Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

261. Die Erzählung von dem Lotos (Paduma-Jataka)

„So wie die Haare und der Bart“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf Mönche, die Anandas Bodhi-Baum [1] Ehrungen mit Kränzen darbrachten.

§D. Die Begebenheit wird im Kalingabodhi-Jataka [2] erzählt werden.

Jener Baum aber war, weil er von dem Thera Ananda gepflanzt worden war, der Ananda-Bodhi-Baum geworden.

Es wurde aber auf dem ganzen Jambu-Erdteil bekannt, dass der Thera am Torerker des Jetavana einen Bodhi-Baum gepflanzt habe. Da dachten einige auf dem Lande wohnende Mönche: „Wir wollen dem Bodhi-Baum von Ananda mit Kränzen unsre Huldigung darbringen.“ Sie begaben sich daher nach dem Jetavana und begrüßten den Meister. Am andern Tage gingen sie nach Savatthi hinein und begaben sich in die Lotosstraße, erhielten aber keinen Lotos. Darauf kehrten sie zurück und meldeten dem Thera Ananda: „Lieber, wir wollten dem Bodhi-Baum eine Huldigung mit Kränzen darbringen, gingen deshalb in die Lotosstraße, erhielten aber nicht einen einzigen Kranz.“ Der Thera versetzte: „Ich werde euch bringen.“ Er begab sich nach der Lotosstraße und ließ sich viele Lotosbündel geben; dann kehrte er zurück und gab sie jenen. Sie nahmen die Blumen und brachten dem Bodhi-Baum ihre Huldigung dar.

Als die Mönche von dieser Begebenheit Kenntnis erhielten, begannen sie in der Lehrhalle folgendes Gespräch über den Vorzug des Thera: „Freund, die Mönche vom Lande, die nur wenig gute Werke getan, erhielten, als sie in die Lotosstraße gingen, keinen Kranz; als aber der Thera dorthin kam, ließ er die Kränze mitnehmen.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier versammelt?“ Als sie erwiderten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, erhielten die des Redens Kundigen den Kranz infolge ihrer geschickten Worte, sondern auch früher schon war dies so.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war der Bodhisattva ein Großkaufmannssohn. — In der Stadt blühten in einem Teiche Lotosblumen. Ein Mann, dem die Nase abgeschnitten war, war der Wächter des Teiches.

Als nun eines Tages zu Benares ein Fest ausgerufen wurde, wollten drei Großkaufmannssöhne mit Blumen geschmückt das Fest begehen. Sie dachten: „Wir wollen dem Mann mit der abgeschnittenen Nase fälschlich etwas Angenehmes sagen und ihn um Kränze bitten.“ Daher gingen sie zu der Zeit, da jener die Lotosblumen abzubrechen pflegte, nach dem Teiche hin und stellten sich neben ihn. Der erste von ihnen redete ihn an und sprach folgende erste Strophe:

§1. „So wie die Haare und der Bart,

obwohl geschnitten, wieder wachsen,

so wächst auch dir die Nase wieder.

Gib mir, ich bitte dich, den Lotos.“

Jener aber wurde zornig auf ihn und gab ihm keine Lotosblumen.

Darauf sprach der zweite zu ihm folgende zweite Strophe:

§2. „So wie der Same, der im Herbst

gesät ist, aufgeht auf dem Feld,

so soll dir wachsen deine Nase.

Gib mir, ich bitte dich, den Lotos.“

Jener wurde auch auf ihn zornig und gab ihm keine Lotosblumen.

Darauf sprach zu ihm der dritte folgende dritte Strophe:

§3. „Die beiden plappern dir nur vor

und denken: ‘Er wird Lotos geben.’

Ob sie so sagen oder nicht,

die Nase wird dir nicht mehr wachsen.

Gib, Lieber, uns die Lotosblumen,

nachdem auch wir darum gebeten.“

Als dies der Wächter des Lotosteiches hörte, sagte er: „Diese beiden haben gelogen; du aber hast die Wahrheit gesagt. Für dich gehören die Lotosblumen.“ Er nahm einen großen Büschel Lotosblumen und gab ihn jenem; dann kehrte er nach seinem Lotosteich zurück.

 

§C. Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen, verband er das Jataka mit folgenden Worten: „Damals war ich der Großkaufmannssohn, der die Lotosblumen erhielt.“

Ende der Erzählung von dem Lotos


[1] Der Baum (Ficus religiosa), unter dem Buddha zur Erkenntnis durchgedrungen war, galt als heilig und man pflanzte einen Ableger in den Klöstern ein.

[2] Dies ist das 479. Jataka.


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