Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

299. Die Erzählung von Komayaputta (Komayaputta-Jataka)

„Du hast doch früher“

 

§A. Dies erzählte der Meister, als er im Pubbarama [1] verweilte, mit Beziehung auf Mönche, die ihren Mutwillen trieben. Während nämlich der Meister im obern Geschosse wohnte, erzählten diese im untern Geschosse, was sie gesehen oder gehört hatten u. dgl., und saßen zusammen, indem sie von Streit und Zänkereien redeten. Deshalb rief der Meister den großen Mogallana herbei und sagte ihm: „Gehe hin und bringe die Mönche in Angst!“ Der Thera flog in die Luft empor und stieß mit seiner großen Zehe an die Mauer ihres Stockwerken. Dadurch erschütterte er das Gebäude, dass es bis zum Meere hin schwankte. Von Todesfurcht ergriffen, verließen die Mönche das Haus und blieben draußen.

Ihr Mutwille aber wurde unter den Mönchen bekannt. Eines Tages begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, einige Mönche, die doch in dieser so zum Heile fühlenden Lehre Mönch geworden sind, treiben beständig Mutwillen. Sie tun nicht ihre Pflicht zur Erlangung der Einsicht von der Unbeständigkeit, dem Leiden und der Nichtwirklichkeit der Dinge [2].“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch früher schon waren diese mutwillig.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva in einem Dorfe in einer Brahmanenfamilie seine Wiedergeburt. Man nannte ihn Komayaputta. In der Folgezeit verließ er seine Heimat, betätigte die Weltflucht der Weisen und wohnte im Himalaya-Gebirge. Es erbauten sich aber auch andere, mutwillige Asketen im Himalaya ihre Einsiedelei und wohnten dort. Diese betrieben nicht einmal die Vorbereitungen zur Herbeiführung der Ekstase. Sie holten sich aus dem Walde Früchte, die sie lachend verzehrten, und brachten mit allerlei Späßen ihre Zeit hin. Bei ihnen weilte ein Affe. Auch dieser war mutwillig; er konnte Gesichter schneiden u. a. m. und zeigte den Asketen manchen Spaß.

Nachdem aber die Asketen lange dort verweilt hatten, begaben sie sich einmal, um sich mit Salz und Saurem zu versehen, in das Bereich der Menschen. Nachdem sie aber weggezogen waren, kam der Bodhisattva an diesen Platz und nahm dort seine Wohnung. Der Affe zeigte auch ihm ebenso wie jenen seine Späße. Der Bodhisattva aber schnippte mit den Fingern und gab ihm eine Ermahnung mit folgenden Worten: „Wenn man in der Nähe von wohl unterrichteten Weltflüchtlingen wohnt, muss man einen guten Wandel führen, muss das richtige Bewusstsein von seinem Körper u. dgl. haben [3] und der Ekstase ergeben sein.“ Von da an war der Affe tugendhaft und führte einen reinen Wandel. Der Bodhisattva aber ging von dort anderswohin.

Nachdem sich nun jene Asketen mit Salz und Saurem versehen hatten, kehrten sie an diesen Ort zurück. Der Affe aber zeigte ihnen nicht mehr wie vorher seine Späße. Da fragten ihn die Asketen: „Früher, Lieber, triebst du vor uns deine Späße und jetzt tust du es nicht mehr; warum?“ Und sie sprachen folgende erste Strophe:

§1. „Du hast doch früher bei uns Tugendhaften

durch Schreien Scherz getrieben in dem Kloster.

Holla, so tu doch, Affe, wie die Affen;

wenn du so brav bist, sind wir nicht erfreut.“

Als dies der Affe hörte, sprach er folgende zweite Strophe:

§2. „Vernommen hab ich von der größten Reinheit

durch Komayaputta, den hochgelehrten.

Nicht haltet mich fürs Gleiche noch wie früher;

denn der Ekstase bin ich jetzt ergeben.“

Da dies der Asket vernahm, sprach er folgende dritte Strophe:

§3. „Wenn man auf einen Felsen Samen sät

und auch ein Gott lässt regnen, wächst es nicht.

Vernommen hast du von der größten Reinheit;

doch nicht ist, Affe, dir Ekstase möglich.“

 

§C. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jataka mit folgenden Worten: „Damals waren die mutwilligen Asketen diese Mönche, Komayaputta aber war ich.“

Ende der Erzählung von Komayaputta


[1] Auf Deutsch: „das alte Kloster“; ein Lieblingsaufenthalt Buddhas.

[2] Rouse übersetzt diesen Satz, als wenn noch eine Negation dabei stände. Ich nehme „vipassanaya“ als Dativ des Zwecks, abhängig von „kammam karonti“.

[3] D. h. den richtigen Gebrauch von den einzelnen Körperteilen. Man unterscheidet nach den einzelnen Sinnen sechs solcher Betätigungsarten (die sechste bezieht sich auf den Verstand).


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