Der Stromeintritt

Vierter Teil: Die Reinheiten nach dem Stromeintritt

I. Die sechste Reinheit: Reinheit der Wissensklarheit über den Fortschritt

(KEN: Reine Wissenschaft des Pfades)

Während der erste Sicherheitsgrad, der Stromeintritt, durch nicht weniger als drei Reinheiten („Kutschen") repräsentiert wird, die die Überwindung der drei ersten Fesseln beinhalten, sind alle weiteren Fortschritte auf dem Heilspfad im Grunde nichts anderes als die Durchführung dieser geistigen Reinheiten in der fortschreitenden Praxis der Herzensläuterung. Nachdem die eindeutige Wissensklarheit über Weg und Nichtweg (die fünfte Reinheit) gewonnen ist, d. h. die Frucht des Stromeintritts, geht es nur noch um eines: Auf dem Heilsweg fortzuschreiten, bis man am Ziel angelangt ist. Nach dem bisher Gesagten, das den Stromeintritt in drei Etappen darstellte, könnte man vermuten, daß die nächsten beiden Sicherheitsgrade (Einmalwiederkehr, Nichtwiederkehr) nach dem je gleichen dreifachen Schema behandelt würden. Zuallermindest liegt der Gedanke nahe, daß ihnen je eine Kutsche gewidmet würde, aber überraschenderweise ist weder das eine noch das andere der Fall. Vielmehr werden beide Grade mit ihren je drei Phasen nur durch eine einzige Kutsche, eine einzige Reinheit, repräsentiert.

Ein Grund dafür könnte zunächst sein, daß die Einmalwiederkehr 60 keine so deutlich umrissene Etappe ist wie Stromeintritt und Nichtwiederkehr. Während der erstere drei Fesseln aufgelöst hat und der letztere zwei weitere, sind beim Einmalwiederkehrer keine bestimmten Fesseln ganz versiegt. Insofern sind diese beiden Etappen viel prägnanter, und der Einmalwiederkehrer ist eher eine Übergangserscheinung, ein fortgeschrittener Stromeingetretener oder ein Beinahe Nichtwiederkehrer. Diese existentielle Situation wird nun dadurch ausgedrückt, daß hier als zweite Wissensklarheit nach derjenigen über die Wegklärung nur noch der Fortschritt auf diesem Weg genannt zu werden braucht, den Einmal und Nichtwiederkehrer nun durchführen. Jeder dieser beiden durchläuft aber natürlich die gleichen Entwicklungsphasen wie der Stromeingetretene: Es wird der Weg der Einmalwiederkehr betreten, man schreitet auf ihm fort und verwirklicht schließlich seine Frucht. Und dann wird der Weg zur Nichtwiederkehr betreten, man schreitet auf ihm fort bis zu seiner Frucht. Es sind also zusammen nicht weniger als sechs Etappen, die hier einbegriffen sind und die nur durch eine einzige Kutsche repräsentiert werden.

In bezug auf die Fesseln geht dabei folgendes vor sich: Der Einmalwiederkehrer verdünnt auf breiter Front alle weiteren sieben Fesseln, besonders Sinnensucht und Aversion, die vierte und fünfte Fessel. Der Nichtwiederkehrer läßt dann auch diese beiden Fesseln ganz hinter sich, womit er für immer der Sinnenwelt entrinnt und allmählich auch die fünf Fesseln verfeinert, die zu oberen Welten führen.

Die Strecke der sechsten Kutsche, die die genannten zweimal drei Etappen durchfährt, ist dadurch besonders differenziert, stärker als die anderen Etappen. Dem könnte geographisch entsprechen, daß der Strom, der irgendwo zwischen Sâvatthi und Sâketa floß, in diesem Gebiet zu finden ist. So könnte etwa die Strecke der Einmalwiederkehr vor dem Übergang (wahrscheinlich per Fähre) über den Fluß liegen, die des Nicht-wiederkehrers danach. Das ist allerdings eine Vermutung, die mangels genauerer Kenntnis der damaligen Geographie nur als Möglichkeit hypothetisch erwähnt sei.

Sicheres existentielles Gebiet der inneren Landschaft, der psychischen Geographie, betreten wir, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie diese sechste Reinheit am Ende aussieht. Es war schon erwähnt, daß die Frucht der Nichtwiederkehr darin besteht, daß die ersten fünf Fesseln, die zu unteren Welten führen (der Sinnenwelt), endgültig hinter ihm liegen. Seine Wissensklarheit erstreckt sich dann auch auf diesen Fortschritt. Erst rückblickend, nach der Überwindung der Fesseln von Sinnengier und Aversion, sieht er in voller Klarheit die ungeheure Leidensmasse, die er damit hinter sich läßt. Eine noch so große Vorstellungskraft würde nicht ausreichen, uns dies zureichend vor Augen zu führen. Weitaus das meiste aller nur denkbaren Millionen von Leidensformen hat er für immer hinter sich, ist ihnen entronnen und entgangen. Das Gleichnis von den Schwimmenden (A VII/15) gibt immerhin einen gewissen Anhalt: Der Nichtwiederkehrer schwimmt nicht mehr im unendlichen Leidensmeer des Samsâra, ist dem Ozean der schwankenden Unsicherheit und der ständigen Anstrengung, sich oben zu halten, entgangen. Er ist der sicheren Küste, dem Festland, so nahe gekommen, daß er schon Grund unter den Füßen hat. Er braucht nicht mehr zu schwimmen. Er kann jetzt auf den Vorstufen des sicheren, festen Landes die letzten Schritte aufs Trockene zugehen. Da können ihn all die Gefahren des Weltmeeres (Haie, Krokodile, Wirbel/Strudel, haushohe Wellenberge im Sturm) aus M 64 nicht mehr berühren. Es könnte höchstens noch die Brandung zu durchschreiten sein: Er kann noch bis zu fünf Mal bei den Reinhausigen Brahmas wiedergeboren werden, „stromaufwärts zu den Altvorderen eilen", 61 aber das ist eine sanfte Brandung, das stillste Nachwehen des Samsara, die einzige Existenzform, die der Buddha als erträglich bezeichnet (M 12). Der Tod würde dann also die Kutschenfahrt nicht unterbrechen.


II. Die letzte Reinheit: Reine Wissensklarheit

(KEN: Reine Wissenschaft)

Je näher der edle Jünger, der Ariya, auf dem Heilswege dem Ziel (Erlösung, Nirvâna) kommt, desto ferner rückt er gleichzeitig unserem Verstehen, unserer gewohnten Denkebene, selbst der feinsten. Darum läßt sich hier kaum mehr sagen, als die Ausführungen des Erwachten über den Heilsgänger zu referieren und diese Ausführungen in den Gesamtzusammenhang der Lehre einzuordnen.

Als Ausgangspunkt kann dabei das Verhältnis des Übenden zum Nichtwiederkehrer dienen, und zwar in den kontrastierenden Unterschieden:

So wie schon der Stromeingetretene die sieben Leben, die er höchstens noch vor sich hat, immer mehr reduzieren kann, aber doch dabei immer noch einer bleibt, der die Frucht des Stromeintritts weiter reifen läßt (hier beginnt das Gleichnis zu hinken), ebenso auch kann der Nichtwiederkehrer die mehreren Leben, die er möglicherweise noch vor sich hat, bis auf ein einziges reduzieren (A VII/52), und doch bleibt er auch dabei immer „bloß" ein Nichtwiederkehrer. Seine Wissensklarheit als Mensch ist immer noch die der Bewegung, eben des Fortschreitens, während das Ziel erst nach dem Tode in dem oder den nächsten Leben erreicht wird. Selbst dem Nichtwiederkehrer, der unserem Verstehen schon recht fern steht, ist das Ziel noch sehr fern. Zum Beispiel schildert der Buddha in D 14 Nichtwiederkehrer, die bei den Reinhausigen Göttern seit 91 Weltzeitaltern unmerklich langsam in Wissensklarheit fortschreiten, aber denen das Ziel daher objektiv noch zeitlich ungeheuer fern ist. Die Wissensklarheiten der Wege (beim Stromeingetretenen: 5. Kutsche) und die des Fortschreitens (Einmal und Nichtwiederkehrer: 6. Kutsche) müssen also noch als relativ bezeichnet werden. Die absolute Wissensklarheit hat erst der Heilige, der Geheilte, der Triebversiegte, der vierte und letzte Ariya, derjenige, der noch in diesem letzten Leben zur Erlösung kommt, wie gleich näher zu beschreiben ist.

Ein zweiter Unterschied zwischen Nichtwiederkehrer und dem, der im gleichen Leben heilig werden wird, besteht in folgendem: Der Nichtwiederkehrer kann das Nirvâna noch nicht leibhaftig erfahren (Auflösung der Wahrnehmbarkeit), wohl nicht einmal weisheitlich ganz erfassen.62 Aber für den siebenten Übenden ist schon zu Lebzeiten beides erfahrbar, sowohl als Gemüterlöster (Auflösung) als auch erst recht als Weis-heiterlöster. Das ist dann seine schon vorweggenommene absolute Wissensklarheit, die für ihn als Ziel schon erfahrbar ist, nicht nur als fortschreitende Annäherung erst im nächsten Leben ganz wie beim Nichtwiederkehrer. Der Stromeingetretene kann zeitweise schon ohne die fünf Hemmungen sein, der Einmalwiederkehrer zeitweise ohne die fünf zu unteren Welten führenden Fesseln, der Nichtwiederkehrer ist immer ohne letztere, aber der siebente Übende ist zeitweise schon ohne Gier, Haß, Verblendung, d.h. ohne auch die nach oben führenden Fesseln. Und das ist eine Wissensklarheit, die er dann schließlich für immer gewinnt.

In D 34 IX wird die Kette der sieben Reinheiten noch um zwei weitere vermehrt; dort sind „neun Kampfesglieder der völligen Reinheit (pârisuddhipadhâniy'anga) genannt. Die ersten sechs entsprechen denen in M 24. Das siebente Glied heißt „Kampfesglied der völligen Reinheit als reine Wissensklarheit" (ñadassana-visuddhi pârisuddhipadhâniy'anga). Das achte Glied heißt „Kampfesglied der völligen Reinheit als reine Weisheit" (paññâ-visuddhi pârisuddhi-padhâniya'anga), und das neunte Glied ist „Kampfesglied der völligen Reinheit als Erlösungs-Reinheit (vimutti-visuddhi pârisuddhi-padhâniya'anga). Dazu ist folgendes zu sagen:

Das siebte Glied aus D 34 dürfte das Betreten des Pfades zur Heiligkeit sein, das Unterwegssein zur Verwirklichung der Frucht der Heiligkeit (arahatta-phala sacchikiriyâya patipanno). Das achte Glied aus D 34 ist dann das Fortschreiten auf diesem Pfad, wobei die Frucht allmählich verwirklicht wird. Diese beiden Glieder werden in M 24 zusmmengefaßt als siebtes und letztes Glied (reine Wissensklarheit). Und das neunte Glied aus D 34 wird in M 24 nicht mehr als Glied, sondern als Ziel genannt, an welchem die 7. Kutsche ankommt (Erlösung).

Insbesondere zum achten Glied aus D 34 ist zu sagen: Es ist die zunehmende Weisheit über die Vier Heilswahrheiten in ihrer tiefsten Form, dicht vor der Erlösung. Die Weisheit bedeutet hier, daß auch das feinste und edelste Ergreifen, nämlich gerade der Erlösungsweisheit (Floß) nun losgelassen werden kann. Man läßt auch die letzte Sprosse auf der Himmelsleiter hinter sich. Mit einem Fuß schon oben auf der Spitze angelangt, mit dem anderen noch auf der letzten, obersten Sprosse - und man weiß, daß es die letzte Sprosse ist. Diese Weisheit hat in gewisser Weise auch noch „viel zu tun", so paradox es auch zunächst klingen mag. Das „viel" ist die Zahl der fünf emporziehenden Fesseln, die vom siebenten Übenden noch zu überwinden sind, bevor er nicht mehr zu üben braucht:

Da ist die Fessel der Neigung zu formhaftem, brahmischem Sein, zum reinen Herzen der Mystiker. Da ist zweitens die Neigung zum Übersteigen aller Form (die „dritte Welt", die eigent-lich schon weltlos ist). Da ist drittens und viertens noch eine Folgeerscheinung der Sinnlichkeit, nämlich beim körperlichen Leben in der Sinnenwelt, in der der Heilige erlöst wird, noch ein GegenüberEmpfinden („Dünken") und ein „noch Etwas-Vorhaben", eine Unruhe, weil das Ziel noch nicht erreicht ist. Und fünftens ist da auch noch der letzte zarteste Rest von Unwissen über den Samsâra, der als „Etwas" erscheint und nicht als Wahngespinst eines Traumes.

Man kann etwa sagen, daß diese fünf Fesseln Mitfahrer in der letzten Kutsche sind, und zwar im Sinne von S 35, 63, wo der Buddha die durstigen Triebe als unsere Begleiter, unsere Gesellschaft, bezeichnet. Jene fünf sind zwar die beste Gesellschaft, die am wenigsten störenden Begleiter, aber sie sind doch noch eine Beengung und beanspruchen Raum in der Kutsche. Wenn sie dagegen unterwegs aussteigen, dann hat der König in der Eilpost es angenehmer. Und so kann man vergleichsweise sagen, daß die letzten Triebe sich auf dieser letzten Strecke „in Wohlgefallen auflösen", weil das Nirvâna das höchste Wohl ist, die Freiheit von allen Trieben.

Diese fünf Fesseln sind hier schon so dünn geworden, so hauchdünn, daß da Mönche schon meinten, sie hätten die Triebversiegung erreicht, wenn doch noch Reste dieser Fesseln unbemerkt in ihnen waren. Der Erwachte nennt dies einen feinen, verzeihlichen Grad von Selbstüberschätzung („dünkendes Wähnen" bei Neumann), und er sagt, er werde ihnen die Wahrheit weiter zeigen, damit auch diese Reste noch überwunden werden (M 105).

Noch ein anderes Beispiel für die Notwendigkeit dieser letzten Wissensklarheit ist A III/128 (neu 131): Da berichtet Anuruddho dem schon geheilten Sâriputto, er könne tausend Welten durchschauen und er habe dann starke Kräfte, aber er sei immer noch nicht im Herzen triebfrei. Darauf erwidert Sâriputto lakonisch, das Denken an die Durchschauung von tausend Welten sei noch eine feine Form von IchbinDünken, von Gegenübergefühl; das Denken an die eigenen Fähigkeiten und Kräfte sei noch eine ZielUnruhe, eine Gespanntheit, etwas zu erreichen. Und daher komme dann als deren Kehrseite die Ungeduld, immer noch nicht am Ziel zu sein. Der Unruhe (uddhacca) entspricht eben als vierte Hemmung die Ungeduld (kukkucca). Nachdem Anuruddho so belehrt war, lenkte er seine Aufmerksamkeit von diesen Dingen fort auf die todlose Art - und verwirklichte so bald die Erlösung.

Bei jeder dieser fünf feinen Fesseln geht der Dreitakt jeder Triebauflösung vor sich: Basis ist immer, daß man im Geiste wirklich nichts daran findet (nibbindati). Indem der Gegenstand, die Erscheinung eines Objekts, derart entwertet ist, fehlt dem Subjekt jeder Anhalt zum Reiz, zur Gier, zur Hinneigung -- und so löst sich das Subjekt als Faktor des Reizes, des geneigten Triebes, spurlos auf, weil keiner der beiden Pole für sich bestehen kann, nämlich entweder zusammen oder gar nicht. Nichtsdaranfinden, Entreizung, Erlösung - das ist die Gesetzlichkeit, nach der auch die fünf letzten Fesseln verblassen und sich auflösen. Mit der Auflösung des letzten Fäserchens von Gier, Haß und Verblendung ist aber die letzte Kutsche bereits am Ziel. Der Fahrer steigt aus, die Fahrt ist zu Ende. Das ist dann nicht mehr Weg, sondern Ziel. Und das wird in D 34 IX mit in die Reihe einbezogen, als letzte Stufe der letzten Etappe (vimuttivisuddhi pârisuddhi-padhâniy'anga = Kampfesglied der völligen Reinheit als Erlösungs-Reinheit). Das ist das Neunte von Dingen, die nach D 34 zu entfalten sind.

Bevor nun im letzten Teil das Ziel, auf das alle sieben Reinheiten zusteuerten, zu behandeln ist, bleibt noch eine Begriffsklärung unerläßlich, nämlich über die unterschiedlichen Arten von Wissensklarheit.

Die Frucht des Achtpfades, sozusagen die neunte Stufe, heißt rechte Kenntnis (sammañâna), näher auch Wissensklarheit (ñânadassana) genannt, wenn auch in der üblichen Übersetzung nicht als identisch erkennbar. Diese Wissensklarheit wird nun in acht übersinnliche Erkenntnisse (abhiññâ ahbhiñâ) aufgefächert (M 77, D 2 ff). Das erste und das letzte dieser abhiññâ wird , pars pro toto, auch ñânadassana genannt. Das erste ist die visionäre Erfahrung der Trennung des Bewußtseins vom Körper, der ihm nur als Anhängsel erscheint. Die letzte und achte Erkenntnis ist die Erkenntnis von der Triebver-siegung. Sie umfaßt alle drei Reinheiten der Wissensklarheit in M 24, nämlich über den Weg (Stromeingetretener), über das Fortschreiten (Einmal und Nichtwiederkehrer) und über die absolute Wissensklarheit (direkt zur Heiligkeit führend). Die ersten beiden dieser Reinheiten sind eine relative Wissensklarheit über die Versiegung von Trieben, nur die dritte ist absolut. Auf den ersten Blick mag diese Terminologie verwirrend erscheinen, aber wenn man sich geduldig auf sie einläßt, erweist sie sich als in sich geschlossen und widerspruchsfrei. Am meisten Aufmerksamkeit und Genauigkeit erfordert aber die Wissenklarheit der Erlösung (vimutti-ñânadassana). Nach der zehnten Stufe, die gleich zu behandeln ist, erfolgt sozusagen eine Rückkoppelung, indem der Heilige in der Erkenntnis auf die neunte Stufe zurückkehrt, die er auf dem Weg zur Erlösung verlassen hatte und auf die er nun im Rückblick als Erlöster noch einmal im Geiste zurückkehrt. Das gehört einerseits zur zehnten Stufe, andererseits aber auch wieder zur neunten und muß daher beide Male genannt werden.

Und noch etwas an Klärung kann dem Leser nicht erspart werden, und das ist die Lösung der Frage, wie sich die Wissensklarheiten zu den drei Wissen (tevijjâ) verhalten, die so oft in den Lehrreden als Inbegriff der Heiligkeit vorkommen. 63 Auch das ist lediglich eine Frage der Terminologie. Diese drei Wissen entsprechen den drei letzten abhiññâ oder ñânadassana. Kurz: alle vijjâ sind abhiññâ/ñânadassana, aber nicht alle letzteren sind vijjâ. Nur die tiefsten und grundsätzlichsten abhiññâ werden vijjâ genannt. Und nur die relativ wenigsten der Heiligen erlebten alle acht abhiññâ oder auch nur alle drei vijjâ, während die allermeisten Heiligen lediglich durch das letzte Wissen erlöst wurden. Die Buddhas mußten alle abhiññâ zur Durchbrechung des Wahns leibhaftig erfahren und erkunden, aber die Jünger haben es viel einfacher. Sie können im Vertrauen zum Meister auf dessen Einblicken aufbauen und brauchen sie nicht selber alle zu erobern. Das letzte Wissen, das über die Vier Wahrheiten, die zur Triebversiegung führen, ist aber unerläßlich, ist Mindestvoraussetzung, die aber völlig ausreicht. In S 8, 7 gibt der Buddha eine klare Statistik: Von 500 Heiligen, die dort erwähnt werden, waren die allermeisten, nämlich 320, einzig und allein durch das dritte Wissen, die achte Wissensklarheit, zur Erlösung gekommen. Die übrigen 180 hatten außerdem je zum Drittel alle drei Wissen, alle abhiññâ oder die formlosen Freiungen erlangt. Diese Weite der Erfahrung, diese Tiefe der Einigung und Ablösung eignete nur den am besten Vorbereiteten, die im Samsâra entsprechende Fähigkeiten ausgebildet hatten und nun von Beherrschten zu Herrschern über die Daseinsphänomene wurden, was wir Magie oder Wunder zu nennen pflegen. Da nun in M 24 derjenige Weg genannt ist, den j e d e r Heilige zu gehen hat, so genügt für die siebente Reinheit also das dritte Wissen, die achte Wissensklarheit, nämlich das umfassende und absolute Wissen über die Vier Edlen Wahrheiten als Gesetz und Struktur der Existenz und ihrer Überwindung. Der Inhalt der siebenten Reinheit besteht nur in dem Umgang mit den Vier Heilswahrheiten, d.h. mit ihrem Sosein, ihrer Entwicklung (Triebe), ihrer Auflösung (Nirvâna) und eben dem Heilsweg zu diesem Ziel.


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