernommen worden zu sein. Der Kommentar schweigt.
Vers 553: Kapi-naccana = Affen-Tanz(platz).
Letzte Zeile lese ich mit
Gehmann v.l. a-vera-ke statt wie Masefield ācerake
(FN 81) als Verkürzung von ācariya (PED p. 96),
übersetzt "his own teacher".
Vers 572, 576, 580:
Text hat sakkhi (Zeuge), nicht sakhi (Freund),
wie Gehmann stets liest, obwohl es dem Sinne nach ebenso passen würde.
Vers 592: Die letzten beiden Zeilen dieses
sechszeiligen Verses werden in der Neuausgabe abgetrennt und daher als Vers 78
aufgefaßt, so daß sich ab da die Nummern verschieben und sich 88 statt 87 Verse
ergeben.
Vers 601: Bei Kappitak'uttama ward er Mönch, d.h. bei
Kappitaka, der schon das Höchste (uttama) besaß. So erlangten sie beide die
höchste Asketenfrucht, waren sich gleich.
Vers 602: Hier ist nicht von Asketenfrucht die Rede,
sondern nur von großer Frucht: Der Dieb erlangte die höchste Frucht, der Fürst
eine geringere. Allerdings werden in D 2 und anderswo auch alle vier Früchte
Asketenfrüchte genannt, auch wenn ein Hausner sie erlangt.
IV,2: Serissaka
Identisch mit Vimāna-vatthu
Nr. 84. Hier Verse 603 - 656. Ohne Grund hier wiederholt, obwohl gar kein Peta
vorkommt.
IV,3: Nandaka
Sprecher: Einst war der König Pingala
der Herrscher über Surat da.
Nachdem am Mauriya-Hof er
geweilt, nach Surat kehrt er
heim. (657)
Zur Mittagszeit, die glühend heiß,
gelangte er zu einem Sumpf.
Da sah er einen schönen Weg,
doch führt der schön zu Petas
nur. (658)
Zu seinem Lenker sprach der Herr:
König: Der Weg da, der ist wirklich schön,
ist friedlich, sicher,
glücklich auch.
So folge, Lenker diesem Weg,
er führt uns schnell nach
Surat hin. (659)
Sprecher: Es nahm der König diesen Weg,
der vierfach Heerbann folgt
ihm nach.
Erschreckt im Herzen dann ein
Mann
sprach zu dem Herrscher von
Surat: (660)
Wagenlenker:Dem
falschen Wege folgen wir,
haarsträubend ist und
furchtbar er.
Vor uns da ist der Weg zu
sehn,
doch hinter uns ist keiner
mehr. (661)
Dem falschen Wege folgen wir,
die Männer Yamas sind nicht
fern,
es riecht schon
außermenschlich hier,
und man hört Laute,
schreckliche. (662)
Sprecher: Erschüttert Surats König sprach
zu seinem Wagenlenker da:
König: Dem falschen Wege folgen wir,
haarsträubend ist und
furchtbar er.
Vor uns da ist der Weg zu
sehn,
doch hinter uns ist keiner
mehr. (663)
Dem falschen Wege folgen wir,
die Männer Yamas sind nicht
fern,
es riecht schon
außermenschlich hier,
und man hört laute,
schreckliche. (664)
Sprecher: Er stieg auf einen Elefant
und blickt nach allen Seiten
hin,
da sah er schönen Feigenbaum,
der guten Schatten reichlich
bot.
war einer Donnerwolke gleich,
war dunkelblau, die Spitze
schön. (665)
Zum Wagenlenker sprach der
Fürst:
König: Was ist das, was wir sehen da:
Es einer Donnerwolke gleicht,
ist dunkelblau, die Spitze
schön. (666)
Wagenlenker:Ein
Feigenbaum ist's, großer Fürst,
der guten Schatten reichlich
gibt,
ist einer Donnerwolke gleich,
ist dunkelblau, die Spitze
schön. (667)
Sprecher: Der König von Surat fuhr hin
zu dem, was er da hatt'
gesehn,
was einer Donnerwolke glich,
was dunkelblau, die Spitze
schön. (668)
Er stieg vom Elefanten ab,
begab sich zu dem Baume da,
setzt sich an seinem Fuße hin
mit den Ministern, Dienern
auch.
Da sah er vollen Wasserkrug
und dazu Kekse mannigfach.
(669)
Ein Mann, der einem Gotte
glich,
geziert mit jeder Art von
Schmuck,
dem Herrn von Surat nähert
sich
und redete ihn also an: (670)
Peta: Willkommen, großer König, hier,
du hattest keinen weiten Weg.
Trink, Majestät, das Wasser
hier,
iß von den Keksen,
Siegesherr. (671)
Sprecher: Es trank der König Wasser gleich,
und die Minister, Diener
auch,
nachdem die Kekse sie
verzehrt,
der Herrscher fragte also
dann: (672)
König: Bist Gottheit du, bist Gandhabba,
bist Sakko du, der Mauern
stürzt?
Da wir's nicht wissen, fragen
wir,
als was wir kennen sollen
dich. (673)
Peta: Bin Gottheit nicht, nicht Gandhabba,
bin Sakko nicht, der Mauern
stürzt.
Ich bin ein Peta, großer
Fürst,
von Surat nach hierher
gelangt. (674)
König: Wie tugendhaft hast du gelebt
in Surat, wie gewandelt
einst?
Durch welchen Brahmawandel
hast
erlangt du hier nun solche
Macht? (675)
Peta: So höre, großer König, zu,
du Sieger, Reichsvermehrer
du,
und ihr Minister,
Dienerschar,
Hofpriester, du, Brahmane
auch. (676)
Von Surat stamme ich, o Herr,
und war ein Mann, schlecht im
Gemüt,
von falscher Ansicht,
tugendlos,
war knickerig und schimpfte
viel. (677)
Die da zum Geben war'n geneigt,
die hielt von solchem Werk
ich ab.
Wenn anderen sie gaben, dann
verhinderte ich es und
sprach: (678)
"Für Geben gibt es
keinen Lohn,
für Selbstbezwingung keine
Frucht.
Es gibt auch keinen Lehrer
hier.
Wer würd sich zähmen, wenn's
nichts nützt? (679)
Die Wesen gelten alle gleich,
warum da Ältere verehrn?
Es gibt nicht Stärke,
Willenskraft,
warum sollt höher streben
man? (680)
Das Geben bringet keine
Frucht,
die Feindschaft läutern kann
man nicht.
Nur das erlangt der
Sterbliche,
was zusteht ihm, was kommen
soll. (681)
Es gibt nicht Eltern, Brüder
nicht,
es gibt auch keine andre
Welt,
es gibt nicht Opfer, Spenden
nicht,
gibt überhaupt nichts
Sicheres. (682)
Wer einen Menschen
niederschlägt,
wer einen
anderen gar köpft,
der schlägt ja gar nichts
Wirkliches,
den leeren Abstand trifft er
nur. (683)
Das Leben ist zerstörbar
nicht,
achteckig oder kreisrund
ist's,
fünfhundert Meilen ist es
groß,
wer könnt zerstörn das Leben
wohl? (684)
Wie Fadenknäul sich wickelt
ab
und immer weiter abgerollt,
genauso rollt das Leben hin,
und immer weiter rollt es ab.
(685)
Gleichwie wer da sein Dorf
verläßt
und in ein andres Dorf dann
geht,
genauso geht das Leben wohl
in einen andren Körper ein.
(686)
Gleichwie wer da sein Haus
verläßt
und dann ein andres Haus
betritt,
genauso geht das Leben wohl
in einen andren Körper ein.
(687)
Der Weltzeitalter vierundachtzigtausend
sowohl der Tor als auch der
Weise müssen
durcheilen hier im
Wandelkreise immer,
bevor für sie das Leiden
könnte enden. (688)
Genau bestimmt sind Wohl und Weh,
in Körben zugemessen fest.
Der Sieger alles klar
erkennt,
verwirrt ist's übrige
Geschlecht." (689)
So war die Ansicht, die ich hatt',
verwirrt und von Verblendung
voll,
hatt' falsche Ansicht,
tugendlos,
war knickerig, beleidigte.
(690)
In einem halben Jahre nun
wird meine Zeit erfüllt hier
sein.
Die Hölle wird mein Los dann
sein,
die einzig bitter,
schrecklich ist. (691)
Vier Ecken hat, vier Tore sie,
ist regelmäßig eingeteilt,
von Eisenwall umgeben sie,
mit Eisen oben auch bedeckt.
(692)
Ihr Boden auch von Eisen ist,
gar feurig glüht und brennet
er,
wohl hundert Meilen im
Quadrat
erstrahlt sie und bleibt
immerdar. (693)
Nach hunderttausend Jahren erst
ein erster Ton zu hören ist.
Dann, großer Fürst, ein
Hundertstel
vom Unzählbaren ist vorbei.
Millionen Hunderttausende,
die Wesen leiden Höllenqual,
(694)
wenn falscher Ansicht, tugendlos,
sie da beschimpften Edle gar.
Da muß ich lange Zeiten dann
an Wehgefühlen fühlen viel.
Das ist die Frucht von böser
Tat,
da muß ich Kummer leiden
lang. (695)
So höre, großer König, dann,
du Sieger, Reichsvermehrer
du:
Die Tochter mein, die Uttarā,
- o großer König, Heil sei
dir - (696)
sie wirkte gute Werke froh,
hielt Feiertag, war
tugendhaft,
gezügelt, gebefreudig sehr,
ansprechbar, frei von bösem
Geiz. (697)
Die Übungsschritte brach sie nicht
als Schwiegertochter
anderswo,
blieb Jüngerin des
Sakyersohns,
des Voll-Erwachten, der
bezähmt. (698)
Als einst ein Mönch, der tugendhaft
im Dorfe auf Almosen ging,
bezähmt die Augen, achtsam
sehr;
gezügelt bei den Sinnestorn,
(699)
als er von Haus zu Hause
schritt,
kam auch zu ihrem Hause er.
Da, großer Fürst, - oh Heil
sei dir
hat Uttarā
den Mönch erblickt. (700)
Sie gab ihm einen Wasserkrug
und vielerlei an Keksen mit:
"Gestorben ist mein
Vater, Herr,
o mög ihm dieses Hilfe
sein." (701)
Kaum hatte dieses sie gesagt,
da stellt sich schon die
Reife ein:
Ich kann nun essen, wie ich
will,
bin wie König Vessavana.
(702)
So höre dieses, großer Fürst,
du Sieger, Reichsvermehrer
du:
"Die Welt mit ihrer
Götterschar,
nicht Höh'ren als Erwachten
hat.
Darum nimm Zuflucht du bei
ihm
mit Fraun und Kindern,
Siegesheld. (703)
Auf achtgeteiltem Pfad zum
Heil,
das Todlose mögst du erfahrn,
wenn Zuflucht du zur Lehre
nimmst
mit Fraun und Kindern,
Siegesheld. (704)
Auf vier der Weg-Etappen
fest,
erlangen sie die Früchte
dann.
Das ist der Orden, aufrecht
er
in Weisheit, Tugend,
Einigung.
Da nimm zum Orden Zuflucht
du,
mit Fraun und Kindern,
Siegesheld. (705)
Lebend'ges umzubringen hüte
schnell dich,
und Nichtgegeb'nes in der
Welt zu nehmen, meide,
trink keinen Rauschetrank
mehr, sprich keine Lüge
und bleib zufrieden mit der
eignen Frau." (706)
König: Den Nutzen mein, willst, Yakkha, du,
bedacht bist auf mein Heil
du, Gott.
Ich tue gern, was du gesagt,
du bist der Lehrer ja für
mich. (707)
Zum Buddha nehme Zuflucht
ich,
zur Lehre, die die beste ist,
zum Orden nehme Zuflucht ich,
der Menschen und auch Göttern
gleich. (708)
Lebend'ges umzubringen hüt
ich schnell mich,
und Nichtgegeb'nes in der
Welt zu nehmen, meid ich,
trink keinen Rauschtrank
mehr, sprech keine Lüge
und bleib zufrieden mit der
eignen Frau. (709)
Ich schüttle ab die Großmannssucht,
spül fort sie wie ein reißend
Fluß.
Ich speie falsche Ansicht
aus,
der Weisung des Erwachten
froh. (710)
Sprecher: So sprach der König von Surat,
legt ab die üble Anschauung.
Nachdem Erhabnen er geehrt,
der Herrscher fuhr im Wagen
fort. (711)
Bemerkungen:
Dieser Text spielt nicht, wie die meisten
anderen, zu Lebzeiten des Erwachten, sondern etwa 200 Jahre nach seinem Tode,
wie aus dem ersten Vers (657) hervorgeht. Die Herrscher von Magadha aus der
Dynastie der Mauriya, deren dritter Asoka war (der Kommentar nennt ihn hier),
regierten damals. Der König Pingala herrschte als Mahārāja
über das Reich Suratthā (wörtlich: "Gutes
Königreich") im Westen Indiens. Mittelpunkt war die Hafenstadt Surat, die
noch heute nördlich Bombay zu finden ist. Das einzige, was die Rahmenerzählung
über den Text der Verse hinaus beizusteuern weiß, ist, daß Nandaka der
Oberbefehlshaber König Pingalas war. Daß der König einen solchen Mann mit schlechtem
Benehmen und völlig chaotischen Ansichten zu solcher hohen Stellung erhob,
wirft ein Schlaglicht auch auf die Geistesverfassung des Königs, der ebenfalls
ganz materialistisch gesonnen war.
Daß Nandaka bei seinem üblen Wandel und der
Tatsache, daß er viele andere Menschen von seinen verdrehten Meinungen
überzeugen wollte, noch zu den Petas kam, ist nur möglich bei einem Rest guten
Wandels von früher. Nachdem er aber kraft eines guten Werkes seiner gläubigen
Tochter, die seinen Irrlehren nicht gefolgt war, ein erfülltes Gespensterdasein
erlangt und vor allem das Gesetz von Saat und Ernte erkannt hatte, war er von
seinen Irrlehren völlig geheilt. Er gab sich Mühe, seinem König nun ebenfalls
die rechte Anschauung über Saat und Ernte zu vermitteln, was ihm auch gelang.
Der König nahm die dreifache Zuflucht und übernahm die fünf Tugendregeln des
Buddha-Anhängers.
Offen bleibt, ob Nandaka durch dieses gute
Werk, durch dieses beste Wirken für andere, die ihm bevorstehende Hölle
abgewendet hat. Wenn es ihm gelang, den König so schnell vom Guten und Wahren
zu überzeugen, dann dürfte das nur möglich gewesen sein, wenn er selber ganz
dahinterstand. Er sagt ja auch, die Welt habe nichts Höheres als den Erwachten,
der den Pfad zum Todlosen weise (703/4). Das könnte ein Hinweis sein, daß Nandaka
selber den Stromeintritt erlangte, der die Hölle unmöglich macht. Wenn nicht,
dann könnte seine Zuwendung zum Buddha aber ebenfalls die in einem halben Jahr
drohende Hölle abgewendet haben.
Vers 673 = Vv 971
Vers 689 c + d:
Diese Zeilen sind wohl nicht mehr die
Schilderung der früheren Irrlehren Nandakas, sondern geben seine jetzige
geläuterte Auffassung wieder. Der "Sieger" dürfte hier der Buddha
sein, während er sonst den König u.a. als Sieger anredet.
692/3 = M 129, Pv 70/1 = Pv 240/1
694: Hier versteigt sich der indische Zahlenrausch in
astronomische Zahlenangaben. Lakkha: 100.000; koti: 10 Millionen. Hier sollen
100.000 kotis ablaufen.
Verse 706 und 709: Die fünf Sīlas wie
in Vers 592 und 597
707: Nachdem der Peta durch seine Tochter gute Erfüllung erntete
und sich wie einer der Vier Großkönige fühlte (702), erscheint er dem König
Pingala wie ein Yakkha, d.h. ein Gott der untersten Klasse.
710: PTS hat opunāmi (sieben, sichten)
in Z. 1; ich lese mit der v.l. und PED p. 167 odhunāmi
(abschütteln).
mahā-vāte = großer Wind = Großmannssucht (Gegenteil: nivāta
= keinen Wind machen, demütig). Gehmann übersetzt Z. 1: "I cast away
(mouthed) blustering", ich folge dem.
711 d: pāmokho übersetzt Gehmann, dem
Kommentar folgend, mit "looking east". Ebenso Masefield, der pāmokkho liest. Aber der König fuhr von Patna, der
Hauptstadt der Mauryas nach Westen, nicht nach Osten, weshalb Masefield meint,
er kuckte nur nach Osten (S. 265, FN 27). Außerdem kommt dieselbe Stelle in S
11,18 vor (dort pamukho), wo Sakko in seinem Wagen fortfährt. Dort interpretiert
der Kommentar pamukho richtig als "der Hervorragende", und Geiger
übersetzt gut mit "der Herrscher". Der Kommentar vermutet, daß diese
Erzählung auf dem 3. Konzil in den Kanon aufgenommen wurde (S. 264)
IV,4: Revatī
Identisch mit Vimāna-vatthu
Nr. 52, hier Verse 712 - 736. Ohne Grund hier wiederholt, obwohl gar kein Peta
vorkommt.
IV,5: Das Zuckerrohr
Peta: Ein ganzer Wald von Zuckerrohr erschienen
für mich ist; nicht wenig an
Verdienst als Frucht,
doch für mich zum Genuß nicht
das geringste.
0 zeig mir, Herr, wovon ist
das die Reife? (737)
Gequält bin ich, ich werd verzehrt, muß
mühn mich,
daß ich zu essen irgend etwas
finde,
bin abgeschnitten von mir
selbst, erbärmlich
stöhn ich: Für welche Tat ist
das die Reife? (738)
Ich plag mich ab und falle auf die Erde
nieder,
ich trockne aus, so wie ein
Fisch in Hitze,
ich weine so, daß bittre
Tränen rollen.
0 zeig mir, Herr, wovon ist
das die Reife? (739)
Bin hungrig sehr, erschöpft und schrecklich
durstig,
ich zittre, finde weder Glück
noch Wohlsein.
Ich frage dich, o Herr, was
ist der Sinn da,
wie nur erlang ich,
Zuckerrohr zu essen? (740)
Mahāmoggallāno:
Als Mensch du warst, in deinem letzten
Leben,
da tatst du eine Tat zu
deinen Gunsten.
Den Sinn davon, den werd ich
dir erklären,
hör zu mir, und du wirst
alsbald verstehen: (741)
Einst wandeltst du, und Zuckerrohr aßt du
dabei.
Da hinter dir kam noch ein
Mann geschritten.
Er sagte dir, daß er sich was
erhoffte,
doch du hast keines Wortes
ihn gewürdigt. (742)
Obwohl du dich geweigert, was zu sagen,
hat er gebeten: "Herr,
gib Zuckerrohr mir!"
Da gabst du ihm, jedoch gabst
du's von hinten.
Entsprechend ist die Reife
deines Wirkens. (743)
Schau: greife nur ein Zuckerrohr von
hinten.
Hast du's ergriffen, dann
kannst du's auch essen,
und dadurch wirst befriedigt
du dann werden,
beglückt, erhoben und erfüllt
von Freude. (744)
Sprecher: Er ging und nahm das Zuckerrohr von hinten.
Mit seinen Händen aß er es,
zu seinem Nutzen.
So war er denn geworden ganz
befriedigt,
beglückt, erhoben und erfüllt
von Freude. (745)
Bemerkungen:
Das einzig Schlechte, das von diesem Mann
berichtet wird, ist, daß er einem Bettler keine Antwort gab. Darin dürfte
Verachtung und Rücksichtslosigkeit liegen. Diese Haltung des Verweigerns
scheint aber seine Lebensgewohnheit gewesen zu sein. Solch egoistische
Knickerigkeit führt aber direkt zur Gespensterwelt, wo umgekehrt man selber
Verweigern erlebt. Die Welt verweigert sich, und man leidet Hunger und Durst,
wie man es anderen bereitete.
Weil er aber schließlich doch etwas gegeben
hatte, sich überwunden hatte, Erbarmen gezeigt hatte, zeigt sich ihm eine ganze
Plantage von Zuckerrohr, ein Wald an Süßem. Aber: er kann es noch nicht nutzen,
kann nichts davon essen, leidet Tantalusqualen. Erst als er sich selber
demütigt und es von hinten nimmt, wie Moggallāno es
ihm riet, da kann er sich sättigen und ist beglückt.
Die Rahmengeschichte fügt noch hinzu, daß
der Mann Moggallāno ein ganzes Bündel Zuckerrohr
schenkte. Der brachte es zum Buddha. Dieser und die Mönche aßen davon. Infolge
dieser guten Tat kam der Mann im nächsten Dasein aus der Petawelt nicht nur zu
den Großkönigen, sondern zu den Göttern der Dreiunddreißig.
Vers 738 c: Chinn'ātumo
(abgeschnitten von sich selbst), Gehmann: "I am well nigh
dead" mit FN: "Lit. (I have) a cut-self". Aber Jayawickrama und die Ausgabe Masefields haben die v.l. chinna-thāmo = "my strength
gone" (Wtl.: abgeschnitten die Durchhaltekraft).
Die Rahmenerzählung gibt einen Bericht, der
in den Versen keinen Anhalt hat: Der Mann in 742 hätte ein Kind bei sich
gehabt, das nach dem Zuckerrohr gierte. Der Mann sprach darauf den anderen an.
Der schwieg aber aus bösem Willen. Der Mann zeigte auf das Kind und sagte, daß
es heftig weine, weil es kein Zuckerrohr bekomme. Der andere wollte das nicht
länger hören und warf verächtlich ein Stück Zuckerrohr hinter sich.
IV,6: Die Prinzen
König Pasenadi von Kosalo hatte zwei Söhne.
Im Übermut und Rausch der Jugend gingen sie hemmungslos sexueller Lust nach und
verführten Ehefrauen. Diese beiden Don Juans, die ihr Licht an beiden Enden
anzündeten, starben dann bald und wurden Petas. In einem Graben wurden sie
zerquetscht. Sie schrien erbärmlich. Des Nachts konnte man in der Menschenwelt
in Sāvatthī ihr Jammergeschrei sogar hören. Die Leute
waren erschrocken und entsetzt. Sie dachten, dieses böse Omen müsse zum
Aufhören gebracht werden. Sie spendeten dem Orden mit dem Buddha an der Spitze
großzügig und erzählten die Sache. Der Buddha aber erwiderte, daß es nicht möglich
sei, das Geschrei zu beenden. Die böse Ernte könne nicht ungeschehen gemacht
werden. Er könne nur die ihm gespendete Gabe den Prinzen widmen und so etwas
die Qual lindern, mehr nicht. Dann begründete er den Zusammenhang:
Sprecher: Sāvatthī war die
Stadt genannt
am Abhang des Himālaya.
Es lebten einst zwei Prinzen
dort,
des Königs Söhne waren sie.
(746)
Berauscht von dem, was reizend ist,
genossen sie der Sinne Lust.
Voll Gier nach gegenwärt'gem
Wohl
die Zukunft kümmerte sie
nicht. (747)
Als Menschentum verließen sie,
als andre Welt für sie ging
auf,
sah man sie nicht, doch
schrien sie,
weil übles Werk sie einst
getan. (748)
Petas: Obwohl da überreichlich war,
zum Geben hatten vielerlei,
wir sorgten nicht für unser
Heil,
auch nicht einmal für
kleinstes Glück. (749)
Was war es denn für böses Werk,
daß, als gestorben wir am
Hof,
im Petareich erschienen sind,
von Durst und Hunger arg
gequält? (750)
Buddha: Wer hier gelebt im Herrenstand,
wird drüben nicht auch wieder
Herr.
Ob hochgestellt, ob niedrig
da,
die Wesen leiden Hunger,
Durst. (751)
Wer dieses Elend hat erkannt,
das Herrschaftsrausch da
bringt hervor,
der überwindet
Herrschaftsrausch,
der Mann, der geht zur
Himmelswelt.
Wenn hier der Leib wird
abgelegt,
der Weise auf zum Himmel
steigt. (752)
Bemerkungen:
Die
Prinzen waren blind für die Zukunft und das Karmagesetz. Sie taten nicht das
geringste Gute, obwohl sie im Reichtum schwelgten. Sie kannten nur die Lust. So
katapultierten sie sich in die Gespensterwelt, aber nicht nur in jene Region,
wo Hunger und Durst herrschen, sondern weil sie so ausschweifend in andere Ehen
eingebrochen waren, litten sie höllennahe Qualen. Am untersten Ende der
Gespensterwelt ernteten sie, was sie gesät hatten. Ihre Schreie waren so, daß
man sie in der Menschenwelt hören konnte, ein seltener Fall. Die Bürger von Sāvatthī sahen niemanden, aber nachts hörten sie die
Schreie. Am Tage schienen sie nicht durchzudringen. Das war ihnen unheimlich,
und so erhofften sie vom Buddha Abhilfe. Hier aber war das nicht möglich, so
wenig wie in der Hölle. Immerhin aber gibt es für höllennahe Gespenster gewisse
Linderung, was es in der Hölle nicht gibt. Näheres ist davon aber hier nicht
gesagt.
Das
Besondere ist, daß die Prinzen trotz aller Qualen immer noch nicht wußten,
warum sie so litten. Sie hielten also ihre Ausschweifung nicht für böse und
schienen zu meinen, im Herrenstande sei alles erlaubt. "Für hohe Herren
gelten andere Gesetze", so schien ihre Wahnidee zu sein. Daher sagt der
Buddha ihnen, daß gerade dieser Hochmut der Grund ihres Leidens sei. Sie hätten
als Söhne des religiösen Königs Pasenadi wissen können und müssen, was Karma
ist. Sie kümmerten sich aber um nichts, hörten auf nichts und redeten sich noch
ein, berechtigt der hemmungslosen Lust nachgehen zu können. So war ihnen auch im
Jenseits nicht zu helfen.
Die
Masefield-Ausgabe dagegen interpretiert den Satz, daß
kein Ende der Schreie möglich sei, dahin, daß keine Gefahr durch die Schreie
drohe, und der Kommentar sagt, daß der Buddha die Gabe den Petas widmete.
IV,7: Der Königssohn
In der Rahmenerzählung zu Pv III,2 werden
die hier geschilderten drei Leben als Sohn König Kitavas, als Höllischer und
als Peta schon berichtet. Dort heißt es, der Seher sei ein Einzelerwachter
gewesen. In einem vierten Leben, nach dem hier in Pv IV,7 geschilderten
Gespensterdasein, wird der Mann Mönch und Heiliger. Die Verse, die hier folgen,
werden dem Buddha in den Mund gelegt:
Die Taten, die man einst getan,
wenn reif, zerhämmern sie den
Geist
mit Form, mit Ton, Geschmack
und Duft
und Tastung, die dem Geist
genehm. (753)
Gesang und Tanz und Lust und Spiel
genoß er in gar reichem Maß.
Nachdem geritten er im Park,
kam er zur Felsenburg heran.
(754)
Den Seher sah, Sunetta, er,
der selbstbezähmt, geeinigt
war,
bescheiden,
schamhaft-demutsvoll,
genügt ihm Bettelrest im
Napf. (755)
Er stieg vom Elefanten ab,
ging hin zu ihm und sagt:
"0 Herr!"
Dann griff er seinen
Bettelnapf
und hob ihn hoch, der Adlige.
(756)
Er warf ihn splitternd hin zur Erd,
ging höhnisch lachend fort
und sprach:
"Bin König Kitavatas Sohn,
was kannst du, Mönch, mir tun
denn schon?" (757)
Für die beleidigende Tat,
da erntete der Königssohn
die außeror'ntlich bittre
Frucht,
daß in die Hölle er gelangt.
(758)
Der vierundachtzig Tausende
sechsmal Millionen Jahre er
in Höllen mußte leiden Qual
für das, was frevelnd er
getan. (759)
Erhob er sich und legt er
sich
auf rechte oder linke Seit,
stand er auf seinen Füßen
auch:
Gefoltert ständig ward der
Tor. (760)
Für viele tausend Jahre er,
Millionen, unzählbare Zeit,
in Höllen litt er heftige
Qual,
für das, was frevelnd er
getan. (761)
Für böses Wirken, das man tat
an einem Seher, der gar fromm
und ohne Fehl und ohne Haß,
da erntet dieses Bittre man.
(762)
Nachdem so manches Leiden
dann
empfinden mußte er dafür,
litt er an Durst und Hunger
dort
und ward ein Peta alsobald.
(763)
Wer dieses Elend hat erkannt,
das
Herrschaftsrausch da bringet ein,
der überwindet
Herrschaftsrausch,
der wendet sich der Demut zu.
(764)
Im Leben schon ist
lobenswert,
wer den Erwachten da verehrt.
Wenn hier der Leib wird abgelegt,
der Weise auf zum Himmel
steigt. (765)
Bemerkungen:
Wie
schon bei Pv III,2 gesagt, findet sich die Erzählung von Kitavas Sohn auch in J
220. In beiden Berichten ist Kitava König von Benares. Hier in Pv IV,7 ist der Ort Giribajja (Vers 754), was Neumann in Sn 408
mit Felsenburg wiedergibt und was ein Name für die von Bergen umgebene Stadt Rājagaham ist.
Vers
759 und 761: Vergl. 654 mit ähnlichen Zahlen.
Vers
764 a - c = Vers 752. In beiden Berichten wird der Übermut und Hochmut der
Prinzen getadelt, der zum Unheil führte.
IV,8: Die Dung-Esser I
In einem Ort unweit von Sāvatthī
hatte ein Hausvater einem persönlichen Freund, der Buddhamönch geworden war,
ein Kloster gebaut. Als nun andere Mönche aus verschiedenen Gegenden des Landes
dorthin kamen und dort wohnten, da versorgten die Laien auch sie reichlich mit
allen Gebrauchsgegenständen. Da aber war der Mönch eifersüchtig und neidisch
und verleumdete die anderen Mönche bei dem Hausner, der ihm glaubte, wie die
Verse erzählen. Bald darauf starben der Hausner und der Mönch und wurden beide
Petas bei der Latrine des Klosters. Moggalāno sah den
Hausner und befragte ihn:
Mahāmoggallāno: Wer bist du, Armer, der du stehst
bei der Kloake also dort?
Du zweifellos hast bös
gewirkt,
daß du nunmehr so stöhnen mußt.
(766)
Peta: Ich bin ein Peta ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Weil böses Wirken ich
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(767)
Mahāmoggallāno: Was hast du Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist,
für welches Wirken reift es
dir,
daß solches Leiden du
erlangst? (768)
Peta: Ansässig war ja hier ein Mönch,
der eifersüchtig, geizig war.
Er klebt' an meinem Hause an,
war knickerig, schalt andere.
(769)
Nachdem ich auf sein Wort
gehört,
beschimpft auch ich der
Mönche Schar.
Für solches Wirken reift es
mir,
daß ich zur Petawelt gelangt.
(770)
Mahāmoggallāno: Dein Busenfreund, der war dein Feind,
als Freund verkleidet war er
nur.
Nachdem den Leib er abgelegt,
Unweiser, was war sein
Geschick? (771)
Peta: Ich stehe hier zu Häupten ihm,
dem Übeltäter, auf dem Kopf.
Nachdem er kam zur Petawelt,
muß er mir dienen also nun.
(772)
Was andre scheiden aus, o
Herr,
das ist nun meine Nahrung
hier.
Und was ich laß an Kot und
Harn,
davon muß er ernähren sich.
(773)
Bemerkungen:
Der
Hausner hatte einst dem Mönch gedient, ihn versorgt, ihm ein Kloster gebaut.
Die gute Ernte davon ist, daß jetzt umgekehrt der Mönch sein Diener in der
Petawelt wurde. Weil der Mönch der Anstifter zum Bösen gewesen war, ist seine
Ernte leidiger. Er steht unten, und der andere besudelt ihn mit Kot und Urin.
Beide aber ernähren sich von den Exkrementen anderer. Beide hatten die
Buddhamönche abfällig beschimpft, wie Dreck behandelt, jetzt bekommen sie Dreck
zu essen.
Vers 766 d: PTS hat
saddahase, dagegen in der Parallelzeile in 806 saddāyase,
wie auch PED p. 675. Von sadda (Ton, Geräusch). Offenbar gibt der Peta
stöhnende Töne von sich, Klagen.
Vers 767: wie Pv 27 usw.
Vers 768: wie Pv 30 a - c
usw.
IV,9: Die Dung-Esser II
Identisch mit IV,8,
außer daß hier eine Hausfrau es ist, die Petī wird.
IV,10: Die Peta-Schar
In Sāvatthī,
dessen meiste Einwohner dem Buddha vertrauten, lebte auch eine Gruppe von
Materialisten. Da sie vordergründig an nichts anderes als sinnliches Genießen
in diesem Leben dachten und alle Ermahnungen in den Wind schlugen, waren sie
geizig. Sie gaben nichts ab, sie taten nichts für andere, waren gleichgültig
gegenüber den Wünschen und Nöten anderer. Nachdem sie lange gelebt hatten,
starben sie kurz nacheinander. Sie, die nicht ans Jenseits geglaubt hatten, fanden
sich als Gruppe von Gespenstern wieder. In jener Welt lebten sie nahe von Sāvatthī. Als Mahāmoggallāno auf
Almosen zur Stadt ging, sah er sie, und er fragte:
Mahāmoggallāno: Nackt seid ihr, unschön anzusehn,
seid abgezehrt, die Adern
frei,
o ihr, die ihr die Rippen
zeigt,
wer seid ihr denn, ihr Herren
da? (782)
Petas: Gespenster sind wir ja, o Herr,
in Yamas Reich hinabgelangt.
Weil böses Wirken wir
gewirkt,
gelangten wir zur Petawelt.
(783)
Mahāmoggallāno: Was habt ihr Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist,
für welches Wirken reift es
euch,
daß solches Leiden ihr
erfahrt? (784)
Petas: Am öffentlichen Badeplatz
wir heimsten halbe Groschen
ein.
Obwohl's genug zum Geben gab,
wir schafften uns kein Eiland
draus. (785)
Wir nähern zitternd uns dem Fluß,
doch er ist leer an Wasser
uns.
Bei Hitze suchen Schatten
wir,
doch wird zur Hitze er für
uns. (786)
Ein Wind, der feurig ist und heiß,
der weht uns an, versenget
uns.
Doch wir verdienen das, o
Herr,
ja, wir verdienen Schlimm'res
noch. (787)
Wir wandern viele Meilen weit
nach Nahrung gierig, hungrig
sehr.
Wir finden nichts und kehren
um,
wir haben, ach, fast kein
Verdienst. (788)
Ohnmächtig von dem Hunger dann
zur Erde fallen wir, o Herr.
Da liegen flach wir
hingestreckt,
kopfüber sind wir hingefall'n.
(789)
Und wenn wir so da liegen nun,
gefallen auf den Boden hin,
wir schlagen uns an Kopf und
Brust,
wir haben, ach, fast kein
Verdienst. (790)
Doch wir verdienen das, o Herr,
ja, wir verdienen Schlimm'res
noch.
Obwohl's genug zum Geben gab,
wir schafften uns kein Eiland
draus. (791)
Wenn einst von hier wir scheiden ab,
wenn Menschenschoß erreichen
wir,
ansprechbar, tugendhaft
bewährt,
viel Heilsames woll'n wir
dann tun. (792)
Bemerkungen:
Diese
Schar von Materialisten lebte wie die große Menge der Menschen heute. Schon
damals sagte der Buddha, daß die meisten Menschen nach dem Tode abwärts gehen.
So auch diese. Es ist gar nicht nötig, Böses zu tun, um zur Gespensterwelt
durchschnittlicher Art zu kommen. Wer sein Verdienst im Menschentum aufzehrt
und nichts neues Gutes wirkt, der steht leer da, d.h. er ist hungrig, durstig,
nackt. Die Welt verweigert sich ihnen, so wie sie sich einst weigerten, für die
Zukunft vorzusorgen durch gute Werke. Sie wissen aber, daß es für sie schon ein
kleines Verdienst bedeutet, nicht höllennahe Petas geworden zu sein oder gar
in die Hölle zu kommen oder zur Tierheit. Eigentlich scheint es ihnen, daß ihre
Hartherzigkeit, Nächstenblindheit und Oberflächlichkeit noch schlimmere Ernte
verdient hätte. Indem sie so ihr Versagen bereuen, bahnen sie sich den Weg zu
künftigem Menschentum, in dem sie dann viel Heilsames wirken wollen.
Vers
782 - 785: Parallelen mit Variationen in 95, 767, 768, 466
Vers
785 wie 466: PTS hat: anāvaţesu titthesu vicinimh'addhamāsakam.
Als v.l.
werden beide Male angegeben: anavajjesu und addha. Der Sinn scheint verdorben.
An-avajja heißt tadelfrei, was keinen Sinn gibt. An-avata = nicht geschlossen =
öffentlich. Vicinati = unterscheiden, herumsuchen, herumlungern. addha-māsaka = halbe Groschen, wohl populär für
"Geld". In Vers 466 ist der Sinn klar (Hure), hier nicht. Ob sie verlorene
Geldstücke suchten? Die Übersetzung "halber Monat" ist abzulehnen (s.
bei Pv III,6).
Vers 790/1: verdienen
(arahati = gebühren); Verdienst (puñña)
IV,11: Patna
Eine Reihe von Kaufleuten aus Sāvatthī und Patna (damals Pātaliputta) segelten nach dem Goldland (Suvanna-bhūmi, wohl Niederburma). Unterwegs starb einer von
ihnen an einer Krankheit. Er war ein Laienanhänger, der heftig in eine Frau in
Patna verliebt war. Trotz seiner guten Werke kam er nicht zur Götterwelt,
sondern nur zu einem glücklichen Gespensterdasein (vemānika-peta),
weil er seiner Geliebten näher sein wollte. Seine Stätte war mitten im Ozean.
Dort hegte er weiter seine Sehnsucht nach ihr.
Sie ihrerseits reiste auch
per Schiff zum Goldland. Als der Peta das sah, stoppte er mit magischer Macht
das Schiff, um sie zu erlangen. Die Kaufleute auf dem Schiff wunderten sich,
daß das Schiff ohne äußeren Grund nicht weiterfahren konnte. Sie glaubten,
unter ihnen sei ein schwarzes Schaf, das schuld daran sei. Sie warfen daher das
Los. Durch die Magie des Peta fiel es dreimal auf die Frau. Da setzten sie sie
auf ein Bambusfloß in den Ozean. Im gleichen Augenblick war das Schiff wieder
flott.
Der Peta nahm die Frau in
seinen Palast und war glücklich mit ihr. Das dauerte ein Jahr. Dann wurde sie
unzufrieden, und zwar aus einem guten Grund. Sie sagte zu ihrem Freund: "Solange
ich hier weile und nur genieße, kann ich, nichts Sinnvolles für die andere Welt
tun. Bitte, bring mich nach Patna zurück." Da er sie wirklich echt liebte,
sagte er:
Peta: Gesehn hast du die Höllen und den Schoß der Tiere,
die Petas, die Asuras,
Menschen und auch Götter.
Du selber hast gesehn, wie
alle Taten reifen.
Nach Pātaliputta
zurück werd ich dich bringen. (793)
die Frau: Du, Yakkha, hast mein Wohl im Sinn,
du, Gottheit, wünscht mein
wahres Heil.
Ich tu nach deinen Worten
nun,
der Lehrer bist du ja für
mich. (794)
Gesehn hab ich die Höllen und den Schoß der
Tiere,
die Petas, die Asuras,
Menschen und auch Götter.
Ich selber hab gesehn, wie
alle Taten reifen,
Verdienste will ich wirken
nunmehr, und nicht wenig. (795)
Der Peta brachte sie durch die Luft nach Patna, setzte sie
mitten in der Stadt ab und kehrte zurück. Ihre Freunde und Verwandten freuten
sich, weil sie sie schon totgeglaubt hatten. Sie fragten sie nach ihrem
Erleben, und sie erzählte alles.
Bemerkungen:
Der
Peta lebt wie ein Gott. Er hat kein Leiden, hat magische Fähigkeiten, und ihm wird
sein Herzenswunsch erfüllt, mit der Geliebten zusammen zu sein. Das einzige,
was ihn von einem Gott unterschied, war die zunächst erlebte Einsamkeit. Die
Frau redet ihn daher als Yakkha und Gottheit an. Er verdiente sich sein
göttliches Dasein durch seinen Verzicht. Daß er aus höherer Liebe auf
begehrliche Liebe verzichtete, das ist ein sehr verdienstvolles Wirken. Und
daß er seiner Freundin das Gesetz von Saat und Ernte erklärte, ist es
ebenfalls. Er konnte also Gutes tun, während sie dazu noch die Rückkehr ins
Menschentum benötigte. Wieso sie das gesamte Jenseits mit Himmeln und Höllen
gesehen hat, wird nicht erklärt, ebensowenig wird begründet, wieso sie in der
glücklichen Gespensterwelt nichts Sinnvolles wirken könne.
IV,12: Die Mangos
In Sāvatthī lebte
ein Hausner, der verarmte. Seine Frau starb, seine einzige Tochter brachte er
bei einem Freund als Dienstmädchen unter. Er selber lieh sich Geld, kaufte
Waren für 100 Kahāpana und schloß
sich einer Karawane von Kaufleuten an, um Handel in der Ferne zu treiben. In
kurzer Zeit gelang es ihm, nicht nur sein Kapital zurück zu erlangen, sondern
noch einen Überschuß von 500 Kahāpanas zu erzielen.
So kehrte er mit anderen Kaufleuten wieder nach Sāvatthī
zurück. Unterwegs wurden sie von Räubern überfallen. Die anderen Kaufleute
flohen sofort in alle Winde. Er warf sein Geld in ein Gebüsch und versteckte
sich. Die Räuber fanden ihn aber und brachten ihn um. Er wurde dann als Peta
wiedergeboren, und zwar am Ort des Überfalls.
Als die Tochter vom Tod ihres Vaters hörte,
spendete sie dem Buddha Reisgrütze in einem Bronzetopf, ein Tuch und schöne
Mangos. Sie bat ihn, er möge dies so annehmen, als habe ihr Vater es gespendet.
Das tat der Buddha auch. Durch diese Widmung erlangte der Peta ein schönes Vimāna
und beendete sein normales Peta-Dasein damit. Als die Kaufleute später ihre
Reise wiederholten, lagerten sie am gleichen Ort, sahen den Peta und befragten
ihn:
Händler: Du lebst an einem lieblich Lotosteiche,
mit gutem Zugang und mit
reichlich Wasser,
mit Blumen schön, umsummt von
Bienenschwärmen.
Wie hast du dies erlangt, das
so entzückend? (796)
Du lebst in einem lieblich Mangohaine,
der Früchte trägt zu allen
Jahreszeiten,
mit Blumen schön, umsummt von
Bienenschwärmen.
Wie kommt's, daß du erlangt
hast dies Vimāna? (797)
Peta: Weil reife Mangos, Wasser auch,
Reisgrütze meine Tochter gab,
deshalb hab dieses ich
erlangt
und leb im kühlen Schatten
schön. (798)
Dann gab der Peta den Händlern das in den
Busch geworfene Geld und sprach: "Behaltet für euch die Hälfte, die andere
übergebt meiner Tochter als mein wohlverdientes Geld. Sie möge davon glücklich
leben." Die Händler taten dieses. Die Tochter aber bezahlte mit 100 Kahāpanas die Schulden ihres Vaters und übergab 400 Kahāpanas ihrem Dienstherrn. Er gab es ihr wieder zurück
und gestattete, daß sie seinen Sohn heiratete. Bald gebar sie einen Sohn und
sang ihm folgendes Lied:
Sichtbaren Lohn des Wirkens
mögst du sehen,
die Frucht von Geben, von
Beherrschung, Züglung.
Ich war nur Dienerin, in
gutem Hause zwar,
doch Schwiegertochter bin ich
jetzt und Herrin. (799)
Bemerkungen:
Der
Kaufmann war ein normaler Mensch, d.h. jemand, der sein Verdienst aufzehrte,
ohne für die Zukunft zu sorgen. Daher kam er in die normale Gespensterwelt. Da
er nur Geld im Sinne hatte, nichts Höheres, so konnte er keine guten Werke
aufweisen und wurde ein Hungergespenst. Erst als seine Tochter ihm ihre Gabe an
den Buddha widmete, wurde er ein glückliches Gespenst mit einem schönen Vimāna.
Dort wirkte er aber nun selber auch Gutes und half seiner Tochter aus dem
Jenseits, wie geschildert, zu ihrem Glück.
In
der Ausgabe der PTS von 1888 und dem Kommentar von 1980 steht noch ein Vers,
und zwar wörtlich genau derselbe wie in Ud II,8 und J 100. Nach dem Kommentar
soll ihn der Buddha gesprochen haben, als er der Tochter magisch erschien.
Auch Gehmann bringt den Vers, sieht sich aber gezwungen, denn Sinn dreifach zu
verändern, um ihn passend zu machen. Erstens korrigiert er pamattam (Lässigkeit)
in samattam (the right). Dann macht er aus ativattati (überwältigt, verführt)
einen positiven Sinn (overcomes), und drittens macht er aus dem Akkusativ
(pammattam) den gleichlautenden Nominativ:
"The right
overcomes the unpleasant by what seemeth pleasant,
the unloved by what
seemeth loved, the ill by what seemeth happy."
Aus
Ud II,8 ergibt sich aber der genau umgekehrte Sinn:
Widriges in Form von Schönem,
Unliebes
in Form von Liebem,
Leiden
in Gestalt von Wohl kommt
über
einen, der nicht achtgibt.
(Üb. v. F.
Schäfer)
IV,13: Die Achse und der Baum
Ein Laienanhänger des Buddha
aus Sāvatthī belud einige Ochsenkarren mit Waren,
zog ostwärts nach Videha und verkaufte dort alles. Dann belud er seine Wagen
mit dortigen Waren und kehrte auf der Straße nach Sāvatthī
zurück. In einem Wald brach einem Wagen die Achse. Damals war ein Mann aus
seinem Dorf in den Wald gekommen, um einen Baum zu fällen. Mit Axt und Beil
versehen, traf er nun den Kaufmann. Aus Mitleid mit ihm fällte er einen Baum,
machte aus dem Holz eine starke Achse und baute sie in den Wagen ein. Er
berechnete aber nichts für seine Arbeit, sondern tat es aus Freundschaft. Als
er bald darauf starb, wurde er im gleichen Wald als eine Erdgottheit wiedergeboren.
Als er über seine einstige gute Tat nachdachte, die ihm zu seinem Götterdasein
verholfen hatte, begab er sich nachts zum Haus des Laienjüngers und sprach, an
der Tür stehend, einen Vers zu ihm:
Das, was man gibt, kommt nicht genau
zurück.
Doch Geben lohnt in beiden
Welten sich,
durch Geben geht zu beiden
man:
Drum sei man wachsam, lässig
nimmer. (800)
Bemerkungen:
Der
Vers deutet an, daß der Mann die Auffassung gehabt hatte, wer eine Achse
spende, der bekomme im Jenseits eine Achse, oder wer einen Baum gebe, der werde
ein Baumgott. Nun sah er aber, daß die Ernte nicht so buchstäblich ist. Das
will er dem Kaufmann sagen. Außerdem tritt er auch der Auffassung entgegen, daß
Geben sich n u r im Jenseits oder nur im Diesseits auswirke. Er sagt sehr
richtig, daß die Ernte in beiden Welten Segen bringe, sich lohne. Das Geben
überwindet (tarati = hinübergehen = transzendieren) das Gesetz der Welt.
IV,14: Reichtum raffen
In Rājagaham
lebten vier Frauen, die mit Lebensmitteln handelten, mit Butterschmalz, Honig,
Sesamöl und Korn. Dabei verwendeten sie auch falsches Maß und Gewicht, aber so
raffiniert, daß niemand den Betrug merkte. Sie sammelten großen Reichtum. Als
sie kurz nacheinander gestorben waren, fanden sie sich als Petīs
wieder vereint. Außerhalb der Stadt waren sie in einen Graben gebannt. Als
höllennahe Gespenster wurden sie dort nachts von ihrem Elend überwältigt,
während sie am Tage nur normale Hungergespenster waren. Vor Schmerzen liefen
sie nachts hin und her und schrien laut. Die Leute in Rājagaham
konnte sogar die Schreie aus jener Welt hören und bekamen
große Angst. Sie gingen daher zum Buddha und fragten ihn nach der Ursache der
Laute. Dieser sagte ihnen, warum die Petīs dorthin
gelangt seien. Nun täten sie nachts nichts anderes, als immer den gleichen Vers
laut schreiend zu wiederholen:
Zusammen rafften Reichtum wir,
auf geradem und auf schiefem
Weg.
Den nun genießen andere,
doch unser Teil ist Leiden
nur. (801)
IV,15: Die Söhne des Gildemeisters
König Pasenadi ritt einmal auf seinem
prächtigen Staatselefanten durch seine Hauptstadt Sāvatthī.
Da fiel sein Blick zufällig auf das obere Stockwerk eines vornehmen Hauses.
Dort sah er eine Frau, blendend schön wie ein Göttermädchen. Sein Herz war
sofort entflammt und gefesselt, denn er war sehr lüstern und konnte sein Herz
nur schwer zähmen. Er hatte zwar seine geliebte Königin Mallikā
und dazu einen Harem voll schönster Frauen, aber all das erschien ihm in der
Verblendung durch die momentane Faszination zu nichts hinwegzuschmelzen.
Seine Gier wollte nur jenes Weib, um jeden Preis. Als er sich erkundigte, wer
sie sei, erfuhr er, daß sie verheiratet sei, gut und glücklich verheiratet.
Darüber aber setzte er sich im Geiste schnell hinweg. Er war doch der
allmächtige große König. So schmiedete er Pläne, um den Ehemann aus dem Weg zu
räumen und verfuhr wie in IV,1 mit dem einzigen Unterschied, daß der Ehemann
jener Frau ins Siegerwaldkloster ging, um dort zu übernachten.
In der Nacht aber, als im
Palast alles totenstill war, wachte er plötzlich auf. Ganz deutlich hörte er
Stimmen, ohne jemanden zu sehen. Es waren vier verschiedene Stimmen, deutlich
voneinander zu unterscheiden. Die erste Stimme sagte immer: "sa", die zweite Stimme wiederholte ständig die Silbe
"na", die dritte sprach "du", und die letzte äußerte immer
"so". Er war entsetzt über diese unheimlichen Geisterstimmen, die
Haare sträubten sich ihm, und er konnte nicht wieder einschlafen, als die
Stimmen schwiegen. Von Todesangst befallen, setzte sich der König auf und
erwartete zitternd den Sonnenaufgang. Um diese Zeit pflegten die Brahmanen
seines Hofes ihm aufzuwarten. Auf ihre Frage, ob Seine Majestät wohl gut geruht
habe, erwiderte er: "Wie sollte ich, ihr Lehrer! Heute Nacht habe ich
schreckliche Laute gehört." Und er berichtete alles. Er wollte nun wissen,
was jene dämonischen Stimmen zu bedeuten hätten, welches Unheil sie wohl
ankündigten. Der Oberhofpriester, der sehr ehrgeizig und habsüchtig war, erwiderte
mit bedenklichem Gesicht: "Es sind gewaltige Töne, o Majestät."
"Sind sie wirkungslos zu machen oder nicht?" fragte Pasenadi. Der
Oberpriester antwortete: "Von selber ist ihre Wirkung nicht aufzuhalten,
aber wir verstehen viel." "Was ist denn zu tun, um die Wirkung
aufzuheben?" "0 großer König, man kann das Unheil abwenden, wenn man
das vierfache Opfer veranstaltet und den Göttern viel Fleisch und viel Geld opfert."
Das vierfache Opfer aber bestand darin, daß von allen Wesen je vier
geschlachtet wurden, angefangen vom Menschen über Elefanten, Stiere, Pferde bis
zur Wachtel. Dieses vierfache Opfer der heruntergekommenen brahmanischen
Tradition ließ der König dann vorbereiten. Viele Lebewesen wurden an Pfosten
beim Opferaltar angebunden. Geschäftig eilten die Brahmanen hin und her und
waren frohen Sinnes in Erwartung von viel gutem Essen und Geld.
Als Königin Mallikā,
die weitblickender und weiser als der König war, dieses
sah, fragte sie ihren Gemahl nach dem Grund. Er aber erwiderte ungehalten:
"Fürstin, was geht dich das an? Du bist nur auf deinen Ruhm versessen,
mein Leid aber kennst du nicht." Und er berichtete alles, was sich seit jener
Nacht abgespielt hatte. Seine Verliebtheit aber, die ihm vor Angst vergangen
war, erwähnte er nicht. Mallikā aber stellte nun eine
Frage: "Großer König, hast du auch den Ersten der Brahmanen in der Welt
der Götter und Menschen nach der Bedeutung der Töne gefragt?" Der König
wollte wissen, wen sie denn mit dieser Bezeichnung meine. Sie antwortete, das
sei der Erhabene, der Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte.
Der König stimmte zu, daß er den Erhabenen
fragen wolle, und bestieg nach dem Frühstück seinen Wagen und fuhr zum
Siegerwaldkloster, berichtete dem Buddha ausführlich die Ereignisse und endete
mit der Frage: "Was wird mir geschehen, weil ich diese Töne hörte?" -
"Gar nichts, großer König", erwiderte der Erwachte, "sei
beruhigt, dir droht keinerlei Gefahr von dort." Und dann erzählte er ihm
die wahre Ursachenverkettung:
Vor langen, langen Zeiten lebten in Benares
vier junge Kaufleute, Söhne des Gildemeisters, die im Jugendrausch Frauen
verführten, in andere Ehen einbrachen und nichts weiter im Sinn hatten, als
ihre Sinnenlust zu befriedigen. Als ihr Leben zu Ende war, kamen sie gemeinsam
in die Hölle und fanden sich in vier großen glühenden Eisenkesseln
wiedergeboren. Nachdem sie dort 60.000 Jahre in der eigenen Glut gekocht
hatten, näherte sich ihre selbstgewirkte äußerste Leidenszeit dem Ende. Sie
kamen langsam und gleichzeitig in den Kesseln empor und sahen schon den Rand,
konnten die Köpfe herausstrecken und waren an der Grenze zum Bereich der
höllennahen Gespenster. Bisher waren sie stumm vor Leiden gewesen. Jetzt
konnten sie sich wenigstens erstmals wieder äußern, und das war in der
Menschenwelt dem König hörbar gewesen. Ihre Freiheit reichte aber nur soweit,
daß sie je nur eine Silbe von dem sagen konnten, was sie auf dem Herzen hatten,
dann sanken sie wieder unter. Sie waren nicht fähig, ihren Vers zu Ende zu sagen.
Der Buddha aber, der die Herzen im Herzen erkennen konnte, wußte, was sie
sagen wollten:
1. Peta: Sagt einer mir, wann's Ende nah?
Gar sechzigtausend Jahre
voll,
ununterbrochen lange wird
gequält in dieser Hölle man. (802)
2. Peta: Nah ist kein End! Ach, wär's zu End!
Es zeiget sich kein Ende an
für uns, die taten Böses
einst,
für mich, für dich, für unser
zwei. (803)
3. Peta: Du, schlecht'stes Leben lebten wir,
da wir bereit zum Geben
nicht.
Obwohl's genug zum Geben gab,
wir schafften uns kein Eiland
draus. (804)
4. Peta: So ich verlasse diesen Ort
und komm zum Menschenschoß
empor,
ansprechbar, tugendhaft
bewährt
viel Heilsames würd ich dann
tun. (805)
Nachdem der König dies vernommen, erkannte
er das Wesen der Leidenschaft, die ihn immer wieder in ihren Strudel zu reißen
drohte. Er sah deutlich das Gesetz von Schuld und Sühne, Saat und Ernte. So gab
er seine lüsternen Pläne ebenso auf wie die blutigen Tieropfer und wandte sein
Herz dem Buddha zu. Der Ehemann der schönen Frau aber, der einer anschließenden
Belehrung des Buddha gelauscht hatte, erlangte die Frucht des Stromeintritts,
den der König nicht erlangte. In IV,1 wird nichts Näheres über das Schicksal
des Ehemanns berichtet.
Bemerkungen:
Diese
Geschichte wird noch an drei weiteren Stellen berichtet, einmal in der
Einleitung zum 314. Jātaka, und in Kommentaren. Die
drei Erzählungen weichen nur geringfügig voneinander ab:
1. J 314: Vierfaches
Opfer; Königssöhne aus Sāvatthī, Reihenfolge der
Töne: Du, Sa, Na, So
2. S 3,9: Opfer von je
500 Wesen, Kaufleute aus Benares (ebenso im Kommentar zu Dh 60)
3. Pv IV,6: Hier wird von
zwei Söhnen Pasenadis berichtet, die ausschweifend lebten und Petas wurden.
Die
Geschichte zeigt gut die Verkettung der Laster: Aus der Idee des Ehebruchs
(Verstoß gegen das 3. Sīla) entsprang die Idee des
Tötens des Ehemannes (1. Sīla) und dafür ein Gewebe
aus Täuschung und Hinterlist (4. Sīla). Und aus
Todesangst des Königs entstand wiederum die Idee des Tötens vieler Wesen.
König
Pasenadi war ein Mensch mit sehr widerstreitenden Eigenschaften und wegen
seiner auch vorhandenen dunklen Triebe konnte er den Stromeintritt nicht
erlangen. Seine Lebensgeschichte: WISSEN UND WANDEL 1969, S. 336 359.
IV,16: Die 60.000 Hämmer
Vor langen Zeiten lebte in Benares ein
Mann, der war wegen seines schlechten Wirkens als Krüppel geboren. Das
einzige, was er konnte, das war, mit einer Schleuder Scherben und Kiesel geschickt
zu schleudern. Mit seinem Katapult schleuderte er Kiesel in die Blätter eines
Feigenbaums, und die Löcher hatten die verschiedensten Gestalten. Mit dieser
Kunst verdiente er sich ein paar Groschen. Als er dem König einen Dienst erwiesen
hatte, indem er den geschwätzigen Hofpriester durch geschickte Würfe von
Dünger mundtot gemacht hatte, schenkte der König ihm vierzehn Dörfer. Mit
seinem so gewonnenen Reichtum machte er sich selber glücklich und alle seine
Untergebenen. Er lebte im Reichtum, aber er vergaß nicht die nächste Welt. So
unterstützte er alle Bittenden, die zu ihm kamen, spendete an Asketen und
Brahmanen. Und die, die von ihm seine Kunst lernen wollten, denen gab er
Nahrung und Lohn.
Eines Tages kam wieder ein Mann zu ihm, der
seine Schleuderkunst lernen wollte. Das tat er auch. Nachdem er genug gelernt
hatte, zog er wieder fort. Jetzt wollte er seine neu gelernte Kunst auch
praktisch erproben. Da sah er einen Mann am Gangesufer sitzen, und aus Übermut
schoß er auf ihn. Der Kiesel war so durchschlagskräftig, daß er dem Mann den
Kopf zersplitterte und dessen Tod herbeiführte. Der Tote aber war der Einzelerwachte
Sunetta. Als die Leute von dieser Untat hörten, kamen sie mit Erdklumpen und
Stöcken herbei und schlugen ihn auf der Stelle tot. Er kam dann in die Erzhölle,
wo er Tausende von Jahren Qual erlitt. Zur Zeit unseres Buddha
wurde er als Folge des Restes jener Übeltat ein Gespenst bei Rājagaham, ein höllennaher Peta.
Am Morgen, am Mittag und am Abend wurde
sein unmäßig großer Kopf von 60.000 Hämmern geschlagen. Dadurch wurde der Kopf
in tausend Stücke zersplittert. Vor unerträglichem Schmerz fiel er zu Boden,
aber im gleichen Augenblick war sein Kopf wieder da, und er konnte aufstehen.
Als Mahāmoggallāno
eines Tages vom Geierkulm herabstieg, sah er den Peta und sprach ihn an:
Mahāmoggallāno: Warum wie ein Verrückter rennst
gleich einem Tiere du herum?
Du zweifellos hast bös
gewirkt,
daß du nunmehr so stöhnen
mußt. (806)
Peta: Ich bin ein Peta ja, o Herr,
ging abwärts, kam in Yamas
Welt.
Weil böses Wirken ich
gewirkt,
gelangt ich in die Petawelt.
(807)
Der Hämmer sechzigtausend sind's,
die schlagen mir auf meinen
Kopf
mit aller Wucht und voller
Kraft,
zersplittern mir den Schädel
ganz. (808)
Mahāmoggallāno: Was hast du
Böses denn getan
in Werken, Worten und im
Geist,
für welches Wirken reift es
dir,
daß solches Leiden du
erlangt? (809)
Der Hämmer sechzigtausend
sind's,
die schlagen dir auf deinen
Kopf
mit aller Wucht und voller
Kraft,
zersplittern dir den Schädel
ganz. (810)
Peta: Ich sah einst Buddha Sunetta,
der seine Sinn entfaltet
hatt',
wie unter einem Baum er saß.
In Schauung, frei von jeder
Furcht. (811)
Tonscherben schleudert ich
auf ihn,
so daß der Schädel ihm
zerbrach.
Für dieses Wirken reift es
mir,
daß solches Leiden ich
erlangt. (812)
Volle Sechzigtausend waren's,
die als Hämmer voller Kraft
sausten nieder dann auf mich,
spalteten mir gar das Haupt.
(813)
Mahāmoggallāno: Durch das Gesetz ist's, Elender,
daß sechzigtausend Hämmer nun
dir schlagen wohl auf deinen
Kopf
mit aller Wucht und aller
Kraft
zersplittern dir den Schädel
ganz. (814)
Bemerkungen:
Dieser
letzte Bericht des Peta-vatthu wirft manche Fragen auf: Die Vorgeschichte vom
kieselwerfenden Krüppel, den der König belohnt, ist im 107. Jātaka
ausführlich erzählt. In der Einleitung zu diesem Jātaka
aber wird berichtet, daß auch der Krüppel zur Zeit des Buddha wiedergeboren
und ein Mönch wurde, der die Lust am Kieselwerfen noch nicht verloren hatte
und einen Schwan tötete. Im Pv wird über das Schicksal des Krüppels nichts
weiter gesagt. Wegen seiner guten Werke dürfte er zunächst in den Himmel
gekommen sein. Und während der andere Tausende von Jahren in der Hölle
schmorte, lebte er ebensolange in himmlischem Glück. Beide wurden dann aber zur
Zeit des Buddha wiedergeboren, und beide hatten noch Folgen des Kieselwerfens
zu tragen, der Mann noch das Leiden der Hämmer, der einstige Krüppel noch die
Fähigkeit, die er dann zu Unheilsamem verwendete. Nach J 107 tadelte der
Buddha ihn dafür, und er dürfte von dieser Kunst nicht wieder schlechten
Gebrauch gemacht haben. Überhaupt ist dieses für einen Mönch unziemlich.
Der
Einzelerwachte Sunetta ("Schön-Auge") kommt noch zweimal vor, und zwar
nur im Peta-vatthu: So wird ihm in III,2 und IV,7 seine Schale zerbrochen.
Dafür kommt der Übeltäter in die Hölle, ebenso wie er hier in die Erzhölle
kommt.
Karmisch
muß der Einzelerwachte Sunetta früher sehr schlecht gewirkt haben, daß ihn
nicht weniger als drei solcher bösen Angriffe treffen. Karmisch muß auch der
Krüppel schlecht gewirkt haben, daß er als verkrüppelter Mensch wiedergeboren
wurde.
Die
Frage, wieso 60.000 Hämmer den Kopf treffen können, versucht der Kommentar
dadurch zu beantworten, daß er sagt, der Kopf des Mannes sei groß wie ein
Bergstock gewesen. In der astralen Dimension ist in der Tat vieles möglich,
was uns unmöglich scheint, z.B. daß Tausende von Wesen auf einer Nadelspitze
Platz haben.
Nachwort
1. Das Petareich
Ebenso wie es innerhalb des Menschentums
die größten Unterschiede zwischen Glück und Unglück gibt - vom Slum-Bewohner
bis zum Mahārāja -, so gibt es auch innerhalb des
Gespensterreichs eine außerordentlich große Variationsbreite von qualvollstem
Elend bis zu paradiesischem Wohl. Und so wie die Menschenklassen der
Bedauernswerten oder der Beneidenswerten ausschließlich durch eigenes Wirken
bestimmt sind, so sind auch die Gespensterklassen selber gewirkt und verdient.
In grober Einteilung grenzen
die Gespenster einerseits an die Hölle und andererseits an den Himmel. Zwischen
Dunkel und Licht, innerer und äußerer Finsternis bis zu innerer und äußerer
Helle, spannt sich der weite Bogen der existentiellen Empfindungsmöglichkeiten.
Ebenso wie bei den Menschen meistens Dunkel und Licht gemischt sind, so ist es
auch bei den Petas: Die extremen Formen der Höllen-
oder Himmelsnähe sind die Ausnahmen. Die breite Mitte zwischen Schwarz und Weiß
aber ist das Grau.
In der dunkelsten und
trübsten Jahreszeit unserer Breiten, im November, gedenkt die Katholische
Kirche seit bald tausend Jahren am Allerseelentag der Armen Seelen im Fegefeuer
und regt an zu Mitleid mit ihnen, zu Fürbitte und Seelenmessen. Es ist kein Zufall,
daß auch das säkularisierte Denken der Moderne
Totensonntag, Volkstrauertag und Bußtag auf den November gelegt hat. Grau,
fahl, trüb, wolkenverhangen, sonnenlos, kühl, öde -
dieses Bild des Novembers ist ein passendes Abbild der Stimmung und des Klimas
der Gespensterwelt. Während in der Hölle nicht das geringste natürliche Himmelslicht
leuchtet und künstliches Licht von peinigendem Feuer herrscht, während die
Götterwelten dagegen völlig hell und sonnig im milden Licht eines Maitags
glänzen, während die Menschenwelt den ewigen Wechsel zwischen Tag und Nacht,
Sonne und Dunkel hat, liegt die Gespensterwelt in fahler Dämmerung und
düsterem Grau. Zwischen stockdunkler Nacht und eitel Sonnenschein liegt die
Dimension ewiger Bewölkung, die Region der Petas.
Was bei den alten Juden das
Totenreich (Scheol), was in der griechischen
Mythologie das Schattenreich (Hades), was bei den Germanen Nebelheim (Niflheim) war, und was das Christentum Fegefeuer oder
Bereich der Armen Seelen nannte, das ist in Indien die Gespensterwelt (peta-loka).
Die Peta-Welt
als Grauzone läßt sich vielleicht an einem Beispiel
aus der Mitte unseres Jahrhunderts und Kontinents verdeutlichen und in ihrer
Vielfalt verständlicher machen, nämlich an den Besatzungszonen nach 1945:
Die Gespensterhölle der
höllennahen Petas ähnelt der russischen Zone mit
ihrem systematischen Terror, mit den geplanten Vergewaltigungen am Anfang, den
Verschleppungen nach Osten, der Vernichtung durch Arbeit, dem Spitzelsystem und
der Unterdrückung jedes selbständigen Gedankens. Das Grau in Grau dieser
mürrischen Öde war durch ständige Furcht vor der Willkür der Machthaber
gekennzeichnet.
Die normale Mitte der
Gespensterwelt ähnelt den Westzonen, wo es keine Folterungen und keinen Terror
gab, dafür aber wie im Osten denselben Mangel an Lebensmitteln, verbunden mit
etwas Demokratie und mit blühendem Schwarzmarkt.
Der Gespensterhimmel ist
vergleichbar der neutralen Schweiz, die Freiheit und Wohlstand besaß und nur
durch gewisse Rationierung einen Reflex des mitteleuropäischen Mangels
erlebte.
Kurz: Ostzone = Hunger plus
Terror; Westzonen = Hunger ohne Terror; Schweiz = weder Hunger noch Terror.
Ebenso weit, wie hier die Unterschiede im Wohlbefinden waren, ebenso weit sind
sie in der Petawelt mit ihren drei Klassen oder
Zonen.
2. Normalgespenster
Bei den durchschnittlichen Gespenstern gibt
es drei Gruppen, wie in Mil 294 begrifflich
unterschieden:
1. Die normalsten Normalen sind die, die in
erster Linie Hunger und Durst leiden. Sie können nicht einmal Auswurf verzehren,
bleiben absolut ungesättigt. Das wichtigste Lebensbedürfnis bleibt
unbefriedigt, aber ohne daß sie verhungern oder
verdursten können, ja auch ohne Möglichkeit des Selbstmords. Sie sind dazu
verurteilt, beständig und unveränderlich diesen Nahrungsmangel zu erleiden. Sie
suchen nach Nahrung, aber sie finden keine, oder wenn sie welche finden, dann
verweigert sie sich ihnen und weicht zurück wie bei Tantalos.
Sie werden als solche wie folgt erblickt und von Menschen angeredet:
"Nackt bist du, unschön anzusehn,
bist abgezehrt, die Adern frei,
o du, von der man Rippen
sieht,
du Magre, sag, wer bist du
wohl?"
(Pv 26, 35,
95/116, 134, 156, 237, 463, 782 mit kleinen Varianten)
Weil sie keine Nahrung bekommen, sind sie
abgezehrt, mager, mit herausstehenden Rippen, freien Adern, also häßlich. Und dieses "Gerippe mit Haut" ist auch
nicht von Kleidung bedeckt, sondern nackt. So ist die Unschönheit dieses Elends
offenbar. Sie sind ein wandelndes Symbol des Mangels, des Verweigerns, der
Rücksichtslosigkeit. "Hungergespenster" werden sie mit Recht genannt,
oder "Arme Seelen". Nichts gehört ihnen, von dem sie sich ernähren
können. Nicht einmal ein Kleid gehört ihnen. Sie sind ärmer als eine
Kirchenmaus. Trotzdem sind sie gegenüber den höllennahen Petas
in großem Vorteil, denn sie werden nicht auch noch zusätzlich verfolgt oder
gejagt.
2. Abfallfresser sind solche Petas, die sich
immerhin von Abfall ernähren können. Das ist relativ zum "ewigen" Mangel
immer noch etwas besser, auch wenn es die ekligsten Dinge sind. Da ernähren sie
sich von Kot (III,4 u. IV,8, S 19,11 - 12), von Kot,
Urin und Blut (I,9), von Kotze, Rotz, Blut der Menstruation oder Blut
Hingerichteter oder von Ölresten (II,2), also von "Derelinquiertem",
von etwas, das aufgegeben ist, was herrenlos ist. Oder Petas
schlagen sich untereinander blutig und trinken dann Blut und Eiter (I,11). Oder als Gegenteil zu Ungeliebtem wird gerade
Geliebtes (eigene Kinder} verzehrt (I, 6 - 7), ja Fleisch vom eigenen Rücken
(III, 4 u. 9), was schon höllennah ist. So bizarr uns diese Fälle erscheinen mögen, im Dreißigjährigen Krieg hat es bei uns auf Erden sehr Ähnliches gegeben, als der Hunger die Menschen trieb.
3. Dann gibt es aber auch normale Gespenster, die das Privileg haben,
zeitweise gesättigt zu werden, wenn Verwandte ihnen etwas widmen. Das setzt
Verdienst voraus als Möglichkeit, und zweitens setzt es weiter voraus, daß Verwandte auf Erden vorhanden sind und an die Petas denken und ihnen etwas widmen, was nur möglich ist,
wenn sie daran glauben. Näheres bei Verdienst.
3. Höllennahe Gespenster
Die erste Gruppe unterscheidet sich von den
normalen Hungergespenstern nur dadurch, daß außerdem
noch Zusatzleiden vorhanden sind:
Einer hat ein häßliches Schweinemaul (I,2), oder
der Mund stinkt und wird von Würmern zerfressen (I,3; III,10), oder eine Petī stinkt und wird von Fliegen belästigt (I,6). Einer hat
krumme Finger, einen verzogenen Mund und Triefaugen (II,9).
Noch näher an die Hölle
kommen die, denen Kleider, die sie berühren, zu glühendem Kupfer werden (I,9) oder deren Füße von Schneidegras aufgerissen werden
(III,2).
Die zweite Gruppe wird direkt
gefoltert und schmerzhaft gepeinigt: Da mißhandeln Petas sich gegenseitig mit Hämmern den Körper (I,11), oder Hämmer zerschlagen ihnen den Kopf (III,4 u.
IV,16), auf dem Kopf brennt Stroh (III,4), Schwerter sausen herab, und
Ätzlauge betropft sie (III,10). Petas werden in einem
Graben zerquetscht (IV,6). Am höllischsten sind die Petas, die eben den Kopf über einen Glühkessel der Hölle
erheben und klagen (IV,15).
Die dritte Gruppe sind in S 19 genannte
Fälle, bei denen die Petas Flüchtlinge sind, die
durch die Luft gejagt werden. Während die götternahen Petas
daran leiden, daß sie an einen Ort gebannt sind,
leiden die höllengleichen Petas daran, daß sie nirgend verweilen können
und immer verfolgt, aufgescheucht und gejagt werden, meist durch Raubvögel oder
durch scharfe Waffen oder einfach durch Feuer.
Die Übergänge sind überall fließend, auch
die Übergänge von höllennaher Petawelt zur Hölle. Der
Unterschied zeigt sich daran, daß in der Hölle ausschließlich
und pausenlos Leiden ist, während die Petas manchmal
dem Leid entfliehen können und manchmal eine Pause eintritt und vor allem ihnen
Verdienst gewidmet werden kann, was für Höllenwesen nicht möglich ist. Insofern
ist der dürre Baum, der etwas Schatten gibt, relativ doch besser als die
glühende Kohlengrube, die dauernd Leiden bedeutet. So wird in M 12 Petawelt und Hölle klar unterschieden.
4. Teilzeit-Gespenster
Es gibt eine Art von Petas,
die in gemischten Verhältnissen und mit gemischten Gefühlen leben. Zeitweise
haben sie dasselbe Wohl wie die erdnahen Götter und überragen insofern die Petawelt völlig; zeitweise aber werden sie wie höllennahe
Gespenster gepeinigt und sinken unterhalb des Niveaus der durchschnittlichen Petas. Schneidet man aber diese Ober- und Unterlängen ab,
dann bleibt als Plus-Minus-Null ein normales Gespensterdasein übrig. Was sie an
zusätzlichem Wohl erleben, das müssen sie genau mit zusätzlichem Leiden
erkaufen. Und der Grund für diese Phasenverschiebung ist, daß
sie als Menschen ebenfalls zeitweise recht gut und zeitweise recht schlecht
wirkten. Als Lohn des guten Wirkens sind sie Teilzeitbeschäftigte im Paradies,
als Ernte des schlechten Wirkens leiden sie in der übrigen Zeit Mangel.
Meist verteilen sich Glück
und Leid auf Tag und Nacht. Eine Petī lebt tags im
Glück und wird nachts vom Höllenhund gefressen, weil sie nachts Ehebruch
betrieb und es abstritt (II,12). Häufiger ist der
umgekehrte Fall: Ein Peta lebt nachts im Glück und
wird tags auf einem Leichenfeld von Hunden angefallen, weil er am Tage der
Jagdleidenschaft frönte, sich aber nachts davon zurückhielt (III,8). Ein Jäger von Beruf enthielt sich nachts und jagte nur
tags. Er wird am Tage von Hunden gejagt, nachts aber kann er frei lustwandeln
(III,7). Ein bestechlicher Richter, der aber einmal
einen halben Feiertag eingehalten hatte, erlebte nachts strahlendes Glück,
tags riß er sich sein eigenes Fleisch vom Rücken und
fraß es (J 511 = Pv III,9).
Eine andere Verteilung findet
sich in J 41 und 439. Dort wird von 4, 8, 16, 32 Petīs
berichtet, die jeweils auf einer Insel leben. Sieben Tage leben sie im Glück,
dann aber erfolgt der Schichtwechsel, und sie müssen sich entfernen, um sieben
Tage Leid zu erleben, das aber nicht näher beschrieben wird. Auch fehlt jede
Angabe, wofür sie diese Art von Doppelexistenz erlebten (J 41 = J 439).
5. Glückliche Gespenster
Abgesehen von den Teilzeitgespenstern, die
nur zum Teil glücklich leben, es aber mit Leiden zu anderer Zeit erkaufen müssen,
kommen im Peta-vatthu acht Fälle rein glücklicher
Gespenster vor, die ein götternahes Dasein genießen. Sie heißen vemānika-peta, d.h. Gespenster, die eine Art Schloß oder Anwesen besitzen (Näheres über Vimāna im Vimāna-vatthu), und
sind von unserem Begriff "Gespenster" überhaupt nicht mehr gedeckt.
Sie sind auf den ersten Blick überhaupt nicht von den nächsthöheren
Göttern der Vier Großkönige zu unterscheiden.
Bei näherem Zusehen zeigt sich aber, wieso
sie unterhalb der Götter, ja sogar glücklicher Menschen stehen:
1. Götter und Menschen können geistigen Austausch
pflegen und sich läutern. Sie können im Verbund nach Höherem streben, können
sich von guten Freunden beeinflussen lassen. So gibt es im Menschentum
religiöse Orden, und selbst bei niederen Göttern gibt es Ariyas.
All das fehlt bei den Glücks-Petas. Kein Ariya kann Peta werden, und kein Peta kann als Peta Ariya werden.
2. Götter und Menschen leben überhaupt in
Gemeinschaft, im Verbund einer ihnen sinnvoll erscheinenden Tätigkeit, und sei
es Hobby oder Spiel. So erleben sie im Austausch mit
dem Du Anerkennung und Beachtung, spielen eine Rolle. Die Glücks-Petas
aber sind vereinsamt, genießen sozusagen ein Paradies in Einzelhaft und sehen
nicht einmal andere. Bestenfalls leben sie mit Untergebenen (Dienerinnen) zusammen
(PV II,12), also nicht auf gleicher Ebene.
3. Götter und Menschen leben in geschlechtlicher
Dualität, sie erleben die Ergänzung durch das andere Geschlecht. Gerade das
aber fehlt jenen Petas in ihrem goldenen Käfig. Sie
verzehren sich nach einem Partner vor Sehnsucht. Das könnte mit den "durstverzehrten Petas" (Mil p. 294) gemeint sein. Wenn sie sich ein besonderes
Verdienst erwirkt haben, können sie sich zeitweise einen menschlichen Partner
in ihr Vimāna holen, sind aber später um so einsamer und trauern dem nach.
4. Götter und Menschen können reisen, sind nicht
an einen Ort festgebunden. Die Götter können sogar in andere Daseinsbereiche
gehen, zu Menschen, zu Petas, zu Höllenwesen, zu
Göttern eine Stufe über ihnen. Die glücklichen Gespenster haben nun zwar
ebenso das Abwechslungsbedürfnis wie Götter und Menschen, aber sie können es
nicht erfüllen. Sie sind z.B. auf eine Insel gebannt (IV,11)
oder an einen See (I,10, III,3 u. 12) oder in eine Einöde (IV,3). Die Götter dagegen
können ihr Vimana wie ein Raumschiff bewegen.
Kurzum: All der Glitterglanz
eines Vemanika-Peta ist doch nur, im Gleichnis von M
12 gesprochen, spärlicher Schatten, voller Mängel, Göttern und normalen
Menschen unterlegen. Manchmal sind diese "glücklichen" Petas sogar auch nackt. (I,10 u. IV,1)
6. Sonstige Arten
Eine ganze Reihe von Wesenheiten aus dem
Bereich der Gespensterwelt kommt im Peta-vatthu
nicht vor. Diese Fehlliste ist hier nun noch zu erörtern:
1. Manussa-peta
(Menschengespenst): Dieser Ausdruck kommt nur in den Jātakas
vor (J 41, 321 E, 516 p. 68), und zwar stets für einen schlechten Mönch, der
schon auf Erden gespenstisch herumirrt, dann krank wird und zur Hölle kommt.
Der Name scheint zu bedeuten: "Elend wie ein Gespenst" oder
"Ein Gespenst in Menschengestalt".
2. peta-rāja
(Gespensterkönig): Er heißt in Indien Yama und
vereinigt in sich die Funktionen eines Herrschers über das Schattenreich (gr.
Hades, lat. Pluto) und eines Totenrichters
(gr. drei Söhne des Zeus: Minos, Rhadamantys,
Aeakos). Yama wird treffend
als Vemānika-peta-rāja bezeichnet (MA II p. 953): Er
existiert als göttergleicher Peta, und sein Leiden
besteht vor allem darin, daß er verurteilt ist, immer
nur zu richten. Seine Sehnsucht aber geht dahin, einmal auf Erden ein Jünger
des Buddha zu werden (M 130). Im Peta-vatthu
wird nun sehr oft von Yamas Reich (Yama-loka, Yama-visaya; in J: Yama-sādana) gesprochen oder von Yamas
Dienern (Yama-purisa; Vv: Yamassa dūta), aber niemals
taucht er selber auf. Das Buch über die Petawelt sagt
also nichts über den "Richter der Schatten" aus. Ebensowenig
kommt er in S 19 vor. Warum er fehlt, bleibt eine offene Frage.
3. Vierergruppe: In Mil
p. 294 werden vier Arten Petas genannt:
a) Vant'āsikā:
Auswurfesser. Sie verzehren Abfall, wie Kot (III,4 u.
8) oder Blut und anderes (I,9 u. 11, II,2) .
b) Khup'pipāsano:
Hunger-Dürstende. Sie bekommen überhaupt nichts zu essen, nicht einmal Abfall.
Der Name kommt in Vers 763 vor.
c) Nijjhāma-tanhikā:
Durstverzehrte. Im Gegensatz zum Trinkdurst (pipāsa) könnte hier der
Lebensdurst (tanhā) gemeint sein, den auch die göttergleichen
Petas noch haben.
d) Para-datt'upajīvino: Von Gaben anderer Lebende, wie
in A V/39 u. 41 u. X/177 erwähnt. Entweder sind diese Petas
als solche geboren, oder sie sind solche unter a/b, die nach Ablauf ihrer
Mangelzeit Spenden von Menschen genießen können (s. unter Verdienst).
Obwohl diese Vierergruppe als solche im Pv nicht vorkommt, sind die einzelnen Arten doch existent.
4. Zwischenweltler
(lok'antarikā sattā), von
denen es bei der Geburt eines Buddha heißt:
"Selbst in den Zwischenwelten, den
schrecklichen, abgründigen, in Nacht und Finsternis gehüllten, wo gar die
Strahlen der Sonne und des Mondes, der so mächtigen, so gewaltigen, nicht hindringen, auch da erscheint ein unermeßliches,
gewaltiges Licht, das selbst die Leuchtkraft der Götter übertrifft. Und die
Wesen, die dort geboren wurden, nehmen in jenem Lichte einander wahr und rufen
aus: '0, auch noch andere Wesen gibt es, die hier geboren wurden!'" (M 123
= D 14 = A IV/127; kürzer S 56,46)
In der Scholastik werden diese Bereiche zur
Hölle gezählt, jedoch fehlt jeder Hinweis auf eine Qual. Es dürften eher Petas in Dunkelhaft sein.
5. Nadelmund: Im Tibetischen Lebensrad
werden die Petas als solche beschrieben, die einen
nadeldünnen Mund und eine nadeldünne Speiseröhre haben, so daß
sie fast nichts genießen können. Diese Beschreibung kommt erst im nachklassischen
Avadāna-śataka V vor und dürfte mehr symbolisch
für die Hungergespenster stehen.
6. Besessenheit. In esoterischer
Literatur, besonders bei Wickland (Dreißig Jahre
unter den Toten, Remagen 1957) wird geschildert, wie gelangweilte und
herumirrende Gespenster in die Aura von Menschen eindringen und sie besetzen
und dadurch zu "Verrückten" stempeln. Sehr viele Geisteskranke
dürften derart Besessene sein. Im Peta-vatthu kommt
dergleichen aber nicht vor, auch nicht in S 19. Dagegen wird im Kanon oft geschildert,
wie Māro Menschen besetzt oder gar Brahmas oder Ariyas. Oder es heißt, daß
Schreckgespenster (pisāca) Menschen besetzen und Od saugen (MV III,9). Überhaupt
scheint das Dämonische zu Māro, den Asuras und pisācas zu gehören,
nicht zu den Petas, die doch ohnmächtig sind. Wie
dieser Widerspruch zu lösen ist, mag offen bleiben. Jedenfalls kommen auch
Schreckgespenster, Poltergeister und Kobolde in Pv
und S 19 nicht vor, sondern gehören zu den pisāca,
von denen wiederum das Verhältnis zu Petas unklar
ist.
7. Lakkhana-Samyutta
S 19, 1 -
21 = Pj IV,9 1 - 3
Es ist sinnvoll, daß
im Pv die Peta-Schilderungen
aus S 19 nicht noch einmal wiederholt werden. Bei der Beschreibung der Petas sind sie aber unerläßlich.
Der Inhalt ist:
Moggallāno ging mit seinem Ordensbruder Lakkhano
vom Geierkulm nach Rājagaham
um Almosen. Beim Abstieg zeigte Moggallāno ein
Lächeln. Lakkhano fragte nach dem Grund. Jener erwiderte,
er möge ihm diese Frage vor dem Buddha stellen, zu dem sie anschließend gingen.
Dort antwortete Moggallāno, er habe 21 verschiedene Petas leiden sehen. Der Buddha erklärt dann jedesmal, aus welchem Grund die Petas
noch leiden, nachdem sie zunächst in der Hölle gelitten hatten. Nyānaponika übersetzt nur die Nr. 1 und sagt:
"Die folgenden Sutten
2 - 16 enthalten, genau im Aufbau des vorhergehenden Textes andere, dem
Ehrwürdigen Mahā-Moggallāna zugeschriebene Visionen,
die jedoch meist so grotesk und abstoßend sind, daß
auf ihre Wiedergabe verzichtet wurde."
Den Berichten, außer Nr. 11 u. 12, ist
gemeinsam, daß die Petas
durch die Luft fliegen und ihrem Leiden zu entfliehen suchen (vergeblich). Sie
geben, außer Nr. 11 u. 12, Schmerzensschreie von sich, sind höllennahe Petas. Vier Arten von Leidenssituationen werden
geschildert:
1. Weitaus die meisten Petas
werden von Raubvögeln (Geiern, Krähen, Adler) gejagt, die sie anfallen, picken,
zerren und auseinanderreißen. Außer diesem
gemeinsamen und allgemeinen Leiden haben sie noch spezielle Leiden zu erdulden,
die zu ihrem bösen Wirken passen:
Mord und Totschlag ist in sechs Fällen die
Ursache für die Wiedergeburt als Peta: Als Gerippe
erscheint ein Kuhschlachter (1) oder als Fleischklumpen (2). Als Fleischberg
erscheint ein Vogelsteller (3). Mit abgezogener Haut fliegt ein Mann, der
Schafen das Fell über die Ohren zog (4). Ein "Räubertöter"
(Scharfrichter), der als Beamter den Delinquenten den Kopf abschlug, erscheint
kopflos, mit Augen und Mund auf der Brust (16). Eine Königin, die aus Neid eine
Mitfrau mit einem Topf glühender Kohlen versengte, erscheint als ausgedörrtes
rußiges Gespenst (15). In einem Fall ist eine Ehebrecherin hautlos
(13). Eine betrügerische Wahrsagerin ist gelblich und übelriechend
(14). Ein bestechlicher Richter trägt seine Hoden auf der Schulter (10).
2. Nicht von Wesen, sondern von haarfeinen Waffen
gejagt und gepeinigt werden die Petas in fünf Fällen:
Schwerter verfolgen einen Schweineschlachter, Messer einen Jäger, Pfeile einen
Blutrichter, Nadeln einen grausamen Tierbändiger (5 - 8). Ein Denunziant
(Informant) erlebt, daß die Nadeln ihm in den Kopf
eindringen, dann in Mund, Brust, Bauch, Fuß, also durch und durch, so
gründlich, wie er Übles anderer anzeigte (9).
3. Von Feuer gepeinigt werden böse
Ordensangehörige, ihnen brennt die Robe, die Schale, der Körper, nämlich Mönch,
Nonne, Übende, Novize, Novizin (17 - 21).
4. Die letzte Gruppe ist die einzige, die nicht
durch die Luft fliegt und keine Schmerzensschreie ausstößt, und zwar weil sie
anders, sprachlos, leiden: Ein Mann, der die Ehefrauen anderer verführte,
steckt kopfüber in einer Jauchegrube, daher stumm (11). Ein Brahmane, der den
Orden verhöhnte, indem er Kot in die Almosenschale füllte, muß
mit beiden Händen in Kot wühlen und ihn essen, weshalb sein Mund voll ist
(12).
Die meisten Fälle sind solche des Tötens (1
- 8, 15 - 16). Ausschweifung (11, 13) dürfte auch bei den Ordensmitgliedern der
Grund sein (17 - 21). Redeweisen sind: Hintertragen (9), Lügen (10, 14) und die
Verhöhnung beim Kotgeben (12).
Der Grund, warum diese Wesen zunächst lange
in die Hölle kamen, dürfte in der Intensität ihres üblen Wirkens liegen, denn
die Untugend war bei ihnen meist ihr Beruf. Sie vollführten böse Taten oder
Worte nicht nur einmal oder gelegentlich, sondern ununterbrochen und lebten
auch noch davon in den meisten Fällen. Nur die Fälle 12 (Kot geben) und 15
(Glühkohlen) dürften Einzelfälle sein, die aber so übel waren, daß sie ein entsprechendes Gewicht hatten. Die
"schlechten" Ordensangehörigen frevelten im Gewand der Reinen, und
das hat niederziehendes Gewicht.
In den Vinaya
sind diese 21 Berichte deshalb aufgenommen, weil dort mißtrauische
Mönche argwöhnten, daß Moggallāno
behauptet hätte, dergleichen gesehen zu haben. Der Buddha aber bestätigt, daß Moggallāno wirklich diese
Erscheinungen des Jenseits gesehen habe.
8. Die Kulisse der Petawelt
Im Erdenleben erscheint nur die
anorganische Materie (insb. die Mineralwelt) "tot". Pflanzen dagegen
hält man für "lebendig", obwohl sie in Wirklichkeit - als
Verdienstfrüchte - nur astral gesteuerte Außenposten von Naturgeistern sind.
Vor allem aber glaubt der Mensch, daß alles
objektiv, an sich, bestehe, daß es Eigensubstanz
hätte und unabhängig vom Betrachter existiere.
In allen Astralwelten, d.h. der Normalwelt, der gegenüber die
Welt der Menschen und Tiere auf Erden nur ein winziger Sonderfall ist, ist die
geistig bedingte Weise der Existenz viel offenbarer. Nicht nur die
"Materie" ist eine geistig gewirkte Kulisse oder Attrappe, ist Ernte
der Saat, sondern auch Pflanzen und Tiere sind bloße Requisiten, Ausstattungsgegenstände
der jeweiligen Erlebnisebene. In der Astralwelt gibt es keine Elfen, die die
dortigen Pflanzen lenken, und es gibt keine Seelen, die dort als Tiere wiedergeboren
werden. Vielmehr wird alles in der Umwelt der Astralwesen allein vom
Verdienst bzw. Mangel an Verdienst gelenkt und bestimmt.
Das Gras, das die Füße
schneidend verletzt (III,2), der Blumenschmuck
(III,1) oder der Wald von Zuckerrohr (IV,5) oder die Lilien, Lotusse und Obstbäume eines Vimāna
(II,12, IV,12) sind bloße Requisiten, karmisches Zubehör, sozusagen
"Mobiliar", ebenso wie bei den Göttern der Korallenbaum usw. Für die
normalen Petas gibt es überhaupt keine Pflanzen,
besonders nicht als Nahrung. Sie leben in kahler Öde, wie in einer Steinwüste
oder Geröllhalde.
Die Würmer, die da wimmeln
(I,3, III,4 u. 10), die Fliegen (I,6), die wilden Höllenhunde (II,12, III,7 -
8), die Reittiere (I,11) oder die Paradiesvögel, Enten, Schwäne, Reiher eines Vimāna (II,12) oder dessen Bienen (IV,12), oder was sonst
noch an "Tieren" die Petawelt bevölkert,
sind wirklich, sind wirklich gewirkt, ausgesponnen, projiziert, eben Requisiten.
Nur die Mitwesen, die
Mitgespenster, haben eine Seele, besitzen ein Seelenleben, haben Gefühle und
sind treffbar. Wie es sich dagegen mit den zweimal
fünf oder zweimal sieben Kindern verhält, die die Petī
täglich gebiert und auffrißt (I,6
- 7), mag dahingestellt bleiben.
Auch die anorganische Natur
ist bloßes Symbol, Spiegel des Herzens, ohne Hülle und Verkleidung. Das Wasser
eines Flusses weicht zurück, wenn Petas es trinken
wollen, oder es wird zu Blut (III,6, IV,10, II,10),
Schatten wird heiß bei Annäherung (III,6, IV,10). Es ist wie bei Tantalos: die Dinge verweigern sich.
9. Lebensende der Petas
Wenn ein Peta
"stirbt" - manchmal erst nach Jahrhunderten -, dann ist das überhaupt
nicht mit unseren Vorstellungen von Tod vergleichbar. Der Tod eines Wesens mit
grobem Fleischleib (Menschen und Tiere) ist dessen Vernichtung und Verwesung.
Die Petas haben aber keinen Fleischleib, der derart ablegbar ist. Die Petas haben
einen Astralleib, und der ist nicht vernichtbar,
sondern nur etwas wandelbar. Der Tod der Petas ist im
Wesentlichen nur eine Veränderung der Umwelt, ein Kulissenwechsel.
Ein Peta kann erstens
in die Tiefe sinken, wo er sich verdunkelt, wo das Leiden noch zunimmt und der
Leib noch mehr gequält wird. Das nennt man dann "Wiedergeburt" in
der Hölle. Manche Petas wissen voraus, daß sie in einigen Wochen oder Monaten in die Hölle
abstürzen werden, als Folge irdischer Übeltaten. Derselbe Astralleib geht dann
übergangslos in eine "andere" Welt, d.h. in eine beschwerlichere
Umwelt, so wie ein Mensch in ein Zuchthaus oder eine Folterkammer geworfen
wird.
Ein Peta kann zweitens
zu göttlichem Dasein aufsteigen. Er fühlt sich dann wie neugeboren. Derselbe
Astralleib ist dann nicht mehr nackt, häßlich,
hungrig/durstig, sondern ist schön, bekleidet und gesättigt. Und die Umwelt ist
licht und hell und wohltuend, und er trifft dort göttliche Gestalten. Das
geschieht am "selben" Ort. Das Leidige an Ich und Welt verschwindet,
und alles ist angenehm. So ist es in den vielen Fällen, in denen ein Peta durch Verdienstübertragung von allen seinen Leiden
erlöst wird und ein Vimāna bekommt.
Das gleiche Prinzip gilt drittens auch
bei "Wiedergeburt" innerhalb der Gespensterwelt. So wie auf Erden
derselbe Mensch in eine Traumvilla oder in Konzentrationslager kommen kann, so
kommt ein normal leidender Peta in seiner nächsten Peta-Existenz entweder in höllennähere oder himmelsnähere
Dimensionen.
Ein entscheidender Unterschied zu den
bisher genannten Möglichkeiten der Wiedergeburt besteht aber dann, wenn ein Peta Mensch oder Tier wird. Dann wird der Astralleib
unsichtbar und mit dem Fleischleib umkleidet; der in der embryonalen
Entwicklung aufgebaut wird. Der Astralleib des Peta
"stirbt" nur insofern, als er dem Bewußtsein
unsichtbar wird. Damit entschwindet aber auch die Erinnerung: Der Peta vergißt sein Peta-Dasein, er scheint ganz neu zu beginnen. Abschneiden
der Leibes-Kontinuität und Abschneiden des Erinnerungsvermögens, das sind die
Merkmale beim Tod eines Peta, der auf Erden inkarniert.
Im umgekehrten Fall - wenn ein Mensch Peta wird -, bleibt dagegen die Erinnerung erhalten,
während der Fleischleib zerfällt. Auch wenn ein Höllenwesen zur Gespensterwelt
aufsteigt, scheint die Erinnerung bestehen zu bleiben (I,2,
3, 5, IV,7, 15, 16).
10. Was führt zur Peta-Welt?
"Nur
wenige der Menschen sind es, die, wenn sie als Menschen abscheiden, unter
Menschen wiedergeboren werden; viel mehr aber sind es der Menschen, die, wenn
sie als Menschen abscheiden, in der Hölle, im tierischen Schoß, in der
Gespensterwelt wiedergeboren werden." (S 56, 102 - 104)
Das bedeutet ganz klar: Die meisten
Menschen gehen nach dem Tode abwärts in die drei niederen Bereiche. Da aber
eine Wiedergeburt unter Tieren und in der Hölle besonders tierische oder
teuflische Eigenschaften voraussetzt, die nicht so häufig vorkommen, so ergibt
sich, daß unter der Mehrheit der Menschen, die
abwärts gehen, wiederum die Mehrheit auf die Gespensterwelt zuschreitet. Was
schon vor 2.500 Jahren vom Buddha gesagt wurde, das gilt heute noch mehr, da
die Moral der Menschen seitdem erheblich abgenommen hat. Über diese weitaus
häufigste Art der Wiedergeburt der Menschen sagt nun der Buddha:
"Ich
durchschau und erkenne Herz und Gemüt eines Menschen also: 'Derart handelt
dieser Mensch, darauf arbeitet er hin, einen solchen Weg hat er genommen, daß er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, ins
Gespensterreich geraten wird'; und ich seh ihn dann
später mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden,
bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, ins Gespensterreich geraten, von
manchem Schmerzgefühle erfüllt. Gleichwie etwa, wenn da auf schlechtem Erdreich
ein Baum gewachsen wäre, mit verkümmertem Laube, spärlichem Grün, gesprenkeltem
Schatten; und es käme einer heran, vom Sonnenbrande gebraten, vom Sonnenbrande
verzehrt, erschöpft, zitternd, dürstend, und schritte geraden Weges auf eben
diesen Baum zu; den habe ein scharfsehender Mann erblickt
und spräche nun: 'Derart handelt jener liebe Mann, darauf arbeitet er hin,
einen solchen Weg hat er genommen, daß er gerade zu
diesem Baum gelangen wird.'; und er sähe ihn dann später im Schatten dieses Baumes
sitzen oder liegen, von manchem Schmerzgefühle erfüllt." (M 12)
Das schlechte Erdreich, das
ist das dürftige Wirken der meisten Menschen. Das durchschnittliche Wirken der
Menschen ist dürftig und armselig an Gutem, und die Gespensterwelt ist der
Bereich dieses Durchschnitts. Sie ist ein Spiegel der durchschnittlichen
Sünden, der Tatsünden, und nicht zu vergessen: der Unterlassungssünden. Das
heißt, die Gespensterwelt ist ein Spiegelbild des durchschnittlichen
Seelenzustandes der Menschen, aus welchem das durchschnittliche Wirken mit
durchschnittlichen Sünden erfolgt.
Was aber ist solche
Durchschnittlichkeit beim Menschen? Sie sehen sich hell und im Mittelpunkt und
nehmen sich ungeheuer wichtig. Alle anderen aber nehmen sie nur blaß und am Rande wahr. Dementsprechend behandeln sie den
Nächsten: Sie setzen sich leicht über ihn hinweg, lassen ihn zu kurz kommen, behandeln
ihn wie eine gefühllose Sache, wie eine Nummer, wie "Menschenmaterial",
ganz zu schweigen von der Rücksichtslosigkeit gegenüber Tieren.
Weil der normale Mensch
innerlich leer und dunkel ist, d.h. voller Triebe, die Hunger leiden und auf
Futter aus sind, deshalb fühlt er sich unwohl in der eigenen Haut. Er hat
innerlich keine Heimat, keinen Frieden, kein Wohl, keine Geborgenheit. Darum
sucht er von außen Ablenkung und will heranreißen,
was ihn lockt und wegstoßen, was ihn dabei stört. Jeder andere ist ihm dabei
im Wege. Und so behandelt er die anderen, verdunkelt ihr Leben, entreißt und
verweigert, streitet und rauft.
Die tiefere Ursache für diese
Haltung aber ist der Glaube, daß man nur einmal lebe,
daß im Tode alles aus sei. Wer so denkt, der muß notwendigerweise in diesem einen Leben so viele Genüsse
wie möglich herausquetschen und so viel Leiden wie möglich vermeiden. Dieser
verkürzte und verengte Blick, der die Fülle der Existenz vergessen hat, ist die
herrschende Weltanschauung der meisten Menschen. Es ist die Materiegläubigkeit,
der Aberglaube, daß alles Geistig-Seelische vom
Körper abhänge und daher mit dem Tode des Körpers vernichtet werde. Aus diesem
Materialismus folgt der Egoismus des Ellbogen-Menschen, der sich durchboxt
nach dem Motto: "Jeder ist sich selbst der Nächste; Gutheit
ist Dummheit; wer hat, der hat" usw. Dieser Egoismus will festhalten, was
er hat: den eigenen Körper, andere Körper, vor allem Besitz. Er will nichts
abgeben, nichts teilen, gönnt keinem etwas vom Seinigen. Und er mißgönnt anderen, was sie haben, neidet es ihnen und sucht
es ihnen zu entreißen.
Dementsprechend ist das
normale Wirken, das zur normalen Gespensterwelt führt, der aus dem
Materieglauben folgende Geiz, das Verweigern und andere am Geben Hindern. Das
stellte sich damals in Indien als Religionsverachtung in der Form der Mißachtung von Asketen und Mönchen dar, denen man keinen
Unterhalt gab und auf deren Tugendlehren man vor allem nicht hörte. Weil man
nicht an die Fortexistenz und das Karmagesetz glaubte, deshalb hielt man es
nicht für wert, ihnen zuzuhören. Und weil man sie nicht für hörenswert hielt,
deshalb unterstützte man sie nicht. Und wo jemand Asketen unterstützte, da
tadelte man ihn und versuchte, ihn davon abzuhalten.
So ist die häufigste Ursache
der Wiedergeburt in der Gespensterwelt diese materialistische,
religionsfeindliche Grundhaltung, die oft mit Scheltworten verbunden ist, aber
nicht sein muß. Besonders wird immer wieder betont, daß diejenigen, die Reichtum in Hülle und Fülle hatten (aus
früherem Verdienst, aus früherem Geben), völlig dessen Herkunft vergaßen und
ihn jetzt festhielten, eifersüchtig darüber wachten und geizig nichts davon
abgaben. In nicht weniger als 16 von 40 Berichten des Peta-vatthu
wird diese materialistische Grundhaltung des Verweigerns als Ursache der
Wiedergeburt bei den Petas genannt (I,1, 9, 11; II,1 - 3, 7 - 10; III,1, 5, 6; IV,3, 6, 10).
Diese unwissenden Menschen zehrten ihr Verdienst völlig auf und wirkten kaum
etwas Neues an Gutem. Von dem Wenigen und Armseligen, was sie gelegentlich an
Rücksicht und Zurückhaltung, an Verständnis und Freundlichkeit aufbrachten,
ernten sie das dürftige Erdreich, welches ihren Lebensbaum in der
durchschnittlichen Gespensterwelt ernährt. Weil sie nichts gegeben haben, wird
ihnen nichts gegeben, sie leiden Mangel.
Außer dieser grundsätzlichen
Unterlassungssünde des Nichtgebens, des Geizes und Verweigerns, gibt es keine
spezielle Untugend, die immer und ausnahmslos zur Petawelt
führen würde. Alle nur möglichen Untaten und Untugenden können je nach ihrer
Schwere und im Verhältnis zur Anschauung und Gesinnung des Täters zur Tierheit, zur Hölle oder zur Petawelt
oder gar zu leidigem Menschentum führen.
11. Das schlechte Wirken (Untugend) im einzelnen
I. Betrachtet man zunächst die Taten, dann
kommen vor: Töten, Entreißen, Ausschweifen.
1. Töten
Vor allem das Töten von Tieren führt zur
Gespensterwelt, nämlich Schlachter und Jäger (Pv III,1, 2, 7, 8; S 19, 1 - 6), auch bloßes Insektentöten (II,1),
auch Tierquälerei als Tierbändiger oder Kutscher (S 19,8).
Das Umbringen von Menschen kommt vor als
Abtreibung (I,6 - 7), als Tun des Scharfrichters (S
19, 16) oder Blutrichters (S 19, 7). Ein regelrechter Mord kommt nur einmal
vor, nämlich an einem Einzelerwachten (IV,16). Das
führte sogar zunächst zur Erzhölle und erst danach als Überrest von Unheil zu
höllennahen Gespenstern. So läßt sich sagen, daß Mord, wenn wiederholt und gemein, eher zur Hölle als
zur Petawelt führt.
2. Entreißen
Als Stehlen im engeren Sinne kommt vor
allem das Wegnehmen von Kleidern vor (I,10, II,3,
IV,1), das Stehlen von Fleisch (III,4), das Unterschlagen von Gaben (I,5), die
Beteiligung an Einbruch (I,1). Ein Berufsräuber wird zum Tode verurteilt, und
ihm steht die Hölle bevor, aber er wird begnadigt und dann sogar ein Heiliger
(IV,1).
Entreißen als Sachbeschädigung kommt vor
als Brandstiftung (I,5) oder Zerbrechen der
Almosenschale eines Einzelerwachten (IV,7) oder als Wegschütten von guter Salbe
in die Latrine (II,3). Auch die Körperverletzung, die jemandem sein Wohl
entreißt, gehört hierher: Schlagen der Mutter als Strafe (III,4),
Überschütten einer Rivalin mit glühender Kohle aus Eifersucht (S 19, 15), Verabreichung
eines Mittels für Haarausfall aus Neid (I,10), Überschütten mit Schmutz und
Schütten von Stacheln ins Bett (II,3).
3. Ausschweifung
Eine Ehefrau verkehrt mit anderen Männern
(II,12; S 19, 13). Männer verführen Ehefrauen (IV,6 u. 15; S 19, 11). Frauen versuchen, Mönche zur Aufgabe
der Keuschheit zu veranlassen (I,11; II,11). Auch die
"schlechten" Ordensangehörigen (S 19, 17 - 21) dürften sich gegen
das Keuschheitsgebot vergangen haben.
Sexuelle Gedanken in der Todesstunde
verhindern für Gute eine Wiedergeburt in der Götterwelt und führen nur zu
götternahen Gespenstern (II,11; IV,11).
II. Bezogen auf Vergehen in Worten kommen vor: Lug
und Trug, Denunzieren und vor allem Schelten, dagegen nicht Plappern und
Plaudern:
1. Lug und Trug
Die Unwahrheit meineidig beschwören, kommt
öfter vor, um Untaten nicht zugeben zu müssen (I,6 -
7, II,12). Etwas Gutes fälschlich vorgeben, nämlich Uposatha
halten, kommt einmal vor (III,9). Öfter ist das
Verleumden guter Mönche, die schlecht gemacht werden (I,3,
IV,8 - 9). Eine betrügerische Wahrsagerin kommt vor (S 19, 14), bestechliche
Richter, die falsche Urteile fällen (III,9; S 19, 10),
Betrug beim Verkauf (III,4; IV,14).
2. Hintertragen
Nur ein Fall von echtem
Hintertragen kommt vor als Denunziant (S 19, 9), dagegen mischen sich manchmal
Verleumden (Falsches sagen) und Hintertragen (Wahres verbreiten, das anderen
unangenehm ist).
3. Schelten
In vielen der oben genannten Fälle von
geizigem Materialismus wurden Asketen, Bettler und Gebende auch beschimpft:
Der Orden wurde beschimpft oder verflucht (I,9 u. 11;
II,3) oder durch höhnisches Anbieten von Kot verhöhnt (S 19, 12). Bettler
wurden beschimpft (III,1), Gebende wurden beschimpft
oder verflucht (II,2 u. 7 u.l0; IV,3). Allgemeines Schimpfen mit ungezügelter
Rede (I,2) oder speziell gegenüber dem Ehepartner (II,4).
III. Im übrigen
kommen folgende unheilsame Handlungen vor:
Alkohol verkaufen (I,10),
andere am Besuch von Stupas hindern wollen (III,10),
verdrehte Irrlehren der Unmoral verbreiten (IV,3), nicht näher bezeichneter
übler Wandel (ducarita: III,3). Besonders bezeichnend
ist ein Kaufmann, der nichts Ungutes tat, aber eben auch nichts Gutes, der in
den Tag hinein lebte und dadurch ein gutes Peta-Dasein
erlangte (IV,12).
12. Wie kann man den Gespenstern helfen?
Das Christentum unterschied genau zwischen
Hölle (gr. tartaros, lat. inferno) und Fegefeuer (gr. hades,
lat. purgatorio) und sagte,
daß den Wesen in der Hölle nicht zu helfen sei,
während man den Armen Seelen im Fegefeuer durch Seelenmessen Erleichterung
verschaffen könne. Jeder kann danach einen katholischen Pfarrer beauftragen,
gegen ein kleines Entgelt eine Messe für einen Verstorbenen zu lesen. Außerdem
wurde die Lehre entwickelt, daß durch die
überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen die Kirche einen
Gnadenschatz angesammelt habe, der den Armen Seelen zugänglich gemacht werden
könne. Der Weg dazu wurde Ablaß (indulgentia
= Nachsicht, Güte, Gnade) genannt. Gegen bestimmte Geldsummen versprach die
Kirche eine Fürbitte um Straferlaß der Verstorbenen
im Fegefeuer. Daraus entwickelte sich bald der Mißbrauch
eines schwunghaften Ablaßhandels im ausgehenden
Mittelalter. Berüchtigt wurde der Werbespot des Mönches Tetzel:
"Sobald
das Geld im Kasten klingt,
die
Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt."
Diese Vergröberung war einer der Anlässe
für die Reformation. Aber Luther schüttete hier, wie auch sonst, das Kind mit
dem Bade aus und erklärte das Fegefeuer für nicht vorhanden. Das führte nicht
nur zu einer Verkürzung des Existenzverständnisses, sondern hatte auch
praktisch unbarmherzige Folgen. Protestanten, die starben, kamen wie die
meisten Toten natürlich weiterhin in das Schattenreich des Hades
(Gespensterwelt). Da die Katholiken nach ihrem Dogma aber alle Protestanten für
Ketzer erklärten, und da alle Ketzer der Hölle verfallen seien, und da es für
Höllenbewohner keine Hilfe von der Erde aus gäbe, so hielten es die Katholiken
folgerichtig für nutzlos und sinnlos, für einen protestantischen Verstorbenen
Seelenmessen zu lesen. Da andererseits die Protestanten die Existenz dieses
Hades leugneten, gab es bei ihnen überhaupt keine Seelenmessen, denn den
Höllenwesen war ja nach ihrer Auffassung nicht zu helfen. So mußten also Protestanten im Jenseits jede Hilfe durch
irdische Fürbitte und Seelenmessen entbehren.
Im Pālikanon wird
über die Hilfe für Petas auffällig wenig gesagt, wenn
man vom Peta-vatthu absieht. In der Angereihten
Sammlung wird beiläufig erwähnt, daß die Menschen
sich einen Sohn wünschen, damit er für die Verstorbenen (Peta)
die Opfer darbringen könne (A V/39, ebenso D 31). Es wird ferner von fünf Arten
von solchen Opferspenden gesprochen, u.a. für die Petas und für Devas (A IV/41 u.
61). Ausführlicher wird einzig in A X/177 von Hilfe für die Petas
gesprochen. Da kommt der berühmte Brahmane Janussoni,
der viele Gespräche mit dem Buddha führte, eines Tages zu diesem und sagt:
"Wir
Brahmanen, Herr Gotamo, spenden Gaben, bringen
Totenopfer dar, dabei sprechend: 'Möge diese Gabe unseren abgeschiedenen
Angehörigen und Blutsverwandten zugute kommen. Mögen unsere abgeschiedenen
Angehörigen und Blutsverwandten diese Gabe genießen.' Kommt denn nun wirklich,
Herr Gotamo, jene Gabe den abgeschiedenen Angehörigen
und Blutsverwandten zugute? Genießen sie wirklich diese Gaben?"
Der Buddha erwidert, daß Höllenwesen, Tiere, als Menschen Wiedergeborene und
Götter jeweils von der Nahrung ihres Bereichs leben und daß
man als Mensch diesen Verstorbenen nichts widmen könne. Dann aber fährt er
fort: Wenn einer die zehn falschen Tatengänge (Wirkensfährten) praktiziere und
deswegen nicht Tier oder Höllenwesen werde, sondern im Petareich
wiedererscheine, dann gelte:
"Dort
lebt er von der Nahrung der Wesen des Gespensterreichs, und davon erhält er
sich. Und was ihm hier seine Freunde und Gefährten, Angehörigen und
Blutsverwandten spenden, davon zehrt er dort und dadurch erhält er sich. Das
nun, Brahmane, ist der geeignete Ort, wo dem dort Weilenden jene Gabe zugute
kommt."
Jeder Mensch aber habe aus
diesem oder früheren Leben Angehörige, die in der Petawelt
davon zehren. Überdies aber erwirke der Spender sich selber auf jeden Fall
Verdienst. Wer als Mensch die zehn rechten Tatengänge pflegte und außerdem Asketen
und Brahmanen versorgte, der wird bei Wiedergeburt als Mensch oder Gott
Erfüllung der Sinne finden. Und selbst wer die zehn falschen Tatengänge
pflegte, aber Asketen und Brahmanen gab, wird als Tier dann leichter Nahrung
finden.
Und so findet man in
buddhistischen Ländern noch heute den Brauch, daß
Schälchen mit Essen für die Petas beiseitegestellt
werden. Die Petas können davon nur die unsichtbare Od-Substanz verzehren, und zwar aufgrund der Widmung an
sie.
Nach der Vierteilung in Milindapanha (s.o.) kommt das
Spenden aber drei dieser Arten nicht zugute, nämlich den von Abfall Lebenden,
den Hunger-Durstigen und den Durst-Verzehrten.
Letztere sind, wie gesagt, wohl die glücklichen Gespenster, die nur Durst nach
Gesellschaft haben, aber genügend paradiesische Nahrung vorfinden: Die brauchen
keine menschlichen Spenden. Die von Abfall Lebenden aber ernten karmisch, daß sie sich von nichts
anderem ernähren können, und die ewig Hungrigen ernten, daß
sie überhaupt nichts zu essen finden. Man wird aber sagen können, daß irgendwann dieser Status zu Ende ist und daß dann auch sie von Menschengaben profitieren können. Die
vierte Art Petas sind nach Mil. diejenigen, die es
sich erwirkt haben, daß Menschen ihnen etwas widmen,
das sie dann genießen können.
Solche bisher erwähnten
Spenden an Petas sind aber nur sporadische Hilfen
und ändern nichts an dem Elend des Petadaseins. Im Peta-vatthu wird nun aber darüber hinaus berichtet, wie
durch Verdienstübertragung (s. dazu WW 1978, S. 13 - 20 und 1980, S. 159 - 161)
die Petas ihren Mangel beseitigen können und
götterähnliches oder gar göttliches Dasein genießen.
Nur einmal wird im Pv berichtet, wie ein Mensch direkt einem Peta etwas gibt, das diesem zugute kommt (III,1), im übrigen aber muß ein Mensch
(in I,9 ein Gott) dem Buddha oder heiligen Mönchen oder mindestens sehr tugendhaften
Mönchen etwas spenden und das ihm entstehende Verdienst dann einem Peta übertragen. Ja, in einem Falle genügt es, wenn jemand
an einen gläubigen Laienanhänger gibt und dies dem Peta
widmet (I,10). In vielen Fällen sind es Verwandte oder
Ehepartner, die dem Peta etwas widmen, aber auch - in
8 von 19 Fällen - Nichtverwandte. Die 19 Fälle von Verdienstübertragung sind
zum größeren Teil in den Versen selbst enthalten (II,1
- 4, 8; III,1, 2, 6; IV,1, 2, 12), sonst in der Rahmenerzählung (I,5 - 7, 9,
10; II,7, 10; IV,5).
Die mindeste Wirkung der
Verdienstübertragung ist, daß ein Peta
nicht in die Hölle kommt (II,7) oder daß er als Peta nun zu essen hat
(IV,3), in den meisten Fällen aber wird er ein Vemanika
Peta oder kommt zu den Vier Großen Königen oder gar
zu den Dreiunddreißig (I,10; IV,5).
Wie ist diese Verdienstübertragung nun mit
dem Karmagesetz zu vereinbaren? Ein Peta muß es sich erwirkt haben, daß er
sich überhaupt bei Menschen bemerkbar machen kann und daß
tugendhafte oder heilige Mönche da sind, denen man spenden kann. Man kann drei
Stadien unterscheiden:
1. Die oben beschriebenen Totenopfer sind auch
dem ungeläuterten Menschen möglich. Er kann durch Opferspeisen das Leid der Petas ein wenig lindern. Wegen seines Mangels an Tugend
kann er aber nicht weiter helfen.
2. Will jemand Petas
grundsätzlicher helfen und sie aus ihrem Leiden herausholen, dann braucht er
aus seinem barmherzigen Willen dafür Mittler, d.h. Geläuterte. Nur diese
können sozusagen in astral konvertierter Währung auszahlen. Ihre Tugend
materialisiert sich astral als Erfüllung der Wünsche des Peta.
Es ist dieselbe Erfahrung, die auch ins Christentum Eingang gefunden hat: Der
lautere Priester, der höhere Kräfte angesammelt hat und für sich wenig
braucht, läßt das ihm Gegebene sozusagen weiterfließen und kanalisiert es zu einer Armen Seele.
3. Am wirksamsten aber hilft man den Petas, wenn man selber immer tugendhafter wird, wenn man
selber innerlich sich dem Status der Mönche annähert. Dann strahlt man es auf
die Petas aus. So heißt es in M 6: Wünscht man den Petas, den verstorbenen Verwandten große Früchte an
Verdienst, dann soll man nur vollkommene Tugend üben, innige Geistesruhe
erkämpfen, der Schauung nicht widerstreben, durchdringenden Blick gewinnen, ein
Freund leerer Klausen sein.
13. Arme Seelen im Katholizismus
Was in Indien Peta
(Skr. Preta) genannt wird,
das sind im Christentum die "Armen Seelen", deren Existenz von Luther
und den Reformatoren wegdiskutiert wurde. Alles, was über das untermenschliche
Dasein in der Bibel und der christlichen Literatur gesagt wurde, wurde mit dem
Etikett "Hölle" versehen, ohne daß noch
zwischen Tartaros (Inferno = Hölle) und dem Schattenreich
des Purgatoriums (Hades) unterschieden wurde.
Über die Erscheinung von Armen Seelen gibt
es bei den Heiligen und Mystikern unzählige Berichte, vom Altertum bis ins
zwanzigste Jahrhundert. Hier seien als Beispiel nur drei deutsche Frauen
genannt, die in unserem Jahrhundert Helfer der Armen Seelen waren und sie nicht
mitleidslos ihrem Schicksal überließen:
1. Margarete Schäffner
(1863 - 1949), Bäuerin aus Gerlachsheim in Nordbaden.
Von 18 Jahren bis zu ihrem Tode mit 86 Jahren hatte sie nahezu täglich Visionen
Armer Seelen. Unzählige Verstorbene erschienen ihr und empfahlen sich ihrer
Fürbitte, und sie hatte die Freude, viele von ihnen durch ihre Gebete und
Messen in den Himmel gehen zu sehen. Die Armen Seelen wußten,
warum sie litten, und Margarete wußte, wie lange sie
noch zu leiden hatten.
Margarete Schäffners
Biograph erwähnt auch, daß die heilige Birgitta von
Schweden drei Stufen im Fegefeuer unterschied, die auch den oben im Buddhismus
geschilderten Stufen entsprechen:
"In
der untersten Stufe herrsche die große Pein, die dem Höllenfeuer ähnlich sei.
Tiefe Finsternis und Feuerpein seien hier; je nach dem Maße der Schuld litten
die Seelen mehr oder weniger.
Darüber
sei die zweite Stufe, wo die Leiden weniger groß seien und mehr in einem Mangel
an Kraft und Schönheit bestünden, wie bei einem Menschen, der nach schwerer
Krankheit noch im Zustande der Schwäche und Erschöpfung sei und erst nach und
nach wieder zu Kraft komme.
Darüber
liege die dritte Region, gewissermaßen die Vorhalle des Himmels. Dort gäbe es keine
Strafe der Empfindung mehr; die Seelen litten nur an einer unaussprechlichen,
unwiderstehlichen Sehnsucht nach der Anschauung Gottes." (Grabinski, 4. Aufl., S. 22)
Lit.: Bruno Grabinski/Leo Oster:
Fegfeuer-Visionen der Begnadeten Margarete Schäffner
von Gerlachsheim (Baden), 6. Aufl. Eupen 1974 (oben
4. Aufl., 103 S.)
2. Ursula Hibbeln
(1869 - 1940) aus Bochum. Schon als Kind hatte sie Mitleid mit den Armen Seelen
und betete für sie. Bald sah sie sie auch und konnte vielen helfen. Ihr Pater
erklärte zehn Jahre lang alles für Halluzinationen, bis er überzeugt war, daß es doch ein Jenseits gibt. Sie hörte auch Engelsgesang,
hatte Herzenskunde und sah voraus, z.B. den Zweiten Weltkrieg. Sie sah, wie
die meisten Gefallenen in Angst und Fluchen zur Hölle fuhren, für lange.
Lit.: R. Ernst, Die Seherin aus dem Ruhrgebiet. Mutter Ursula,
die gotterleuchtete Seherin und Freundin der Armen
Seelen, 8. Aufl. Eupen 1958
3. Eugenie von der
Leyen (1867 - 1929), geboren in München. Sie wollte Nonne werden, wurde aber
wegen ihres Gesundheitszustandes nicht aufgenommen. Am 9. 8. 1921 öffnete sich
für sie das Jenseits, und sie hatte seitdem unzählige Erscheinungen Armer
Seelen. Zuerst erschienen sie ihr in menschlicher Gestalt, später konnte sie
auch Wesen in tierischer und dämonischer Form wahrnehmen, denen sie half,
allmählich wieder "Mensch zu werden". Sie erlebte böse Geister, häßliche Geister, trostlose Geister, ruhelose, nur selten
zufriedene, wie z.B. ihren Großvater. Sobald die Geister zu sprechen gelernt
hatten, besserte sich auch ihr Zustand. Meist kamen die Seelen allein, manchmal
auch in Gruppen. Es waren Bekannte und Unbekannte. Viele gingen im Schloß um, wo sie einst gesündigt hatten, sehr oft durch
Verleumden. Außer ihrem Großneffen, der 1945 fiel, bemerkten nur Tiere die
Anwesenheit der Geister. Auf ihre Frage, wodurch sie den Seelen am besten
helfen könne, erhielt sie immer die Antwort: durch Selbstaufgabe und
Nichtsündigen. Im Umgang mit alltäglichen Menschen verlor sie Kraft, beim Beten
für Arme Seelen gewann sie Kraft, obwohl es sie zuerst oft übermäßig anstrengte
und sie viel Überwindung brauchte, besonders, wenn die Geister in ekliger
Gestalt erschienen. Darüber wurde sie zur
Mystikerin.
Lit.: Bruno Grabinski, Zwischen Himmel und Hölle, Tagebuchaufzeichnungen
über Armeseelenerscheinungen, 3. Aufl., Eupen 1959
Quellen-Nachweis
Die "List of Issues"
der PTS führt die Ausgaben von Pālitexten (A) und
von Übersetzungen (B) nach dem Titel auf, so daß bei
jeder neuen Ausgabe sich die Nummern verschieben. Daher ist es sinnlos, diese
Nummern hier anzugeben.
Der Text des Peta-vatthu
A. in Pāli (latinisiert)
1. Ausgabe: J. Minayeff,
Petavatthu, London 1888, 100 S.
2. Ausgabe: N.A. Jayawickrama,
Vimānavatthu und Petavatthu.
New Edition London
1977, darin Petavatthu, IX,
114 S.
Preface S. III - IV;
Editions consulted... S. V - VI; Contents S. VII - IX; Indices S. 96 -114
B. in englischer Übersetzung von Henry S. Gehman:
1. Vorabdruck (Auszüge):
Buddhist Ghost
Stories, in: The
The Peta-Vatthu (Translation of Book I), in: The Reformed
Church Review Bd. 25, April 1921, S. 117 - 126 = The
2. The Minor Anthologies of the Pali Canon Part IV:
Vimāna-vatthu: Stories of the Mansions, and Petavatthu:
Stories of the Departed. Translated by Jean Kennedy and Henry
S. Gehman respectively. Edited with Introduction
by Mrs. Rhys Davids,
darin: Part II: Stories of the Departed (Peta-Vatthu) together with Excerpts from the Frame Stories from
Dhammapāla's Commentary. Translated from Pali into
English by Henry Snyder Gehman, S. 129 - 250
Editor's Preface S.
131 f.; Preface S. 133 f.; Introduction S. 135 - 138. Im Text gelegentlich
Fußnoten.
3. The Minor
Anthologies of the Pali Canon Part IV:
Vimānavatthu: Stories of the Mansions. New Translation of the Verses and
Commentarial Excerpts by I.B. Horner, assisted by N.A. Jayawickrama;
Petavatthu: Stories of the Departed, translated by
H.S. Gehman,
darin: Stories of the Departed (Peta-Vatthu) together with excerpts from the frame stories
from Dhammapala's commentary. Translated from Pali
into English by Henry Snyder Gehman, XII, 110 S. Foreword
by I.B. Horner S. III - V; Preface S. VII f.; Introduction S. IX -XII
C. Deutsche Übersetzung (teilweise)
Wilhelm Stede,
Die Gespenstergeschichten des Peta Vatthu. Untersuchungen, Übersetzung und Pāli-Glossar,
Leipzig 1914, Teil I: Prinzipielle Untersuchungen S. 8 -56; Teil II:
Übersetzung von P.V. I und II S. 59 -116; Teil III: Lexikalischer Index S. 111
-122.
Auch als Diss.phil.
Leipzig "Über das Peta Vatthu"
Der Kommentar zum Peta-vatthu
A. in Pāli (latinisiert)
E.
Hardy, Dhammapala's Paramattha-Dīpanī
Part IV. Being the
Commentary of the Peta-vatthu, London 1894, 303 S.
B. in englischer Übersetzung
Eludidation of the intrinsic
meaning so named the commentary on the Peta-Stories
(Paramatthadīpani nāma Petavatthuatthakathā) by Dhammapāla. Translated by U Ba
Kyaw, edited and annotated by Peter Masefield,
Sekundärliteratur
Leider, Kurt: Buddha, Hamburg 1968, S. 177 - 178
Winternitz, Moritz:
Geschichte der indischen Literatur, Bd. II, 1920 (Repr. 1968), S. 77 - 78